Band 58

Osiris-Zyklus

 

Das Auge des Horus

Der Sohn des Osiris prüft die Terraner

 

Björn Habben & Michael Berg

 

Was bisher geschah

Im Jahre 1298 NGZ ist die Galaxis Cartwheel als neue Heimat zahlreicher Pilger von fünfzig verschiedenen Völkern anerkannt. Mit all ihren Kräften wollen sie ein Bollwerk gegen die Armeen des MODROR und seiner schrecklichen Söhne des Chaos errichten.

In der Milchstraße muss Perry Rhodan einer neuen Gefahr trotzen; den Göttern des pharaonischen Ägyptens. Seitdem Denise Joorn Zeugin der Auferstehung Osiris wurde, demonstrieren die Götter ihre Macht. Anubis, Horus, Isis, Seth und Thot sind Osiris Streiter. Osiris selbst setzt eine gigantische Pyramiden­flotte ein und erhebt Anspruch auf Terra. Er symbolisiert seine Stärke, und belagert das Solsystem. Ein Krieg scheint unausweichlich.

Doch dann scheint es doch noch eine Hoffnung zu geben, denn nicht alle Kemeten verurteilen die Terraner von vornherein. Terra wird geprüft – vom AUGE DES HORUS …

Hauptpersonen

Horus – Der Falkengott prüft die Terraner.

Perry Rhodan – Der Terranische Resident hat eine letzte Hoffnung.

Osiris – Der Anführer der Kemeten steht mit seiner Flotte vor Terra.

Denise Joorn – Die Archäologin versucht Horus zu überzeugen.

Seth – Osiris verschlagener Bruder hat finstere Pläne.

 

 

 

Hoffnungslosigkeit

Robert Mazun führte ein gewöhnliches Leben in der kleinen Stadt Tuvalu, die aufgrund ihres Schwimmparadieses berühmt war. Er war 1,87 Meter groß, hatte kurzes, schwarzes Haar, braune Augen und einige Lachfalten im Gesicht, denn er war für jeden Scherz zu haben.

Robert war 67 Jahre alt, er hatte eine fünf Jahre jüngere Frau und zwei kleine Kinder. Er arbeitete in einer kleinen Gleiterfabrik nahe Detroit in Nordamerika. Tuvalu lag einige Kilometer von dieser alten Metropole entfernt, Robert flog jeden Tag mit seinem altersschwachen Gleiter dorthin und freute sich immer, wenn er seinen Arbeitsplatz heil erreichte.

Auch am 14. November 1298 NGZ musste er arbeiten, er hatte eine 6-Stunden-Schicht. Bei der Fabrik begrüßte er einige Mitarbeiter seines Montageteams, dann machte er sich zu seinem Arbeitsplatz auf. Robert war für eine Maschine, die Fahrertüren einsetzte, zuständig. Es handelte sich um eine komplizierte Maschine, die im Laufe der Jahre ihr Eigenleben entwickelt hatte. An einem Tag hatte sie die Gleitertüren zwar eingesetzt, aber nicht angeschraubt. Ein anderes Mal flogen die Türen durch die Luft und beschädigten andere Maschinen. Doch Robert strahlte eine außergewöhnliche Ruhe aus, er hatte jeden Fehler innerhalb kurzer Zeit gefunden und behoben. Inzwischen hatte er auch andere Mitarbeiter vertreten und konnte ihnen Ratschläge im Umgang mit deren Maschinen geben. Wegen seiner freundlichen und ausgeglichenen Art wurde er von seinen Kollegen sehr geschätzt.

Robert hatte von Osiris' Erscheinen gehört. Auch, dass andere Figuren aus der ägyptischen Mythologie aufgetaucht waren, war ihm nicht verborgen geblieben. Doch er hatte schon ganz andere Dinge in seinem Leben gesehen, wie den Kampf gegen MATERIA oder die Belagerung der Erde durch Ramihyn. Da konnten ihn ein paar auferstandene Figuren aus einer anderen Epoche nicht mehr erschüttern. So dachte er …

*

445.000 Schiffe! Eine so große Flotte hatte Perry Rhodan schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen. Auch die Arkoniden, die seit Jahren aufrüsteten, konnten keine derart gewaltige Flotte auf die Beine stellen. Vor allem nicht innerhalb weniger Tage!

445.000 Pyramidenschiffe! Schiffe in allen Größenordnungen! Man zählte zehn Schiffe mit 5000 Metern Kantenlänge, wahre Giganten, die als Flaggschiffe galten. 10.000 Schiffe mit 2500 Metern Kantenlänge, 25.000 Schiffe der 1500-Meter-Klasse, 85.000 Schiffe von 750 Metern Länge, 90.000 von 500 Metern und unzählige kleine 150 Meter Pyramiden, die jedoch schon für sich allein unüberwindbare Gegner darstellten. Denn alle Schiffe waren mit einem überragenden Ortungsschutz und einem hochwertigen Triebwerk ausgestattet. Wahrhaftig, diese Flotte war unüberwindbar!

Rhodan hatte sofort nach dem Eintreffen der Flotte eine Krisensitzung einberufen. Teilnehmen sollten unter anderem seine alten Freunde Reginald Bull, der Verteidigungsminister der LFT war, Julian Tifflor und Gucky. Auch Denise Joorn, Timo Zoltan und Noviel Residor, der Chef des Terranischen Liga-Dienstes waren eingeladen. Die Lage war ernst, es würde eine schwierige Diskussion werden. Folgenschwere Entscheidungen mussten gefällt werden.

Der Interkom piepste. Rhodan meldete sich.

»Deine Gäste sind eingetroffen, ich habe sie schon in den Konferenzsaal geschickt.«

»Gut, ich komme sofort.« Manchmal hasste Rhodan die Solare Residenz wegen ihrer gigantischen Größe. Sicher, die etwa 500 Meter zum Verhandlungsraum hätte er auch leicht per Transmitter zurücklegen können, dennoch zog er es vor, derartige Entfernungen zu Fuß zurückzulegen. An dieser Gewohnheit konnten auch 3000 Jahre Lebenserfahrung nichts ändern.

Außerdem konnte man sich auf solchen Strecken Gedanken über den anstehenden Termin machen. Vielleicht fiel einem ja noch etwas ein. Rhodan lächelte kurz und machte sich auf den Weg.

*

»Wir können uns doch nicht einfach ergeben!« Zornesröte stand in Reginald Bulls Gesicht. »Ihr wisst, was eine Kapitulation für Auswirkungen auf die ganze Galaxis hätte.«

»Natürlich sind wir uns der Folgen einer Kapitulation bewusst. Aber wir haben heute keine andere Wahl.« Diesmal sprach Tifflor. »Wir haben bislang keine Möglichkeit, die Flotte der Kemeten zu besiegen.«

»Mein Team arbeitet rund um die Uhr an der Entschlüsselung der Technik, wir haben aber noch keinen Durchbruch erzielt«, erklärte Timo Zoltan. »Derzeit wäre unsere einzige Möglichkeit der Einsatz von Transformbomben, der sich im Solsystem natürlich verbietet. Und selbst hier kennen wir noch nicht die Wirkung auf die Pyramidenschiffe.«

»Ganz zu schweigen von der zahlenmäßigen Überlegenheit«, meinte Julian Tifflor. »Selbst wenn sich die Flotten der gesamten Milchstraße zusammenschließen würden, hätten wir keine Chance gegen diese Übermacht.«

Reginald Bull war Verteidigungsminister. Wer ihn kannte, der konnte ihm seine unqualifiziert wirkenden Bemerkungen nicht vorwerfen. Bull suchte bis zuletzt nach einer Möglichkeit, das Schreckliche zu verhindern. Im Ernstfall würde er rational und konsequent handeln, das hatte der zweitälteste Freund Perry Rhodans schon unzählige Male bewiesen.

Jetzt betrat auch Perry den Raum. Gucky begrüßte ihn: »Da bist du ja endlich. Ich hätte dich auch hierher teleportiert. Aber du bist ja schon immer ein Fußgänger gewesen.«

Perry lächelte milde. »Danke, alter Freund. Ich brauchte etwas Zeit zum Nachdenken.« Er blickte in die Runde. »Die Lage ist ernst. Die Erde ist wieder einmal Ziel einer Invasionsflotte. Das ist ein schwerer Schlag für uns. Die Bevölkerung erholt sich noch von der Dscherro-Invasion und von der Belagerung durch die Kosmische Fabrik WAVE von Ramihyn. Doch diesmal ist die Lage anders: Osiris glaubt, wir seien Barbaren, weil wir Fundstücke aus der ägyptischen Vergangenheit zur Schau stellen und weil viele Menschen kapitalistisch und egoistisch denken. Aber wir sind keine Barbaren und würden das gerne Osiris beweisen. Leider ist er nicht verhandlungsbereit. Was also sollen wir tun? Denise, hast du vielleicht eine Idee?«

Rhodan war inzwischen zum freundschaftlichen »Du« bei Denise übergegangen.

Die Ägyptologin wirkte angespannt. Sie hatte in den letzten Tagen wenig Schlaf gefunden und hielt sich mit Hilfe von Energiepräparaten wach. »Wir müssen alles auf Verhandlungen setzen. Wenn Osiris nicht mit uns redet, müssen wir kapitulieren. Ansonsten riskieren wir einen Krieg von schrecklichen Ausmaßen. Vielleicht …« Denise überlegte kurz. »Vielleicht wäre Osiris verhandlungsbereit, wenn er die Erde in seiner Gewalt hätte.«

»Ja, das wäre denkbar. Aber, zum Teufel, so weit darf es nicht kommen.« Bully fuhr sich mit der Hand durch sein rotes Stoppelhaar.

»Gucky, was meinst du dazu?«

Der Mausbiber hatte bislang geschwiegen. Auch er hatte in den letzten Jahren viel erlebt: Shabazzas Gehirnwäsche, Roi Dantons Kampf gegen die Spätfolgen dieser Behandlung, den Kampf gegen MATERIA, die Mordred und zuletzt die Konfrontation mit Rijon, dem Bluesmutanten. »Entschuldige, Perry, aber auch ich habe keine Ideen mehr. Wenn man mir aber erlauben würde, auf das Flaggschiff zu teleportieren …«

»Nein, das kommt gar nicht in Frage! Wir wissen noch nicht, ob du den Schutzschild überwinden kannst und ob seine Konsistenz schädlich für dich ist.«

»Dann eben nicht, war ja nur eine Idee.« Gucky wirkte etwas geknickt. »Auch ich weiß nichts mehr.«

Perry erhob sich. »Dann ist unsere Entscheidung klar. Wir werden früher oder später kapitulieren und es nicht auf einen Kampf ankommen lassen. Allerdings werden wir versuchen, die Kapitulation so weit wie möglich hinauszuzögern. Vielleicht lässt Osiris ja mit sich reden.«

 

Der Vorschlag

Roberts Arbeitstag hatte wie üblich begonnen. Einige Gespräche mit seinen Kollegen, ein paar Tassen Kaffee während der Arbeit, ein paar kleinere Fehler bei der Maschine. Hin und wieder verlor man das eine oder andere Wort über Osiris und seine Anhänger. Meist scherzte man über sie.

Niemand ahnte, was inzwischen im System geschehen war. Niemand wusste, welche Bedrohung auf die Erde zukam …

Vor zwei Stunden war die Flotte der Kemeten im Solsystem bei Neptun aufgetaucht. Die Strukturerschütterungen hatten sich in Grenzen gehalten, weil die Technik der Kemeten sie vermied.

Seitdem war nichts geschehen. Auf Anrufe der Terraner hatte man nicht reagiert, andererseits hatte es keine Forderungen seitens der Kemeten gegeben. Sie hatten einfach ihre Flotte ins Solsystem verlegt und ließen ihre Präsenz auf die Terraner wirken.

Inzwischen hatten erste Pressemeldungen die Erde erreicht, die Terraner erfuhren, was sich in ihrem System abspielte. Die Regierung achtete aber darauf, dass die Menschen nur die nötigsten Informationen erhielten. Die Geschehnisse waren noch immer Geheimsache.

Es ließ sich aber nicht vermeiden, dass die Bevölkerung begann, Fragen zu stellen. Lange konnte man die Tatsachen nicht mehr Geheimhalten.

Schnell erinnerten sich die Terraner an eine Talkshow vor ein paar Tagen. Da hatten die »weisen« Wissenschaftler die Existenz der Kemeten noch wie selbstverständlich abgestritten.

Nun wusste jeder, wie falsch sie lagen.

*

An Bord der KEMET fanden inzwischen Besprechungen über die weitere Vorgehensweise statt. Osiris und sein Sohn Horus befanden sich in Osiris Privatgemächern. Horus hatte um eine Unterredung gebeten.

»Die Terraner haben sich die derzeitige Situation selbst zuzuschreiben!«, sagte Osiris gerade. »Sie sind geldgierige, gewissenlose Kreaturen, die es nicht verdienen, über ein großes Sternenreich zu herrschen!«

»Aber verhalten wir uns alle immer tadelfrei? Auch wir haben Fehler gemacht, auch unter uns gab es Intrigen. Bedenke, was Seth dir und Isis angetan hat.«

»Wir haben die Terraner 5000 Jahre sich selbst überlassen. Was haben sie daraus gemacht? Sie sind selbstsüchtig, arrogant und respektlos. Nur mit eindeutigen Mitteln können wir sie wieder in ihre Schranken weisen!«

»Du sagtest 5000 Jahre.« Horus wirkte nachdenklich. »Vor dieser Zeit haben wir die Menschen regelmäßig besucht, spätestens nach 500 Jahren ist einer von uns erschienen, um ihr Schicksal zu lenken. Wie aber sollten sie sich in 5000 Jahren entwickeln? Sie sind doch ein junges Volk, sie experimentieren, gehen neue Wege.«

»Dennoch, diese Entwicklung der Dinge ist kritisch. Ich habe die Menschen erlebt, mir bleibt nur eine Wahl: Wir müssen mit harten Mitteln durchgreifen! Nur so können die Kemeten kosmische Bedeutung erreichen. Die Terraner werden unter unserer Führung zu anständigen Dienern Amuns werden.«

Horus dachte nach: »Aber du hast doch nur einige wenige Menschen kennengelernt. Mit Perry Rhodan hast du außer Säbelgerassel nicht gesprochen. Früher hast du immer erst alle Tatsachen beleuchtet, bevor du eine Entscheidung trafst. Du warst nie voreilig.«

»Worauf willst du hinaus?« Osiris blickte seinen Sohn aus zusammengekniffenen Augen an.

»Ganz recht, ich habe eine Idee, sie ist mir gerade erst gekommen. Wie wäre es, wenn ich Perry Rhodan auf der Erde besuchen würde und mir von ihm einen umfangreichen Einblick über die Geschichte, die Technik und die Gesellschaft der Terraner geben lasse? Du kennst meinen objektiven Blick, ich werde dir dann berichten, ob du richtig oder falsch lagst.«

Osiris betrachtete seinen Sohn nachdenklich. Horus war ein kluger Mann, der für seine Gerechtigkeit bekannt war. Vor einer Entscheidung prüfte er gründlich die Möglichkeiten, solange man ihm die Zeit dazu ließ. Seine Entscheidungen waren intelligent und wohl durchdacht.

Osiris versuchte, sich zu entspannen. Vielleicht hatte er die letzten Tage überreagiert. Immerhin hatte es achthundert Menschen auf Seshur und der Besatzung eines Schiffes das Leben gekostet.

Der »Gott der Unterwelt« wollte die Terraner unterwerfen und sie zu neuen Kemeten heranbilden. Er war kein Diktator und verabscheute die Mittel der Gewalt. Jedoch sah er keine andere Wahl, um den Kemeten wieder kosmische Bedeutung beizumessen. Sie benötigten Nachfolger. Die Terraner waren schon immer dafür vorgesehen gewesen.

Vielleicht gab es einen anderen Weg, ihre Meinung zu ändern. Oder lag Osiris gar völlig falsch. In seinen Augen waren die Terraner Frevler, denn sie waren Mitglieder eines Thoregons.

Dennoch …

»In Ordnung«, sprach Osiris schließlich leise. »Ich gebe dir drei Tage. Besuche die Erde, sprich mit Perry Rhodan und verschaffe dir einen umfassenden Überblick über die Kultur der Terraner. Nach drei Tagen berichtest du mir und ich werde deinem Urteil vertrauen.«

Horus berichtete den anderen Kemeten von der Abmachung. Er war glücklich, dass er Osiris dazu überreden konnte.

Er stieß auf unterschiedliche Reaktionen – Thot war einverstanden, Seth jedoch wurde ärgerlich. Er stellte klar, dass er von diesem Aufschub des Angriffes nichts hielt. Da er sich bei den anwesenden Kemeten jedoch kein Gehör verschaffen konnte, suchte er Osiris auf.

Der Anführer der großen Flotte der Kemeten war nach dem Gespräch mit Horus nachdenklich geworden. Hatte er wirklich überreagiert und vorschnell geurteilt? Waren die Terraner doch ein ordentliches Volk?

Richtig, Osiris hatte nicht mit Perry Rhodan oder seinen unsterblichen Freunden diskutiert. Ihre Begegnungen endeten meist in einem Feuergefecht. Die Aggressionen waren aber, wie sich Osiris eingestehen musste, von ihm ausgegangen.

Er hatte sich auch nicht mit vielen Terranern unterhalten. Schon nach kurzer Zeit hatte er sie alle in einen Topf geworfen. Nach der Bekanntschaft von diesem Straßenhändler, Van Kehm und Muhalla war es nicht schwer, zu diesem Schluss zu kommen. Oder nach den Erlebnissen in diesem Museum.

Die einzige Person, die Osiris als einigermaßen interessant wie ehrenwert ansah, war die Archäologin Denise Joorn.

Möglicherweise ließ sich der Konflikt doch noch gewaltlos lösen. Vielleicht stellte sich alles als Missverständnis heraus. Osiris war froh, dass Horus noch einmal mit ihm gesprochen hatte.

Der anfängliche Zorn räumte seinen Platz für die Vernunft des über dreihunderttausend Jahre alten Wesens.

Nun war er gespannt auf das Ergebnis, das Horus …

*

Das Schott fuhr auf und Seth stürmte in Osiris Zimmer. »Warum hast du das getan?«

Nach einer Schrecksekunde fuhr Osiris Seth an: »Kündige dich gefälligst an, bevor du hier einfach hineinplatzt!«

»Dafür ist keine Zeit! Was hast du getan?«

»Horus hat mich überzeugt, dass ich die Terraner vorschnell verurteile. Er möchte sich ein Bild von der Kultur, der Technik und der Geschichte der Terraner machen.«

Osiris war sofort wieder ruhig geworden. In Jahrtausenden hatten es die Kemeten nicht geschafft, Seth Manieren und Umgangsformen beizubringen, er würde auch heute keinen Erfolg haben.

»Für einen militärischen Angriff ist danach immer noch Zeit, wir haben die absolute Übermacht. Aber durch Horus Besuch könnte ein Unrecht verhindert werden.«

»So ein Schwachsinn! Du hast die Terraner doch erlebt: Sie sind brutal, hinterhältig und geldgierig. Sie haben Nephtys getötet!«

»Diese Eigenschaften sind dir natürlich fremd. Wer hat mich in ein fast 20.000 jähriges Grab gesperrt?«

Abgesehen davon war Seth selbst am Zustand von Nephtys schuld, weil er sich ihren Zellaktivator eingepflanzt hatte. Diesen Gedanken sprach Osiris aber nicht aus.

»Das alles habe ich zu unserem Wohl getan!« Seth merkte, dass er so nicht weiter kam und versuchte etwas anderes: »Horus liebt die Terraner. Er war ihnen schon früher immer wohlgesonnen und hat inzwischen seinen objektiven Blick ihnen gegenüber verloren. Was er dir auch sagen wird, es wird beschönigt sein!«

»Wir alle sind den Terranern wohlgesonnen! Wir haben Jahrtausende lang ihr Schicksal gelenkt und uns um sie gekümmert. Unsere Eingriffe waren selten, aber immer sinnvoll. Horus war immer gerecht und objektiv. Auch seine Argumentation heute war stimmig und logisch. Ich vertraue seinem Urteil!«

»Das wirst du noch bereuen, die Terraner werden jede Schwäche von uns ausnutzen!« Wütend verließ Seth Osiris Zimmer. Er hinterließ einen nachdenklichen Osiris.

Seth war außer sich vor Wut. Wie konnte Osiris nur so starrköpfig sein? Der Angriff auf die Erde war schon beschlossene Sache gewesen und er blies ihn ab, weil dieser Horus ihm Flausen in den Kopf gesetzt hatte?

Er verstand Osiris nicht. Wie konnte man nur so viele Skrupel haben? Wieso konnte er nicht einfach losschlagen und klare Verhältnisse schaffen? Danach konnte man noch immer mit diesem Perry Rhodan verhandeln. Unter Druck gesetzt würde er keine leeren Versprechungen geben. Er würde sich mit den Kemeten einigen, die Terraner würden ihre Verfehlungen einsehen müssen und sich bessern.

Warum also nicht einfach mal den leichten Weg beschreiten? Warum musste es immer zunächst Diplomatie sein?

Seth war im Flaggschiff umher gewandert. Die Bewegung hatte ihm gut getan, er bekam allmählich einen klaren Kopf und überlegte, was er nun tun sollte.

*

Wie konnte man es nennen? Misstrauen? Sorge? Verdacht? Vorahnung? Thot war sich nicht sicher, wie er das Gefühl bezeichnen sollte, das ihn dazu brachte, Seth zu beobachten. Vielleicht waren es auch nur schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit.

Thot wusste, dass Seth mit Osiris Entscheidung nicht zufrieden war. Seine Haltung hatte das gezeigt. Thot fragte sich, welche Motivation Seth trieb. Warum wollte er unbedingt Krieg führen? Aus Rache für den tragischen Tod von Nephtys, den niemand gewollt hatte? Um die Menschen auf den rechten Weg zurückzuführen? Oder einfach nur aus Blutdurst, um zu zeigen, wer der Stärkere war?

Im Prinzip war es Osiris, der vorschnell handeln wollte, doch Horus hatte ihn zum Glück noch zur Besinnung gebracht. Wenn man die Situation jetzt kühl und rational betrachtete, musste man sich eigentlich gar nicht wundern. Die Terraner hatten seit jeher ihr eigenes Leben geführt und sie hatten die konstruktiven Ratschläge der Kemeten gerne befolgt. Die Götter hatten sich einzelnen Terranern in großen Zeitabständen offenbart. Zwischenzeitlich hatten sie das Volk genau beobachtet. Aber jetzt hatten sie es über 5000 Jahre in Ruhe gelassen. 5000 Jahre! In dieser Zeit war aus dem Volk der Halbwilden ein raumfahrendes Imperium geworden, das versuchte, sich gegen das Reich der Arkoniden zu behaupten, das schnell expandierte. Die Zeit der Götterverehrung war vorbei: ES, die Kosmokraten, Chaotarchen und andere Wesen hatten Götter abgesetzt, sie überflüssig gemacht. Konnte man es den Terranern dann wirklich verdenken, wenn sie ihren eigenen Weg gingen? Hatten die Kemeten überhaupt das Recht, ihren Weg so zu verändern? Thot beendete seine Gedankengänge und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Seth hatte sich inzwischen in sein Quartier zurückgezogen. Thot stand in der Nähe und beobachtete die Tür. Er traute dem Frieden nicht. Seth musste etwas planen, das lag einfach in der Mentalität des Kemeten.

Tatsächlich: Das Schott öffnete sich und Seth verließ seinen Raum. Thot folgte ihm. Nach einiger Zeit stand fest, dass sich Seth in Richtung Hangar bewegte.

*

Osiris dachte noch immer über das Verhalten Seths nach, als plötzlich ein Alarm durch das Schiff ging. Er stellte eine Verbindung zur Zentrale her. »Was ist passiert?«

»Seths Teil der Flotte setzt sich in Bewegung. Wir erhalten keine Antwort auf Funksprüche. Was sollen wir tun?«

»Fünf 750-Meter-Einheiten sollen versuchen, ihm zu folgen.«

»Dafür ist es bereits zu spät – die Flotte startete das UTRANS-Triebwerk und verschwand. Es war ein regelrechter Blitzstart.«

»Danke, Kommandant. Wir sehen von der Verfolgung ab.« Osiris kappte die Verbindung. Seth hatte also beschlossen, eigene Wege zu gehen. Der Gedanke ließ ein ungutes Gefühl in Osiris aufkommen. Was hatte Seth vor?

*

Perry Rhodan war aufgeregt: Horus hatte gerade seinen Besuch angekündigt. Er wollte bereits in einer Stunde eintreffen.

Da der Aufenthalt des Kemeten auf zwei Tage begrenzt war, setzte die Kurzfristigkeit Perry unter Druck. Damit sich der Kemete innerhalb von 48 Stunden ein genaues Bild über die Terraner machen konnte, waren viele Vorbereitungen nötig. Um Zeit zu gewinnen, wollte Perry mit einer Stadtrundfahrt in Terrania City beginnen. In der Zwischenzeit sollte Natasha Hilmy, eine Bekannte Perrys, die im Geschichtsmuseum arbeitete, eine Präsentation vorbereiten. Über die Geschichte vom Römerreich bis zu den Kosmischen Burgen wollte Perry reden, den Rest sollte Natasha berichten. Sie sollte dazu die Bilder liefern. Außerdem bat Perry Timo Zoltan, ins Museum zu kommen. Nach der Präsentation sollte der Wissenschaftler über die technische Entwicklung berichten. Um Zeit zu sparen, sollte Horus das Wichtigste per Hyperschulung beigebracht werden. Schließlich war Technik nicht das Thema, mit dem man sich stundenlang befassen konnte. Zumindest Perry langweilte sich bei Technikvorträgen nach einiger Zeit immer.

Das war einfach nicht sein Fachgebiet. Er liebte praktische Arbeit, über Technik sollten sich andere Gedanken machen. Es hatte auch immer brillante Köpfe gegeben: In der Zeit der Meister der Insel Arno Kalup, später Geoffry Abel Waringer, dann Payne Hamiller und schließlich Myles Kantor. Von diesen Koryphäen war leider nur noch Myles am Leben. Aber auch Timo Zoltan war ein fähiger Mann, er war kompetent und erfinderisch, er hatte Ideen.

Perry befreite sich von diesen Gedanken und machte sich an die Arbeit.

 

Das Auge des Horus

Mittlerweile hatten alle Mitarbeiter der kleinen Gleiterfabrik von der Belagerung des Solsystems erfahren. Zahlreiche Nachrichtensender hatten permanent darüber berichtet. Aber auch die Unterhaltungstrividprogramme unterbrachen ihr Programm, um die neuesten Bilder zu zeigen. Dabei versuchte jeder Sender, die aktuellsten und besten Bilder zu zeigen, denn der Kampf um Einschaltquoten war in diesen Minuten enorm.

Die Stimmung im Unternehmen hatte sich schlagartig verändert: Zunächst herrschte absolute Stille. Nach einigen Minuten Bildern und Berichten erfassten die ersten Mitarbeiter die Tragweite der Vorfälle und gerieten in Panik. Die einen stießen schrille Schreie aus, andere rannten aus dem Raum. Wahrscheinlich zu ihren Fahrzeugen, um schnell nach Hause zu fahren.

Kurze Zeit später wurde der Arbeitstag offiziell für beendet erklärt. In der Verwaltung sah man ein, dass die Mitarbeiter nach diesen Nachrichten keine vernünftige Arbeit mehr leisten würden. Man wollte ihnen die Möglichkeit geben, ihre Familien zu sehen.

Robert ließ sich nicht von der allgemeinen Panik anstecken. Er akzeptierte unabänderliche Tatsachen und versuchte, das Beste daraus zu machen. Er kannte die Geschichte der Menschheit und wusste, dass Terraner schon ganz andere Probleme bewältigt hatten.

