Band 42
Cartwheel-Zyklus
Nils Hirseland
Was bisher geschah Wir schreiben April des Jahres 1296 NGZ. Die Galaxis Cartwheel ist seit etwas mehr als einem Jahr besiedelt. Die Völker sind dem Ruf der Entität DORGON gefolgt, um eine Bastion gegen die Entität MODROR zu errichten. Zum großen Teil ziehen die Völker aus der Milchstraße, Andromeda, Gruelfin, Druithora, Triangulum, Plantagoo, DaGlausch und den estartischen Galaxien an einem Strang. Doch immer wieder gerät das Projekt unter Beschuss. So endet die Party des Jahrhunderts auf dem Raumschiff BAMBUS in einer Tragödie, angestiftet durch die Söhne des Chaos Cau Thon und Leticron, ausgeführt durch die bestialischen Dscherro. Doch die Gunst wendet sich über dem Planeten Xamour – nur drei Lichtjahre vom Kosmonukleotid TRIICLE-3 entfernt – als ein alter Wächter den Plan der Söhne des Chaos vereitelt. Cau Thon gerät in Gefangenschaft und gewährt tiefe Einblicke in seine Lebensgeschichte. Doch die Söhne des Chaos sind noch nicht am Ende. Es erschallt der RUF DES CHAOS… |
Hauptpersonen Rodrom – Die Inkarnation von MODROR will Cau Thon befreien. Aurec – Der Saggittone soll sterben. Joak Cascal – Der Terramarschall sieht sich einer Übermacht gegenüber. Mathew Wallace, Lorif und Gucky – Das Trio muss einige Aufträge erledigen. Gal'Arn, Jonathan Andrews, Kathy Scolar und Jezzica Tazum – Die Überlebenden der BAMBUS-Katastrophe sind noch nicht gerettet. Cau Thon – Der Sohn des Chaos wartet auf seine Befreiung. Goshkan – Der Zweite Sohn des Chaos wütet auf Xamour. |
Eine Space-Jet bahnte sich ihren Weg über die schroffe Landschaft der Welt Xamour. Es war Nacht. Die Sterne funkelten hell am Himmel. Wenn man genau hinsah, konnte man auch die Raumschiffe aus Cartwheel beobachten, die im Orbit des Planeten kreisten.
Mathew Wallace betrachtete die karge Region. Die Space-Jet überflog eine Wüste. Dort gab es nichts außer Sand. Keine Oasen, nicht einmal vereinzelte resistente Pflanzen. Hier war einfach gar nichts.
Die Wüste lag zwischen den Ruinen der Hauptstadt von Xamour, Xemoru, und dem provisorisch errichteten Lager nahe dem Wrack der BAMBUS.
Wallace war nicht sonderlich wohl zumute, denn er transportierte Artefakte aus der Ruinenstadt. Darunter auch den Leichnam von Cau Thons einstiger Frau, Ansunara. Die Wissenschaftler bestanden darauf, die Leiche, den Grabschmuck und den Sarkophag selbst für Untersuchungen mitzunehmen.
Wallace sah keinen Sinn darin. Ansunara war seit Jahrtausenden tot, ihr Körper mumifiziert und durch den Eingriff von Krizan Zchmitt, einem Mitglied der BAMBUS-Crew, deformiert. Mit Schaudern dachte Wallace an die Racheaktion von Cau Thon.
Der Schotte schüttelte sich. Cau Thon war übermächtig und jederzeit sehr gefährlich. Man musste ihn nicht zusätzlich reizen. Die erneute Störung der letzten Ruhe seiner Frau war in Mathew Wallaces Augen eine sehr gewagte Provokation.
Neben Wallace saßen der Posbi Lorif, der Oxtorner Irwan Dove und das neue Besatzungsmitglied Tym Elahrt. Elahrt war ein kleiner, leicht gedrungener Terraner mit einem Kinnbart und blonden Haaren. Eine eher unauffällige Erscheinung, doch er war mit hervorragenden Reflexen beschenkt worden und besaß ein gutes Auge. Diese Fähigkeiten machten ihn zum Bordschützen der Space-Jet JAYJAY, die Wallaces Kommando unterstand.
Der Schotte gab den Befehl den Wirkungsbereich der Antigravfelder zu vergrößern. Langsam stieg das Diskusschiff in die Höhe. Als sie hoch genug waren, zündete Wallace die Sublichttriebwerke, um die Gravitation von Xamour zu überwinden. Die JAYJAY erreichte den Orbit.
