Wer niemals geliebt wird, wird auf immer hassen.
Dieser Spruch geisterte seit jener seltsamen Vision in meinem Kopf herum. Was bedeutete er?
Der Beginn einer neuen Geschichte war nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Sie war individuell und trug ihre Anfänge für jenen meist zu der Zeit, in der eine Person zum ersten Mal mit einem besonderen Ereignis in Berührung kam. Es war der Anfang eines persönlichen Abenteuers für jeden Einzelnen.
Ich hatte viele Geschichten erlebt und die anderer Wesen niedergeschrieben. So nannten sie mich einen Chronisten. In meinen 78 Lebensjahren hatte ich mich meistens mit der Historie der Linguiden beschäftigt, einem Volk, welches erst in jüngerer Zeit auf die galaktische Bühne getreten war und für eine kurze Weile als Nachfolger der Terraner gegolten hatte.
Es war eine Ironie des Schicksals, dass dies nur einer vorübergehend verwirrten Superintelligenz ES zu verdanken gewesen war.
In meinem Buch »Eines Linguiden ES« hatte ich über die Ära der Friedensstifter auf großer kosmischer Bühne und ihren traurigen Niedergang geschrieben.
Das Blut der Linguiden floss durch meine Adern, auch wenn meine Eltern zu einem Teil Terraner, zum anderen Teil Arkoniden waren.
Ach, und meine Geburt war eine Geschichte für sich. Doch das führte jetzt zu weit.
Meine Großeltern waren jedoch noch zur Hälfte Linguiden. Unsere Vorfahren lebten seit Generationen auf Lingora. Freilich stieß unsere Immigrantenfamilie mit unserer moderaten Behaarung und relativ höheren Lebenserwartung immer wieder auf Unverständnis bei konservativen Linguiden.
Doch Lingora war meine Heimat, auch wenn es mich irgendwann vermutlich nach Terra ziehen könnte. Die Geschichte der Vorfahren meiner Mutter hatte mich stets interessiert.
Wie dem auch sei. Meine Geschichte begann offenbar an dieser Stelle im Jahre 1264 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. In einem Traum war mir ein alter Mann erschienen. Er hatte gesagt, er würde mir eines Tages das Geheimnis meiner Geburt offenbaren. Und dann hatte er mich freundlich, wenn auch mit ein wenig Nachdruck gebeten, mich fortan um die Chronik der Milchstraße zu kümmern. Ich sollte meine Kontakte zur Organisation der Unsterblichen, Camelot, pflegen.
Zum Abschluss sagte er mir, ich würde es eines Tages verstehen, auch wenn es vermutlich noch viele Jahre dauern würde.
Ob es nun ein törichter Traum gewesen war oder tatsächlich etwas dahinter steckte, war mir bisher noch schleierhaft, doch es konnte nicht schaden, etwas über den Zustand dieser Galaxis zu verfassen.
Es waren fast 120 Jahre vergangen, seitdem die Tyrannei durch Monos beendet wurde, doch noch heute bewirkte diese tiefe Risse in der politischen Organisation der Milchstraße. Die meisten Wesen kannten die Ära vor Monos nicht. Dem fast siebenhundertjährigen Dunklen Zeitalter der Milchstraße war eine Ära des Friedens vorausgegangen.
Im Jahre 1264 NGZ existierten drei wichtige Machtblöcke innerhalb der Milchstraße: die Liga Freier Terraner, das Kristallimperium Arkon und das Forum Raglund. In diesen waren die bedeutendsten und mächtigsten Völker der Galaxis vereint, zeigten jedoch wenig Einigkeit untereinander.
Die geschichtlich relevantesten Ereignisse in diesem Jahrhundert war die Gründung des Kristallimperiums und der Organisation Camelot. Die Wiedereinführung der Monarchie in Arkon unterstrich die Ambitionen der Arkoniden, wieder ihre alte Vorreiterrolle in der Milchstraße einzunehmen. Nach dem Tod von Imperatrice Theta da Ariga schien der zuerst so schwächlich wirkende Bostich sich mehr und mehr zum machtbewussten Staatsmann zu entwickeln.
Die Abkapselung der Zellaktivatorträger um Perry Rhodan zeigte, dass die Unsterblichen offenbar vorerst von der politischen Bühne abraten und die Geschicke der LFT nicht mehr lenkten. Waren die Terraner erwachsen geworden und konnten einen Weg ohne Perry Rhodan bestreiten?
Dies waren die Ereignisse in unserer Milchstraße, von denen wir wussten. Doch die Geschichte lehrte uns stets eines: Es gingen Dinge in unserer Heimatgalaxis vor, von denen wir nichts ahnten. Vielleicht auch in diesem Moment. Möglicherweise hatte meine Vision auch eine zeitliche Bedeutung …
Jaaron Jargon, im Januar 1264 NGZ