Robert hätte nichts dagegen gehabt, weiterzuarbeiten. Aber da man der ganzen Belegschaft schon mal freigegeben hatte, machte er sich auch zu seinem Gleiter auf.

*

Die Sicherheit eines hohen Politikers zu wahren, war schon immer ein schwieriges Unterfangen gewesen. Tausende kleiner Faktoren mussten berücksichtigt werden. Es konnte Attentate, sabotierte Fahrzeuge oder vergiftetes Essen geben.

Im Zeitalter von persönlichen Schutzschirmen und Antigravgeräten waren derartige Attentate selten geworden, weil ein großes Maß an Organisation und viel Geld zur Ausführung gehörten, doch in Sicherheit konnten sich Politiker dennoch nicht wähnen. Schließlich hatten auch die Attentäter dazugelernt.

Sicherlich hätte die Nachricht vom Besuch des Horus Erleichterung unter den Terranern hervorgerufen. Sicherlich hätte dessen Anwesenheit ihn auch zur Zielscheibe gemacht. Perry stand vor einem Dilemma, er wusste nicht, was das kleinere Übel war. Er entschied sich dazu, Horus' Besuch erst mit zweistündiger Verzögerung bekannt werden zu lassen. Das erschien ihm als guter Kompromiss.

Perry erwartete Horus gerade in einem Transmitterraum der Solaren Residenz. Die beiden waren übereingekommen, dass es besser sei, wenn Horus nicht in einem Pyramidenschiff auf der Erde landete.

Endlich: Der Transmitterbogen aktivierte sich und Horus erschien. Der Kemete war eine imposante Erscheinung. Mit zwei Armen und Beinen und etwa 1,85 Meter Körpergröße sah er durchaus menschlich aus. Doch der Falkenschädel machte diesen Eindruck zunichte, er strahlte etwas Besonderes aus, verlieh Horus etwas Einzigartiges.

Der Auftritt des Kemeten hatte Stil: Er stand eine Minute regungslos unter dem Transmitterbogen und musterte die Terraner aufmerksam. Auf Perry Rhodan blieb sein Blick stehen. Auch Perry sah dem Kemeten in die rotgelben Augen. Sie strahlten Ruhe aus, Gerechtigkeit und Geduld. Perry schien Horus gleich sympathisch, er glaubte, dass man mit ihm konstruktiv diskutieren konnte. Er hoffte es, denn die Kemeten waren um viele Jahrtausende älter als Perry, ja sogar viel älter als die terranische Kultur insgesamt. Man konnte sicherlich viel voneinander lernen.

Bei der Konstruktion der Solaren Residenz hatte man auf großzügige Raumgestaltung und Transparenz Wert gelegt. Besucher sollten berühmte Politiker beim Tagesgeschäft beobachten können. Es sollte auch möglich sein, einander über den Weg zu laufen. Auf diese Weise erhoffte man sich, dass die Menschen wieder mehr Vertrauen zu Politikern bekamen, denn in fast keinem anderen Berufszweig gab es mehr Korruption. Vielleicht wurden sich so auch Politiker ihrer Verantwortung bewusst, wenn sie die Menschen täglich sahen, deren Geschicke sie lenkten.

Doch ganz transparent konnte man einen so gewaltigen Regierungsapparat wie die Liga Freier Terraner nicht gestalten: Zum einen waren auch im Jahre 1298 NGZ Geheimdienste wie der TLD notwendig. Durch die Expansionen des Arkonimperiums vielleicht sogar notwendiger denn je.

Auch Regierungsgeschäfte wirtschaftlicher Art konnten nur zum Teil öffentlich vonstattengehen. Andererseits hätten Verbrecherorganisationen wie die Galactic Guardians leicht ihre Vorteile daraus ziehen können.

Die Solare Residenz war eine sehr neue Einrichtung, in den nächsten Jahren würde man sicherlich einen sinnvollen Mittelweg zwischen öffentlicher und geheimer Arbeit finden.

Das Restaurant Marco Polo in der Spitze der Residenz hatte ein paar abgeschottete Räume, die jedoch nur selten benutzt wurden. Eben nur dann, wenn die Regierung mit Leuten verhandelte, die in der Öffentlichkeit nicht gesehen werden sollten. So wie heute: Horus war als Mitglied der großen Flotte, die Terra bedrohte, kein willkommener Gast. An dieser Tatsache war nicht zu rütteln, auch wenn Perry Rhodan sich inzwischen sehr gut mit dem Kemeten verstand.

Die Fahrt durch Terrania City hatte etwas mehr als drei Stunden gedauert. Es waren eigentlich nur zwei Stunden eingeplant gewesen, aber Horus hatte immer wieder Wünsche vorgetragen. Er wollte sich bestimmte Gebäude ansehen oder eine bestimmte Gleiterstraße entlang fliegen. Perry freute sich über das Interesse des Kemeten, zum einen war das rege Interesse ein gutes Zeichen, zum anderen hatten so Natasha und Timo mehr Zeit für ihre Präsentationen.

»Eine unglaubliche Stadt«, sagte Horus gerade. »Sie ist wirklich erst ab dem zwanzigsten Jahrhundert entstanden?«

»Ja, vorher hatte es an dieser Stelle nur Wüste gegeben. Sehr heiß im Sommer, im Winter bitterkalt. Es war ein unwirtlicher Ort. Aber schließlich landeten wir hier nach dem ersten Flug zum Mond. Somit leiteten wir an diesem Ort das Raumfahrtzeitalter ein. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, also bauten wir hier unsere spätere Hauptstadt auf.«

»Wie hat es mit der Bewässerung funktioniert?«

»Schon bald entstand NATHAN, der gigantische Computer im Mond. Er übernahm unter anderem die Wetterkontrolle auf der Erde und schaffte in Terrania City erträgliche Bedingungen, die viele Menschen hierher lockten.« Perry lächelte, als er daran dachte, was die Menschen inzwischen alles erreicht hatten.

Perry und Horus hatten inzwischen ihr Mahl beendet und standen jetzt auf. Der Gründer der Dritten Macht führte den Kemeten zum Transmitter und stellte ihn auf das Museum ein.

*

Natasha hatte in den letzten Stunden nicht sehr viel zu tun gehabt. Präsentationen, die die Geschichte der Menschheit beleuchteten, gab es genug. Sie hatte sich einige besonders effektvolle heraus gesucht und ein Best-of zusammen geschnitten. Vielleicht war die Show etwas zu bunt und zu hektisch geraten, aber das Risiko nahm Natasha gerne auf sich. Sie wollte Horus unterhalten, er sollte sich auf keinen Fall langweilen.

Ein kleines Problem hatte sie jedoch gehabt: Im allgemeinen Verständnis begann die terranische Geschichte im 20. Jahrhundert mit den Weltkriegen, die zur Bildung der zwei Supermächte führten. Zwischen diesen Mächten kam es fast zum Atomkrieg, der durch die Mondlandung und die Begegnung mit den Arkoniden verhindert werden konnte. Die Terraner kämpften jetzt gegen die »Dritte Macht«.

Horus jedoch hatte 5000 Jahre verschlafen. Was nach Kaiser Augustus geschehen war, konnte der Kemete nicht wissen. Natasha kannte die Geschichte bis zum Raumfahrtzeitalter in groben Zügen und fand sie sterbenslangweilig. Im Ernst: Wer interessierte sich heutzutage schon für Schwerter schwingende Ritter, die durchs Land ritten, um irgendwelche Kelche zu suchen, um Jungfrauen zu retten und um Drachen zu töten? Das war doch alles Humbug. Nur wenige Freaks befassten sich heutzutage noch damit. Eben solche Leute, die noch immer mit Würfeln spielten.

Doch dieses Problem hatte Natasha auf einfache und raffinierte Art gelöst, wenn auch Perry darüber nicht glücklich sein würde.

Vielleicht war auch der Teil mit dem Solaren Imperium etwas kurz geraten. Der Teil immerhin, in dem Perry Großadministrator und so quasi Alleinherrscher über das große terranische Imperium war. Auch dieser Teil war nach Natashas Ansicht nicht interessant. Viel spannender wurde es, als die Laren eingriffen und das Solare Imperium zerschlugen.

Wie dem auch war: Die Präsentation musste Horus gefallen, nicht Perry.

Natashas Interkom summte, Perry Rhodan meldete sich an. Kurz darauf aktivierte sich der Transmitter und die beiden Besucher betraten das Museum.

Natasha hatte Bilder von Horus und den anderen ägyptischen Göttern gesehen, sie war auf dessen Anblick vorbereitet. Überhaupt bot Horus als Humanoider mit Falkenkopf einen harmlosen Anblick dar, wenn man an Wesen wie den Dargheten dachte, der im Jahr 445 NGZ das Raumschiff des Virenforschers Vamanu sabotiert hatte. Der Darghete hatte wie eine 6,5 Meter lange Nacktschnecke ausgesehen, Vamanu selbst war unbeschreiblich gewesen. Er hatte Züge aller möglichen Tiere besessen. Interessanterweise hatten sich die Dargheten als besonders friedfertige und wohlwollende Wesen erwiesen. So konnte der Schein trügen!

»Herzlich willkommen im Museum für terranische Geschichte! Mein Name ist Natasha Hilmy und der Terranische Resident hat mir aufgetragen, dir einen Überblick über unsere Geschichte zu verschaffen.«

»Ich freue mich schon darauf, zu erfahren, was in meiner Tiefschlafzeit passiert ist«, entgegnete Horus höflich.

»Ich habe mir das so gedacht«, begann Natasha. Jetzt kam der kritische Teil, in dem sie Perry leicht verärgern konnte. »Es gibt grob gesprochen fünf Epochen nach dem Verschwinden der Kemeten: Die Prä-Raumfahrzeit, das Solare Imperium, die Zeit der Laren und der Mächtigen, die Epoche der Kosmischen Hanse und schließlich noch die Epoche des Thoregons.

Nun, ein Abriss der Geschehnisse nach der Mondlandung bis heute wird allein schon drei oder vier Stunden dauern. Was davor war, interessiert heute nicht mehr viele Leute. Es gibt auch kaum spannende Aufzeichnungen über diese Zeit.« Natasha beobachtete Perry, auf dessen Stirn sich gerade eine steile Falte bildete. Er ahnte, worauf sie hinaus wollte. »Horus, ich würde dir diesen Teil der terranischen Geschichte gerne per Hypnoschulung beibringen.« Jetzt war es raus.

Eine kurze Pause entstand. »Wenn du meinst, das sei die sinnvollste Methode, mir einen Teil eurer Geschichte nahe zu bringen, dann bin ich damit einverstanden«, sagte Horus schließlich.

Auch Perry äußerte keine Bedenken, aber ein Blick in sein Gesicht verriet Natasha, dass er nicht glücklich über die Entwicklung der Dinge war.

Kurze Zeit später lief Horus Hypnoschulprogramm. Er lag in einem angrenzenden Raum und war vollkommen von der Außenwelt abgeschottet. Nichts sollte seinen Lernprozess stören.

Als Natasha die letzten Schaltungen vorgenommen hatte, trat Perry Rhodan zu ihr. »Wie konntest du das tun? Ich gebe dir den Auftrag, eine Präsentation über die Geschichte der Menschheit vorzubereiten und du schickst Horus in eine Hypnoschulung. Was soll das?«

Natasha hatte inzwischen etwas Zeit gehabt, sich auf die Vorwürfe des Terraners vorzubereiten. »Erstens«, sagte sie und blickte ihm in die Augen, »hatte ich nur wenige Stunden Zeit, die Show vorzubereiten. Sie sollte ja gut werden und die Präsentation über das Raumzeitalter der Terraner ist gut, das kann ich dir versprechen. Zweitens existiert über das Prä-Raumzeitalter so gut wie kein Bildmaterial.

Es gibt nur einige langweilige Kriegsfilme oder Ritterfilme oder diese Historienschinken aus den Anfängen des Fernsehzeitalters. Doch Szenen aus diesen Filmen in die Präsentation einzubauen war mir aus Zeitgründen unmöglich. Und schließlich drittens: Die Geschichte vor dem Raumfahrtzeitalter ist langweilig. Andauernd knüppelten verschiedene Völker aus niederen Motiven aufeinander ein. Es gab nichts Kosmisches, keine Außerirdischen, keine Superintelligenzgen, nichts!«

»Augenblick«, unterbrach Perry den Redeschwall der Historikerin. »Nach Atlans Erzählungen hat es sehr wohl außerirdische Eingriffe in die terranische Geschichte …«

»Ja, natürlich, Atlan! Der Arkonide hat bei seinem Aufenthalt auf der Erde viel erlebt und die terranische Geschichte beeinflusst. Nur keiner hat es gemerkt.«

»Atlan musste ja behutsam vorgehen …«

»Klar musste er das. Er ging sogar so behutsam vor, dass er bis heute keinem Geschichtsschreiber detailliert erzählt hat, was er in all den Jahren getan hat. Historiker wie ich können nur Vermutungen aufstellen oder Gerüchten nachjagen. Dir dürfte klar sein, dass Horus mit solchen Fakten nicht gedient ist.«

Perry Rhodan fühlte sich in die Defensive gedrängt. Dabei hatte er sich gerade über Natashas Vorgehen beschwert. »Wir Unsterblichen haben viele Pflichten und Aufgaben …«, versuchte er, noch einmal Oberhand zu gewinnen, kam sich aber selbst nicht mehr sehr glaubwürdig vor.

»Stimmt, ihr Unsterblichen findet in 3000 Jahren keinen einzigen Tag Zeit, den Historikern zu erklären, wie der Verlauf der Geschichte sich tatsächlich abgespielt hat. Ich glaube dir jedes Wort.«

Der Unsterbliche seufzte. Er wusste, dass die junge Frau im Unrecht war, sah aber keine Möglichkeit, mir ihr sinnvoll zu diskutieren. Vermutlich wollte sie ihn nur aufziehen, ihn sprachlos werden lassen. Man wusste nie, woran man bei Natasha war.

»Natasha, ich möchte mich nicht mit dir streiten«, lenkte er ein. »Lass uns doch über den weiteren Vortrag sprechen. Wie hast du dir das vorgestellt?«

Er hoffte auf keine weiteren unangenehmen Überraschungen.

Zwanzig Minuten später war das Programm für Horus beendet. Natürlich hatte der Kemete noch einige Fragen zum gerade Erfahrenen, die ihm Natasha und Perry in der nächsten halben Stunde gerne beantworten. Der Kemete lobte unter anderem die Art der Hypnoschulung, denn er hatte keine Kopfschmerzen und fühlte sich nicht verwirrt.

Allerdings konnte sich der Kemete eine Spitze gegen die etwas zu voreingenommene Wissenschaftlerin nicht verkneifen. »Ich hätte gerne mehr über das Wirken von Atlan in Erfahrung gebracht, da er schon im alten Ägypten war. Außerdem fand ich die Entwicklung der Menschen bis zur Dritten Macht keinesfalls langweilig. Es wundert mich, wie jemand, die sich offenkundig als Historikern ausgibt, so nachlässig mit ihrer eigenen Geschichte sein kann …«

Das saß offenbar, denn Natasha schwieg pikiert, während Rhodan sich ein Schmunzeln unterdrückte.

Kurz darauf begaben sich Perry, Natasha und Horus zum Vorführraum. Hier standen einige Stühle für die Zuhörer und ein großes Trividgerät, das in der Lage war, zwei- und dreidimensionale Bilder zu zeigen.

Natasha und Horus setzten sich, Perry stellte sich neben das Gerät, denn er wollte, wie erwartet, den Teil über das Solare Imperium selbst kommentieren.

Der Raum wurde abgedunkelt und Perrys Vortrag begann. Er hatte mit Natasha die Bilderabfolge besprochen und wusste in etwa, wie viel Zeit er für die einzelnen Kapitel der Geschichte hatte.

Perry sprach über den zweiten Weltkrieg, wie es zur Bildung der zwei Supermächte kam, über die Mondlandung und die Begegnung mit dem berühmten Arkoniden Crest. Er sprach über Thora, in die er sich trotz einiger heftiger Streite bald verliebte, über die Bildung der Dritten Macht, über den Einfall der Individualverformer, über die Bildung des Mutantenkorps, über die Begegnung mit ES, über die Abenteuer auf der Venus und im Wega-System.

Anschließend ging es um den Aufbruch nach Arkon und um den berühmten Kampf gegen den Einsamen der Zeit, gegen Atlan, der bald darauf zum besten Freund Perry Rhodans wurde. Dabei berichtete er über die Schlacht gegen den Robotregenten auf Arkon, der schließlich bezwungen werden konnte. Perry erzählte vom Krieg gegen die Posbis, die jetzt auch zu den Verbündeten der Terraner zählten. Er sprach über die Kämpfe gegen die Jülziisch.

Das Solare Imperium der Terraner war im Jahre 2400 ein gefestigtes Reich. Doch dann entdeckte man den Sonnentransmitter und Perry brach mit seinem Flaggschiff zur Nachbargalaxis Andromeda auf, wo die Meister der Insel eine Schreckensherrschaft ausübten. Man lernte das Twin-System, die Hohlwelt Horror und die Twonoser, ein Hilfsvolk der MdI, kennen. Das Geheimnis der Mobys, riesigen Organismen, die aussahen wie große Asteroiden, wurde enträtselt. Die Terraner lernten die Maahks, gefühllose rational denkende Methanatmer, kennen und auch die Tefroder, das wichtigste Hilfsvolk der Meister der Insel. Danach ging es einem Meister nach dem anderen an den Kragen.

Perry hatte Natasha gebeten, den Teil um die Meister der Insel etwas auszuweiten, denn er erinnerte sich auch heute noch gerne an diese Zeit zurück. Sicher, sie war gefährlich gewesen, aber damals war das Leben auch einfacher gewesen: Es gab Draufgänger wie Don Redhorse, die für jede aussichtslose Mission zu haben waren. Und als Großadministrator hatte Perry jede Befehlsgewalt, die er sich wünschen konnte.

Die weitere Geschichte des Solaren Imperiums handelte Perry Rhodan kurz ab, denn die Geschehnisse wiederholten sich teilweise: Aufbrüche in neue Galaxien, neue Abenteuer. So berichtete der Unsterbliche über die Abenteuer in M 87, über OLD MAN, das gigantische Raumschiff, das die Terraner im Kampf gegen die MdI unterstützen sollte, aber an die 30 Jahre zu spät eintraf, über Roi Danton, den König der Freihändler, der sich als Rhodans Sohn entpuppte. Perry sprach über die tragische Second-Genesis-Krise, in der viele Mutanten Amok liefen und dabei umkamen, über die Cappins, insbesondere über Ovaron, dann ging es um den Einfall des Schwarms, der in der Milchstraße für Verdummung sorgte und nur mit großen Mühen aufgehalten werden konnte. Sein Vortrag endete mit dem Bericht über das Kosmische Schachspiel zwischen ES und Anti-ES und mit der sonderbaren Gehirn-Odyssee.

Horus hatte dem Vortrag konzentriert zugehört und brauchte jetzt eine Weile, um das Gehörte zu verarbeiten. Erst nach einigen Minuten begann er: »Ihr lebtet in gefährlichen Zeiten. Nach dem, was ich gehört habe, haben viele Terraner, auch die Unsterblichen, ihr Leben sehr oft aufs Spiel gesetzt. Warum?«

»Nun …« Perry hatte diese Frage erwartet, war aber dennoch nicht darauf vorbereitet. »Der Aufbruch in den Weltraum war für uns Terraner etwas völlig Neues, Unfassbares, Geheimnisvolles. Wir wollten alle Geheimnisse unserer Milchstraße erforschen.

Es gab viele Terraner, die das große Abenteuer suchten. Aber nur wenige bekamen die Gelegenheit dazu, denn nicht jedermann konnte in dieser Zeit auf große Fahrt gehen. Raumfahrt war noch ganz neu für uns Terraner und dementsprechend teuer. So fanden sich recht verwegene Exemplare auf meinem Flaggschiff wieder. Leute wie Don Redhorse oder Melbar Kasom. Alle diese Männer waren bereit, ihr Leben für das Solare Imperium zu opfern, wenn sie dafür einige Abenteuer erleben konnten. Und dazu gab es in diesen Zeiten mehr als genug Gelegenheit. In der Zeit der Dritten Macht sahen wir uns alle paar Wochen von einer neuen Bedrohung angegriffen, der Weg nach Andromeda war von Fallen und Gefahren nur so gespickt.«

Horus überlegte einen Moment. »Dann habt ihr Menschen aber eine Menge Glück gehabt, dass ihr alle Gefahren gemeistert habt. Vor allem die Unsterblichen, deren Leben besonders oft bedroht war.«

Rhodan lächelte. »Ja, Atlan sagte einmal, dass die Terraner ein zähes, unbeugsames Volk von Barbaren seien, die mit einer Menge Dreistigkeit alles zustande bringen konnten, was sie wollten. Sie seien aber der Alptraum jedes Gegners, weil sie so nachtragend und verbissen sein können.«

Die Diskussion lief noch eine halbe Stunde, dann übernahm Natasha die Initiative: »So, ich glaube, es wird Zeit, dass wir mal von der Zeit der Helden, die auf einem Raumschiff durch fremde Galaxien kurvten, Abschied nehmen und uns der Folgezeit widmen. Denn obwohl das Solare Imperium damals ein mächtiges Reich war, sollte es nicht ewig halten. Als im Jahre 3560 alter Zeitrechnung die Laren einfielen, brach es zusammen …«

Natasha hatte den Raum abgedunkelt und führte Perry Rhodans Erzählung fort. Sie sprach über den Einzug der Laren unter dem charismatischen Führer Hotrenor-Taak, die binnen kurzer Zeit die ganze Milchstraße mit Hilfe ihrer überragenden Technik besetzten. Taak warb als Hilfsvolk die Überschweren an und setzte Leticron als ersten Hetran der Milchstraße ein, nachdem sich herausstellte, dass Perry Rhodan gegen die Invasoren arbeitete. Die Erde selbst konnte gerettet werden, indem man sie mit dem Transmitter Kobold in eine ferne Galaxie beförderte.

Doch die Erde war dort nicht sicher, sie fiel in einen gigantischen Mahlstrom. Außerdem breitete sich durch die Strahlung der Sonne Medaillon auf ihr die Aphilie aus, eine Krankheit, die Menschen gefühllos machte. Die Terraner bauten das riesige Raumschiff SOL und verbannten alle Immunen, auch die Zellaktivatorträger, von der Erde.

In der Milchstraße gründeten die Entflohenen das Neue Einsteinsche Imperium und lebten auf einer Welt in einer Dunkelwolke, vor dem Zugriff der Laren geschützt. Durch einen komplexen Plan konnte schließlich die Macht der Laren nach und nach abgebaut werden. Doch die nächste Bedrohung stand schon vor der Tür: Die Superintelligenz BARDIOC griff nach der Milchstraße und besetzte Welten mit ihren kleinen Majestäten. Die Erde kehrte zur Milchstraße zurück, allerdings waren alle Bewohner verschwunden. Die Superintelligenz ES hatte sie aufgenommen. Die Menschen des NEI kehrten zur Erde zurück. Die Laren wurden endgültig vertrieben, der Kampf gegen BARDIOC begann.

Perry ging mit der SOL auf große Fahrt und erfuhr, dass BARDIOC gegen eine andere Superintelligenz, die Kaiserin von Therm, kämpfte. Schließlich fand man BARDIOC und vereinigte ihn mit ihr. Doch es stellte sich heraus, dass BARDIOC einer der sieben Mächtigen war, die den Kosmokraten dienten. Perry sollte nun sein Sporenschiff, die PAN-THAU-RA, sicherstellen. Auch das gelang dem Terraner schließlich. Er traf auf Laire, den Roboter der Kosmokraten, der ihm auftrug, die sieben Schlüssel aus den Kosmischen Burgen der sieben Mächtigen zu finden, um die Materiequelle Gourdel, die von den Kosmokraten manipuliert wurde, zu stabilisieren. Der Terraner fand alle Schlüssel und stellte fest, dass ES in der Materiequelle festsaß und im Begriff war, zu einer Materiesenke zu werden. Viele Mutanten gingen in ES auf und retteten die Superintelligenz durch ihre positiven Energien. Doch Atlan wurde von den Kosmokraten hinter die Materiequelle gerufen.

In der Milchstraße erschien eine neue Macht, die Loower, die Laires Auge haben wollten. Das hatte Boyt Margor gefunden, der es für seine Zwecke ausnutzte. Doch Margor konnte das Handwerk gelegt werden. Das Auge und die sieben Schlüssel trafen zusammen, die Gefahren dieses Zeitalters waren überstanden.

Natasha beendete ihren Vortrag, der etwa 90 Minuten gedauert hatte. Sie hatte sich auf diesen Teil der terranischen Geschichte spezialisiert, ihr gefiel, wie die Terraner allmählich an kosmische Zusammenhänge herangeführt wurden, wie sie im Kampf der Superintelligenzen verwickelt waren. Die Terraner erlebten in dieser Zeit eines der dunkelsten Kapitel ihrer Geschichte, doch sie hatten nicht aufgegeben. Auch gegen die Laren hatten sie sich durchgesetzt, und das ganz ohne Superhelden wie Redhorse.

Horus war sichtlich beeindruckt. »Ich wusste ja gar nicht, welch wichtige Rolle die Terraner in der kosmischen Geschichte gespielt haben.«

»Unsere Superintelligenz ES hält große Stücke auf uns, aber in der Bekämpfung unserer Probleme sind wir dennoch meist auf uns allein gestellt«, sagte Perry. »ES gibt nur selten verständliche Ratschläge.«

»Wir sollten eine Pause einlegen«, schlug Natasha vor. »Wir sitzen hier schon einige Stunden. Beim Essen können wir uns ja über das Gesehene unterhalten.«

Der Vorschlag fand allgemeine Zustimmung, die drei verließen den Vortragsraum.

Natasha hatte für ihre Gäste eine große Tafel auffahren lassen. Perry, Horus und sie aßen zunächst schweigend. Der Kemete musste noch einige der gehörten Informationen richtig einordnen und verarbeiten. Er kam schließlich auf den Punkt zu sprechen, der ihn besonders interessierte: »Das Auge Laires wurde also in der Pyramide des Chufu gefunden.«

»Ja, der Mutant Boyt Margor wurde von seiner Strahlung angezogen«, sagte Perry. »Er lernte schnell, wie man es benutzen konnte und missbrauchte es für seine Zwecke, Terra zu erobern. Das Auge spielte auch in der Zeit der Kosmischen Hanse eine Rolle, ich konnte mit ihm in Nullzeit alle Stützpunkte der Hanse erreichen, auch wenn diese sehr weit von meinem derzeitigen Aufenthaltsort entfernt lagen. Aber darüber werde ich gleich berichten.«

»Interessant – die Ägypter verehrten es damals. Wie ihr sicher aus den Berichten des Neferti wisst, hatte uns Amun den Auftrag gegeben, das Auge in Chufus Pyramide zu verstecken …«

Horus wurde wieder nachdenklich und das Gespräch schlief ein. Nach einer halben Stunde beendeten sie ihr Mahl und kehrten zum Vorführraum zurück. Perry Rhodan berichtete über das Zeitalter der Kosmischen Hanse.

ES hatte ihm aufgetragen, eine umfassende, die Galaxis überspannende Handelsorganisation aufzubauen, die eine wirkungsvolle Verteidigung gegen die Superintelligenz Seth-Apophis bieten sollte, die im Begriff war, eine Materiesenke zu werden. SETH-APOPHIS fing etwa 400 Jahre später an, auf mehreren Ebenen anzugreifen. Perry wurde ein Ritter der Tiefe im Dienste der Kosmokraten. Er hatte die Aufgabe, Antworten auf die drei Ultimaten Fragen zu finden. Die Frage um den Frostrubin und die um die Endlose Armada konnten gelöst werden. Die Antwort auf die dritte Frage nach dem GESETZ anzunehmen, verweigerte Perry, weil ihm die Folgen zu schwerwiegend erschienen waren.