Vor ihr schwebte majestätisch die IVANHOE. Wallaces Dienstschiff war mit seinen 1.000 Metern und dem Ringwulst fast einmalig. Nur die TAKVORIAN II war von gleicher Bauweise. Die IVANHOE entstammte noch aus der Zeit Camelots, der Organisation der Unsterblichen. Seit sechs Jahren tat das Schiff seinen Dienst und war oft das Zünglein an der Waage, wie im Dorgonkonflikt.
Eine vertraute Stimme drang durch den Lautsprecher. Es war Lopa Tchkerny, die Funkleitoffizierin. Die Akonin mit der sanften Stimme gab der JAYJAY Landeerlaubnis. Eine formelle Sache, die jedoch auf einem Militärschiff ausgesprochen werden musste.
Wallace steuerte behutsam die JAYJAY in den Hangar und brachte die Space-Jet punktgenau auf den vorgesehenen Landeplatz. Eine Schar von Technikern und Wissenschaftlern kamen angestürmt. Lorif öffnete das Schott.
Der Posbi begrüßte Timo Zoltan, den Chefwissenschaftler und seinen Kollegen Arnuld Hellewohn. Hellewohn war ein kleiner, dicker Mann mit hochrotem Kopf. Seine Haare waren filzig und ungepflegt. Er war ein sehr bekannter und erfahrener Historiker, der auf der IVANHOE eingesetzt wurde, um Cartwheel zu erforschen. Hellewohn blieb auf dem Schiff als man sich auf die Suche nach der verschollenen BAMBUS gemacht hatte.
»Wo sind die Funde?«, fragte er hastig und kratzte sich am Nacken.
Wallace kam heraus. Der ganze Wirbel missfiel ihm.
»Die Leiche und ihre Beigaben sind im Laderaum«, sagte er knapp. Er hatte noch eine andere Bemerkung auf der Zunge, zog es jedoch vor zu schweigen.
Zoltan und Hellewohn betrachteten sofort die Leiche in dem Sarkophag. Der dicke Plophoser war in heller Aufregung. Er konnte ein ganz neues Volk erforschen. So etwas gab es nicht alle Tage.
»Was macht eigentlich mein Gesuch mit Cau Thon zu sprechen?«, erkundigte er sich bei Timo Zoltan, der etwas verlegen wirkte.
»Das wurde abgelehnt.«
»Was?« Der Kopf von Hellewohn glich nun einer Tomate.
»Aurec und Joak Cascal halten es nicht für gut mit Cau Thon zu reden«, erklärte Zoltan. »Die Aufzeichnung von seinen Erzählungen muss vorerst genügen.«
Hellewohn verstand das nicht und gestikulierte wild mit den Armen. »Aber ich habe noch so viele Fragen.«
Nun mischte sich Wallace ein.
»Vielleicht sollten Sie sich mal die Leichen ansehen, die das Grab von Ansunara geschändet haben. Cau Thon hat sie alle innerhalb von wenigen Augenblicken getötet. Sie wollen doch nicht, dass er auch bei Ihnen einen solchen Wutausbruch bekommt?!«
Die Farbe in Hellewohns Gesicht wich von einer Sekunde zur anderen. Er schluckte hörbar und entgegnete nichts. Lieber konzentrierte sich der Wissenschaftler auf die Leiche von Ansunara. Wallace interpretierte dies als Akzeptierung der Ablehnung.
Tym Elahrt ging kopfschüttelnd an den neugierigen Wissenschaftlern vorbei. »Die würden noch Ansunaras versteinerten Kot analysieren, wenn einer da wäre.«
Wallace stimmte seinem Besatzungsmitglied zu. Dann schlug er ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Ich glaube, wir haben uns heute Abend einen kleinen Vurguzz zu einem Bier verdient, meinst du nicht auch?«
Tym grinste freudig.
»Ich fürchte daraus wird nichts«, hörten sie eine bekannte Stimme, die dem Ersten Offizier der IVANHOE, James Fraces, gehörte.
»Der Kommandant erwartet Sie zum Bericht. Noch heute Nacht sollen sie wieder zurück nach Xamour. Cascal und Aurec wünschen die Präsenz der Besatzung der JAYJAY«, erklärte Fraces mit seinem üblichen aufgesetzten Pokerface.