Das Geheimnis um SETH-APOPHIS wurde schließlich gelöst und man kam der Superintelligenz ESTARTU, die eine Schwester von ES war, auf die Spur.

»SETH-APOPHIS …«, sprach Horus nachdenklich.

Perry kam es so vor, als würde Horus sehr genau wissen, wer diese Superintelligenz war. Auch jetzt fiel ihm die Namensgleichheit mit zwei altägyptischen Göttern auf.

Er beobachtete Horus, während Natascha weitersprach.

Man erfuhr vieles über den Kult um die Ewigen Krieger und den Permanenten Konflikt, den sie favorisierten. Perry erlebte den Untergang der Galaxis Tarkan mit und war 695 Jahre in einem Stasisfeld gefangen. Es kam zu der Monos-Diktatur und zu Begegnungen mit den Cantaro und den Linguiden. Beim Vorstoß in die Große Leere wurde ein großes Galaktisches Rätsel gelöst.

Hier überließ Perry Natasha wieder das Wort. Sie berichtete über Thoregon, das von ES seit über 50.000 Jahren vorbereitet worden war. Thoregon war ein Zusammenschluss von sechs Superintelligenzen und deren Hauptvölkern. Die Superintelligenzen zogen in den Kessel der Doppelgalaxis Da Glausch/Salmengheest und erzeugten dort eine Zone, in der die Kosmokraten und Chaotarchen keinen Zugriff hatten.

Viele Gegenspieler stellten sich gegen die Thoregonvölker: Doch Goedda, die Dscherro, Shabazza, Jii'Nevever und Torr Samaho mit seiner Kosmische Fabrik MATERIA konnten die Entstehung des Thoregons nicht aufhalten. Es kam zum Abkommen mit Hismoom, einem Kosmokraten: Kosmokraten und Chaotarchen würden sich nicht in die Belange der Thoregongalaxien einmischen, solange das Thoregon nicht ausgeweitet würde. Doch die Kosmokraten versprachen ein Jahrtausend der Kriege, das womöglich durch den Konflikt Arkon-Terra eingeleitet wurde.

Hier endete Natashas Bericht. Perry hatte bei diesen neueren Ereignissen ihre Schilderungen gelegentlich ergänzt.

Horus war beeindruckt – eine so bewegte Geschichte hatte er nicht erwartet. Es schien, als seien die Terraner eines der wichtigsten Völker dieses Universums. Um kaum ein anderes Volk hatten die Hohen Mächte jemals so großen Aufhebens gemacht.

Die langen Vorträge hatten Horus müde gemacht. Außerdem war er durch die Fülle an Informationen, die er erhalten hatte, überwältigt. Daher bat er, sich zurückziehen zu dürfen.

Horus wandte sich an Natascha: »Ich danke dir für diesen fundierten Vortrag.«

Die Terranerin lächelte.

»Dennoch«, fuhr Horus fort, »spürte ich ein Fehlen an Respekt vor der Vergangenheit. Gerade die voratomare Zeit war für euch Terraner wichtig. Vergiss nicht, dass wir die Ägypter geformt haben.

Ritterlichkeit ist eine Tugend, die die modernen Menschen nie vergessen sollten. Atlans Wirken war dem unseren ähnlich.

Auch diese Punkte hätten mich im Detail interessiert.«

Natascha wirkte verlegen. Sie blickte Hilfe suchend Perry an, der sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen konnte.

Horus entspannte die Situation selbst und hoffte, dass die Terranerin seinen Rat beherzigen würde.

Er schloss seine Ansprache mit den Worten: »Geschichte ist niemals langweilig. Jeder Forscher sollte mit Demut und Respekt an die Vergangenheit herantreten, denn sie ist der größte Fundus an Erfahrung und Lehren.«

Dann ließ er sich von Perry zu einem guten Hotel bringen und besprach mit ihm den Ablauf des kommenden Tages.

 

Die Entscheidung

Wie alle Mitarbeiter seiner Gleiterfabrik war Robert Mazun unverzüglich nach Hause gefahren. Er hatte den Abend mit seiner Familie verbracht. Mit seiner Ruhe konnte er seine Frau und seine Kinder anstecken. Perry Rhodan, Reginald Bull und viele weitere verantwortungsvolle Persönlichkeiten waren auf Terra, sie würden eine weitere Invasion verhindern.

Später am Abend summte Roberts Interkom. Sein Chef teilte ihm mit, dass Perry Rhodan seinen Besuch in der Gleiterfabrik angekündigt hatte und dass er Roberts Anwesenheit wünschte. Außer Robert wurden noch fünf weitere Mitarbeiter zum Dienst berufen. Sie sollten für den späten Nachmittag eine Führung für den Unsterblichen und einen Gast organisieren. Robert war über die Bitte überrascht, sagte aber zu.

*

Horus sollte sich erst gegen 11 Uhr Terrania City Standardzeit mit Perry, Denise Joorn, Natasha Hilmy und Timo Zoltan treffen. Er hatte also ausgiebig Zeit, sich auszuruhen und um sich auf eigene Faust in der Stadt umzusehen.

Um 9 Uhr bestellte er einen Gleiter, der ihn zu einem großen Marktplatz in Terrania City brachte. Horus hatte sich in einen Umhang geworfen, um nicht von der Bevölkerung erkannt zu werden. Diese Vorsichtsmaßnahme erwies sich als überflüssig, denn ein Großteil der Bevölkerung kannte das Aussehen der Kemeten nicht. Außerdem herrschte hier ein Gedränge, in dem Angehörige so vieler Rassen unterwegs waren, dass er sicherlich nicht aufgefallen wäre.

*

In seiner Hypnoschulung hatte Horus neben der Prä-Raumzeitgeschichte der Menschheit gelernt, welche Völker die Milchstraße bewohnten und wie sie aussahen. Er identifizierte in der Menge natürlich viele Terraner, einige Aras, viele Jülziisch und einige Mehandor, die Handelsexperten, welche natürlich meistens hinter Verkaufsständen zu finden waren. Im Hintergrund meinte Horus außerdem, einen Haluter beobachtet zu haben, er erblickte außerdem zwei Arkoniden. Arkoniden waren auf Terra derzeit eine Seltenheit, denn es herrschte ein kalter Krieg zwischen Terra und Arkon.

Er setzte sich in Bewegung und beobachtete das Treiben. Auch 5000 Jahre nach dem Ende des ägyptischen Zeitalters priesen viele Händler ihre Waren noch lautstark an. Vor allem die Mehandor taten sich hier hervor, sie verstanden es meisterhaft, arglosen Terranern minderwertige Ware zu hohen Preisen anzudrehen.

Je länger Horus durch die Straßen lief, desto mehr kam er zu der Überzeugung, dass das Verhalten der Terraner noch zivilisiert war im Gegensatz zu dem anderer Völker. Es war wohl kein Wunder, dass man in einer Galaxis voller korrupter und geldgieriger Völker selbst geldgierig und korrupt werden musste. Vor allem, wenn man ein großes Sternenreich wie die LFT verwaltete.

Nach einer Stunde orderte der Kemete einen weiteren Gleiter, der ihn zur Solaren Residenz brachte. Unterwegs verabredete er sich mit Perry Rhodan.

Perry führte ihn an den Goshun-Salzsee. Er zeigte ihm die herrliche Landschaft und Horus fühlte sich an der frischen Luft sichtlich wohl.

»Darf ich dich etwas fragen?«, begann Rhodan die Konversation zögerlich.

»Bitte.«

»Woher kennst du SETH-APOPHIS? Ist es nur eine zufällige Namensgleichheit eurer beiden Götter oder steckt mehr dahinter?«

Horus schätzte Rhodans direkte Art. »Es gibt viele Ereignisse die unsere beiden Völker betreffen. Kosmokraten, Chaotarchen, Ägypten, Atlan und SETH-APOPHIS sind nur einige davon.«

»Das war keine klare Aussage bei allem Respekt«, fand Rhodan.

Horus amüsierte Rhodans hartnäckige Art. »APEP-SUATEK ist der kemetische Name für SETH-APOPHIS. Die beiden Namen hatten wir nie mit der negativen Superintelligenz in Assoziation gebracht. Bis wir herausfanden, dass mein Onkel Seth und der fragwürdige Held Apophis Agenten von APEP-SUATEK waren.«

Rhodan verstand nun. Die Terraner konnten sehr viel von den Kemeten lernen. Es war wichtig, dass sich beide Gemeinschaften freundschaftlich verstanden.

Rhodan hatte noch viel mehr fragen, doch Horus blockte ab. »Früh genug wirst du die Geschichte der Kemeten erfahren. Doch sind wir hier zusammen gekommen, um über unsere Zukunft zu entscheiden und nicht um in der Vergangenheit zu schwelgen.«

Nach einer weiteren Stunde beendeten sie die Besprechung. Die wichtigsten Fragen waren geklärt, die größten Missverständnisse beseitigt. Nun stand nur noch das Gespräch mit Timo Zoltan und der Besuch in der Gleiterfabrik an.

*

Timo Zoltan war dieser Tage mit der Entschlüsselung der kemetischen Technik beschäftigt. Auch jetzt, da er auf Perry Rhodan und Horus wartete, dachte er über Schutzschirme und Anti-Ortungs-Systeme nach. Immerhin gab es inzwischen Thesen, wie diese Techniken funktionieren. Das war ein Fortschritt, auf den man schnell aufbauen musste. Doch so sehr sich Timo und sein Forscherteam auch bemühten, sie kamen noch nicht voran. Einfacher wäre es gewesen, wenn man Geräte der Kemeten untersuchen …

»Timo Zoltan! Timo Zoltan!«

Der Wissenschaftler fuhr herum. Das war nicht Perry Rhodans Stimme gewesen. Zunächst sah Timo niemanden, erst dann erkannte er die vor seinem Gesicht herumfuchtelnde Hand. Er senkte einen Blick und sah – ein Kind.

»Timo Zoltan! Endlich sehe ich dich mal!« Der Junge schien überglücklich, es schwang viel Aufregung und Erwartung in seiner Stimme mit.

»Äh, ja. Wer – wer bist du denn, mein Junge?« Timo bekam sich langsam wieder in den Griff.

»Oh, verzeih. Mein Name ist Jack. Ich bin neun Jahre alt und habe alle deine Datenblätter gelesen!«

»Ja ja, schon gut. Wie bist du hier rein gekommen? Dieser Teil des Museums sollte doch abgesperrt sein.«

»Ach, das. Das war einfach. Meine Schulklasse besichtigte das Museum und ich bin an einem Wächter vorbei gelaufen.«

»Dann solltest du schnell versuchen, zurückzukehren, bevor du mit deinen Lehrern und dem Sicherheitspersonal Schwierigkeiten bekommst.« Es war ein höflicher, aber bestimmter Versuch, den Jungen loszuwerden.

»Das kann ich später auch noch. Aber hör mal. In deinen Datenblättern über die neuen geheimen Raumschiffe sind Fehler. Man kann die …«

»Moment, welche neuen geheimen Raumschiffe?« Timo war etwas irritiert. Der Junge konnte unmöglich von den geheimen ENTDECKER-Schiffen wissen, die derzeit gebaut wurden. Die ersten sollten erst in ein paar Jahren vom Stapel laufen.

»Timo, du weißt, wovon ich spreche.« Lag da Tadel in der Stimme? »Diese 1800 Meter Raumer natürlich, ich habe vergessen, wie man die heute nennt. Na ja, ist ja auch egal. Jedenfalls lassen sich die Granularitätssperren umgehen, indem man …«

Timo glaubte, sich verhört zu haben. Der Junge sprach über das streng geheime ENTDECKER-Projekt, als wäre es etwas Alltägliches. Wie konnte er ihn loswerden?

»Woher weißt du denn von diesen Raumschiffen?«, fragte er im verschwörerischen Tonfall.

»Mein Vater ist Techniker, er hat Daten auf seinem Syntron, die – nun ja – nicht so gut geschützt sind. Ich kann überhaupt viele Computer knacken.«

Der Wissenschaftler seufzte. Bisher kannte er die Situation nur aus Filmen, in denen sich Wissenschaftlern mit vorlauten, neunjährigen Bengeln herumschlagen mussten, die alles besser wussten. Jetzt war er selbst davon betroffen.

Auf einmal hatte er eine Idee. »Hast du schon mal von der Abteilung Null gehört?«

»Natürlich, das sind doch die, die zum Töten ausgebildet wurden. Diese Mörder, habe ich recht?«

Timo seufzte erneut. Was war nur aus dem TLD geworden, wenn kleine Jungen alles wussten, was an sich streng geheim gehalten wurde. Gleich würde Jack ihm wahrscheinlich die Schwächen der Aagenfelt-Barriere haarklein aufzählen.

»Nun«, fuhr er im Plauderton fort, »es gibt da auch eine weitere Organisation, die sogenannte Sektion 1. Schon mal davon gehört?«

Der Junge wirkte überrascht. »Nein, die kenne ich nicht.«

»Gut, das ist auch besser so. Erinnerst du dich an berühmte Leute wie Wissenschaftler und Politiker, die plötzlich verschwunden sind?«

»Ja, so etwas passiert immer wieder.«

»Schön. Diese Leute haben ihre Nasen in Angelegenheiten gesteckt, die sie nichts angehen. Sie haben sich zum Beispiel streng geheime Informationen besorgt oder mit den falschen Leuten geredet. Wie dem auch sei, diese Leute befinden sich bei der Sektion 1.«

»Und was machen sie da?« Das Interesse des Jungen war geweckt.

»Sie arbeiten für den TLD. Sie beschaffen geheime Informationen, spionieren im Kristallimperium oder bei den Galactic Guardians. Auf jeden Fall sieht man diese Leute niemals wieder.«

»Und was hat das mit mir zu tun?« Der Tonfall des Jungen war ängstlich geworden, er ahnte wohl, worauf Timo hinaus wollte.

»Ja, diese Sektion 1 nimmt auch Kinder. Sie machen vor niemandem halt. Bist du einmal Mitglied, verlässt du diese Einrichtung nur als Leiche.«

»Nun, dann – dann sollte ich wohl so langsam zu meiner Klasse zurückkehren. Man sucht vielleicht schon nach mir.«

»Aber, aber. Habe ich dir etwa Angst gemacht? Das wollte ich nicht. Du bist doch ein lieber Junge.« Timo konnte sich einen zynischen Tonfall nicht verkneifen. Er hatte auch so Erfolg: Der Junge rannte bereits davon.

Timo sah dem Jungen noch eine Weile nach, dann drehte er sich kopfschüttelnd um und erschrak, als er Perry Rhodan und Horus auf sich zukommen sah.

Schnell fasste er sich wieder und sagte zu Perry: »Müsst ihr euch denn so anschleichen? Ich bin Wissenschaftler und keine Überraschungen gewöhnt!«

Er wendete sich Horus zu. »Du musst Horus sein, ich habe schon viel von dir gehört. Mein Name ist Timo Zoltan, ich bin einer der Wissenschaftler hier auf Terra.« Er streckte dem Kemeten seine rechte Hand entgegen, die dieser ergriff.

»Es freut mich sehr, dich kennen zu lernen, Timo Zoltan. Perry hat mir auch schon viel über dich berichtet.«

»Wirklich? Ich wüsste nicht, was es da Bemerkenswertes zu berichten gäbe«, sagte Timo bescheiden.

Perry lachte auf. »Nur keine falsche Bescheidenheit, Horus hat längst erkannt, dass du einer unserer führenden Köpfe bist. Das steht dir ins Gesicht geschrieben.«

Jetzt tat Timo verlegen und sagte: »Nun, bevor ich alle meine Geheimnisse preisgebe, sollten wir uns vielleicht zum Hypnoschulraum begeben. Ich habe ein schönes Programm für unseren Freund vorbereitet.«

Die Hypnoschulung dauerte eine knappe Stunde. Perry staunte, als er sah, welche Informationsfülle der Wissenschaftler dem Kemeten zumutete. Timo meinte dazu trocken: »Der Mann ist sehr alt, er hat einen Zellaktivator und die Technik seines Volkes ist der unseren bei weitem überlegen. Der steckt das weg, ohne mit der Wimper zu zucken.«

Er sollte Recht behalten. Nach der Sitzung trat der Kemete vergnügt aus der Zelle und startete mit Timo ein Fachgespräch. Zunächst versuchte Perry, sich in das Gespräch einzubringen, doch bald gab er auf. Er verstand ohnehin nur die Hälfte der Thesen, die die beiden austauschten.

Bald stiegen die drei in einen Gleiter und fuhren nach Detroit in Nordamerika, um dort eine kleine Gleiterfabrik zu besichtigen. Auf dem Flug hatte Horus viel Gelegenheit, die Schönheit der Erde zu bewundern.

 

Seths Plan

Thot hatte sich zu Seths Pyramidenschiffen gesellt. Allmählich begann er zu ahnen, worauf er sich eingelassen hatte: Er folgte einem zwielichtigen Kemeten, der schon früher Verbrechen gegen seine Familie begannen hatte, und jetzt unautorisiert mit seiner Raumflotte aufgebrochen war. Wohin? Das konnte Thot bisher nicht herausfinden. Er hatte es aber immerhin geschafft, den Manövern von Seths Flotte zu folgen.

Als Wissenschaftler der Kemeten war es ihm ein Leichtes, den Funk Code von Seths Flotte zu knacken. Daraufhin erhielt auch sein Schiff die Koordinaten der nächsten Anflugpunkte, so dass die Verfolgung viel leichter fiel. Thot saß in seinem kleinen Schiff und hatte nichts mehr zu tun, er konnte nur abwarten, bis die Flotte ihr Ziel erreichte.

Es war ein merkwürdiges Gefühl: Als Wissenschaftler war Thot der ungeeignetste Kemete für eine derartige Verfolgungsjagd. Er hatte nur geringe Kampferfahrung, war schlecht im Umgang mit Waffen und hatte nie die Fähigkeit besessen, sich unauffällig fortzubewegen. Mit seinem Ibiskopf fiel er sowieso auf wie ein bunter Hund.

Was hatte er nicht alles erreicht? Er hatte Phänomene im Weltall enträtselt, er hatte bahnbrechende Erfindungen entwickelt, doch meist war er der Mann im Hintergrund geblieben. Doch diesmal war es anders: Er war der einzige Kemete, der Seths Pläne beobachten konnte und er war der einzige, der die anderen Kemeten davon unterrichten konnte.

Thot war in einen Halbschlaf gefallen, doch jetzt wurde er wieder aufmerksam. Die Flotte schien ihren Zielpunkt erreicht zu haben. Der Wissenschaftler beobachtete die Sternenbilder. Zunächst fiel ihm nichts Besonderes auf. Dann fragte er seinen Bordcomputer.

»Seth ist nach Seshur geflogen«, murmelte Thot. »Was mag er hier nur wollen?«

*

Seth hatte seiner Flotte Anweisungen gegeben, auf ihn zu warten. Er selbst stieg in eine 150-Meter-Einheit und steuerte den Planeten an.

Hier hatten diese Terraner vor nicht allzu langer Zeit die verborgenen Anlagen der Kemeten entdeckt, sie hatten alle Fallensysteme ausgeschaltet und waren zu dem Heiligtum – den Schlafkammern – vorgedrungen. Hier hatten sie Nephtys aufgeweckt, die sterben musste, weil sie keinen Zellaktivator mehr besaß. Oh, wie Seth die Terraner dafür hasste. Und wie er Osiris und sein Gefolge für diese Hinhaltetaktik hasste. Warum sah er nicht ein, dass die Terraner ausschließlich auf ihre eigenen Vorteile bedacht waren, dass sie die Kemeten sofort vertreiben oder vernichtend schlagen würden, sobald sich ihnen nur die Chance bot, es zu tun? Warum wurden die Terraner nicht für den Tod seiner geliebten Nephtys verantwortlich gemacht? Warum gab es Verhandlungen mit diesen Wilden?

Je mehr Seth über die Terraner nachdachte, desto größer wurde seine Wut auf sie. Dass er selbst Nephtys den Zellaktivator weggenommen hatte, um sein Leben zu retten, störte ihn dabei nicht. Im Gegenteil: Das war die richtige Entscheidung gewesen. Er musste weiterleben, um für sie einen neuen Aktivator zu finden.

Der Kemete raste über die Wüste. Er kannte den Standort der alten Grabmäler. Doch bis zu diesem Ort waren es noch einige Minuten. Er flog so schnell, wie es die Triebwerke seines Pyramidenraumers für Flüge auf Planeten hergaben. Dass er durch die Geschwindigkeit Planetenbewohner in Gefahr brachte, daran verschwendete er keinen Gedanken. Plötzlich konnte er es nicht mehr erwarten, die Grabmäler zu erreichen.

Nach einer Viertelstunde stand er vor dem Eingang der Katakomben. Um sich nicht durch die ganzen Fallensysteme durchkämpfen zu müssen, drückte er einige Mauersteine und aktivierte so einen verborgenen Teleporter zu den Grabkammern.

Dort angekommen, sah er sich um. Sofort fiel sein Blick auf den geöffneten Schlaftank von Nephtys. Voller Zorn blickte er auf das Gerät und murmelte: »Sie werden dafür büßen. Jeder einzelne Terraner wird dafür büßen. Doch zunächst muss ich etwas gegen meine Verwandtschaft unternehmen.«

Er lächelte schief und wandte sich ab. Dann suchte er die Wände des Raumes ab. Er ging sehr vorsichtig und gründlich vor, um keine versteckten Fallen auszulösen und um den geheimen Mechanismus nicht zu verpassen, nach dem er suchte.

Nach einiger Zeit rastete ein Stein ein und eine Felswand fuhr zur Seite. Seth stieß spontan einen Schrei der Freude aus und betrat vorsichtig den Korridor.

 

Das Urteil

Horus hatte inzwischen auch die Gleiterfabrik gesehen. Die Unsterblichen waren von einem sehr netten Mitarbeiter namens Robert Mazun durch die Anlagen geführt worden. Dieser Mann war kompetent, humorvoll und zufrieden. Er ging in seiner meist einfachen Arbeit auf und war glücklich damit, wie sein Leben verlief.

Er strahlte eine Ruhe aus, die jeden Choleriker besänftigen musste. Nein, wenn es mehr von Menschen dieses Schlages gab, dann konnte das Volk der Terraner nicht kriminell sein. Wobei man sich mit Verallgemeinerungen zurückzuhalten hatte: Speziell ganze Völker konnte man nicht als »gut« oder »böse« bezeichnen. Es gab immer schwarze Schafe und Wesen, die nach außen hin integer und gerecht wirkten, aber in Wirklichkeit über Leichen gingen. Natürlich gab es auch immer unsympathische Wesen, unter deren rauen Schale sich ein weicher Kern verbarg.

In den letzten Tagen hatte Horus viel erlebt. Er hatte eine Menge über die terranische Geschichte, über die Technik des Volkes und über die Mentalität der Terraner erfahren. Sicher, einige Charakterzüge gefielen Horus nicht, aber im Großen und Ganzen hatte er ein positives Bild gewonnen. Und solange besonnene Menschen wie Perry Rhodan die Terraner führten, konnte wenig schief gehen.

Der Kemete verabschiedete sich sehr herzlich von den Terranern und kehrte dann zur KEMET zurück.

Osiris empfing ihn und hörte sich den umfangreichen Bericht seines Sohnes an. Er blieb jedoch skeptisch und hakte bei vielen Themen nach.

Horus endete: »Ich habe Terraner in allen möglichen Lebenslagen gesehen, zufriedene, glückliche, wie auch traurige, verzweifelte. Sie sind ein junges, aufstrebendes Volk, das sich in dieser Galaxis mit Erfolg behauptet. Viele andere Völker haben Vertrauen in die Terraner, sie helfen einander, betreiben Handel, pflegen diplomatische Beziehungen. Die Superintelligenz ES hat die Terraner mehrmals um Hilfe ersucht. Sie haben häufig bewiesen, dass sie das in sie gesetzte Vertrauen rechtfertigen. Kurzum: Die Terraner verdienen eine Chance, sich zu entfalten.«

Osiris blickte seinen Sohn lange und nachdenklich an. Dann sage er: »Horus, du bist sicher, dass dein Blick objektiv ist?«

»Vater, ich hatte in den zwei Tagen Gelegenheit, mich auf eigene Faust umzusehen. Ich habe das tägliche Leben erlebt. Natürlich bin ich kein Experte, was Terraner angeht. Sie zu erforschen würde eine lange Zeit dauern, aber ich kann sagen, dass sie ein ordentliches Volk sind. Keine Sippe von Grabschändern und Verbrechern.«

»Also gut. Ich werde mir dieses Volk selbst ansehen.«

»Vater, ich bitte dich, die Flotte aus dem Solsystem abzuziehen. Sie bedroht die Terraner und legt ihren Handel lahm.«

Osiris schwieg. Er schien nachzudenken.

»Wir können die Flotte jederzeit zurückbeordern. Sie könnte binnen weniger Minuten wieder ins Solsystem zurückkehren.«

Der Anführer der Kemeten gab seinen Widerstand auf. »Also gut, ich vertraue deinem Urteil. Ich werde die Flotte abziehen lassen. Aber die KEMET und einige Begleitschiffe werden vorerst hier stationiert bleiben.«

»Das ist nur recht. Es ist wichtig, die Bedrohung der riesigen Flotte zu beseitigen. Einige Schiffe dürften ein fairer Kompromiss sein.«

Und so geschah es. Die riesige Flotte der Kemeten zog in den nächsten zwei Stunden aus dem Solsystem ab, zurück blieben nur die KEMET, zwei 2500-Meter-Raumer, drei 1500-Meter-Pyramiden und einige Schiffe kleinerer Bautypen.

*

Bald meldete sich Perry Rhodan, der Osiris für diese Entwicklung dankte und den Anführer der Kemeten zu einem Besuch in der Solaren Residenz einlud. Perry war es wichtig, die politischen Differenzen so schnell wie möglich zu beseitigen und freundschaftliche Beziehungen zu den Kemeten aufzubauen.

Es sah ganz danach aus, als wäre eine weitere große Bedrohung von der Erde abgewendet worden …

 

Apophis

Es hatte eine halbe Stunde gedauert bis sich Thot endlich eine Chance bot, sich unbemerkt von der Flotte abzusetzen und nach Seshur zu fliegen. Er hatte die Koordinaten von Seths Landeplatz, Seth hatte sich keine Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen, denn er wähnte sich ja unter seinen Anhängern und Untergebenen.

Inzwischen hatte Thot den Planeten erreicht. Er musste nur noch auf die andere Seite fliegen, denn er hatte bei der Auswahl der Punkte, den Planeten anzufliegen, nicht wählerisch sein können.

Der Wissenschaftler näherte sich Seths Landeplatz. Er flog sehr tief und hoffte, so den Ortungssuchern der Flotte entgehen zu können.

Zwanzig Minuten später erreichte Thot endlich sein Ziel. Wie er vermutet hatte, war Seth zu einer der alten Grabanlagen geflogen. Aber es waren doch alle Kemeten auferstanden und es gab auch keine einzigartige Ausrüstung an diesem Ort. Was also wollte Seth hier?

Thot stieg aus seinem Raumschiff und näherte sich dem Eingang. Bald entdeckte er den Transmitter, den auch Seth benutzt hatte. Er benutzte ihn und materialisierte in der Halle mit den Schlafkapseln. Vorsichtig sah Thot sich um. Auf den ersten Blick wirkte der Raum so, wie er verlassen wurde. Doch irgendetwas war anders. Es dauerte einige Sekunden, bis Thot auffiel, dass ein Durchgang in der Nordwand bei seinem letzten Besuch nicht existiert hatte. Der Kemete machte einige Schritte auf den Durchgang zu und erstarrte. Hatte er etwas gehört?

Jetzt war es deutlich: Er hörte Schritte. Schnell suchte er nach einer Fluchtmöglichkeit, konnte sich aber auf die Schnelle nicht auf die neue Situation einstellen. Als Wissenschaftler war er solchen Stress nicht gewöhnt.

Als er schließlich hinter einer Schlafkapsel untertauchte, hörte er bereits einen Aufschrei: »Dort, ich habe etwas gesehen.«

Thot gab auf. Er richtete sich auf und sah zwei Gestalten. Seth kannte er, aber auch die zweite Person im Raum war ihm nicht fremd, auch wenn er gehofft hatte, sie nie wiederzusehen. Knapp 1,90 Meter groß, humanoid, mit einem Schlangenkopf mit feuerroten Augen.

»Apophis!«, flüsterte er.

Seth lachte auf. Es klang bösartig. »Wenn das nicht unser lieber Thot ist. Was machst du hier, mein Freund?«

»Ich … ich bin dir gefolgt und …«

Sein Blick lastete noch immer auf Apophis. Der Kemete war doch für seine Schandtaten verbannt worden und nachdem er zurückkehrte, hatte man ihn doch in Seshur begraben. Er sollte nie zurückkehren.

»Unser lieber Thot ist aber sehr unhöflich«, sagte Seth mit beißendem Sarkasmus. »Er wird doch wohl den guten Apophis angemessen begrüßen, oder? Nach so vielen Jahren.«

Thot verlor seine Selbstbeherrschung und rannte los. Er wollte nur noch weg von diesem Ort und schnellstmöglich zur Flotte zurück, um allen zu erzählen, was vorgefallen war. Der Teleporter kam nicht in Frage, die Programmierung würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Blieb also nur das Labyrinth.

»Hinterher«, hörte er. Doch Thot hatte keine Ohren mehr für das, was hinter ihm geschah. Er rannte nur noch mechanisch weiter.

Plötzlich spürte er etwas Hartes am Hinterkopf. Er versuchte verzweifelt, den Schmerz zu ignorieren und schaffte es, das Gleichgewicht zu halten. Doch sein Glück währte nicht lange. Etwas Scharfes fuhr gegen seine Knie, ein stechender Schmerz breitete sich rasend schnell aus. Er lief noch drei Schritte, dann brach er bewusstlos zusammen.

Als Thot aufwachte, spürte er keine Schmerzen mehr. Doch das Gefühl war unwirklich – er spürte seine ganzen Gliedmaßen nicht. Vorsichtig schlug er die Augen auf und blickte in das hämisch grinsende Gesicht von Apophis. Es war kein Traum gewesen.

»Schön, dass du wach bist, Thot«, sagte Apophis. »Wir wollten doch noch mit dir reden, aber du bist einfach davongelaufen. Wieso hast du das getan? Wie dem auch sei, ich habe dich mit einem gezielten Steinwurf aus dem Gleichgewicht gebracht und du bist in eine unserer schönen Fallen geraten, die dir doch wirklich die Füße abgetrennt hat.

Aber Seth und ich sind ja nicht so, wir haben dich verarztet und die Wunden abgebunden. Jedoch …« Apophis machte eine Kunstpause. »… haben wir eine kleine Gegenleistung für unsere wohltätigen Taten verlangt. Eine ganz kleine, eigentlich gar nicht der Rede wert.«

Apophis hielt Thot einen silbrig schimmernden Chip vor die Augen. Thot erkannte: Mein Zellaktivator!

Als Apophis das Erkennen in Thots Blick sah, sagte er: »Schau her. Dieses kleine Gerät sicherte dir tausend und mehr Jahre dein Leben. Und was hast du vollbracht? Nichts.

Ich wünsche dir ein angenehmes Sterben …«

Er ließ die Worte auf den Wissenschaftler einwirken und fügte hinzu: »Natürlich bleiben wir in deiner Nähe, es soll dir in deinen letzten Stunden an nichts fehlen.«

Thots letzte Hoffnungen auf eine Flucht schwanden. Er hatte hoch gespielt und alles verloren. Sein fast 275.000-jähriges Leben sollte also hier, vor den Augen der größten Verbrecher der Kemeten, enden. Bei Osiris, er hatte wirklich nichts erreicht …

 

Robert Mazun

Robert Mazun war gut gelaunt, als er in seinen Gleiter stieg. Er hatte lange und gute Gespräche mit Timo Zoltan und Horus geführt. Bei seiner Arbeit geschah es nur selten, dass er mit so intelligenten Wesen zusammentraf. Auch Perry Rhodan war dabei gewesen, er hatte sich aber dezent zurückgehalten. Was eigentlich schade war, denn Perry Rhodan war ein sehr interessanter Mann.

Robert fühlte sich erleichtert, dass Horus einer der Invasoren war. Wenn alle Kemeten so vernunftbegabt wie er waren, dann sollte doch ein Krieg vermeidbar sein.

Der Terraner lächelte, er überprüfte die Kontrollen und flog los. Er war vergnügt und freute sich auf einen gemütlichen Abend mit seiner Familie. In Gedanken war Robert schon bei seiner Frau, so hörte er nicht, was in den Nachrichten gesagt wurde und es störte ihn auch nicht, dass einige Sensoren in seinem Gleiter ausfielen. Das war er gewöhnt.

Er schreckte erst auf, als er mit großer Geschwindigkeit einen Gleiter auf sich zukommen sah. Der Mann musste sämtliche Sicherheitssysteme seiner Maschine deaktiviert haben, denn es war verboten, an dieser Stelle in diese Richtung zu fahren.

Bevor Robert reagieren konnte, war der andere Gleiter heran. Roberts Maschine war nicht ausgewichen, weil ihre Sensoren zu spät reagiert hatten. Auch für Robert war es zu spät, manuell einzugreifen. Die beiden Maschinen prallten zusammen. Die Geschwindigkeit war so groß, dass sie auf ein Fünftel ihrer ursprünglichen Länge zusammengepresst wurden. Die Insassen waren sofort tot.

Der andere Mann, so stellte sich später heraus, war Tony Vandula, ein Arbeiter in einer Syntronikfabrik. Er hatte viele private Probleme und trank gelegentlich. Außerdem war sein Arbeitsplatz in Gefahr. Als er von der Belagerung der Erde erfuhr, war er durchgedreht. Die Belagerung war zu viel für seine ohnehin gereizten Nerven gewesen.

Robert Mazun und Tony Vandula waren nur zwei von insgesamt 104 Menschen, die in den Tagen der Belagerung durch Panik umgekommen waren. Sie waren Opfer eines Krieges, der gar nicht stattgefunden hatte.

 

Perry Rhodan

In der Solaren Residenz, 20. November 1298 NGZ

Nachdenklich schaute ich mich in dem Konferenzraum in der Solaren Residenz um. Es war alles hergerichtet für den Empfang der Kemeten. Meine Gedanken eilten wenige Wochen zurück. Damals, in Ägypten, war ich Osiris das erste Mal begegnet. Ich schloss die Augen und rief mir jedes Detail des Kemeten in Erinnerung. 192 Zentimeter groß. Schwarze Augen, schwarze Haare. Ein durch und durch athletischer Körperbau. Eine imposante Erscheinung. Aber das faszinierende an Osiris, das war nicht sein Körperbau. Es waren seine Augen. Schwarz wie die Nacht. Bodenlos wie ein tiefes Loch in der Erde. Ich erschauerte auch heute noch, wenn ich an diese Augen dachte.

Ich dachte an meinen Freund Atlan. Bei ihm war es ähnlich. Man konnte an seinen Augen erkennen, dass der Arkonide sehr alt war. Seine Augen strahlten das Wissen und die Lebenserfahrung von mehr als 13.000 Jahren aus. Aber Osiris? Da war diese Ausstrahlung zehnmal intensiver.

Ich drehte mich um, als die Tür sich öffnete. Reginald Bull, Denise Joorn und Timo Zoltan traten ein.

»Ich habe rund um diesen Konferenzraum einige Kampfroboter stationiert«, sagte der Minister für Ligaverteidigung, als er die Tür hinter sich schloss.

Ich schaute meinen ältesten Freund verblüfft an. »Wie bitte? Du wirst umgehend die Roboter wieder zurück schicken.«

»Wir können diesen angeblichen Göttern nicht trauen.«

»Wir kommen hier zusammen um sie davon zu überzeugen, dass wir ein friedliches Volk sind«, entgegnete ich mit einer ungewöhnlichen Schärfe in der Stimme. »Sie werden bestimmt sehr erfreut darüber sein, waffenstarrende Kampfroboter zu sehen, die jeden ihrer Schritte bewachen.«

»Erinnerst du dich nicht, was vor ein paar Tagen passiert ist? 400.000 dieser übermächtigen Raumschiffe standen hier im Solsystem und wollten gerade eine Invasion beginnen. Menschen sind gestorben!« Die letzten Worte schrie Reginald Bull.

»Doch. Ich erinnere mich daran. Auch an die gestorbenen Menschen. Aber ein Kampf hier in der Solaren Residenz macht diese Terraner auch nicht lebendig. Und genau deshalb will ich keine Kampfroboter hier. Ich will keine unangenehme Situation erzeugen. Ich will die Kemeten davon überzeugen, dass wir ein friedliches Volk sind. Begreif das doch einfach.«

»Du mit deinem verdammten Pazifismus. Da lobe ich mir Atlan. Meistens schießt er zuerst und fragt dann. Diese Eigenschaft solltest du dir auch zu eigen machen.«

»Das ist Atlan. Ich hingegen bin Perry Rhodan. Und das ist schon mal ein Unterschied.«

»Verdammt noch mal, Perry! Wache endlich auf aus deinem Traum.« Mit funkelnden Augen schaute Reginald Bull mich an.

Ich lächelte jedoch nur und sagte kein Wort. Kopfschüttelnd verließ er den Raum.

»Musste das sein?«, fragte Denise Joorn mit leiser Stimme.

»Ja«, entgegnete ich. »Ich kann Bully gut verstehen. Ich weiß, dass er sehr impulsiv ist. Aber er muss auch verstehen, dass ich nicht als militärischer Falke auftreten kann. Dafür ist dieses Gespräch zu wichtig. Es hängt einfach zu viel davon ab.«

Denise Joorn wollte noch etwas sagen, wurde aber von zwei Funknachrichten unterbrochen. Die erste besagte, dass Bully, nachdem er die Kampfroboter weggeschickt hatte, mit einer Space-Jet mit dem Eigennamen TURNER die Erde mit unbekanntem Ziel verlassen hatte.

Ich seufzte. Mach es mir doch nicht immer so schwierig, Bully! Du solltest mal eine Diplomatenschule besuchen. Vielleicht verstehst du mich dann. Ständig spielst du die Axt im Walde. Irgendwann wird dir das noch den Kopf kosten!

Ich holte noch einmal tief Luft und wandte mich der anderen Nachricht zu. Sie besagte, dass ein pyramidenförmiges Schiff mit einer Kantenlänge von 5000 mal 5000 Metern auf der ehemaligen Plutobahn erschienen war und mit Unterlichtgeschwindigkeit auf die Erde zuflog.

Man hatte das Schiff angefunkt. Osiris meldete sich und bat um Landeerlaubnis.

 

Osiris

An Bord der CHEPRI

Ich wandte mich um und schaute die noch lebenden Kemeten an. Bei mir waren Horus, Isis, Anubis und Hathor. Der Hersi'Thor Thot hingegen, der auch zu uns Unsterblichen gehörte, war zur Zeit auf der Suche nach Seth, da er befürchtete, Seth würde wieder nichts Gutes im Schilde führen.

»Irgendwann werde ich mich um Seth kümmern müssen. Er ist ein ständiger Unruheherd und er wird noch mehr Ärger machen, wenn man ihm nicht Einhalt gebietet.«

Ich holte tief Luft. »Ich halte das nach wie vor für keine gute Idee. Das ist unser Planet. Wir haben die Geschicke der Kemeten über Jahrtausende hin gelenkt und bestimmt. Ich sehe nicht ein, das wir diese Welt einem Volk von Barbaren überlassen.«

Isis entgegnete mit sanfter Stimme: »Du vergisst aber, das sich dieses Volk zu einer der führenden Mächte in dieser Galaxis entwickelt hat. Und das ohne unsere Hilfe. Die Welt, sie hat sich weiter gedreht. Willst du wirklich diesen Planeten angreifen und ihn dir Untertan machen?

Dieses Volk hatte ebenso wie unser Volk mit den Kosmokraten zu tun, was die Aura dieses Perry Rhodan belegt. Das hast du selber gesagt. Und vergiss nicht, dass einige von ihnen unsterblich sind.

Unser Volk hatte nur eine Aufgabe. Und dabei haben wir versagt. Dieser Perry Rhodan und seine Unsterblichen Kameraden aber … sie sind jemand. Ihr Lied wird dort draußen im Kosmos irgendwo gespielt, während unseres verstummt ist.« Isis Augen fingen an zu tränen, während sie die letzten Worte sprach. »Gib ihnen wenigstens eine Bewährungsprobe.«

Ich schluckte und wandte mich wieder den Kontrollen zu.

»Gut«, erwiderte ich mit leiser Stimme. »Ich werde mir anhören, was sie zu sagen haben.«

Isis Worte berührten mich stark. Es war wirklich so, dass die Terraner nun das machten, was eigentlich die Kemeten hätten machen sollen – im Kosmos die Gerechtigkeit vertreten.

Es frustrierte mich, dass wir dies nicht mehr konnten. Vielleicht konnte man mit Hilfe der Terraner wieder zu altem Glanz erstrahlen. Doch dazu musste ich meinen Stolz überwinden, nicht selbst der Anführer zu sein.

Dies war nun Perry Rhodan.

Die CHEPRI schwenkte in eine Umlaufbahn um den Planeten ein. Die Terraner baten darum, das Raumschiff mit einem Beiboot zu verlassen und dann den Peilsignalen zu folgen. Ich stimmte zu. Wenige Minuten später verließen ich und meine Begleiter mit dem Beiboot das Schiff und tauchten in die Atmosphäre ein.

Horus bemerkte als erster die eigenartige Konstruktion, die über der Hauptstadt dieses Planeten schwebte. Es sah aus wie eine Blume und war etwa 1010 Meter hoch.

Er kannte sie bereits.

Selbst mir verschlug es bei diesem Anblick den Atem. Ich war so fasziniert von dem Anblick, das ich gar nicht merkte, wie das Schiff in einem kleinen Hangar einflog.

»Geschmack scheinen sie ja zu haben, diese Terraner«, entgegnete Anubis sarkastisch.

Ohne auf den Kommentar von Anubis zu achten, verließen Horus, Isis und Hathor das Beiboot. Dort wurden sie von einem kleinen Roboter erwartet.

Nachdem auch ich und Anubis das Beiboot verlassen hatten, sprach der Roboter uns an: »Folgt mir. Ich werde euch zu Perry Rhodan bringen.«

»Halt!«, rief Isis. »Was ist das hier für eine Station?«

»Es handelt sich um die Solare Residenz, dem Regierungssitz der Terraner. Sämtliche Residenzminister, der Erste Terraner und der Terranische Resident verfügen über Büros in der schwebenden Stahlorchidee, hinzu kommen Büros, Aufenthaltsräume und Wohneinrichtungen für die 3.200 ständigen Mitarbeiter. Zur Residenz gehört ein öffentlicher Flügel, in dem sich ständig Schaulustige aufhalten; darin untergebracht ist ein holografisches Museum, das terranische und galaktische Geschichte zeigt. Für das leibliche Wohl in luftiger Höhe sorgt das Restaurant Marco Polo. Es bietet einen atemberaubenden Blick über die Stadt Terrania und besitzt abtrennbare Bereiche für Konferenzen.

Bei Ausfall sämtlicher Anlagen in der Residenz bringen die Notaggregate die Residenz mit konventionellen Mitteln automatisch innerhalb von zehn Minuten sicher zum Boden. Im Zentrum des Residenzparks liegt ein künstlich angelegter See. Dieser See ist 200 Meter tief und unsichtbar von einem massiven Stahlplastikfutteral eingerahmt. Dieses Futteral dient der Solaren Residenz im Katastrophenfall bei einer Notlandung als Halterung, um nicht umzustürzen. Zudem verfügt die Solare Residenz über Metagravtriebwerke, die die Station in einem Krisenfall aus dem System bringen können. Als Hauptrechner der Station fungiert LAOTSE, eine Kombination aus einer Positronik und einer Syntronik. Diese Kombination nennt man auch Posyn-Hybrid-Rechner. Folgt mir nun bitte. Perry Rhodan erwartet euch bereits.«

Beeindruckt von den Worten des Roboters folgten ich und meine Freunde dem Roboter. Nach wenigen Minuten gelangten wir in einen kleinen Konferenzraum. Dort wurden wir bereits erwartet.

Perry Rhodan drehte sich um und musterte mich und meine Freunde als sie eintraten. Dann machte er einen Schritt auf uns zu. »Ich bin sehr erfreut, dich wiederzusehen, Osiris.«

»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, entgegnete ich mit einer lahmen Stimme. »Darf ich dir meine restlichen Begleiter vorstellen? Horus kennst du ja bereits. Und das sind Isis, Anubis und Hathor.«

Perry Rhodan schüttelte jedem die Hand.

»Und das ist Denise Joorn.«

Auch sie schüttelte jedem der »Götter« die Hand. Timo Zoltan stellte sich selbst vor und begrüßte ebenfalls die Kemeten.

Nach einer kurzen Pause, in der ich den Terraner intensiv anschaute, fragte ich: »Was willst du uns erzählen?«

»Erzählen will ich euch eher weniger. Ich will euch eher etwas zeigen. Folgt mir bitte.«

 

Denise Joorn

Orte, an denen Geschichte geschrieben wurde

Ich folgte Perry Rhodan, Timo Zoltan und den fünf Kemeten in den Gleiterhanger. Dort wartete bereits ein startbereiter Gleiter auf uns. Nachdem sich jeder einen Platz gesucht hatte, startete Perry Rhodan. Der Gleiter flog mittels Antigravtriebwerk aus dem Hangar der Solaren Residenz.

Kaum waren wir draußen, da zündete Perry Rhodan die Impulstriebwerke des Gleiters mit dem Eigennamen WARP. Schnell gewann das Fahrzeug an Geschwindigkeit und auch an Höhe. Ich bemerkte, dass Perry Rhodan Kurs auf den Mond nahm.

Was will Perry wohl den Kemeten auf Luna zeigen?, dachte ich.

Perry Rhodan überflog den Südpol und setzte in einem gebirgigen Gebiet auf.

»Seht ihr diese Flagge dort?«, fragte der unsterbliche Terraner und deutete aus dem Fenster. Als alle bejahten fuhr Rhodan fort: »Dort landete ich im Jahr 1971 alter terranischer Zeitrechnung mit der STARDUST. Hier nahm eigentlich alles seinen Anfang. Ich fuhr damals mit Bully in einem Shift in Richtung des Südpols um ein Funksignal an die Erde abzusetzen. Dabei stießen wir auf die AETRON, das Schiff der Arkoniden Crest und Thora. Der Raumer war hier havariert. Ich und Bully nahmen damals Kontakt auf und bekamen so die Möglichkeit zur Erde zurückzukehren. Dort gründeten wir mit der Technik der Arkoniden ›Die Dritte Macht‹.«

Rhodan betätigte einen Schalter und die WARP hob leise wie eine Feder ab.

»Und wo geht es nun hin?«, fragte Timo Zoltan.

»Lasst euch überraschen«, antwortete Perry Rhodan. »Aber wir haben es nicht weit bis zu unserem Ziel.«

Ich schaute aus dem Fenster und schaute auf die Flagge, die dort unten seit Jahrtausenden im Staub stand. Rhodan hatte recht. Hier hatte alles angefangen.

Vor uns tauchte aus dem Dunkel des Weltalls der Planet Venus auf. Perry Rhodan durchflog mit hoher Geschwindigkeit die Atmosphäre und setzte zur Landung auf einem Raumhafen an.

Nachdem das kleine Schiff zur Ruhe kam und die Maschinen deaktiviert wurden, wandte sich Perry Rhodan an die Kemeten. »Das hier ist der Raumhafen Nord. Er ist alleine für die Schiffe der Solaren Flotte reserviert.

Der Kontinent Ishtar Terra, auf dem sich sowohl die Hauptstadt Port Venus als auch der Raumhafen Nord befindet, ist eine ausgedehnte Hochebene in drei- bis viertausend Metern über der mittleren Planetenoberfläche und ist von den Maxwell Montes im Osten, den Freya Montes in Nord und Nordwest, den Akna Montes im Westen und den Danu Montes im Süden eingerahmt; am Äquator erhebt sich der Aphrodite Terra mehr als 10.000 Meter hoch, in dessen Massiven sich die arkonidischen Kavernen des so genannten Venus-Kommandanten verbergen.«

Während der Terraner diese Erklärungen ablieferte, stand er auf und verließ mit uns das Schiff.

»Was ist der Venus-Kommandant?«, wollte Isis wissen.

Perry Rhodan schaute die attraktive Kemetin an. »Hab noch ein wenig Geduld. Nach dem wir Port Venus besucht haben, werden wir auch dort hin fliegen.«

Vor der WARP stand ein Einschienen Wagen. Perry Rhodan öffnete die Tür und signalisierte den Kemeten und mir, ihm zu folgen. Timo Zoltan hingegen blieb in dem Gleiter zurück.

Nachdem der Wagen langsam Fahrt aufnahm, fing Rhodan wieder an zu sprechen: »Diese Schienenwagen verbinden das Zentrum von Port Venus, der Hauptstadt des Planeten, mit dem Verwaltungsbezirk und den Raumhäfen.«

Ich schaute interessiert aus dem Fenster. Noch nie war ich auf der Venus gewesen. Aber einmal ist immer das erste Mal. Vor uns wurden die hohen und schlanken Gebäude von Port Venus immer größer. Wenige Minuten später waren wir da. Perry Rhodan verließ den Wagen und führte mich und die Kemeten in ein Restaurant. Nachdem sich jeder, auf Rhodans Anraten ein Saurierschnitzel á la Venus bestellte hatte, erzählte Perry von seiner Zeit auf der Venus – wie die Terraner damals auf dem Planeten landeten, wie sie die Station der Arkoniden fanden und sie übernahmen. Er erzählte uns von dem Trainingsscamp der Mutanten, welches sich ebenfalls hier auf der Venus befunden hatte. Auch nachdem das Essen gebracht wurde, wurde weiter geredet. Ich merkte, wie Isis, Hathor und Horus immer mehr »auftauten«, während Osiris und Anubis noch immer skeptisch blieben.

Nach zwei Stunden brachen wir wieder auf, kehrten zurück zum Gleiter und nahmen dann Kurs auf die alte Station der Arkoniden.

»Die Station befindet sich nach dem planetaren Koordinatensystem bei genau 49 Grad 18 Minuten Nord und 15 Grad 48 Minuten Ost. Der Planet wurde von den Arkoniden Ende 8010 v.Chr. / Anfang 8009 v.Chr. kolonisiert. Etwa fünf Jahre später wurde auch Terra, das damals noch Larsaf III hieß, besiedelt.

Weitere fünf Jahre später, im Jahre 8000 v.Chr., ging Atlantis und damit auch die Arkoniden unter. Aber zurück zur Venus. Kurz nach der Kolonisierung von Larsaf II traf der arkonidische Administrator Amonar von Cicol ein. Er machte aus der wilden, unbesiedelten Welt eine Musterkolonie. Er hatte Städte und Raumhäfen angelegt, sowie den Bau eines Robotgehirns von gigantischen Maßstäben angeordnet. Man konnte den Eindruck gewinnen, das Amonar bestrebt war, in diesem kleinen, abseits liegenden Sonnensystem einen Staat nach seinen Wünschen aufzubauen.

Zu den prunkvollsten Gebäuden dieser Ära gehörte ohne Zweifel das Adminstrationsgebäude der planetaren Hauptstadt, in dem Amonar von Cicol lebte. Er nannte dieses Gebäude nach sich selbst, nämlich Amonaris. Das Gebäude steht auch noch heute. Auf Grund von verschiedenen Verfehlungen wurde Amonar von Cicol verhaftet und nach Arkon gebracht. Nachfolger wurde Captain Feltif, der dann auch den Beginn der Kolonisation von Larsaf III und dem Kontinent Atlantis einläutete.

Captain Feltif forcierte ebenso den Bau des Robotgehirns. Die Kavernen waren in einen Berg eingelassen, welches von einer Felsdecke ›überdacht‹ ist. Die Plattform auf dem Berg hatte eine Größe von ungefähr 10.000 Quadratmetern und bildete das Kavernendach. Das einzig sichtbare Zeichen der Station waren einige, fast kreisrunde Löcher mit einem Durchmesser von ca. einem Meter, die für die Luftabfuhr aus dem Stützpunkt verantwortlich waren und es auch noch sind. Der Stützpunkt selber ist kreisförmig angelegt. Das Zentrum ist ein kreisförmiger Ringgang von ca. einem Kilometer Durchmesser und 200 Metern Breite. In der Mitte dieser Konstruktion steht ein kreisförmiges Gebäude, welches einen Durchmesser von ca. 600 Metern besitzt. Die Höhe des Kreisganges beträgt 50 Meter. In Abständen von 12 Metern sind Galerien eingelassen, die ringsherum laufen, von denen man in Gänge anderer Etagen gelangen kann. Das Zentralgebäude ist in 21 Etagen unterteilt. In der untersten Etage befand sich damals die Schaltzentrale des Positronik-Gehirns. Die Rückwand des Saals, in dem sich diese Anlagen befanden, war eine einzige Schalttafel – etwa 30 Meter breit und 15 Meter hoch.«

Ich war beeindruckt. Ich wusste gar nicht, dass in diesem System so viel passiert war.

»Arbeitet die Positronik auch noch heute?«, wollte ich wissen.

»Diese Station dient seit der Kolonisierung als Rechenzentrum und wurde damals, als NATHAN gebaut wurde, modernisiert. Als das Mondgehirn zu einer Syntronik umgerüstet wurde, verzichtete man auf den Umbau der Venus-Rechenanlage und baute eine eigenständige Syntronik ein. Die positronischen Anlagen wurden eingemottet, aber niemals aus der Station entfernt. Im Zuge der Gefahr durch Korra-Vir wurden aber die Positronik-Elemente wieder reaktiviert und seitdem arbeitet dort ein Posyn-Hybrid-Rechner.« Rhodan steuerte einen Hänger an und brachte den Gleiter sicher zu Boden. »Kommt. Ich werde euch durch die Station führen.«

Die nächsten anderthalb Stunden führte uns der unsterbliche Terraner durch die Station. Er zeigte mir und den Kemeten die Rechenzentrale, die gewaltige Hyperfunkanlage, die eine ständige Verbindung zu NATHAN ermöglichte. Er zeigte uns die Parkanlage und noch eine Menge anderer Sachen.

Nach dieser Führung gingen wir wieder zurück zu der WARP und Perry Rhodan startete die Maschinen des kleinen Schiffes.

»Und wo geht es nun hin?«, fragte Horus mit einer heiteren Stimme.

»Nach Trokan«, antwortete Perry Rhodan ebenso vergnügt.

Ich fragte mich, was der Terraner den Kemeten auf Trokan zeigen wollte. Dort war doch eigentlich nichts von kosmischer Bedeutung. Außer dem Pilzdom natürlich.

Das ist Trokan«, sagte Perry Rhodan und deutete auf die Schirme. »Einst befand sich hier der Mars. Aber durch eine Schnittstelle, die diese Seite des Universums mit dem Arresum, der negativen Seite des Universums, verband, drang ein Wesen namens Abruse in unser Kontinuum vor und verseuchte diesen Planeten mit tödlichen Kristallen.