»Na gut«, sprach Wallace zu Elahrt gewandt, »Lassen wir eben den Vurguzz weg!«
Eine halbe Stunde später meldeten sich Wallace, Lorif, Dove und Elahrt bei dem Kommandanten Xavier Jeamour auf der Kommandozentrale. Wallace musterte kurz die neue Adjutantin von Jeamour. Sie war das, was man ein heißes Geschoss auf der Erde nannte. Ein traumhafter Körper, lange blonde Haare, braune Augen und ein engelsgleiches Gesicht. Sie hieß Sunny Fytch und war für das Logbuch zuständig. Die Erscheinung der Terranerin war eine angenehme Abwechslung auf der IVANHOE, wenn man da an die anderen Frauen dachte, die eher keinen Schönheitspreis gewannen.
Wallace ermahnte sich selbst, nicht so über seine Kameraden zu denken und Jeamours Ausführungen zuzuhören.
»Ihr Einsatz während der BAMBUS-Katastrophe war vorbildlich. Sie drei haben wieder einmal einige Heldentaten vollbracht. Ich bin stolz auf Sie«, schwang der Kommandant seine Rede. »Dennoch sind viele Dinge zu erledigen, bevor wir nach Cartwheel zurückkehren...«
Wallace und Dove sahen ihn verständnislos an.
»Aber was gibt es hier noch zu erledigen, Sir?«, wollte Dove wissen.
»Der Planet Xamour soll näher erforscht werden. Wir wollen mehr über den Nesjorianer Evspor herausfinden. Ebenfalls suchen wir das Wrack seines Schiffes und das der KARAN, Cau Thons Schiff. Dieser Kosmokratendiener kann uns sicher einige Fragen beantworten, wenn er noch lebt. Das gilt übrigens auch für Goshkan!«
Diese Ausführungen waren verständlich. Sicher hatten Aurec und Cascal diese Entscheidung gefällt, doch sie hatte eine bestechende Logik.
»Solange werden Sie auf der Station unten eingeteilt sein. Aurec und Cascal wünschen sie dort zu wissen, aufgrund ihrer Fähigkeiten.«
Wallace salutierte. »Ja, Sir!«
Inzwischen hatte sich das Siezen an Bord der IVANHOE etabliert. Es war eine Anredeform, die vornehmlich seit der Cartwheel-Zeit wieder Oberhand gewonnen hatte. Wallace kam es manchmal etwas komisch vor. Auf der anderen Seite hatte es schon etwas Respektvolles.
Dann verließen sie die Kommandozentrale. Wallace drehte sich jedoch noch einmal um und warf Sunny Fytch einen Blick zu. Sie erwiderte ihn und lächelte zurück. Wallace drehte sich um und grinste. Tym Elahrt versetzte ihm einen neckischen Hieb in die Hüften.
Lorif und Dove blickten sich verständnislos an, sofern man behaupten konnte, dass Lorif einen variierenden Blick besaß.
»Pubertierende Terraner«, scherzte Dove.
Bevor Lorif jedoch seinen Senf dazugeben konnte, waren sie mit dem Antigrav bereits in der nächsten Ebene und begaben sich in die Bar, um dort doch noch ein Bier zu trinken.
Vor zwei Tagen noch, saßen sie als Gefangene im schäbigen Lager der Dscherro. Nun waren sie wieder frei und hatten Cau Thon als Gefangenen. Wahrlich ein historischer Tag, den man nicht so schnell in der jungen Geschichte der Galaxis Cartwheel vergessen würde.
*
Wenige Stunden später
Aurec, Joak Cascal und Gal'Arn hatten alle Hände voll zu tun. Einerseits organisierten sie den Transport der BAMBUS-Opfer nach Cartwheel, auf der anderen Seite verhörten sie Cau Thon und forschten in den Ruinen von Xamour.
Die provisorische Station bot weitaus mehr Komfort als das Lager der Dscherro. Innerhalb weniger Stunden wurden Forschungs-, Medo-, Abwehr- und Wohnsektionen eingerichtet. Aurec und Cascal wollten nicht so früh den Planeten verlassen, da es viel zu erforschen gab.
Die vielen Opfer hingegen mussten, sofern sie transportfähig waren, auf eines der Schiffe gebracht werden, um den Heimweg zur Insel anzutreten.
Der Saggittone saß in einem Wohnraum und starrte aus einem Fenster. Ebenfalls im Raum befanden sich Joak Cascal, Jonathan Andrews und Gal'Arn. Der Raum war spartanisch aber dennoch gemütlich eingerichtet. Vielleicht kam es Aurec auch nur so vor, denn die Lebensbedingungen im Dscherrolager waren unmenschlich gewesen.
Der Kanzler Saggittors dachte über den Bericht Cau Thons nach. Dieser hatte ihnen schon beinahe leichtfertig unglaubliche Informationen gegeben.
Vor wenigen Stunden hatte Cau Thon sein Schweigen gebrochen und eine faszinierende, traurige und bedrohliche Geschichte erzählt. Viele offene Fragen wurden beantwortet. Viele Vermutungen bestätigt. Cau Thon hatte die Eltern von Cauthon Despair umgebracht, damit er sich dem kleinen Despair widmen konnte.
Der Sohn des Chaos hatte das Leben des Silbernen Ritters manipuliert. Was aus Cauthon Despair geworden war, verriet Cau Thon jedoch nicht.
Die Mordred, die geplante Invasion der Dorgonen und offenbar auch die Entführung durch die Dscherro ging auf Cau Thons Konto. Er hatte außerdem mit Begriffen um sich geworfen, mit denen sie nichts oder nur wenig anfangen konnten.
Alysker – ein Volk, welches ein Feind MODRORs war. Aurec wusste, dass Ambush lange Zeit Begleiter eines Vertreters dieses Volkes gewesen war.
Kreuz der Galaxien – offenbar die Heimat dieser Alysker.
Sargomoph – Ein Planet?
Barym – Offenbar eine Galaxie, welche in MODRORs Mächtigkeitsballung lag.
Vampirwesen – für Cau Thon scheinbar inspirierend.
Cau Thons erklärtes Ziel war die Beseitigung von Perry Rhodan, seinen unsterblichen Gefährten und den Galaktikern. MODROR schien zu wissen, dass Rhodan oftmals ein Stolperstein für kosmische Entitäten gewesen war.
Ebenfalls sah Cau Thons Meister in der Entität DORGON eine große Gefahr. Auch deshalb hatte er ausgerechnet die Galaxis Dorgon als Gegenspieler der Galaktiker ausgewählt. Auf keinen Fall sollte DORGON ihre Schützlinge zu Verbündeten der Galaktiker machen. Jedoch konnten die Galaktiker mit Hilfe der Saggittonen die Hürden Mordred und Dorgon nehmen. Es bestand dank dem Kaiser Uleman ein festes Band zwischen den Terranern, Saggittonen und Dorgonen.
Der Saggittone ahnte, dass Cau Thon ihm nicht alles berichtet hatte. Vielmehr schien der Sohn des Chaos zu glauben, dass die Weitergabe dieser Informationen ihn oder MODROR ohnehin nicht beeinträchtigen würde.
Aurec dachte weiter über die Geschichte Cau Thons nach. Die Kosmokraten hatten wieder einmal starrsinnig gehandelt und ein ganzes Volk ausgelöscht. Doch dieses Volk war auch ein Anzeichen dafür, wie steil es bergab gehen konnte, wenn man ausschließlich das Geld verehrte. Flüchtig dachte Aurec an Michael Shornes Wirtschaftsplan, der eines Tages wahrscheinlich auf das Gleiche hinausgelaufen wäre.
Es gab immer noch viele primitivere Welten, die die Wirtschaft als Allheilmittel ansahen. Aurec war froh, dass die Saggittonen, Terraner und anderen Wesen in Cartwheel größtenteils nicht so dachten.
Viel mehr beunruhigte ihn jedoch die Tatsache, was MODROR darstellte. Dieses Wesen schien von großer Macht zu sein, denn er konnte Zellaktivatoren herstellen. Was genau stellte diese Entität dar? Eine Superintelligenz? Einen Kosmokraten – wohl eher unwahrscheinlich. Vermutlich einen Chaotarchen.
Die Wissenschaftler hatten die ersten Datierungen der Ruinen und Überbleibsel der xamourischen Kultur vorgenommen. Demnach hatten sie den Zeitpunkt des Endes der Xamouri auf ca. 29.000 Jahre vor Christus datiert. So war Cau Thon also mehr als 32.000 Jahre alt. Das machte dieses Wesen gefährlicher, denn er verfügte über mehr Erfahrung als alle Zellaktivatorträger zusammen, einschließlich Perry Rhodan und Atlan. Wenn Aurec schon Perry aufgrund seiner Abgeklärtheit bewunderte, wie überlegen musste da ein Wesen sein, welches 32.000 Jahre lang gelebt hatte und die Erfahrung von mehr als 200 Leben, wenn man schon eine hohe Lebenserwartung voraussetzte.