Daraufhin wurde der Mars durch Trokan, einem Planeten der negativen Seite des Universums, ausgetauscht. Kurz darauf hüllte sich der Planet in ein Zeitrafferfeld. Im vierdimensionalen Standarduniversum verlief die Zeit ganz normal, während die Zeit innerhalb des Zeitrafferfeldes und damit auch auf dem Planeten, etwa 3,5 bis 3,7 Millionen mal schneller verlief. Nach einer Explosion auf dem Planeten, in der fünfdimensionale Strahlung abgegeben wurde, schaltete sich das Zeitrafferfeld selbstständig wieder ab. Etwa 67 Jahre waren bei uns im Standarduniversum vergangen, ca. 250 Millionen Jahre hingegen vergingen auf dem Planeten.

In dieser Zeit entstand die Zivilisation der Herreach auf Trokan. Unterhalb der Station, die für das Zeitrafferfeld verantwortlich gewesen war, entdeckten wir einen Raum in dem sich eine zweidimensionale Wabe befand. Obwohl die Ortungsgeräte nichts anzeigten und die Wissenschaftler, die mich begleiteten, diese Wabe nicht berühren konnten, war dieses Objekt für mich materiell. Durch meine Berührung entstand dann das da.«

Rhodan zeigte aus dem Fenster auf ein Objekt, welches im bekannten Universum immer noch eins der größten Rätsel darstellte. Das Gebilde glich einem silbrigen Pilz. Ich wusste, dass der Pilzhut auf einem neunundneunzig Meter langen Stiel saß, von dem sechsunddreißig Meter unter Trokans Oberfläche verborgen blieben.

Perry Rhodan hatte inzwischen die WARP sicher gelandet und sprach dann weiter: »Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie es damals war, als der Dom das erste Mal erschienen ist. In einer Art Mimikry entzog sich das Objekt allen Messgeräten. So registrierten diese zum Beispiel die Explosion einer Fusionsbombe, während der Pilz optisch unverändert blieb.«

Der unsterbliche Terraner musterte den Pilzdom nachdenklich.

»Und was soll dieses Gebilde darstellen?«, fragte Horus.

»Dieser Pilzdom ist eins der Herzstücke der Koalition Thoregon.«

Weder mir noch Perry Rhodan entging das Zusammenzucken von Osiris, als der Terraner das Wort Thoregon aussprach.

»Ich wusste es. Die Informationen waren echt!«, zischte Osiris. »Du hast die Aura eines Ritter der Tiefe. Und doch arbeitetest du für die Feinde der Kosmokraten. Erkläre mir das.«

»Thoregon ist ein Feind der Kosmokraten? Ich dachte immer, dass das die Chaotarchen sind«, entgegnete Rhodan mit ungewöhnlich ernster Stimme.

»Das ist, wie sagt ihr Terraner, Haarspalterei. Ich warte immer noch auf eine Antwort.«

»Ja, es stimmt. Einst war ich ein Ritter der Tiefe. Einst war ich im Auftrag der Kosmokraten unterwegs. Aber das war einmal. Ich habe den Status als ein Ritter der Tiefe aufgegeben. Und es war die richtige Entscheidung. Die Menschheit wäre sonst im Kampf zwischen den Kosmokraten und den Mächten des Chaos aufgerieben worden.

Dasselbe gilt auch für die Superintelligenz ES. Sie wäre ebenfalls zwischen die Stühle geraten, hätte sie weiter für Ordnungsmächte gearbeitet. Von daher war es sowohl für uns als auch für die Superintelligenz die richtige Entscheidung. Auch wenn es bei ES sicherlich noch andere Gründe gab, die uns nicht bekannt sind.«

»Weißt du eigentlich, was die wahren Ziele eines Thoregons sind? Weißt du überhaupt, was ein Thoregon ist?«

Ich schaute von Osiris zu Perry. Gespannt wartete ich auf die Antwort.

»Ich kann dir nur sagen, was mir ES und ein Heliote gesagt haben. In einem Thoregon schließen sich eine oder mehrere Superintelligenzen zusammen, um sich von den Ordnungsmächten loszulösen, um ihren eigenen Weg zu gehen. Einen Weg, der von den Kosmokraten und Chaotarchen wegführt. Ein Weg der dahin führt, dass wir unsere eigenen Entscheidungen treffen können.«

Osiris wartete einige Sekunden. »Mehr weißt du nicht?«

Als Rhodan den Kopf schüttelte, fing der Kemete an zu lachen. »Dann tust du mir Leid. Damit befindet sich der Teufel bereits in Terras Hallen.«

Mehr sagte er nicht und schaute starr aus dem Fenster.

»Und was beinhaltet dieser Pilzdom?«, fragte Horus, um das Schweigen zu durchbrechen.

Perry musterte Osiris noch für einige Sekunden und wandte sich dann Horus zu. »Der Pilzdom ist der Zugang zur Brücke in die Unendlichkeit. Dieser Steg, der sich in einem übergeordneten Kontinuum befindet, verbindet verschiedene Punkte im Universum, die Millionen oder gar Milliarden Lichtjahre auseinander liegen. Im Moment ist die Brücke aber aus unbekannten Gründen unbegehbar.«

Bei den letzten Worten aktivierte er die Maschinen der WARP und leitete die Startsequenz ein. Rhodan programmierte einen Kurs in Richtung Terra und wandte sich dann an Osiris. »Auch wenn du mir nichts mehr zum Thema Thoregon sagen willst. Aber verrate mir eines.«

Osiris drehte den Kopf und schaute Rhodan in die Augen.

»Woher hast du dein Wissen über die Thoregons?«, fragte der Terraner, als Osiris nichts sagte.

»Von Amun, dem Kosmokraten, dem wir alles verdanken. Unsere Technik, unsere Weisheit, unsere Stärke!

Ihr habt ihm im alten Ägypten die Namen Ra, Ré und Atum gegeben. Einfach ausgedrückt, alle Sonnenanbeter huldigen dem Kosmokraten Amun, wenn du es so sehen willst.

Er gewährte mir sehr tiefe Einblicke in die Struktur des Multiuniversums. Von ihm habe ich mein Wissen über die Thoregons. Aber ich werde nichts verraten. Du musst dir dein Wissen selber erarbeiten. Mehr werde ich nicht dazu sagen.«

»Und wo geht es nun hin?«, fragte ich mit leiser Stimme, als das Schweigen unangenehm wurde.

»Wir fliegen zurück nach Terra«, entgegnete der angesprochene Terraner.

»Zurück in die Solare Residenz?«, fragte Hathor.

»Nein. Wir fliegen nach Mor Jueglo.«

Mor Jueglo? Nie gehört. Wo zur Hölle liegt Mor Jueglo? Dieser Gedanke beschäftigte mich bis zum Ende der Reise.

Die WARP drang in die Erdatmosphäre ein und flog, mit der Sonne im Rücken, nach Südamerika

»Wo sind wir hier? Und was ist das für eine verlassene Stadt?«, fragte Horus, als wir den Gleiter verließen.

»Wir befinden uns in einem Gebirge, welches die Anden genannt wird und dies ist Mor Jueglo. Diese Stadt befindet sich in einem abgelegenen Seitental des Altiplano-Hochtals. Etwa 150 Kilometer von hier liegt die Stadt La Paz. Die nächste Siedlung ist ein kleines Bauerndorf, das etwa 50 Kilometer entfernt liegt.«

»Und was sollen wir hier?«, fragte Anubis. »Was bezweckst du damit, uns eine leere Barackenstadt zu zeigen?«

»Gar nichts«, entgegnete Rhodan. Seitdem Osiris etwas über die Thoregon-Geschichte gesagt hatte, war er merkwürdig wortkarg geworden. »Aber hier ist die beste Möglichkeit, mit einem Gleiter zu landen. Folgt mir. Das was ich euch zeigen will, befindet sich dort hinter den Hügeln.«

Rhodan wandte sich ab und ging los. Ich und die Kemeten folgten ihm.

Was in Gottes Namen will er uns in dieser gottverlassenen Gegend zeigen, fragte ich mich. Nach wenigen Metern sah ich es aber. Irgendwas flimmerte dort drüben. Im ersten Moment konnte ich das Flimmern nicht einordnen, aber dann erkannte ich, was es war. Es war ein Brunnen.

Ist mein Chef jetzt total übergeschnappt? Er fliegt mit uns ans Ende der Welt, bringt uns zu einem Brunnen und wird wahrscheinlich gleich noch behaupten, das dieses Objekt von kosmischer Bedeutung war oder ist.

Als wir den Brunnen erreicht hatten, fing Rhodan an zu erzählen: »Das hier ist ein erloschener Zeitbrunnen. Einst konnte man durch ihn gehen und gelangte so zu fremden und fernen Welten. Durch ihn bewegten sich die Mitglieder des Bundes der Zeitlosen vor Tausenden von Jahren, um ihre Aufgaben für die Kosmokraten zu erfüllen. Nachdem sechs der sieben Mächtigen starben und der siebente Mächtige zurück hinter die Materiequellen berufen wurde, wurde auch das Netz der Zeitbrunnen deaktiviert.

Damit verschwanden auch diese Relikte. Das was ihr hier sieht, ist eine Projektion aus dem Hyperraum, die zeigt, dass der Anker, an dem einst der Brunnen ›befestigt‹ war, noch existiert.«

Staunend musterte ich diesen Brunnen, und auch die Kemeten waren wie gefangen von diesem Bild. Im Geiste entschuldigte ich mich bei meinem Chef. Dies war in der Tat ein Ort, an dem einst kosmische Geschichte geschrieben wurde.

Rhodan forderte die Kemeten auf, sich zu diesem nicht materiell existierenden Brunnen zu begeben und hinein zu schauen.

»Was seht ihr?«, fragte er mit einer gewissen Spannung in der Stimme.

Isis sprach für die Kemeten. »Ich sehe einen Mann. Etwa einen Meter groß mit krebsroter Haut. Er besitzt ein ziemlich zerknittertes Gesicht.«

Horus fiel ihr ins Wort. »Er hat einen weißen Spitzbart. Seine Hände besitzen sechs Finger. Auf dem Kopf trägt dieser Mann einen zylinderförmigen Hut und um die Hüften ist ein blauweißer Schal geschlungen.«

Rhodan lächelte. »Das ist einer der Sieben Mächtigen. Einer aus dem Bund der Zeitlosen. Sein Name ist …«

»Callibso«, sagte Osiris und unterbrach damit den Terraner.

Rhodan schaute den unsterblichen Kemeten überrascht an. »Du kennst Ganerc? Den Puppenspieler von Derogwanien?«

»Er war vor Jahrtausenden auf Kemet. Im Auftrag der Kosmokraten. Er stellte sich mir als Callibso vor. Der Gnom forderte einige Sachen aus dem T-Speicher der Amun-Pyramide an und verschwand dann einfach spurlos. Außerdem nahm er zwei Kemeten mit, die er für Wächteraufgaben benötigte.«

»Du meinst, er hat sie entführt?«, fragte ich Osiris.

»Nein. Sie haben sich freiwillig gemeldet. Aber seitdem haben wir nichts mehr von diesen beiden Kemeten gehört.«

Eine lebhafte Diskussion entbrannte zwischen Perry Rhodan und Osiris. Auch Horus, Anubis und Isis nahmen daran teil.

Doch wo war Hathor? Sie musste sich von der Gruppe entfernt haben. Ich schaute mich um und suchte sie. Nach einigen Sekunden entdeckte ich sie. Die Kemetin stand in der Nähe auf einer kleinen Erhebung. Mit langsamen und vorsichtigen Schritten ging ich zu ihr herüber. Die Kemetin schaute zu einer Bergkette, hinter der gerade die Sonne unterging.

»Was siehst du?«, fragte ich mit leiser Stimme.

»Das wahre Wunder des Universums«, entgegnete Hathor mit ebenso leiser Stimme.

»Nicht die Superintelligenzen, nicht die Kosmokraten und auch nicht die Koalition Thoregon. Das sind Sachen, die sich unserem Verständnis entziehen, weil sie einfach zu abgehoben sind. Aber die Entstehung des Lebens. Der Aufgang und der Untergang der Sonne. Der ewige Lauf der Evolution.«

Hathor schloss die Augen und genoss die letzten Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht.

»Das ist das wahre Wunder.«

Wir blieben noch eine Zeit lang stehen. Die ersten Sterne tauchten am Himmel auf.

»Auch das ist ein Wunder«, sagte Hathor und deutete in den Himmel. »Das Funkeln von Millionen Sternen am Firmament. Die Sehnsucht, andere Sterne zu besuchen, fremde Planeten zu betreten. Fremden Lebensformen gegenüber zu treten und neue Freunde zu finden.«

Ich konnte Hathor gut verstehen. Mir ging es ja selbst so. In meiner Jugend hatte ich nachts immer in den Sternenhimmel geschaut und davon geträumt, andere Welten zu besuchen.

Zum Glück ist dieser Traum wahr geworden, dachte ich.

Einträchtig standen wir auf dem Hügel und träumten und hingen unseren Gedanken nach, bis Perry Rhodan zu uns trat und sagte, dass wir wieder aufbrechen würden. Am liebsten wäre ich noch die ganze Nacht hier geblieben und ich wusste, dass es Hathor ebenso ging.

Seufzend wandte ich mich ab, schaute dabei auf die Uhr und erschrak. Inzwischen war ein neuer Tag angebrochen. Drei Stunden hatten ich und Hathor auf diesem Hügel gestanden und in die Sterne geguckt. Hathor lächelte mich an. Gemeinsam gingen wir zurück zur WARP und setzten uns in die komfortablen Sessel. Perry Rhodan startete das Beiboot und flog zurück zur Solaren Residenz.

 

Seth

Auf Kemet

Ich bin Seth, Sohn von Nut und Geb und Bruder von Osiris, Isis und Nephtys. Ich bin ebenfalls wie Horus, ein Produkt aus dem Genlabor. Eine Mischung aus einem Kemeten und einem Hersi'Thor. Die Hersi'Thor sind ebenfalls ein Volk aus der Galaxis Chepri.

Die Terraner würden sagen, dass ich ein Raubvogelwesen in humanoider Gestalt sei. Von den einen als Missgeburt verschrien, von den anderen als Geschenk des Amun angesehen, wuchs ich in einer sehr wechselhaften Welt auf.

Ich stand immer im Schatten meines Bruders Osiris. Irgendwann kam der Zeitpunkt, wo ich anfing meinen Bruder zu hassen, da er in allen Belangen besser war als ich. Und doch.

Ich empfand auch Stolz auf meine Existenz und ich war und bin auch heute noch Stolz ein Kemete zu sein. So meldete auch ich mich für das Himmelfahrtskommando. Ich überlebte und bekam so einen Zellaktivator. Ich bin der wahre Herrscher der Kemeten. Nicht dieser Kosmokratengünstling Osiris. Er muss sterben!

Das kleine Beiboot schwenkte in eine Umlaufbahn um den Planeten Kemet. Schnell war das Identifikationssignal abgestrahlt und wenig später setzte das Schiff auf dem Raumhafen auf, welcher sich in der Nähe der AMUN-Pyramide befand.

An Bord befand sich neben mir, Seth, auch Apophis. Vor wenigen Stunden verweilte ich noch auf Seshur, um ihn zu erwecken. Nach banalen Auseinandersetzungen gelang es mir auch, Apophis aus seinem Gefängnis zu befreien, in dem er für Jahrtausende lebendig begraben war. Doch beinahe wäre unser Vorhaben aufgeflogen, denn Thot folgte uns und erfuhr alles, was wir geplant hatten. Er wollte fliehen und Osiris warnen, doch Apophis war schneller.

Er schlug Thot nieder und schnitt ihm dann den Zellaktivator heraus. Anschließend verarztete er die Wunde und gab ihm ein Aufputschmittel. Als Thot die Augen aufschlug, hielt ihm Apophis höhnisch grinsend den kleinen Chip unter die Nase und sagte mit eiskalter Stimme: »Ich wünsche dir ein angenehmes Sterben.«

Apophis drehte sich um und ging auf das kleine Raumschiff zu, welches uns nach Kemet bringen sollte.

Das war vor wenigen Stunden gewesen. Wir waren sicher auf Kemet gelandet und machten uns bereit das Schiff zu verlassen um unsere Aufgabe zu erfüllen. Apophis öffnete die Luke, drehte sich um und schaute mich fragend an.

»Lass uns gehen«, sagte ich. »Aber sei vorsichtig. Ich habe das Gefühl, dass wir nicht alleine sind.«

»Aber … wer sollte hier sein? Osiris und seine feige Bande sind im Solsystem.«

Ich antwortete ihm nicht, weil ich ihm keine Antwort geben konnte. Auch woher ich dieses Wissen hatte, konnte ich ihm nicht sagen. Es war mehr ein Gefühl.

Ich spürte die Präsenz einer Macht, die weitaus größer war als ich selber. Das machte mir eigentlich nichts aus, denn ich hatte schon Kontakt mit Kosmokraten und Superintelligenzen gehabt und von daher wusste ich, dass es Mächte und Wesen in diesem Universum gibt, die weitaus größer sind als ich. Und dennoch … in meinem Kopf war ein ständiges Wispern und Rauschen zu hören.

Inzwischen hatte Apophis das Raumschiff verlassen und ich folgte ihm. Das Licht der beiden Sonnen Ré und Ra blendete mich. Ich sog gierig die Luft ein. Ja! Das war meine Heimat. Einst wurde von diesem Planeten eine Galaxis regiert und bald würde das wieder der Fall sein.

Ich wandte mich Apophis zu und wollte etwas sagen, aber ich bemerkte den abwesenden Gesichtsausdruck. Erst war mir nicht klar, was passiert war, aber den folgte ich dem Blick meines Freundes. Er schaute in Richtung der Amun-Pyramide. Und von dort kam jemand auf uns zu.

Es war eine Frau. Sie war etwa 160 Zentimeter groß und hatte schwarze Haare. Ich wusste nicht woher, aber irgendwie kam sie mir bekannt vor.

»Wer … wer bist du?«, fragte der sonst so furchtlose Apophis mit zitternder Stimme als sie bei uns angelangt war.

Eine mächtige Stimme ertönte in unseren Köpfen. »Ich bin Nut. Tochter von Schu und Tefnut. Gemahlin von Geb. Mutter von Osiris, Isis, Nephtys und von dir, Seth. Ich weiß, was ihr vorhabt. Und ich kann es nur verurteilen.«

Ich fühlte mich ertappt. »Woher … woher weißt du davon?«

»Von Thot. Sein Geist ist inzwischen zu uns gelangt und er wurde in das Bewusstseinskollektiv aufgenommen. Er erzählte uns von euren Plänen.«

Ehe Nut noch was sagen konnte, mischte sich Apophis ein. »Seth. Ich weiß nicht, wie es die toten Kemeten geschafft haben, sich diese Körper zu beschaffen. Aber eins ist sicher: Sie ist ein Relikt aus einer vergangenen Zeit. Aus einer Zeit, die nicht mehr wichtig ist.« Er drehte sich um, holte einen Thermostrahler aus einer seiner Taschen und wandte sich dann direkt an Nut. »Geh dahin wo du hergekommen bist, du Geist aus vergangenen Zeiten.«

Ehe ich etwas machen konnte, erschoss Apophis Nut. Der Energiestrahl drang in ihre Brust ein, Nut sackte zu Boden und verfiel innerhalb weniger Sekunden zu Staub. Wenige Sekunden später zeugte nichts mehr davon, dass hier eben noch jemand war. So starb Nut zum zweiten Mal.

»Wie konntest du nur?«, schrie ich Apophis an.

»Sie ist vor mehr als 250.000 Jahren gestorben. Du warst dabei, als sie den Freitod wählten. Das war nichts anderes als eine Projektion, die unsere Pläne hätte verhindern können.«

Apophis hatte recht. Ich entschuldigte mich bei ihm und ging dann weiter auf die Amun-Pyramide zu.

Aber weit kamen wir nicht. Denn die nächste Gestalt kam aus Richtung der Amun-Pyramide auf uns zu. Der Kemete war etwa 1,77 Meter groß und besaß, wie eigentlich alle Kemeten, tiefschwarze Haare. Als Kopfschmuck trug der Kemete die Krone von Unter- und Oberkemet. Des neuen Kemets, welches sich einst auf dem Planeten befand, der unser Ziel war, berichtigte ich mich in Gedanken.

»Denk dran. Wir haben eine Aufgabe und wir haben ein Ziel. Lass dich von nichts ablenken«, sagte Apophis zu mir.

Auch der Kemete, der jetzt auf uns zukam kam mir bekannt vor.

Richtig. Du kennst mich, wisperte eine Stimme in unseren Köpfen. Ich bin Geb. Sohn von Schu und Tefnut und der Brudergemahl von Nut. Vater von Osiris, Isis, Nephtys und von dir, Seth. Ich bin dein Vater und ich verbiete euch, noch einen Schritt zu machen.

»Sinnlos, alter Mann«, entgegnete Apophis. »Wir werden die Milchstraße unterjochen. Ihr werdet als Superintelligenz eine ganze Milchstraße beherrschen. Ich weiß, dass dies euer Traum ist. Seit Jahrtausenden sitzt ihr dort in eurem Gefängnis. Aber wenn unser Plan gelingt, dann habt ihr eine ganze Galaxis als Spielwiese. Ist das kein gutes Angebot?«

Dieses Angebot lehne ich ab. Auch im Namen meiner Brüder und Schwestern im Geiste, antwortete Geb ohne zu zögern. Ich weiß einiges mehr als du. Ich weiß zum Beispiel, dass wir in die Galaxis unserer Geburt zurückkehren werden.

Dort werden wir mit Hilfe einiger Völker eine Oase des Friedens erschaffen. Und den Kampf gegen einen Gegner wieder aufnehmen, gegen den wir mehrere Jahrtausende gekämpft und verloren haben. Aber wir werden Rache nehmen.

Die Ka der Kemeten werden ihrem Schicksal begegnen. Sie sind noch längst nicht erloschen, wie auch Nut. Ihr habt zwar die Konserve, die für eine kurze ihr Ka beinhaltete »erschossen«, aber ihr Geist lebt weiter.

»Dann macht es ja auch nichts aus, wenn ich dich ebenfalls erschieße«, sagte ich und so erschoss ich meinen Vater. So starb Geb zum zweiten Mal.

»Gut gemacht, Seth.« Apophis grinste, als er auf die verwehenden Staubflocken schaute, die noch vor wenigen Sekunden mein Vater waren.

Ich korrigierte mich in meinen Gedanken. Als eine Konserve hatte Geb diese Körper bezeichnet. Ein mulmiges Gefühl blieb trotzdem zurück.

Gemeinsam setzten wir den Weg fort. Vor uns wurde die Amun-Pyramide immer größer. Obwohl ich dieses Meisterwerk der Baukunst in meiner Jugend schon tausende Male gesehen hatte, verschlug es mir immer wieder den Atem. Auch Apophis, der neben mir stand, hielt den Atem an.

Die Grundfläche der Pyramide bedeckte eine Fläche von 9.000.000 Quadratmetern. Damit betrug die Kantenlänge exakt 3.000 Meter. Ihre Höhe beträgt exakt 1852,35 Metern. Das weiße und das gelbe Sonnenlicht der Sonnen Ra und Ré spiegelte sich auf der goldenen Außenhülle wieder. Aber das meiste Licht wurde von der Pyramide selbst ausgestrahlt.

Dieses Material, welches uns Kemeten völlig unbekannt war, glomm von innen heraus. Es war so, als würden mehrere tausend kleine Lampen mit schwächster Energiezufuhr Licht abgeben. Wahrlich majestätisch erstreckte sich dieses großartige Bauwerk vor uns.

Sowohl ich als auch Apophis erstarrten für eine kurze Zeit, um den Geist der Jahrtausende aufzunehmen, der von dieser Pyramide ausging. Und genau in dem Moment, wo wir weiter gehen wollten, trat eine weitere Gestalt aus der goldenen Außenwand hervor.

Es war wieder eine Frau. Sie war mit 177 Zentimetern Körpergröße ungewöhnlich groß für eine Kemeten und auch sie besaß tiefschwarzes Haar. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Kemeten besaß diese Person keine schwarzen, sondern violette Augen. Augen, in die ich vor Jahrhunderten und Jahrtausenden immer gerne geschaut hatte. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ich von Amun verbannt wurde und dieser verdammte Kosmokrat mir meinen Zellaktivator aberkannte. Mir war doch nichts anderes übrig geblieben, als mir den Zellaktivator von Nephtys zu nehmen – sonst wäre ich gestorben. Welche Wahl hatte ich denn gehabt?

»Nephtys!«, hauchte ich.

Richtig. Ich bin Nephtys. Tochter von Geb und Nut. Schwester von Osiris und Isis. Mutter von Anubis. Und deine Gemahlin, Seth.

»Was für eine falsche Schlange du doch bist!«, schrie ich sie an. Meine Angst war einem grenzenlosen Zorn gewichen. »Nur weil ich keine Kinder zeugen konnte, schlüpfst du in die Gestalt deiner Schwester Isis und treibst es mit Osiris, um mir dann das Kind unterzujubeln. Was kam dabei heraus? Diese Missgeburt Anubis.«

Und was war mit deinem Kinderwunsch? Wie oft hast du in den alten Zeiten davon geschwärmt, ein Kind zu haben? Ich konnte nicht anders. Und sprich nicht so über Anubis!

»Ich hasse dich!«, stieß ich hervor. »Selbst als wir verheiratet waren, hast du immer zu Osiris gehalten.«

Es gab gute Gründe … Du bist selber schuld, dass Amun dich verbannt und dir den Zellaktivator abgenommen hat. Aber anstatt anständig und in Würde zu sterben, betäubst du mich, entfernst mir meinen Unsterblichkeitschip und versetztest mich in einen Tiefschlaf.

»Mein Leben ist wichtiger. Ich bin zu größerem geboren«, unterbrach ich sie.

Und warum das ganze?, fuhr Nephtys fort, ohne auf meinen Einwand zu achten. Nur um dich an Osiris zu rächen. Dabei hast du doch eine ganze Menge erreicht. Genau wie ich bist du ein Held gewesen. Für jeden einzelnen Kemeten. Wir haben über Jahrhunderte hinweg den Chaosmächten getrotzt.

Jahrhunderte lang haben wir Udjat verteidigt. Und als wir schon fast gescheitert waren, machten wir uns auf und haben in einer Art Selbstmordmission das Kosmonukleotid wieder befreit. Nephtys Blick verharrte auf mir. Ich frage dich ernsthaft: Was willst du eigentlich?

Ich lachte auf. »Was ich will? Ich will Macht! Ich will die Macht über eine ganze Galaxis. Und später dann das ganze Universum. Du hast es gesagt. Wir haben den Chaosmächten die Stirn geboten. Warum nicht auch den Kosmokraten?«

Du weiß, dass dies nicht möglich ist, entgegnete Nephtys mit einer sanften Stimme, von der ich nicht sagen konnte, ob ich sie wirklich hören konnte oder ob sie nur in meinem Kopf war. Unsere Macht ist nur geliehen. Wir wurden ausgerüstet, um diese Aufgabe durchzuführen. Und an ein ›Fremdgehen‹ ist nicht zu denken. Erinnere dich an die Xamouri!

»Was soll mit ihnen sein?«, mischte sich Apophis ein.

Sie waren das Volk, das unsere Nachfolge antrat. Aber im Verlauf der Jahrhunderte wurden sie ›größenwahnsinnig‹, genau wie du, Seth. Und das Resultat? Sie wurden vernichtet. Willst du das den restlichen, noch lebenden Kemeten antun?

»Ja«, stieß ich mit hasserfüllter Stimme hervor. »Meinetwegen sollen Osiris, Isis, Hathor, Anubis und Horus sterben. Ich und Apophis dagegen werden leben. Ewig. Als Herrscher über diese Galaxis und die minderwertigen sterblichen Kreaturen die hier leben.«

Und was ist mit Perry Rhodan und seinen unsterblichen Freunden? Was willst du mit ihnen machen?

»Na was schon? Entweder schließen sie sich uns an oder sie werden sterben. Ganz einfach.«

Ich erschoss den Körper meiner Frau, ohne hinzuschauen. So starb Nephtys zum zweiten Mal.