Und noch mehr: 576.000 Lichtjahre von Cartwheel entfernt befand sich ein Kosmonukleotid des Moralischen Codes. Aurec glaubte nicht an einen Zufall. TRIICLE-3 musste etwas mit dem Kosmischen Projekt zu tun haben. Nicht umsonst waren die Xamouri lange Zeit Wächter gewesen. Nun schien TRIICLE-3 jedoch unbewacht, sah man von dem einen Nesjorianer ab. Sollten die Völker aus Cartwheel etwa eine neue Wache darstellen? Aurec überkam ein Schauer angesichts dieser ganzen Fragen von kosmischer Bedeutung.
»Aurec?«
Der Saggittone wurde aus seinen Gedanken gerissen und drehte sich um. Joak Cascal lehnte mit vor dem Bauch verschränkten Armen an einer Wand und deutete zur Tür. Dort stand Kathy Scolar. Ihre natürliche Bräune im Gesicht war einer Totenbleiche gewichen, die braungrünen Augen wirkten leer, die Haare waren zerzaust. Man musste kein Psychologe sein, um festzustellen, dass diese Frau am Ende war.
»Kathy!«, sagte Aurec überrascht. Dann ging er zu ihr. »Du solltest doch in der Krankenstation bleiben. Was ist los?«
Sie starrte ihn an. Ihre Augen funkelten seltsam. Sie schwankte hin und her und fiel beinahe auf den Boden, wenn Aurec sie nicht gestützt hätte.
»Sie steht unter Drogen«, stellte Cascal ernüchternd fest.
Kathy Scolar kicherte. Dann fing sie an zu weinen und gestikulierte wild mit den Armen.
»Alle tot. Alle sind tot! Ich bin ganz allein«, stöhnte sie.
Aurec rief einen Offizier herbei und bat ihn, Scolar wieder zum Lazarett zu bringen.
Kathy Scolar war nicht stark genug gewesen. Die Dscherro und Cau Thon hatten ihr Leben ruiniert. Ein weiteres Opfer eines erbarmungslosen Krieges mit MODROR. Noch immer wusste eigentlich keiner, warum dieser Krieg geführt wurde. Doch sie hatten keine andere Wahl, da MODROR der Aggressor war.
*
Die Nacht war noch jung. Dichte Wolken waren aufgezogen und es fing an zu regnen. Die Soldaten und Wissenschaftler störte dieses schlechte Wetter jedoch wenig. Sie hatten ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Soldaten sicherten das Gelände und bauten weiter an der provisorischen Station. Überall standen Monteure und Roboter, die fleißig an dem Außenring der Station arbeiteten.
Die Wissenschaftler hatten ihren Teil der Anlage bezogen und analysierten die Funde aus der Ruinenstadt.
Ein drittes Team kümmerte sich um die Verletzten, die noch nicht transportfähig waren und die restlichen Opfer der BAMBUS-Entführung. Viele von ihnen benötigten psychologische Hilfe. Kathy Scolar war nur eine von vielen.
Joak Cascal drehte eine Runde durch die Station. Er ging an dem Inhaftierungstrakt vorbei und musterte Cau Thon, der auf dem Boden seiner Zelle saß und zu meditieren schien. Trotz der Stahl- und Energiegitter wirkte der Sohn des Chaos immer noch gefährlich.
Cascal blickte zum Sicherheitsdienst herüber. Irwan Dove hatte die Bewachung übernommen. Ihm zur Seite stand das fähigste Personal der IVANHOE und TAKVORIAN II.
Cascal grüßte den Oxtorner mit einem leichten Nicken. Dove erwiderte die Geste sofort. Er blickte den Veteran aus dem Solaren Imperium fest in die Augen. Cascal glaubte so etwas wie Nervosität in den dunklen Augen des Umweltangepassten zu entdecken.
»Behalten Sie Cau Thon im Auge«, sagte er zähneknirschend. Wieder blickte Joak Cascal auf den Xamouri, der regungslos im Raum saß. Nur die Atembewegungen versicherten den Beobachtern, dass der Gefangene am Leben war.
Dove bestätigte den Befehl und lief unruhig auf und ab. Cascal bemerkte die stetige Unruhe bei dem Oxtorner.
»Er macht uns alle nervös. Aber er ist hinter Gittern und kann uns nichts anhaben«, versuchte Cascal Dove zu beruhigen.