»Allmählich wird es nur noch lästig.« Ich seufzte laut und betrat dann mit meinem Gefährten die Amun-Pyramide.

Leider merkte ich nicht, dass der Zentralrechner der Pyramide ein Signal abstrahlte, als wir in die Pyramide eindrangen. Aber wir sollten es noch zu spüren bekommen.

 

Perry Rhodan

Nach dem Besuch verschiedener Sehenswürdigkeiten waren wir wieder in die Solare Residenz zurückgekehrt.

»Ihr Terraner seid ein beeindruckendes Völkchen«, sagte Osiris gerade. »Das muss man euch lassen. In diesem System laufen die Fäden galaktischer und kosmischer Geschichte zusammen.«

Ich setzte zu einer Entgegnung an, schwieg aber doch, als ich das Piepen hörte, welches von Osiris aus ging. Der Gesichtsausdruck, den Osiris aufsetzte, nachdem er auf ein Armband schaute, war gekennzeichnet von Wut.

»Die Sicherheitsschaltung, die ich in der Pyramide installiert habe, hat sich gemeldet. Sie sendet ein automatisches Signal an mich, sobald jemand in die Pyramide eindringt.«

Anubis schaute ihn an und fragte dann mit leiser Stimme: »Wer?«

»Laut Auswertung der Zellaktivatorschwingungen sind es Thot, Seth und Apophis«, entgegnete Osiris mit belegter Stimme.

Isis schrie auf. »Seth hat Apophis wiedererweckt und dann hat er noch Thot in seine Gewalt gebracht.«

Osiris nickte. »Das wäre eine Möglichkeit. Perry Rhodan, du musst verstehen, dass wir sofort aufbrechen müssen.«

Osiris wandte sich Isis, Horus und Hathor zu. »Wenn ihr wollt, könnt ihr hier bleiben. Anubis und ich werden damit schon alleine fertig.«

Ohne zu zögern, antwortete Isis: »Ich bleibe hier. Ich möchte noch mehr über die Terraner wissen.«

Horus und Hathor schlossen sich ihr an.

Osiris schien nicht sehr glücklich darüber zu sein, seine »Familie« alleine zurückzulassen.

Er schaute Anubis kurz an und verließ dann mit ihm den Konferenzraum.

Nach einer kurzen Pause fragte ich die hier gebliebenen Kemeten, was sie denn noch von Terra sehen möchten.

Isis antwortete ohne Zögern: »Ich habe Hunger.«

Noch ehe ich etwas sagen konnte, mischte sich Denise Joorn ein. »Dann lass uns was essen gehen. Gehen wir.«

Nachdem die beiden Frauen das Konferenzzimmer verlassen hatten, wandte ich mich an Hathor. »Und was ist mit dir?«

Hathor schaute Timo Zoltan an. »Ich würde mich gerne mit dem Wissenschaftler unterhalten. Du musst wissen, dass wir nicht aus dieser Galaxis stammen. Und ich möchte gerne noch einmal die Sterne meiner Heimatgalaxis sehen.«

»Ich kann deinen Wunsch sehr gut verstehen. Timo Zoltan steht dir zur Verfügung.« Dann wandte ich mich sich an Horus. »Und was ist mit dir?«

»Ich würde gerne dieses Museum besuchen, das sich hier in der Solaren Residenz befindet.«

»Dann komm mit. Ich werde dir eine kleine Führung geben«, sagte ich und gemeinsam verließen wir den Raum.

 

Isis

Lammbraten und Seshur

Ich bin Isis, die Tochter von Nut und Geb und die Schwester von Nephtys, Osiris und Seth. Kaum war ich erwachsen, da heiratete ich meinen Bruder Osiris. Ich nahm an der Mission zur Befreiung von Udjat teil und wurde so unsterblich.

So überdauerten wir die Jahrtausende. Wir waren mächtig. Eine Galaxis hörte auf unsere Stimme, doch kamen welche, die noch mächtiger als wir waren. So flüchtenden wir ins Exil. Von dort beeinflussten wir über Jahrtausende diese Rasse. Aber gescheitert sind wir trotzdem.

Ich erinnere mich zurück an die Zeit die mehr als 270.000 Jahre terranischer Zeitrechnung zurück liegt, als wir noch jung waren. Unsere Zeit ist vorbei. Die der Terraner wird erst noch kommen.

Ich folgte der Terranerin Denise Joorn in das Restaurant der Solaren Residenz. Ich entzifferte die Worte, die über der Tür standen: »MARCO POLO … Wer ist Marco Polo?«

»Marco Polo war zum einen ein berühmter Entdecker und Forscher des terranischen frühen Mittelalters und zum anderen war die MARCO POLO vor mehreren tausend Jahren das Flaggschiff der Terranischen Flotte.«

Denise führte mich in eine kleine Nische. »Hier sind wir ungestört. Niemand kann uns hören oder sehen. Wir sind also völlig alleine.«

Die Terranerin setzte sich hin und ich tat es ihr gleich. »Was möchtest du essen?«

Ich schaute auf die holographische Speisekarte. »Keine Ahnung. Ich kenne nichts davon.

Im alten Ägypten gab es Ochsenschenkel, Taubenragout, Wachteln, Gerstenbrei. Das gibt es hier nicht. Was schmeckt denn?«

»Ich würde dir einen Lammbraten empfehlen.«

»Lammbraten?«

»Lämmer sind vierbeinige Tiere, die ein sehr zartes und saftiges Fleisch abgeben. Ich weiß, dass die Solare Residenz einen Exklusivvertrag mit einem kleinen Bauernhof in Neuharlingersiel, das im Bezirk Deutschland liegt, hat. Dort werden die Lämmer gezüchtet, großgezogen und verbringen den Großteil ihres Lebens auf den saftigen Salzwiesen und den Deichen an der Küste, bevor sie ›weiter verarbeitet‹ werden.«

»Du hast mich überzeugt. Ich werde es probieren.«

Nachdem wir beide unser Essen bestellt hatten, fragte mich Denise nach der Zeit auf Seshur.

Und so fing ich an zu erzählen: »Nach unserem Transfer beobachteten wir nur. Nach kurzer Zeit aber offenbarten sich zwei Mitglieder meines Volkes als Diener der negativen Superintelligenz APEP-SUATEK, die ihr als SETH-APOPHIS kennt. Ihre gleichnamigen Agenten richteten viel Schaden an.

Mein Gemahl Osiris verbannte diese beiden Mitglieder für die Dauer von 50.000 Jahren auf die Welt Seshur. Ich weiß nicht genau, was dann in den folgenden Jahren passiert ist, sicher ist nur, dass die beiden Kemeten anfingen, die Völker von Seshur zu beeinflussen. Der eine baute den Kult von Amun-Ré wieder auf und der andere hetzte gegen Osiris. So kam es zu Streit und Krieg zwischen den beiden Gruppen.

Bis Osiris auf Seshur landete. Er einigte die beiden Stämme und beeinflusste nun selber die Völker von Seshur. Er wollte sie an den ethischen und technischen Stand der Kemeten von Chepri heranführen, um so ein Nachfolgevolk für die aussterbenden Kemeten zu schaffen. Doch es kam wie es kommen musste: Die Seshuren entwickelten die Raumfahrt, doch prompt tauchten die Arkoniden auf. Das war das Ende der Seshuren. Und das war auch das Ende unserer Arbeit auf Seshur.«

Ich konnte sehen, wie erschüttert Denise war. »Ich weiß, was du jetzt denkst und ich kann dich verstehen. Wir haben große Schuld auf uns geladen. Aber wir konnten nicht anders handeln. Die Seshuren sollten einst unsere Nachfolge antreten um im Konzert der Mächtigen des Universums mitzuspielen. Wir hatten es vergeblich noch auf anderen Planeten probiert. Die Erde war unsere größte Hoffnung. Es sollte nur nie dazu kommen.«

»Was für eine Aufgabe war das?«

»Die Verteidigung von Udjat, dem Zentrum unser Welt. Auf Udjat war unser ganzes Denken, Handeln und Wissen gerichtet. Udjat schenkte uns unsere Größe. Udjat war unser Verderben. Udjat verdanken wir unsere Unsterblichkeit. Für Udjat haben wir gelebt und wir wären für Udjat gestorben.« Ich stockte kurz. »Wir haben für Udjat unser Leben gegeben.«

Erinnerungen überschwemmten mein Gedächtnis, so dass ich nicht mal merkte wie unser Lammbraten serviert wurde.

 

Horus

Im Museum und eine Begegnung der besonderen Art

Ich bin Horus, der Sohn von Isis und Osiris. Während meine Eltern menschenähnlich aussehen und natürlich gezeugt wurden, bin ich ein Lebewesen aus dem Genlabor – eine Kreuzung aus einem Kemeten und einem Hersi'Thor. Ich war einst ein Symbol für alle Völker von Chepri. Und darum bin ich auch stolz auf meine Existenz.

Auf der Erde erschien ich oftmals ausgewählten Personen, wie Imhotep, Chufu, Neferti oder Ramses II., um sie in die richtige Richtung zu lenken. Und doch haben wir versagt. Ich bin ebenso wie meine Eltern unsterblich und wahrscheinlich ging mir die Entwicklung der Kemeten nicht schnell genug. Dafür bezahlen wir nun. Aus dem unscheinbarem Volk von damals ist eine stolze Rasse geworden, die ihren Weg in dieses Universum weitergehen wird.«

Ich ging mit Perry Rhodan durch die Gänge der Solaren Residenz.

»So, da wären wir«, sagte der Terraner. »Das Museum der galaktischen und terranischen Geschichte. Hier kann man alles erfahren, was sich in den letzten tausend und mehr Jahren in der Milchstraße ereignet hat.«

Rhodan trat durch die Tür und ich folgte ihm. Natürlich hatte ich von Rhodan selbst und dieser etwas überheblichen Kuratorin Natasha viel über die Geschichte der Terraner erfahren, doch ich wollte noch mehr wissen.

»Dies ist der arkonidische Teil des Museums. Hier finden sich viele Exponate …«

Ich hörte ihm schon gar nicht mehr zu. Meine Blicke hingen an einer Holographie eines Imperators von Arkon. Es handelte sich um Mascaren da Gonozal, der unter dem Thronnamen Gonozal VIII. das gewaltige Arkonimperium regierte. Ich hingegen kannte diesen Mann unter dem Namen Atlan.

»Atlan«, hauchte ich. »Atlan, du alter Haudegen. Wie lange ist es her, dass wir uns gesehen haben?«

Ich spürte die Blicke von Perry Rhodan in meinem Rücken, und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, spürte ich schon die Frage, die ihm auf der Zunge lag.

»Ich weiß, was du fragen willst. Darum höre mir zu.«

Und so berichtete ich Rhodan, dass wir Atlan schon sehr früh beobachteten und er uns enorme Hilfe leistete, die alten Ägypter zu kultivieren. Jedoch geschah dies ohne jeden persönlichen Kontakt.

Amun selbst hatte es uns untersagt. Wir mussten uns stets vor Atlan verbergen, auch wenn der Drang, uns dem gestrandeten Gefährten zu offenbaren, sehr groß gewesen war.

Perry Rhodan schaute mich beeindruckt an. »Wie alt bist du wirklich, Horus?«

Ich lachte laut auf. »Hab noch ein wenig Geduld, Perry Rhodan. Wenn die Zeit kommt, wirst du alles erfahren.«

 

Hathor

Cartwheel und der Fluch der Kosmokraten

Ich bin Hathor. Wer meine Eltern sind, das weiß ich nicht. Ihre Namen sind im Staub der Jahrtausende untergegangen. Ich könnte natürlich in unserem Archiv des Wissens in der Amun-Pyramide nachforschen, aber warum? Es interessiert mich nicht.

Auch ich meldete mich für die Mission gegen die Besetzter von Udjat und ich überlebte. So wurde ich unsterblich. Aber niemand konnte etwas mit mir anfangen. Jedoch gelang es mir, mich sozial für mein Volk zu engagieren und ich tat alles, damit es den Kemeten gut ging. Und ich kann behaupten, dass es mir gelungen ist, immer für mein Volk da zu sein.

Doch ich bin müde geworden. Ich möchte nur noch einmal die Sterne meiner Heimatgalaxis sehen und dann soll mein Geist in die Amun-Pyramide aufgehen. Chepri. Oh göttliches Chepri … wo bist du?

Perry Rhodan, Denise Joorn, Isis und Horus verließen das Zimmer, so dass ich mit dem Wissenschaftlicher Timo Zoltan alleine war.

»Also«, fing Timo an. »Du willst etwas über deine Heimatgalaxis erfahren. Setze dich bitte hier vor die Syntronik und fülle diese Maske aus.«

Ich hörte schon gar nicht mehr hin. Meine Blicke hingen an einer kleinen Holographie in der Ecke des Raumes, die ich bisher übersehen hatte.

Das Holo zeigte eine Galaxis. Eine Galaxis mit einem fast kreisförmigen Kern, der von einem blauen Ring umgeben war. Ich wusste, dass der Durchmesser bei etwa 120.000 Lichtjahren lag. Der Kern hatte eine Größe von 17.000 mal 25.000 Lichtjahren. Das war Chepri. Das war meine Heimat.

Tränen schossen mir in die Augen. »Geliebtes Chepri. Meine Heimat.«

Ich drehte mich um und schaute in das Gesicht eines fassungslosen Timo Zoltans.

»Was hast du?«, fragte ich, immer noch mit Tränen in den Augen.

»Das ist Cartwheel.«

»Du kennst diese Galaxis?«, fragte ich mit ungläubiger Stimme.

»Ja, das tue ich! In Cartwheel befinden sich mehrere Kolonien galaktischer Völker. Sie sollen da einen Schutzwall gegen eine bösartige Macht namens MODROR aufbauen.«

Mein Schrei ließ den Wissenschaftler zusammenzucken. »MODROR! Unser Feind und unser Gegner, der uns über Jahrtausende hinweg quälte. Gegen den wir unsere größten Siege feierten, aber auch unsere schwerste Niederlage einstecken mussten. Warum verfolgt uns der Fluch der Kosmokraten so sehr? Kann man uns nicht in Ruhe lassen?«

Wimmernd sackte ich zusammen. Ich spürte, wie Timo Zoltan sich näherte, mich in die Arme nahm und beruhigend auf mich einredete. Aber meine Tränen flossen weiter.

 

Anubis

Am Bord der CHEPRI, 29. November 1298 NGZ

Ich bin Anubis. Sohn von Osiris und Nephtys. Ich bin eine Mischung aus einem Kemeten und einem Shak'Arit. Die Terraner würden sagen, dass ich einen humanoiden Körper habe, auf dem sich ein Wolfs- oder Schakalkopf befindet. Aber diese außergewöhnliche Erscheinung macht mir nichts aus.

Zusammen mit Horus war ich der Grundstein für eine neue Generation der Kemeten. Ich erhielt, genau wie meine Brüder und meine Eltern, einen Zellaktivator und trat somit in die Riege der unsterblichen Kemeten ein. Als ich noch jung war, war ich der Oberste Militärführer meines Volkes. Unter meinem Kommando wurden die Shak'Arit-Androiden und die gigantische Pyramidenflotte gebaut.

Auf der Erde machte ich mir den Kult um den Wolfsgott zunutze. In Memphis war meine Hochburg und ab und zu erschien auch ich, genau wie Horus, ausgewählten Menschen. Doch inzwischen sind die Menschen erwachsen geworden. Nach den Schilderungen die ich gehört habe, hat dieses Volk ihren Platz im Kosmos gefunden und ich bin sicher, dass eines Tages der Name Perry Rhodan in jeder Ecke des Universums bekannt sein wird.

Nach den Startvorbereitungen flogen Osiris und ich los. Zuerst wollten wir die ganze Distanz in einem Sprung zurücklegen. Aber wir entschieden uns dafür, erst mal in die Nähe des Systems zu springen um festzustellen, ob es irgendwelche Aktivitäten im System der Sonnen Ré und Ra gab.

Das war nicht der Fall, sodass wir uns zur Landung entschlossen. Majestätisch und leise wie eine Feder landete die CHEPRI, ein Pyramidenschiff mit einer Kantenlänge von 5000 Metern, auf den großen Landeplatz in der Nähe der Amun-Pyramide. Auf dem Platz stand nur noch das kleine Beiboot, mit dem Seth, Apophis und Thot nach Kemet gekommen waren.

Mit einem mündlichen Befehl deaktivierte ich die Maschinen des Raumschiffes und schaute Osiris fragend an.

»Spürst du auch die Präsenz unserer Eltern und unserer Brüder?«, fragte Osiris mich. »Sie sind überall. Sie wollen mir etwas sagen. Aber ich kann nicht verstehen, was es ist.«

Bevor ich etwas sagen konnte, fing die Luft in der Ecke der Zentrale an zu flimmern. Osiris und ich hielten den Atem an. Nach wenigen Sekunden trat eine männliche, etwa 190 Zentimeter große Gestalt aus dem Flimmern und schaute Osiris an. Ich seufzte kaum hörbar. Ich wurde wie so oft kaum beachtet. Aber Osiris war neben Ptah einer der größten Kemeten, der je gelebt hatte. Mit der Zeit gewöhnt man sich dran. Nur in Ägypten erhielt ich teilweise größere Anerkennung als Osiris.

Ich bin Schu, sprach der Kemete mit dem schwarzen Haar und den schwarzen Augen. Mann von Tefnut. Vater von Nut, Geb und Nefertem. Der Nachfolger von Ptah war ich einst. Zusammen mit Tefnut regierte ich über Jahrhunderte hinweg das Kemetische Reich. Ich führte das Reich Kemet in den zweiten großen Krieg gegen die Chaosmächte. Zusammen mit Tefnut starb ich nach einem Leben, das in die Jahrtausende ging, bei einem Angriff der Chaosmächte. Doch Ptah nahm unsere Seelen auf und so wurden wir ein zweites Mal unsterblich.

Aber genug von mir. Ich bin hier um euch zu warnen. Seth und Apophis sind bereits in der Pyramide und arbeiten intensiv, um die Pyramidenflotte startbereit zu machen. Ihr könnt es kaum noch verhindern.

»Wir müssen es aber versuchen!« Osiris sprach mit einer unruhigen Stimme. »Die Terraner haben gegen diese Flotte keine Chance.«

»Die haben sie auch nicht. Aber vorher wird etwas passieren. Ich kann dir keine weiteren Informationen geben. Du musst nur in diese Pyramide gehen. Dann wird das Schicksal seinen Lauf nehmen …«

»Und was ist mit Thot?«, fragte ich schnell.

Schu drehte seinen Kopf und schaute mich an. Thot ist nicht mehr am Leben. Ermordet wurde er von Apophis. Er schnitt ihm den Zellaktivator heraus.

Kaum hatte Schu diese Worte ausgesprochen, verschwand er auch in einem Luftwirbel.

Ich nahm das Verschwinden gar nicht mehr war.

»Thot«, flüsterte ich. Tränen schossen mir in die Augen. Für Jahrtausende war der Hersi'Thor Thot unser Begleiter gewesen. Er war ein Freund von uns allen geworden. Und jetzt? Jetzt war seine erste Existenz beendet. Beendet von einem kaltblütigen Mörder.

Osiris trat zu mir und legte mir die Hand auf die Schulter. »Deine Tränen machen ihn auch nicht mehr lebendig. Das einzige was wir machen können, ist Seth und Apophis aufzuhalten und sie der Gerechtigkeit zuzuführen.«

Osiris drehte den Kopf und schaute auf einen Monitor, auf dem die Amun-Pyramide zusehen war. »Wenn es denn mein Schicksal ist, dann gehe ich in diese Pyramide.« Osiris wandte den Kopf wieder mir zu. »Was ist mit dir? Schu hat nichts von dir gesagt.«

»Ich werde dich trotzdem begleiten.«

Gemeinsam verließen wir die Zentrale und betraten den Transmitterraum. Vorher jedoch bewaffneten wir uns mit Strahlern. Ich justierte den Transmitter auf die Zentrale der Amun-Pyramide und gemeinsam traten wir durch den Transmitterbogen. Unsere Körper wurden in ihre Atome zerlegt, um am Zielempfänger wieder zusammengesetzt zu werden. Und das erste, was wir sahen, waren die Mündungen von entsichernden Strahlenwaffen.

»Schau an. Neben Ptah wirst du als der Kemete schlechthin verschrien. Und doch kommst du völlig sorgenfrei hierher. Apophis, nimm ihnen die Strahler ab!« Seth lachte, während ich und Osiris Apophis die Waffen aushändigten. »Auch der größte Unsterbliche macht also Fehler. Das beruhigt mich irgendwie.«

Osiris schaute zuerst Apophis und dann Seth an. »Du bist gerade dabei, deinen letzten Fehler zu machen. Gib deinen Plan auf!«

»Warum sollten wir? Ein oder zwei Tage noch. Dann sind die Schiffe erneut einsatzbereit und wir werden Terra erobern. Und ihr? Ihr werdet hier in einem Verließ vermodern.«

Seth schaltete seine Waffe in den Paralysemodus und drückte ab. Ich und Osiris fielen um wie Baumstämme. Ich konnte zwar keinen Muskel mehr bewegen, aber ich hörte, wie Seth einigen Androiden den Befehl gab, mich und Anubis in die Verließe auf Level 1 zu bringen. Ich wusste, dass Level 1 tief unterhalb der Pyramide lag. Mir wurde schwarz vor Augen. Und ich hatte Angst. Angst vor dem, was noch kommen würde.

 

Seth

Kemet: Zentrale der Amun-Pyramide

Während Apophis die Androiden begleitete, die Osiris und Anubis in die Verließe auf Level 1 bringen sollten, machte ich weiter mit den Startvorbereitungen. Insgesamt 445.000 Schlachtschiffe, die gesamte Flotte von Kemet, wollte ich in den Kampf gegen die Terraner schicken. 200.000 Schiffe mit einer Kantenlänge von 150 Metern, dann 100.000 Schiffe mit den Maßen 500 mal 500 Metern, weitere 100.000 Schiffe mit einer Kantenlänge von 750 Metern, dazu noch 30.000 Schiffe mit 1500 Metern Kantenlänge und schließlich 15.000 Schiffe mit einer Kantenlänge von 2500 Metern. Das war die beeindruckende Flotte der Pyramidenraumer. Dazu kamen dann noch die 10 Flaggschiffe mit einer Kantenlänge von 5000 Metern. Die Besatzung bestand ausschließlich aus Shak'Arit-Androiden.

Ich lachte leise auf. Die Terraner würden keine Chance haben. Die überlegende Technik der Raumschiffe würde den Sieg über diese Emporkömmlinge bringen. Und wenn Terra erst mal erobert war, dann sollten die Arkoniden die längst überfällige Rechnung für die Eroberung von Sehsur bekommen. Und dann war der Rest der Galaxis fällig. Die alten Terraner hatten uns als Götter bezeichnet. Und das waren wir auch. Unsere Bestimmung war es zu herrschen. Nicht mehr. Nicht weniger.

Ich seufzte laut. Osiris hatte nach dem ersten Angriff auf das Solsystem die Raumschiffe wieder deaktiviert. Es war nun meine Arbeit, die Raumschiffe wieder betriebsbereit zu machen.

Dazu musste erst mal der Startimpuls an die Raumschiffe abgestrahlt werden. Wenn das vollbracht war, mussten nur noch die Befehlssequenzen abgestrahlt werden. Das wurde von den Flaggschiffen aus gemacht. Nur dort befanden sich die nötigen Anlagen dafür.

Nur die unsterblichen Kemeten waren weisungsbefugt. Da Osiris und Anubis in unseren Händen waren und sich Horus, Hathor und Isis noch auf Terra befanden, konnte uns keiner in die Quere kommen.

Es war ein Leichtes, eine ganze Garnison an Shak'Arit-Robotern umzuprogrammieren. Schon vor Jahrtausenden als wir auf Seshur weilten, hatten wir Programme für so eine Übernahme entwickelt.

Doch bevor ich den nächsten Impuls abstrahlen konnte, meldete sich Apophis bei mir.

»Seth«, erklang die Stimme meines Mitstreiters. Ich konnte eine gewisse Angst und Erregung daraus hören. »Komm schnell zu mir. Du wirst nicht glauben, was ich gefunden habe.«

 

Apophis

Kemet: T-Speicher der Amun-Pyramide

Ich bin Apophis und ich bin kein gebürtiger Kemete, sondern ein Rok'Selkur. Die Rok'Selkur sind Reptilienwesen mit vier Beinen und vier Armen und meistens einem langen Schwanz. Unsere Schuppen sind entweder braun oder grün. Im Durchschnitt werden wir fast 1,70 Meter groß. Diese »Andersartigkeit« störte niemanden, denn in der Galaxis Chepri verstanden sich alle Völker als Kemeten.

Auch ich nahm am Kampf um Udjat teil und wurde so unsterblich. Ich war der Diener einer negativen Superintelligenz, die, als ich noch jung war, drauf und dran war, das Universum im Sturm zu nehmen. Aber sie scheiterte. Ich habe seit Jahrhunderten nichts mehr von ihr gehört. Ich frage mich, was aus ihr geworden ist.

Ich bin nicht so wie die meisten anderen Kemeten. Ich bin verschlagen, unehrlich, gefährlich und skrupellos – und ich bin stolz darauf. Ich weiß, dass ich besser bin als Osiris. Oh du verdammter Osiris, der mich für Jahrtausende begraben ließ. Du wirst für jede einzelne Stunde bezahlen. Das schwöre ich bei deinem Gott Amun!

Die Shak'Arit-Androiden schritten um die Ecke. Nachdenklich schaute ich auf die Metalltüren, hinter denen nun Osiris und Anubis saßen. Ich konnte nicht verstehen, warum Seth die beiden am Leben ließ. Sie waren zwar nun quasi lebend begraben, aber wahrscheinlich würden sie es doch wieder schaffen zu entkommen. Irgendwie.

Ich seufzte laut. Oh Seth!, dachte ich. Warum hast du die beiden nicht getötet? Warum nicht?

Ich betätigte mein Funkgerät und rief einige der Shak'Arit wieder zurück und gab ihnen den Befehl, hier Wache zu halten.

Ich trat zu dem Antigrav-Schacht, und schwebte langsam nach oben. Ich ließ meine Gedanken schweifen. Aber war da nicht ein Geräusch? Angestrengt versuchte ich mehr zu hören. Ja. Ein dumpfes Klopfen. Ich befand mich auf Level 3. Entschlossen trat ich aus dem Antigrav-Schacht und schaute mich um. Ich konnte mich nicht erinnern, was hier in Level 3 war. Nach wenigen Metern fand ich an der Wand eine Übersichtskarte dieses Levels. Dieser Level war, nach der Überschrift, der T-Level, was mir aber auch nichts sagte.

Ich zuckte zusammen, als hinter mir jemand mit einer tiefen Stimme sagte: »Kann ich dir irgendwie helfen? Benötigst du etwas aus dem T-Speicher?«

Ich drehte mich um und musterte den Fremden. Der Unbekannte war etwa 120 Zentimeter groß und auch genau so breit. Gekleidet war er in einem blütenweißen einteiligen Anzug. Das tiefschwarze Gesicht wurde von einem großen feuerroten Bart dominiert. Er stellte sich als Ni Hi Si aus dem Volk der Erranten vor.

»Wie lange bist du schon hier?«, fragte ich.

»Wie lange ich hier bin? Seitdem Amun den Auftrag gab, diese Pyramide umzurüsten. Also schon viele Jahrtausende.«

»Und was ist deine Aufgabe?»

»Amun gab mir den Befehl, die technologischen Anlagen der Pyramide zu warten. Außerdem bin ich zuständig für den T-Speicher.«

»Was ist der T-Speicher?«

Der Errante lachte. »Du bist einer der unsterblichen Kemeten. Einer der Hüter von Udjat warst du einst. Aber den T-Speicher kennst du nicht?«

»Nein.«

»Dann gehe diesen Gang entlang, bis du an eine Kreuzung kommst. Dort biegst du rechts ab. Dort findest du die zentrale Ausgabestelle des T-Speichers. Ich werde dort auf dich auf warten.«

Ni Hi Si machte einen Schritt nach rechts auf die massive Wand zu und verschwand einfach.