»Hoffen wir es, Sir.«
Cascal biss sich auf die Lippen. Niemand konnte Cau Thon einschätzen. Warum verhielt er sich so ruhig? Hatte er bereits aufgegeben oder besaß er noch einen Trumpf? Cascal legte kurz seine Hand auf Doves Schulter, wobei er sich sehr strecken musste. Dann verließ er den Inhaftierungstrakt und betrat die Medostation. Noch etwa 120 Schwerverletzte wurden hier medizinisch versorgt. Sie alle waren noch nicht transportfähig. Weder mit Hilfe einer Space-Jet noch mit einem Transmitter. Weder die Ärzte noch die Verantwortlichen der Operation wollten ein Risiko eingehen. Es hatte schon genügend Tote gegeben.
Einige von den Verletzten wurden auch psychologisch betreut. So auch Ottilie Braunhauer und ihre Cousine Inge Bohmar. Beide saßen apathisch auf ihrem Bett. Ottilie beklagte den Verlust ihres Mannes und bedauerte sich jede Minute. Inge Bohmar war entweder ruhig oder sprach mit ihrem imaginärem Mann oder Hund.
Am Ende des Lazaretts kümmerte sich Jonathan Andrews um Jezzica Tazum, die sich allmählich von ihren Verletzungen erholte. Cascal fand, dass die Verletzten in den besten Händen waren. Er verließ die Medostation um wieder zur Kommandostation zurückzukehren. Dort informierte er sich über die Wettervorhersage und die neuesten Ortungsangaben. Man hatte die KARAN nicht gefunden. Keine Spur von Goshkan. Jedoch tauchten auch keine anderen Raumschiffe von MODROR auf. Anscheinend drang die Nachricht von der Gefangennahme noch nicht zu dem Meister von Cau Thon.
Cascal grübelte darüber nach, wo wohl das Imperium von MODROR lag. Niemand wusste es. Nur Cau Thon, und der würde es bestimmt nicht seinen Feinden erzählen. Die Schilderungen des Xamouri hatten viele Fragen aufgeworfen. So hatte Cau Thon orakelt, dass das Land MODROR ein ideales Versteck sei, umgegeben vom Gestein und der Erde Sargomophs. Es hieß, dass es über Dunkelwolken dorthin ging. Cascal vermutete, dass in diesen Dunkelwolken Sternenportale existierten. Es war wohl eindeutig, dass auch MODROR diese geheimnisvollen Transmitter nutzte. Mit dem Begriff Sargomoph wusste Cascal gar nichts anzufangen.
Aurec hatte Cascal vorgeschlagen das Kosmonukleotid TRIICLE-3 näher zu untersuchen und nach Intelligenzen in der Galaxis Seshonaar zu suchen. Was war aus der Galaxis geworden? Vielleicht fand man dort Hinweise auf MODROR? So gesehen hatte der Saggittone durchaus Recht, gestand sich Cascal ein, doch der Terraner wollte lieber erst einmal Cartwheel sichern, bevor man außerhalb der neuen Heimatgalaxis Forschung betrieb.
In diesem Moment trat ein großer und hagerer Mann dem Terramarschall entgegen. Er salutierte kurz.
»Was gibt es, Leutnant?«, wollte Joak Cascal wissen.
»Sir, unsere Ortung hat ein Wrack nahe dem Stadtrand entdeckt. Es strahlt noch Energieaktivitäten aus. Wir vermuten es ist die KARAN oder das Schiff des Nesjorianers Evspor«, berichtete der Offizier.
»Danke!«
Leutnant Teyrich begab sich wieder an seine Arbeit. Joak Cascal informierte sofort seinen Stab. Schnell wurde eine Konferenz einberufen. Aurec, Gal'Arn, Mathew Wallace und Gucky nahmen daran teil. Joak erläuterte den Beteiligten die neuen Erkenntnisse.
»Dann teleportiere ich mal schnell hin und gucke nach«, erklärte Gucky und wollte bereits springen.
»Halt!«, rief Aurec. Der Ilt verharrte in seiner Aktion und wartete auf eine Erklärung.
»Wir wissen nicht, ob der Nesjorianer Parafallen aktiviert hat. Wir wissen auch nicht, was uns erwartet. Es kann auch die KARAN mit Goshkan sein. Mathew Wallace wird mit einem Gleiter dort hinfliegen. Du und Lorif werden ihn begleiten.«
*
Gucky beugte sich unter Protest den Worten des Saggittonen. Er gab Wallace ein Zeichen und der Terraner machte sich sofort daran, einen Gleiter startklar zu machen. Der geschwätzige Posbi Lorif wurde informiert.
»Wir sollten mit größter Vorsicht an die Untersuchung herangehen. Sowohl Goshkan als auch der Nesjorianer scheinen sehr gefährliche Konsorten zu sein. Es wäre also ratsam, diplomatisch und taktisch vorzugehen. Wir sollten die gesamte Kunst der Diplomatie ausspielen ohne dabei jedoch eine Rückversicherung in Form von ausreichendem Schutz zu vergessen.
Ich bin dafür, dass wir...«
»Halt die Klappe, du Toaster«, fauchte Gucky dem Posbi entgegen.
»Sir, ich kann allerhöchstens die Sprechfunktion unterbrechen, jedoch besitze ich keine Klappe in dem Sinne. Klappe ist sowieso der falsche Ausdruck. Eine Klappe ist unorganisch und verschließt meistens einen Hohlraum, während der Mund, für den Klappe eine Metapher ist, ein organischer Bestandteil des Kopfes ist. Eine hochwertige syntronisch-positronische Schöpfung, wie ich es bin, als Toaster zu bezeichnen ist etwas dreist, wenn nicht sogar beleidigend.«
Gucky stand mit weit geöffnetem Mund vor dem Posbi. Er war in der Tat sprachlos. Mathew Wallace tickte den Mausbiber an und grinste.
»Endlich mal einer der noch mehr redet als du«, sagte er neckisch und lud die Ausrüstung in den Gleiter. Bevor Gucky protestieren konnte, startete Wallace den Gleiter. Lorif und der Mausbiber stiegen ein.
Dann brauste Mathew Wallace mit dem Posbi und dem Mausbiber in das Dunkel der Nacht. Ihr Ziel war die Stadt der Ruinen, wo das Wrack eines Raumschiffes lag. Entweder war es das Schiff des Nesjorianer Evspor oder die KARAN auf der sich Goshkan, der zweite Sohn des Chaos, befand. So oder so: Gefährliche Aussichten...
Es hatte aufgehört zu regnen. Mathew Wallace beobachtete die Umgebung mit Sorgfalt. Er erwartete in jeder dunklen Ecke einen Feind, der sofort den Gleiter angreifen würde. Gucky war ebenfalls wachsam, während Lorif still auf dem Rücksitz saß.
Sie waren unweit der Ruinenstadt. Die Wüste lag hinter ihnen. Sie fuhren durch einen kleinen Wald. Das Aufheulen der Tiere und das Rasseln in den Büschen machte Mathew Wallace nervös. Er suchte den Blickkontakt zu Gucky, der leicht den Kopf schüttelte. Gucky würde sofort intelligente Gedankengänge empfangen können. Das Rasseln stammte eindeutig von Tieren.
Lorif brach plötzlich die Stille, die im Gleiter herrschte.
»Das Wrack ist zwei Kilometer von uns entfernt. Halte dich etwas östlicher und wir sollten das Raumschiff bald sehen können«, erklärte Lorif dieses Mal präzise.
Wallace folgte dem Vorschlag des Posbi und in der Tat sahen sie das immer noch rauchende Wrack eines ehemaligen Sternenschiffes. Es lag direkt in einer Hauswand auf einem Schutthaufen. Die Trümmer der Betonwand ruhten auf dem diskusförmigen Raumschiff. Wallace stieß einen leisen Pfiff aus.
»Das ist nicht die KARAN, oder?«
»Nein«, sagte Gucky knapp.
Der Gleiter kam etwa fünfzig Meter vor dem Wrack zum Stillstand. Gucky stieg als erstes aus und versuchte Impulse wahrzunehmen.
»Ich kann keine Gedankenimpulse empfangen. Jedoch konnte ich das schon bei Voltago nicht«, erklärte der Mausbiber.
»Voltago?«, forschte der Schotte nach.
»Hm, nach euren Beschreibungen ähnelt dieser Nesjorianer dem Kyberklon Voltago, einem Kunstwesen, welches von Taurec aus einer Spindel des Arresums erschaffen wurde. Möglich, dass die Nesjorianer und der Kyberklon über ein paar Ecken an Kosmokratentechnologie verwand sind.«
»Verstehe. Lorif?« fragte Wallace.