Ich seufzte laut und setzte mich in Bewegung. Wenn wir unsere Eroberungspläne abgeschlossen haben, dann müssen Seth und ich uns mal mit dieser Pyramide beschäftigen. Dieses Bauwerk hat wahrscheinlich noch mehr Geheimnisse als uns lieb ist.

Ich folgte dem Gang, bog rechts ab und stand nach wenigen Metern vor einer Tür, die sich lautlos öffnete.

Dort stand der Errante.

»Du wolltest mir erklären, was der T-Speicher ist.«

»Ja. Entschuldige. Im T-Speicher sind technologische Erzeugnisse der Kosmokraten gelagert. Die Technik der Pyramidenschiffe stammt aus diesem T-Speicher. Egal ob es sich um die UTRANS-Kanone oder den UTRANS-Antrieb handelt. Auch die Schutzschirmaggregate und die Maschinen für den Ortungsschutz stammen von hier. Aber auch andere kosmokratische Erzeugnisse sind hier zu finden«

»Wie viele Maschinen sind es insgesamt, die hier lagern?«

»Der Speicher wurde eingerichtet und aufgefüllt, als die Amun-Pyramide im Auftrag von meinem Herren und Meister Amun umgebaut wurde. Seitdem wurden etwa 15 % der Technik ausgeliefert.«

Mir wurde schwindlig. Millionen von Raumschiffen hatten die Kemeten im Laufe ihrer langen Geschichte gebaut. Millionen von Raumschiffen wurden mit der Technik aus diesem Speicher ausgerüstet, und doch war das Lager noch so gut wie voll.

»Geht es dir nicht gut?«, fragte mich Ni Hi Si, als er merkte, wie ich blass wurde. »Setz dich hier hin.«

Er nahm meine Hand und führte mich zu einem Stuhl. Dankbar setzte ich mich hin.

»Erzähl mir etwas von dir.« Ich brauchte diese Ablenkung. Ich wollte im Moment nicht an das Potential des T-Speichers denken.

»Was soll ich dir erzählen? Vor vielen Millionen Jahren arbeiteten die Porleyter, eins der mächtigsten Hilfsvölker der Kosmokraten, an der Verankerung des Frostrubins. Als ihre Arbeit vollbracht war, flogen die Porleyter nach Hause.

Einige Schiffe explodierten aber. Der Grund wurde nie bekannt. Aber die Bewusstseine der sterbenden Porleyter wurden von ihren sterbenden Körpern getrennt und trafen auf einem kleinen, unbedeutenden Himmelskörper auf eine primitive Rasse. Weil die Bewusstseine der sterbenden Porleyter keine anderen Wahl hatten, gingen sie eine Verbindung ein und verschmolzen so mit den humanoiden Lebensformen.

Aus dieser Verbindung entstanden dann wir, die Erranten, die man auch als die Kosmischen Ingenieure kannte. Bald waren unsere Dienste sehr geschätzt und gefragt und so gelangten immer mehr von unseren Werftplattformen in die Galaxis Norgan-Tur, um dort für die Ritter der Tiefe, einer Organisation der Kosmokraten, zu arbeiten. Die Mitglieder unseres Volkes, die nicht auf den Werftinseln lebten und arbeiteten, siedelten sich in der Galaxis Andromeda an, die in unmittelbarer Nähe zu der Galaxis liegt, in der wir uns aufhalten. Im Laufe der Jahrtausende veränderten sie sich und nannten sich fortan die Hathor – ein Begriff, den ihr Kemeten kennt, so habt ihr doch einige eurer Töchter so benannt. Zu dieser Zeit war der erste Niedergang der Zivilisation der Hathor zu beobachten. Technisch befand man sich auf einem sehr hohen Stand, daher beschäftigte man sich nur noch mit geistlichen Sachen und vergaß dabei das Leben.

Wir versuchten unsere Stammväter zu retten, aber leider waren zu diesem Zeitpunkt mehr als 80 % unseres Volkes gebunden an einem Auftrag der Kosmokraten. Unser Volk wurde damals in zwei Gruppen geteilt. Der kleinere Teil von uns arbeitete weiter in Norgan-Tur für die Ritter der Tiefe und den Kosmokraten, während der Rest einen Sternenschwarm baute. Dieser Teil meines Volkes arbeitete mit fünfunddreißig weiteren Völkern mehrere tausend Jahre an dieser Aufgabe. Als dieser Auftrag vollendet war, fingen die 36 Völker an sich zu vergeistigen und nannten sich fortan Querionen.

Zu dieser Zeit war der Untergang der Hathor schon eine feststehende Sache. Aber dann näherte sich eine gewaltige Gefahr in Gestalt eines aus einer Antimateriewolke entstandenen Sternenfressers. Um dieser Gefahr zu begegnen, wurden Millionen vergeistigte Querionen wieder mit Körpern ausgestattet um mehrere Fallensysteme zu installieren. Dabei traf man auch auf die Hathor. Man erkannte die gemeinsame Abstammung und die Hathor schwangen sich noch einmal auf, um den Querionen zu helfen.

Aber die Zeit der Hathor war vorbei. Nur noch wenige überlebten, von denen sich einige fortan als Hüter des Lichts bezeichneten. Diese Gruppe hatte sich das Ziel gesetzt, dem Universum den Frieden zu bringen. Auch heute noch sind einige von ihnen in den Tiefen des Universums unterwegs. Auch in der Milchstraße wurden damals Fallensysteme installiert. Die Querionen siedelten dort an und nannten sich fortan Petronier oder auch die Galaktischen Ingenieure. Und trotzdem: Unsägliches Leid brach über die Völker beider Galaxien herein. In einem Akt der Verzweiflung gaben die Querionen in Andromeda ihre körperliche Gestalt auf. Sie erlangten in Form nonorganisch-hyperenergetischer Kugelwesen neue Gestalt. Aus Kosmischen Ingenieuren wurden Sonneningenieure.

Sie schufen wahre Meisterwerke: Sonnentransmitter die Galaxien miteinander verbanden. Die Auseinandersetzungen mit dem Sternenfresser und den Horden von Garbesch forderte aber noch mehr Tribut. Die Hathor waren fast ausgestorben und der Orden der Ritter der Tiefe stagnierte. Und ein Teil der noch lebenden Hathor und Petronier wurde von den Kosmokraten abgeholt und an einen geheimen Ort gebracht, wo sie eine neue Generation der Kosmischen Fabriken entwarfen und bauten. Die restlichen noch überlebenden Hathoren besannen sich auf ihre Herkunft und lebten fortan als Paddler auf gigantischen Werftplattformen.

Aber auch ihr Leben währte nicht lange. Nach 50.000 Jahren wurden sie in einem Großangriff der Meister der Insel vernichtet. Eine traurige Bilanz, wenn man darüber nachdenkt. Die Porleyter, unsere eigentlichen Väter haben sich von der kosmischen Bühne zurückgezogen. Die Hathor, die Sonneningenieure und die Paddler sind ausgestorben. Die Querionen sind zu einer Superintelligenz geworden, nur Kytoma, die größte aller Querionen, besucht manchmal alte Freunde im Standarduniversum. Die letzten Erranten sind beim Untergang der Kosmischen Fabrik MATERIA gestorben. Nur noch ich lebe. Und die fünf noch überlebenden Hüter des Lichts, die in den Tiefen des Universums unterwegs sind. Mehr gibt es nicht von unserem Volk, beziehungsweise von unserer Rasse.« Eine gewisse Traurigkeit lag in seiner Stimme.

»Woher weißt du davon? Du warst doch in dieser Pyramide für Jahrtausende eingesperrt.«

»Ja, aber ich konnte beobachten, zuhören und von den Galaktikern lernen.«

»Und deine Geschichte?«, fragte ich mit leiser Stimme.

»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Vor mehr als 315.000 Jahren beauftragte der Kosmokrat Amun einige Erranten mit den Umbauarbeiten an diesem Bauwerk. Die kemetische Technik wurde von uns abgebaut und durch kosmokratische Technik ersetzt. Gleichzeitig fingen wir an, die Pyramide mit einem goldenen Caritmantel aus dem Ultimaten Stoff zu umhüllen.

Als unsere Arbeit zu Ende war, wurde ich von Amun auserwählt, als Wächter und Hüter über die Pyramide und im T-Speicher zu arbeiten. Und seitdem bin ich hier. Ich kann von mir sagen, obwohl diese Arbeit in den Jahrtausenden monoton geworden ist, dass ich meine Pflicht immer erfüllt habe.

Aber inzwischen ist es nur noch langweilig. Alle paar hundert Jahre komme ich aus meinem Stahlblock hervor, in dem ich meine Ruhephasen …«

»Du ›überwinterst‹ in einem Stahlblock?«, fragte ich überrascht.

»Ja. Wir Erranten verfügen über die Gabe des Strukturlaufens. Wir können unsere Körper auflösen und so zum Beispiel in Aggregate einzudringen und im Inneren der Maschine Reparaturen vorzunehmen.«

»Ich verstehe. Darum wart ihr auch bei den Kosmokraten so begehrt. Richtig?«

»Richtig.«

Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus.

»Wo bekommen die verstorbenen Kemeten ihre Körper wieder her?«, fragte ich schließlich.

Vielleicht wusste dieser seltsame Wicht etwas darüber. Mir war nur bekannt, dass mit Hilfe von Bioorganismen bereits verrottete Körper für wenige Stunden reaktiviert werden konnten. Diese Technologie basierte auf Tessma-Technologie. Jedoch sahen diese Körper nicht aus, wie bereits gebraucht.

Ich musterte den Erranten und erwartete eine Antwort. Ob er mir anmerkte, dass meine Geduld zu Ende ging?

»Oh. Das ist einfach zu beantworten. Verlasse diese Etage und gehe nach Level 2. Dort befindet sich der L-Speicher. Da wirst du die Antworten finden, nach denen du suchst.«

Ich grinste freundlich, hob meinen Strahler und schoss ihm direkt ins Gesicht. Es war ein unappetitlicher Anblick, als ein Teil des Gesichtes und Gehirns zerplatzte und durch die Gegend flog. Der Rest war eine verschmorte Masse. Der leblose Körper platschte auf den Boden.

Der gutmütige wie dusselige Errante war tot. Vielleicht hätte er nicht so Vertrauensselig zu mir sein sollen. Seine Geschichte hatte mich sowieso gelangweilt.

Amüsiert wandte ich mich ab und begab mich wieder zum Antigrav-Schacht. Nachdem ich den Aufzug umgepolt hatte, schwebte ich wieder nach unten. Auf Level 2 verließ ich den Schacht und trat vor eine Tür.

Was hatte der Errante gesagt? Der L-Speicher? Ich war gespannt, was sich hinter dieser Bezeichnung versteckte. Lautlos öffnete sich die Tür und ich trat in den Raum. Vom Boden bis zur Decke waren Nischen eingerichtet worden, die sich scheinbar über das ganze Stockwerk erstreckten. Ich trat an eine der Nischen und schaute hinein.

Der Anblick ließ mein Blut gefrieren. In der Nische lag das Skelett eines Hersi'Thor, einem Volk aus der Galaxis Chepri, welches uns treue Dienste geleistet hatte. Doch das was dann passierte, ließ mein Blut erst recht gefrieren. Aus einer kleinen Öffnung an der Seite der Nische drangen mehrere Insekten in den Sarkophag ein.

Das Skelett wurde von einer schwarzen Masse umhüllt. Nach etwa fünf Minuten, in denen ich sehr genau hinschaute, löste sich die Masse auf. Das Skelett war verschwunden, dafür lag in der Nische ein intakter und scheinbar gesunder Körper eines Hersi'Thor. Ein Hersi'Thor, den ich kannte.

Ein Hersi'Thor, den ich selber ermordet hatte. Ein Hersi'Thor namens Thot. Ich musste schlucken. Mit einer schnellen Bewegung schaltete ich mein Armbandfunkgerät an und rief nach Seth.

 

Seth

Kemet: L-Speicher der Amun-Pyramide

Ich war gespannt, was Apophis entdeckt hatte. Es musste schon etwas Besonderes sein, denn nichts konnte ihn so schnell aus der Ruhe bringen. Ich warf mich regelrecht in den Antigrav-Schacht, der mich schnell nach unten trug. Als ich in Höhe von Level 2 war, verließ ich den Antigrav-Schacht wieder. Vor mir war eine geöffnete Tür.

Apophis stand vor einer Nische und schaute auf etwas was ich nicht sehen konnte

»Was gibt es?«, fragte ich den Rok'Selkur.

Als Apophis nicht antwortete, wendete ich meinen Blick auf die Nische und erschrak. Vor uns lag Thot, der Hersi'Thor, den wir »gerade« erst auf Sehsur umgebracht hatten.

»Wie ist das möglich?«, hauchte ich.

Und es kam noch schlimmer, denn in diesem Moment schlug Thot die Augen auf und schaute uns an. Der Wissenschaftler beugte sich und betätigte wohl eine Schaltung, denn die Platte, mit die Nische abgedeckt war, schwang auf.

Da staunt ihr!, erklang die Stimme des Wissenschaftlers in unseren Köpfen. Wir beide wichen einen Schritt zurück, denn Thot richtete sich auf und verließ die Nische.

Das ist wahre Unsterblichkeit. Ihr könnt mich so oft ermorden wie ihr wollt, aber niemals werdet ihr meine Seele, mein Ka, zerstören können.

»Wie ist das möglich?«, stammelte Apophis.

Der Körper Thots erschlaffte und fiel zu Boden. In unserem Geiste hörten wir noch ein hämisches Gelächter. Es gehörte Thot. Plötzlich hörten wir das Trappeln von Füßen.

Wir drehten uns um und sahen eine Gestalt, die aussah wie eine billige kemetische Spielzeugpuppe von etwa einem Metern Größe. Das Wesen hatte eine weiße Haut bzw. einen weißen Anzug an, aber das konnte ich nicht genau erkennen.

»Seid gegrüßt. Willkommen im L-Speicher. Ich bin Yttig, eine Baolin-Nda. Bewacherin der Toten von Kemet und Herrscherin über die Tessma«, sagte das kleine Wesen mit einer fremdartigen Synthesizerstimme. »Bitte folgt mir.«

Die Baolin-Nda ging mit eckigen Bewegungen den Gang entlang.

»Einst arbeitete unser Volk in Norgan-Tur für die Ritter der Tiefe, doch wurden immer weniger Aufträge an uns verteilt. So entschlossen sich die meisten Baolin-Nda, sich von den Kosmokraten loszusagen und die Flucht nach vorne anzutreten.

Ich und einige andere hingehen flüchteten vor unserem eigenen Volk und arbeiteten weiter für die Kosmokraten. Und eines Tages fragte mich der Kosmokrat Amun, ob ich nicht Lust hätte, eine Wächter-Aufgabe zu übernehmen. Und seitdem bin ich hier.«

»Wann war das?« Ich schaute Yttig in die Augen.

»Kurz nachdem die Amun-Pyramide umgerüstet war, landete noch ein Raumschiff auf Kemet. Mit diesem Raumschiff kam ich auf diesen Planeten. Auch das Genmaterial der Tessma kam zu diesem Zeitpunkt hierher. Im Laufe der Jahrtausende richtete ich diesen Level ein.«

»Was ist das hier für ein Level?«, fragte Apophis.

»Dies ist der so genannte L-Speicher. Hier werden die Körper für die Kemeten hergestellt, die das Bewusstseinskollektiv verlassen müssen.«

»Wie funktioniert das ganze?«, mischte ich mich ein.

Es war geradezu naiv, wie diese Yttig und der Errante mit uns umgingen. Sie waren so vertrauensselig und erklärten uns alles bereitwillig. Wir arbeiteten doch gegen ihren geliebten Osiris.

»Mittels der Tessma. Ich weiß nicht, wo die Tessma herkommen. Amun lieferte mir das Genmaterial und die nötigen Maschinen. Die Tessma müssen wohl einst eine Rasse von intelligenten Insekten gewesen sein.« Sie deutete in der Zentrale auf verschiedene Gegenstände wie Stühle, Tische und Konsolen. »Überall hier siehst du die Tessma. Entweder die Insekten selber oder aber ihre Ausscheidungen, die weiter verarbeitet wurden. Auch die Stühle auf denen ihr sitzt, bestehen aus den Tessma.«

Ich rutschte unruhig über den Stuhl und wollte aufstehen, aber Yttig fing an zu lachen. »Bleib ruhig sitzen. Im Moment sind die Tessma inaktiv. Aber durch einen simplen Funkimpuls kann ich den Tessma eine andere Form geben.«

»Und wie funktioniert das mit den Körpern der Kemeten?«, fragte Apophis.

»Genauso. Die Tessma scheiden eine Substanz aus, die sich unter einer hochfrequenten Hyperstrahlung zu einem Skelett formt. Danach treten weitere Tessma auf den Plan und scheiden weitere Substanzen aus, aus denen sich nach und nach die Organe, die Muskeln und die Haut bilden.

Zum Schluss wird jedem Körper ein Chip transplantiert, der es überhaupt erst möglich macht, dass die Körper belebt werden. Dazu transferiert sich der Geist des Kemeten, der das Kollektiv verlassen muss, hier in diese Zentrale und nimmt aus einem Speicher kleine Mikroorganismen mit in den Körper. Diese Nanobots beleben den Körper und geben dem Ka des Kemeten die Möglichkeit, den Körper zu steuern.

Die Halbwertzeit des Körpers beträgt ca. 90 Tage. Danach verliert die Substanz, aus dem sich die Körpermaße gebildet hat, seine Energie. Der Körper und der Chip zerfallen dann zu Staub. Das Bewusstsein kehrt zurück in das Kollektiv der Kemeten. Von dort kann er dann den nächsten Körper anfordern und ihn beseelen.«

»Ich bin beeindruckt.« Und das war ich wirklich. »Wie viele Körper liegen hier in diesem Speicher?«

»Keine Ahnung. Es müssen Millionen sein. Für jeden Kemeten einen.«

»Wer hat dieses wahrlich gigantische Projekt initiiert?«, fragte Apophis.

»Ich weiß es nicht genau, aber ich denke, dass es Ptah war. Der erste Kemete der sich mit dem Zentralrechner der Amun-Pyramide verbinden ließ und damit den Grundstock für die Superintelligenz legte. Er besuchte mich mal und lobte mich für meine gewissenhafte Arbeit.

Er erzählte mir zwar nichts Genaueres, aber wenn ich mich recht erinnere, sprach er damals davon, dass die verstorbenen Kemeten eines Tages ihre Körper zurückfordern würden, um nochmals gegen die Besatzer von Udjat vorzugehen.«

»Dieser Chip der den Kemeten eingepflanzt wird. Wie funktioniert er genau?«, fragte ich.

Yttig gab mir bereitwillig Auskunft: »Stell dir vor, ein Kemete muss das Kollektiv verlassen, um irgendeine Aufgabe zu bewältigen. Entweder existiert der Körper bereits oder aber er wird innerhalb von 15 Minuten nach den Geisteseindrücken des Kemeten erschaffen.

Daher erhält jeder Kemete genau ›seinen‹ Körper wieder zurück. Das Ka des Kemeten transferiert sich in den Verteilerknoten, der hier in der Zentrale steht. Hier nimmt er eine feste Zahl der Nanobots mit und begibt sich dann in seinen Körper. Am Anfang steht also das Bewusstseinskollektiv, von dort geht es zum Verteiler und dann in den Körper.

Die Nanobots werden über den Chip im Körper verteilt und regen die Organe, wie zum Beispiel das Herz und die Lunge zur Tätigkeit an. Innerhalb einer Minute ist der Körper voll einsatzfähig. Dazu regt der Chip die Hirntätigkeit an, sodass jeder Kemete nun auch über die Fähigkeit verfügt, die Gedanken anderer Lebewesen empfangen zu können.«

Ich hob und entsicherte meine Waffe und feuerte mehrere Schüsse auf die Verteilerknoten ab.

Yttig schrie auf. »Was hast du gemacht? Nun können die Geister der Kemeten nicht mehr ihre Körper beseelen.«

Ich fing an zu lachen. »Deswegen habe ich das ja gemacht. Diese ständigen Störungen von irgendwelchen Geistern sind einfach nur störend. Jetzt haben wir die Ruhe um unsere Pläne zu verwirklichen.« Ich wandte mich an Apophis. »Ich gehe wieder in die Zentrale zurück und arbeite weiter daran, die Raumschiffe fertig zu machen. Mach mit dieser Baolin-Nda was du willst.«

Ich drehte mich um und verließ den Raum. Nach wenigen Sekunden hörte ich das Fauchen eines Strahlers.

Seid ihr zufrieden mit dem, was ihr erreicht habt?, hörte ich Thots geistige Stimme.

Ich konnte das ungute Gefühl nicht abschütteln, als würde alles zu einfach gehen. Wir begegneten zwei Wächtern der Amun-Pyramide. Beide erzählten uns bereitwillig einfach alles. Wir töteten sie und zerstörten den Verteilerknoten. Warum wurde dieser nicht viel besser bewacht?

Ich schüttelte die Gedanken ab und eilte zurück in die Zentrale.

 

Perry Rhodan

Terra: Solare Residenz

Ein Tag war vergangen. Ich saß in meinem Büro und las mir die Berichte durch, die Timo Zoltan und Denise Joorn bei mir abgeliefert hatten. Die beiden hatten den gestrigen Tag mit Isis und Hathor verbracht. Und die Erkenntnisse glichen sich: Sensationell. Die Kemeten stammten aus der Galaxis Cartwheel und kämpften damals schon gegen MODROR. Nach dem Transfer in diese Galaxis förderten sie erst die Zivilisationen auf Mashratan, Seshur und dann auf Terra.

Ich schaute aus dem Fenster und ließ meine Gedanken kreisen, als jemand an die Tür klopfte.

»Herein!«, rief ich.

Die Tür öffnete sich und Isis, Hathor und Horus kamen in mein Büro. Ich begrüßte die drei Kemeten herzlich und bat sie dann Platz zu nehmen.

»Was kann ich für euch tun?«, fragte ich mit freundlicher Stimme.

Horus meldete sich als erster zu Wort. »Als erstes möchte ich mich, auch im Namen meiner Gefährten, für die schönen Tage hier auf Terra bedanken. Wir möchten aber gerne noch mehr von Terra sehen und noch mehr von Terra wissen.«

»Natürlich. Fühlt euch wie zu Hause und geht wohin es euch beliebt. Ich vertraue euch.«

Hathor mischte sich ein. »Hab tausend Dank.«

Die beiden Kemetinnen verließen den Raum. Horus blieb nachdenklich stehen. Perry forschte in den Augen des Falkenwesens.

Horus schien dies zu bemerken und bewegte sich ruckartig, um kurz danach wieder in vorheriger Pose zu verharren. »Ich mache mir Gedanken um meinen Vater und meinen Bruder. Etwas stimmt nicht …«

 

Seth

Am Bord der CHEPRI, 2. Dezember 1298 NGZ

Es war vollbracht. Sämtliche Schiffe der Pyramidenflotte waren inzwischen einsatzbereit. Ich begab mich zusammen mit Apophis an Bord der CHEPRI, um von dort die letzten Einstellungen vorzunehmen. Nur an Bord der zehn Flaggschiffe, zu denen auch die CHEPRI gehörte, konnte man die Programmierung der Pyramidenflotte vervollständigen.

In der Amun-Pyramide hatte ich bereits die Befehlsschablonen hergestellt. Sie brauchten nur noch in den zentralen Computer eingegeben zu werden und dann würde sich die Flotte in Bewegung setzen. Ich setzte mich vor die Konsole und ließ die Schablonen einlesen. Mittels eines weiteren Knopfdrucks wurden die Befehle an die Raumschiffe übermittelt.

Apophis hatte inzwischen die Maschinen der CHEPRI anlaufen lassen. Das Schiff hob ab und reihte sich in die Pyramidenflotte ein.

Nach wenigen Minuten verließen wir mit der Flotte die Hyperraumblase und nahmen Kurs auf Terra. In wenigen Minuten würden wir da sein, und dann hatte die letzte Stunde dieses Volkes geschlagen.

 

Perry Rhodan

Luna: NATHAN

Zusammen mit Isis betrat ich die Kommunikationszentrale. Hathor und Horus waren bereits da und auch Bully und Denise Joorn trafen kurz nach uns ein.

Roter Alarm war vor wenigen Minuten ausgelöst worden. Horus schlechtes Gefühl schien sich zu bestätigen. NATHAN meldete das Abrücken der Pyramidenflotte im Orion-Nebel.

»445.000 Pyramidenschiffe in allen Größen sind soeben am Rande des Solsystems aufgetaucht und formieren sich in einer Keilformation. Kurs der Schiffe ist Terra«, meldete sich NATHAN zu Wort.

Ich konnte sehen, wie Reginald Bull unruhig wurde. Ich gab die ersten Befehle an die Flotte. Sie sollten einen Sperrriegel um die Erde bildeten. Nachdem ich die ersten Befehle gegeben hatte, wandte ich mich wieder Bully zu. Doch dieser war nicht mehr zu halten.

Mit raschen Schritten ging er auf Horus, Hathor und Isis zu. »So. Das ist also euer Plan. Perry den Kopf zu verdrehen, uns einzuschläfern und dann das Sol-System zu übernehmen!« Die letzten Worte schrie er.

Isis und ihre Kameraden waren überrascht von den harten Worten. Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus. Schließlich trat ich zu meinem Freund und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Beruhige dich. Sie tragen keine Schuld daran.«

Bully wandte sich mir zu. »Du stehst unter Drogen. Ansonsten würdest du noch klar denken können.«

»Bully …«, fing ich an, doch ich wurde von NATHAN unterbrochen.

»Eine Funkmeldung kommt herein.«

»Auf den Schirm damit!«, befahl ich der Mondsyntronik.

Vor uns baute sich das Bild des Schlangenwesens auf. Es zischte gefährlich und die dunklen Augen glänzten tödlich.

»Was willst du, Apophis?«, fragte Isis.

Der Rok'Selkur fing an zu lachen. »Ich will dieses System haben. Die Herrschaft über Terra. Ich gebe euch fünf Minuten Zeit, um euch zu beraten. Meine Forderungen sind die vollständige Kapitulation Terras und die Auslieferung der drei kemetischen Verräter Isis, Horus und Hathor. Sie werden, ebenso wie Osiris und Anubis, die im Moment auf Kemet sicher verwahrt sind, vor ein Gericht gestellt und dann exekutiert. Grund der Anklage: Der Verrat von Geheimnissen des Kemetischen Volkes.«

»Sonst noch Wünsche?«, fragte Hathor lachend.

»Dir wird das Lachen auch noch vergehen. Ihr seid nicht in der Position, um irgendwelche Kämpfe zu beginnen. Also? Wie lautet eure Entscheidung? Ihr wisst, welchen Schaden unsere Waffen anrichten können. Ihr habt noch vier Minuten.«

»Ich brauche keine drei Minuten«, sagte ich. »Meine Entscheidung ist gefallen. Ich werde weder kapitulieren, noch werde ich meine drei neuen Freunde ausliefern.«

»Bist du dir da ganz sicher?«, fragte Apophis mit lauernder Stimme.

»Ja. Ich bin mir sicher. Wir Terraner werden bis zum Ende kämpfen.«

»Dann werden die Terraner heute ihren Niedergang einleiten.« Apophis drehte den Kopf und sagte mit leiser Stimme: »Angriff.«

Im selben Moment brach auch die Funkverbindung zusammen. Ich wandte mich den Ortungsholos zu. Im selben Moment verschwanden gleichzeitig mehr als 40 Raumschiffe von den Schirmen. Ausgelöscht von den Waffen der Kemeten.

Mir wurde klamm ums Herz. Wir konnten diesen Kampf nicht gewinnen. Aber eine Kapitulation kam nicht in Frage. Ich drehte mich um und schaute die drei Kemeten und Bully an. Sie wussten ebenfalls, dass der heutige Tag eigentlich ihr letzter war.

Eigentlich.

Wenn nicht noch ein Wunder geschah. Aber woher sollte das Wunder kommen. Wieder verschwanden 30 weitere Raumer. Ich musste dem Sterben ein Ende setzen. Aber wie? Wie sollte ich das machen? Eins war auf jedenfalls klar: Ich musste mich beeilen, sonst würde nichts mehr da sein, was man noch retten könnte.

 

Osiris

Ich bin Osiris, Sohn von Geb und Nut. Isis und Nephtys sind meine Schwestern und Seth ist mein Bruder. Auch ich nahm an der Mission gegen die Besatzer von Udjat teil und bekam so meinen Zellaktivator. Nach dem Tod meiner Eltern Geb und Nut und ihrem Aufgehen in die Amun-Pyramide wurde ich zum Regent über die Kemeten und oberster Bewacher von Udjat.

Knapp 80.000 Jahre regierte ich weise und konnte Udjat beschützen und Chepri in Wohlstand halten. Doch dann wurde unsere Galaxis verwüstet und wir mussten die Flucht antreten. So gelangten wir schließlich in diese Galaxis und auch hier hinterließen wir unsere Spuren.

Ich versuchte zusammen mit Seth das Volk von Seshur in ihrer technischen Entwicklung voranzutreiben. Doch das Projekt scheiterte. Ich entschloss mich damals, mich in eine Stasiskammer zu begeben und so die Jahrtausende zu überdauern. Doch der dreimal verfluchte Seth sabotierte meine Kammer und so wurde ich zu einem Gefangenen der Zeit. Isis half mir zwar, indem sie meinen Geist mit einem Rechner verband. So konnte ich wenigstens als Holographie auch weiter in die Geschicke der Kemeten auf dem Planeten, der heute Terra heißt, eingreifen. Den Niedergang konnte aber auch ich nicht aufhalten.

Jahrtausende sind vergangen. Inzwischen wurde ich befreit und auch meine Brüder und Schwestern sind wieder frei. Wir sind nur noch wenige. Wir sollten eigentlich zusammenhalten, aber Seth und Apophis haben eigene Pläne. Düstere Pläne. Inzwischen sind die beiden mit ihrer Flotte schon in Richtung Terra aufgebrochen und ich sitze hier in einem finsteren Verließ auf Kemet.

Ich hatte Bedenken, was die Terraner angeht. Aber jetzt tun sie mir einfach nur noch Leid. Dieses Ende haben sie nicht verdient. Tausende Schiffe werden durch die UTRANS-Waffensysteme vernichtet und Millionen von Terranern werden so ihren Tod finden. Und ich trage eine Mitschuld daran. Ich hätte vorsichtiger sein sollen.

Perry Rhodan, wo immer du bist, ich wünsche dir alles Glück dieses Universums, das es dir gelingt, gegen Seth zu bestehen. Denn wenn du bestehst, und dir traue ich das sogar zu, dann hört das Volk der Kemeten auf zu existieren.

Denn du bist ein beeindruckender Mann. Du lebst zwar noch keine 3.000 Jahre, aber du hast von diesem Universum und von den Geheimnissen die es bietet, mehr gesehen als ich. Und ich lebe schon mehr als 272.000 Jahre. Das soll schon was heißen.

Auch wenn du, Perry Rhodan, und deine Terraner Mitglieder einer Koalition Thoregon seid, was uns eigentlich zu Feinden macht. Aber auch das traue ich dir zu. Ich traue es dir zu, das du und dein Volk die Klippen umschiffen werden, die die Gründung einer Koalition Thoregon aufwerfen. Ich traue dir zu, die Gefahren zu überstehen, die durch die Gründung eines solches Verbandes aus Superintelligenzen entstehen. Und wenn dir das gelingt, dann werden du und deine Terraner in Frieden neben den Mächten des Chaos und den Ordnungsmächten existieren können. Ich weiß nicht, woher ich mein Wissen beziehe. Aber ich weiß es.

Ich bin mir sicher, dass ich das nicht mehr erleben werde. Jedenfalls nicht mehr als unsterblicher Kemete in diesem Körper. Ich wünsche mir eigentlich nur noch eins: Einmal noch meinem verdorbenen Bruder Seth gegenüber zu stehen und meine Hände um seinen Hals zu legen.

Aber wie gesagt. Ich sitze hier in einem finsteren Verließ und dieser Wunsch wird sich kaum erfüllen …

ENDE

 

Seth und Apophis haben die Kontrolle über die gewaltige Pyramidenraumschiff-Flotte der Kemeten.

In Band 59 schildert Ralf König die weiteren Ereignisse in M100 Dorgon. »Hail Commanus« lautet der Titel.

 

 

 

 

DORGON-Kommentar

Björn hatte vor einiger Zeit die Idee, dass ich als Neu Autor mal einen Kommentar über meine Erfahrungen und Erlebnisse beim Schreiben meiner ersten DORGON-Romane schreiben soll. Ich akzeptierte und hoffte, genügend Stoff für einen Kommentar zusammen zu bekommen. Das ist jetzt kein Problem mehr, ich muss eher kürzen …

Meine Mitarbeit bei DORGON begann mit Nils' Anzeige im PR-Forum. Er suchte damals Kommentarschreiber. Ich meldete mich zusammen mit Björn. Es war geplant, dass jeder eine Handlungsebene übernimmt.

Bald merkte ich, dass ich mit Kommentarschreiben nicht glücklich werden würde. Mir fehlten einfach die Ideen. Außerdem machte Björn seine Sache gut. Er erklärte sich glücklicherweise dazu bereit, auch meine Kommentare zu übernehmen. Ersatzweise begann ich, Rezensionen zu den DORGON-Romanen zu schreiben. In kurzer Zeit schrieb ich welche zum Cartwheel-Zyklus.

Nach einiger Zeit fragte mich Nils, ob ich nicht Lust hätte, auch mal einen Roman zu schreiben. Ich sagte zu und schickte ihm die Textstücke, die ich vor längerer Zeit verfasst hatte.

Bald darauf erhielt ich die Exposés. Beim ersten Blick darauf war meine spontane Reaktion: »Das schaffe ich nie!« – Die Handlung lag mir nicht, ich mochte die Hauptpersonen nicht, ich hatte keine Ideen. Daher legte ich die Exposés erst einmal beiseite. Doch ich begann, mir Gedanken über meinen ersten Roman zu machen. Irgendwann (tagsüber, nachts) kamen mir Ideen, der Roman geisterte ständig in meinem Kopf herum.

Nach etwa drei Wochen hatte ich eine Ideensammlung zusammen und begann zu schreiben. Ich hatte Glück: Meine Mutter war verreist, mein Vater selten da. So hatte ich Zeit und Freiheit. Jeden Tag entstanden 2 bis 4 Seiten Romantext. Dabei änderte ich mein Konzept mehrmals: Zuerst war nur geplant, die Einführung von Afu-at-Tarkan und die von Akhaho da Purok in erster Person zu schreiben, doch bald entschied ich mich dazu, Akhahos ganze Erzählung aus erster Person zu schildern. Ganz einfach darum, weil er viele Gedanken hat, weil er viel durchmacht.

Schon bald nach der Einführung Akhahos entstand auch Keon, eine Figur, die nicht im Exposé stand, meine Eigenkreation sozusagen. Beim Schreiben entwickelte ich diese Figur, einen gemeinen Gegenspieler Akhahos'.

Um über Hauri schreiben zu können, musste ich etwas recherchieren: Auf der PR-Homepage gibt es zum Glück viele Infos über alles. Fand ich dort nichts, fragte ich Nils, der mir bereitwillig Antworten gab.

Nach drei Wochen Schreibarbeit stand der Roman, es ging für meine Verhältnisse sehr schnell. Leider ging dann wohl bei der Veröffentlichung etwas schief. Mittlerweile scheint der Fehler aber behoben zu sein. Was genau passiert ist, weiß ich auch nicht. Aber ich hoffe, jeder von euch hat den kompletten Roman gelesen und nicht vorschnell geurteilt.

Was den Roman anging, das war um einiges schwieriger. Während der vorherige ein abgeschlossener Roman mit vielen neuen Figuren war, hatte ich bei diesem mit Hauptfiguren zu arbeiten. Ich hatte zunächst wochenlang keine Ideen, auch die Handlung sprach mich nicht an.

Erst nach einiger Zeit schaffte ich es, einige Seiten aufs Papier zu bringen. Dann kamen auch allmählich die Ideen. Es ließen sich jedoch nicht alle umsetzen. Die geplante Stadtrundfahrt (ich wollte mit Hilfe des Posters aus PR 1900 eine ausgiebige Stadtrundfahrt schildern) würgte ich in einem Nebensatz ab. Ich hoffe, das hat niemand beim Lesen bemerkt.

Da dann noch familiäre Probleme zu meinem Schreibtief dazukamen, fuhr ich eine Woche zu meinem Bruder an die Ostsee und schaffte in der Zeit tatsächlich 14 Seiten. Wieder zu Hause ruhte der Roman wieder. Nach Wochen kam (endlich) eine höfliche Anfrage von Nils, was der Roman machen würde. Das gab mir Motivation, endlich weiterzumachen. Dennoch dauerte es noch zwei Wochen, bis ich ihm ein Manuskript zusenden konnte. Er hat sich zum Glück bereit erklärt, eine fehlende Szene (in der es um Seth-Apophis geht, von der ich wenig Ahnung habe) selbst hinzuzufügen.

In diesem Sinne danke ich Nils, Björn, Ralf und den anderen aus dem DORGON-Team, die mir geholfen haben. Besonderer Dank geht an meine Schwester, die mich immer wieder genervt hat, ich solle mal einen Roman schreiben. Monatelanger Widerstand hat nichts genützt. Nicht zuletzt danke ich meinen Eltern, die die fertigen Manuskripte als Nicht-SF-Kenner zum Probelesen bekamen und mir durch ihre Fragen zeigten, wo es noch hakt.

Natürlich würde ich mich auch über Feedback freuen. Konstruktive Kritik ist mir immer willkommen.

Michael Berg

 

 

 

GLOSSAR

UTRANS-Triebwerk

Ein Ortswechsel ist in unserem Universum nur stetig durchzuführen. Man muss einen Schritt tun, um sich von der Stelle zu bewegen, man kann nicht einfach von der alten Position verschwinden und am Zielort auftauchen. Ein Körper muss in Bewegung gesetzt, ihm muss kinetische Energie zugeführt werden. Grund für diese Stetigkeit in der Fortbewegung sind z.B. die notwendige Kausalität und allgemein bekannte 4-D-Beharrungskräfte wie Masseträgheit und relativistische Phänomene.

Beispiel

Gäbe es keine kausalen Zusammenhänge, so könnte man schon am Ziel ankommen, bevor man überhaupt den Entschluss gefasst hat es erreichen zu wollen, ein Paradoxon.

Alle bisher bekannten Antriebssysteme für Überlichtschnelle Positionsveränderungen hatten eines gemeinsam. Sie basierten auf dem Prinzip der stetigen Fortbewegung. Es ist immer ein hohes Potential kinetischer Energie nötig um einen Ortswechsel zu vollziehen. So müssen sich die Raumschiffe immer mit mehr als 50% Lichtgeschwindigkeit bewegen.

Von den Aggregaten werden dann zwar die üblichen relativistischen Einflüsse abgeschirmt, aber die Bewegung bleibt stetig. Selbst bei der Transition vergeht zwischen Ent- und Wiederverstofflichung noch mindestens ein Zeitquant. Die Transition nimmt allerdings eine Sonderstellung ein. Die Bewegung bleibt zwar stetig, doch der Ortswechsel vollzieht sich in einer unmessbar kurzen Zeitspanne. Hierfür wird eine gigantische Menge kinetische Energie benötigt, die teils durch die Normaltriebwerke (durch Beschleunigung) teils durch das Transitionsaggregat (›künstliche‹ Zuführung von Energie) zur Verfügung gestellt werden. Da dieses Fortbewegungsprinzip extrem nahe an der Grenze zur unstetigen Bewegung entlangführt kommt es im Zusammenspiel mit den benötigten Energiemengen zu unangenehmen Nebeneffekten wie dem Entzerrungsschmerz.

Die Kemeten

Grundlage für den UTRANS-Antrieb der Kemeten ist die Theorie des Multiversums. Genauer gesagt die sogenannte Strangeness. Die Theorie besagt, das sich die Zahl der im Multiversum enthaltenen Universen an der Anzahl der möglichen Kombinationen der in den Universen enthaltenen Atome orientiert.

Anders ausgedrückt, wenn ein Universum beispielsweise aus 3 Atomen bestünde, gäbe es im Multiversum so viele Universen, wie sich Kombinationen aus den drei Atomen konstruieren lassen, also 3! (sprich: Drei Fakultät) = 3 * 2 * 1.

Schätzungen ergeben, dass unser Universum aus ca. 10^80 Atomen besteht. Die Anzahl der möglichen Kombinationen dieser Atome beträgt 10^80! (sprich: 10 hoch 80 Fakultät), was eine unvorstellbare Anzahl an möglichen Universen innerhalb „unseres“ Multiversums bedeutet.

Hier kommt nun die sogenannte Strangeness ins Spiel. Strangeness ist sozusagen eine Skala, welche die Verschiedenheit der Universen eines Multiversums kennzeichnet. Unter Strangeness verstehen wir einen Wert zwischen 0 und 1, wobei unser Universum den Strangenesswert 0 hat, und das fremdartigste Universum unseres Multiversums den Wert 1. Will man also in ein anderes Universum reisen, so sollte man also den Wert der Strangeness beachten, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben.

Betrachtet man nun die Anzahl der in unserem Multiversum vorhandenen Universen, nämlich 10^80!, so wird klar, dass es sehr viele Universen geben muss, die einen Strangenesswert nahe 0 haben, unserem eigenen Universum also sehr ähnlich sind. Genauer gesagt gibt es 10^80 Universen, die sich jeweils nur in einem der 10^80 enthaltenen Atome unterscheiden, also einen Strangenesswert von 0,0000.....0001 mit ungefähr 10^80 Nullen zwischen dem Komma und der Eins.

Würden wir nun ein solches Universum, eines das sich nur in einem einzigen Atom von unserem unterscheidet, betreten, so ist es zu 99,999...99 % (mit ca. 10^80 Neunen nach dem Komma) wahrscheinlich, dass wir in diesem Universum geradezu identische Bedingungen vorfinden wie in unserem eigenen.

Die Ähnlichkeit ist so tiefgreifend (der Unterschied besteht ja nur aus einem einzigen Atom!) dass unser dortiges Ebenbild im selben Moment genau das Gleiche tut, wie wir.

Nennen wir die Originalperson der Einfachheit halber A und sein Ebenbild B. Wenn A nun ins Universum von B wechselt, so tut B das gleiche wie A, nämlich das Universum wechseln, und zwar auch in eines der 10^80 Universen welche sich nur durch ein einziges Atom unterscheiden. Sein dortiges Ebenbild C wechselt im selben Moment auch ins Universum von D, welcher natürlich auch wechselt. Es wechseln also im selben Moment 10^80 Personen ihr Universum, was aber niemand bemerkt, da sich die Universen nur in einem einzigen Atom unterscheiden und alle 10^80 Personen sich so ähnlich sind, das sie praktisch identisch handeln und denken.

Wenn also A aus unserem Universum das Universum von B betritt, betritt im selben Moment eine Person unser Universum, welche identisch mit A ist, also genau das gleiche tut, was A getan hätte. Um die Sache nicht zu verkomplizieren nehmen wir einfach an, es sei B der in unser Universum kommt. Für unabhängige Beobachter wird sich jedoch an der Situation nichts ändern, da B genauso aussieht, denkt und handelt wie A. Für jeden unbeteiligten Beobachter sieht es also so aus, als wäre nichts passiert.

Die Kemeten haben eine Technik entwickelt, welche genau dieses leistet. Ihre Raumschiffe sind mit einer Art Transitions-Aggregat ausgestattet, welches sie in jeweils eines der 10^80 Universen versetzt. Gleichzeitig sind sie theoretisch in der Lage ihre Position in dem neuen Universum beliebig zu wählen.

In der Praxis sieht es jedoch etwas anders aus:

Die Kemeten sind zwar in der Lage sich eine beliebige Erscheinungsposition im Zieluniversum zu wählen, jedoch kann es schon durch winzige Ungenauigkeiten in der Berechnung der Zielkoordinaten zu folgenschweren Ereignissen kommen. Je weiter der Zielpunkt von der eigenen Position entfernt liegt (wobei als eigene Position der Punkt gemeint ist, den A und B im Moment vor dem Transfer inne haben), desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass man durch Ungenauigkeiten in der Berechnung in einem Universum landet dessen Strangenesswert größer als 0,0000......001 (mit 10^80 Nullen) ist. Mit anderen Worten, wählt man eine Zielkoordinate die zu weit entfernt ist, so landet man möglicherweise in einem Universum welches sich sehr stark von dem Ursprünglichen unterscheidet.

Da es nun bei der Komplexität der nötigen Berechnungen immer zu kleinen Ungenauigkeiten kommt, beschränken sich die Kemeten meistens auf maximale Entfernungen von 50.000 Lichtjahren.

Was genau passiert nun bei einem solchen Transfer?

Das Kemetenraumschiff (A) wird in Nullzeit in das fremde Universum versetzt. Gleichzeitig kommt das dortige Äquivalent (B) in unser Universum und erscheint an der gleichen Position an der A im fremden Universum erscheint.

Ein Beobachter kann den Unterschied allerdings nicht feststellen, für ihn sieht es so aus, als wäre das Kemetenraumschiff einfach an eine 50.000 Lichtjahre entfernte Position gesprungen.

Für die Kemeten in den beiden Raumschiffen macht dieser Transfer auch keinen Unterschied, denn das jeweils fremde Universum unterscheidet sich nur in einem einzigen Atom. Es stellt sich also für alle gleichermaßen so dar, als wäre ein Kemetenraumschiff einfach von hier nach dort gehüpft, und das in Nullzeit.

Die Berechnungen für einen solchen Transfer nehmen für die Kemeten keine nennenswerte Zeit in Anspruch. Es müssen nur die Zielkoordinaten im eigenen Universum bekannt sein. Dann wird mittels des UTRANS-Aggregats ein hyperdimensionales Feld erzeugt, welches das Schiff von 4-D-Einflüssen abschirmt. Gleichzeitig werden die 5-Dimensionalen Koordinaten des Schiffes manipuliert.

Die 5-D-Koordinaten bestehen vereinfacht ausgedrückt aus den Raumkoordinaten unseres Universums (der Ort an dem sich das Objekt befindet), der Zeitkoordinate (der Zeitpunkt an welchem sich das Objekt befindet) und der Strangeness (das Universum auf welches sich die Koordinatenangabe bezieht).

Bei allen bisher bekannten Überlichttriebwerken wurden immer nur die Raumkoordinaten verändert, und zwar durch die oben beschriebene stetige Koordinatenveränderung mittels linear fortschreitender Bewegung.

Die Kemeten bilden hier eine Ausnahme. Sie verändern gleichzeitig mit den Raumkoordinaten auch den Strangenesswert. Dadurch sind sie an keine linear fortschreitende Bewegung gebunden und benötigen somit für den Ortswechsel keine kinetische Energie. Sie sind also in der Lage praktisch ›aus dem Stand‹ einen Ortswechsel um 50.000 Lichtjahre durchzuführen. Und das in echter Nullzeit. Normalerweise vergeht selbst bei einer Transition mindestens ein Zeitquant bis zur Wiederverstofflichung, da der Einsatz kinetischer Energie eine zeitliche Kausalität bedingt. Nicht so beim UTRANS. Aufgrund der direkten Manipulation der 5-D-Koordinaten und der Tatsache dass keine kinetische Energie verwendet wird, ist keine stetige Fortbewegung nötig, ja sie ist sozusagen unmöglich geworden. Der UTRANS vollzieht sich in echter Nullzeit. Einziger ›Nebeneffekt‹ ist oben beschriebener Wechsel in ein anderes Universum.

UTRANS-Offensivbewaffnung

Selbstverständlich handhaben die Kemeten die Standardwaffen wie Impuls-, Desintegrations- und Narkosegeschütze wie fast jedes raumfahrende Volk. Als wirkungsvollste Angriffswaffe nutzen sie eine technische Variante ihres UTRANS-Systems: Sie projizieren ein Feld um die gegnerische Einheit, jedoch verhindern sie dabei die Koordinatenjustierung, so dass das Feld lediglich die universalen Einflüsse abschirmt. Die gegnerische Einheit verschwindet also in der Primärstruktur des Multiversums und hört damit auf zu existieren.

In der Praxis schützt kein bekanntes Schirmsystem gegen diese Waffe, da selbst Paratronenergien Bestandteil des normaluniversellen Gefüges sind. Paratronwertige Schirme verhindern lediglich die sofortige Auflösung, bieten also sekundären Schutz für die Dauer von ungefähr vier Minuten. Solange müssen die Kemeten das Feld aufrechterhalten und sind ihrerseits angreifbar.

Einzelne Schiffe der Kemeten können in der Regel nur einzelne gegnerische Schiffe (gleich welcher Größe) mit der UTrone (UTRANS-Kanone) attackieren, die größeren Schiffe können bei Bedarf bis zu drei UTRANS-Felder parallel erzeugen. In Verbänden ab zehn Einheiten der größten Klasse können sie zwischen 100 und 10.000 Gegner gleichzeitig vernichten (jede weitere in den Verband integrierte Einheit ermöglicht die Erweiterung des Feldes auf weitere 100 Gegner, zehntausend Gegner sind Maximum, dazu werden also 109 große Kemetenschiffe benötigt).

Paratronwertig geschützte Schiffe haben eine Chance, dem Untergang zu entkommen: durch Eintritt in den Metagravflug (verursacht Schäden im Syntronsystem, deshalb besser: Linearflug) im Moment des endgültigen Schirmkollaps. Der zeitliche Spielraum beträgt 0,01 sec. (Anmerkung an die Autoren: sollte während eines Gefechts zufällig herausgefunden werden!)

Die UTRANS-Technik ermöglicht eine vielfältige Nutzung der UTrone. Sie kann wie eine Transformkanone verwendet werden oder auch wie ein Fiktivtransmitter, allerdings sind diese Eigenschaften sehr energieaufwendig und räumlich eng begrenzt (fünf Lichtminuten).

Schutzschirm der Pyramidenschiffe

Die Kemeten verwenden ein Schutzfeld, das von Struktur und Funktionsprinzip dem Paratron ähnelt. Sie sind allerdings bei den meisten Gegnern nicht unbedingt auf ihren Schutzschirm angewiesen, da sie mit Hilfe ihrer überlegenen Fortbewegungstechnik im Gefahrenfall sofort den Standort wechseln, und sich damit außer Schussweite bringen können. Sie sind also mit Transformkanonen angreifbar, da die Geschosse überlichtschnell abgeschossen werden und so ein Ausweichen nicht möglich ist. Je nachdem wie viele Schiffe gleichzeitig feuern und wie hoch die Feuerfrequenz ist (wie viel ›Schüsse‹ pro Sekunde) werden sie aber spätestens nach ein paar Treffern das Weite suchen. Also ist ein konzentrischer Feuerschlag nötig um ein Kemetenschiff zu zerstören.

Apophis

Geboren: ca. 270.000 v. Chr.

Geburtsort: unbekannt

Größe: 187 Zentimeter

Gewicht: 89 Kilogramm

Augenfarbe: rot

Besonderheiten: Ein Rok'Selkur, verschlagen, unehrlich, gefährlich und skrupellos. Agent von Seth-Apophis. Stammt wahrscheinlich aus ihrer Mächtigkeitsballung oder wurde von Geburt an konditioniert.

Nach der altägyptischen Mythologie

In der Vorstellung der alten Ägypter war die Sonne ein Erscheinungsbild des Gottes Re. In Manezet, der Tagesbarke glitt er bei Tag über den Himmel, in Mesektet, der Nachtbarke fuhr er nachts durch die Unterwelt. Die Nacht war in der ägyptischen Vorstellung mit dem Jenseits verknüpft und der Sonnenaufgang am Morgen wurde gleichgesetzt mit der Neugeburt der Sonne. Die Fahrt durch die Gefilde des Jenseits lief nicht gefahrlos ab. In der sechsten Nachtstunde (gemäß Amduat) lauerte Apophis der Barke auf. Er gefährdete die Weiterfahrt von Re und damit auch den Sonnenaufgang. Da ohne Sonne kein Weiterbestand der Welt möglich ist, war diese Gefahr also existenziell. Verschiedene andere Texte beinhalten abweichende Erscheinungszeiten des Apophis, so taucht er z.B. in der zehnten Stunde der Nacht auf oder bei Sonnenunter- und -aufgang. Die Abend- bzw. Morgenröte wurde dabei als vergossenes Blut des Apophis interpretiert. Das Unterweltsbuch Amduat beschreibt Apophis, den Schlangendämon, »auf einem Landrücken, der 450 Ellen lang ist, und den er mit seinen Windungen ausfüllt«. In anderen Texten wurden die Windungen der Schlange Apophis mit den Sandbänken gleichgesetzt. Da Apophis das ganze Wasser ausgetrunken hatte, konnte die Barke ihre Fahrt nicht fortsetzen.

In diesen schwierigen Zeiten standen Re verschiedene Helfer zur Seite. Seth, seinerseits Verkörperung für das Böse, war der einzige, der Re vor Apophis schützen konnte. Er bezwang Apophis zwar Nacht für Nacht, aber er konnte ihn nie ganz vernichten. Abdu- und Chromisfische schwammen neben der Barke her und warnten frühzeitig vor dem Auftauchen des Dämons. Außerdem existierten einem Menge Gebete, die zum Schutz von Re gesprochen wurden und in Karnak mussten täglich Sprüche rezitiert werden. Die Texte der Sprüche sind uns überliefert im Bremner-Rhind Papyrus.

Als Vorbild für Apophis diente wahrscheinlich die Python-Schlange, die in frühen Zeiten im Nildelta lebte. In seltenen Fällen wird Apophis als Drache bezeichnet oder als Gott erwähnt.

Tatsächliche Beschreibung

Der geheimnisvolle Rok'Selkur stieß als Freiwilliger zur Befreiungsaktion von Udjat hinzu und ihm wurde nach erfolgreicher Mission ein Zellaktivator verliehen.

Doch seit Kemet in der Milchstraße ist, sorgt er für Unfrieden. Apophis entpuppt sich als Agent der Superintelligenz Seth-Apophis und versucht Osiris und die Kemeten zu vernichten. Er verbündet sich mit Seth, versucht sogar die Milchstraße zu erobern, doch alles schlägt fehlt und Apophis wird verbannt.

Nur einmal gelingt es ihm auf der Erde aus der Verbannung zu entkommen. Er flieht ins Land Kanaa und beeinflusst dort die Völker, die später als Hyksos (Eroberer aus dem fremden Land) bekannt werden. Dazu agiert er jedoch im Hintergrund. Er wurde von den Kemeten gestoppt. Dabei starb Selket. Apophis wurde von Shak’Arit Robotern nach Seshur gebracht und dort in ein Stasisgefängnis geschlossen, bis er 1298 NGZ von Seth befreit wurde.


Die DORGON-Serie ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e.V.  —  Copyright © 1999-2016

Internet: www.proc.org & www.dorgon.netE-Mail: proc@proc.org

Postanschrift: PROC e.V.; z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf

— Special-Edition Band 58, veröffentlicht am 05.02.2016 —

Titelillustration: Gaby HyllaLektorat: Jürgen Freier und Jürgen SeelDigitale Formate: Jürgen Seel