Der Posbi schaltete sofort. »Die Ortung ergibt eindeutig Energieaktivitäten. Im Inneren des Schiffes tut sich noch etwas.«
Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, blitzte es aus dem Raumschiff und eine Energiesalve traf den Gleiter. Gucky teleportierte rasch in den Gleiter. Sofort aktivierte Wallace den Schutzschirm und erwiderte das Feuer, bevor Gucky Einspruch einlegen konnte. Die Reaktion war intuitiv und diente dem Selbstschutz. Eine Salve traf die Außenhülle des Wracks und brannte ein großes Loch hinein.
Doch der Gegner gab nicht auf. Ein Dutzend kleine Robotsonden schossen dem Gleiter entgegen. Vier von ihnen sausten im Kamikazeflug auf den Gleiter und schwächten den Schutzschirm.
Gucky reagierte danach und hielt die Sonden telekinetisch auf. Als sie stoppten und versuchten die Lage zu analysieren, schleuderte Gucky die Sonden einfach auf das Wrack zurück. Sie vergingen in hellen Blitzen und lautem Getöse. Wallace zuckte bei den Explosionen unfreiwillig zusammen.
Dann herrschte Ruhe.
»Die Energieaktivitäten werden schwächer. Sie sind nun genauer zu lokalisieren«, berichtete Lorif.
»Wollen wir einen Blick riskieren?«, erkundigte sich Wallace bei Gucky.
Der Mausbiber entblößte seinen Nagezahn.
»Nichts lieber als das. Wir werden schon mit dem Rest fertig. Nicht umsonst bin ich dafür berühmt, zahllose gefährliche Situationen gemeistert zu haben«, prahlte der Ilt.
Wallace war wenig zum Lachen zumute. Er deaktivierte den Schutzschirm und fühlte sich unwohl, da sie jetzt auf dem Präsentierteller lagen. Langsam stiegen er, Gucky und Lorif aus. Die Positronik im Gleiter aktivierte wieder den Schutzschirm.
Wallace schlich sich an die Außenhülle des Schiffes. Er hätte am liebsten einen SERUN angezogen, doch der normale Raumanzug mit Individualschutzschirm musste auch reichen. Gucky schob telekinetisch Geröll von der Einstiegsluke. Wallace zog seine Waffe und lief langsam zum freigelegten Eingang. Er wollte Gucky ein Zeichen geben, da packte etwas seinen Arm.
Ein beißender Schmerz durchzuckte den Terraner. Bevor er den Schutzschirm seines Raumanzugs aktivieren konnte, wurde er gegen eine Wand geschleudert.
Gucky bremste den Aufschlag mit Hilfe seiner Fähigkeiten ab. Wallace griff zu seiner zweiten Waffe und feuerte. Er achtete nicht einmal darauf, wer vor ihm stand. Erst nach vier Schüssen blickte er seinen Gegner an.
Die gewaltige, klobige, schwarze Gestalt taumelte zurück. Dann wurde sie wie von Geisterhand gegen die Außenhülle seines Schiffes gedrückt. Krachend fiel der Nesjorianer zu Boden. Auf der Außenhülle war ein Abdruck des Körpers zu sehen, so gewaltig war die telekinetische Aktion des Mausbibers.
Wallace lief zum Gleiter und holte ein Thermogewehr von der Rückbank. Er richtete es bedrohlich auf den Diener der Kosmokraten, der unbeeindruckt aufstand. Wallace drückte ab. Doch er schoss direkt vor Evspor und gab ihm damit zu verstehen, dass er dort stehen bleiben sollte. Evspor verstand anscheinend, denn er bewegte sich nicht.
Gucky ergriff nun die Alternative. »Wir sind nicht deine Feinde. Wir haben schon oft mit den Kosmokraten zusammengearbeitet. Wir sind manchmal sogar gute Kumpel gewesen, wenn sie sich mal nicht wie totale Kotzbrocken aufgespielt haben«, fuhr Gucky in seiner unnachahmlichen Art fort.
Evspor versteifte sich plötzlich und blieb in dieser Starre. Gucky stemmte die Hände in die Hüften und verdrehte die Augen.
»Nicht schon wieder. Scheinen echt Verwandte zu sein«, seufzte er laut und fuchtelte nun mit den Armen wild umher.
»Was hat er denn?«, wollte Wallace wissen.
»Er schläft oder meditiert. Das kann dauern. Hatten wir bei Voltago auch.«
»Und nun?«
Gucky überlegte kurz. Er machte dabei eine nachdenkliche Pose und verharrte eine Weile in dieser Haltung. Dann machte er Wallace den Vorschlag, Evspor mit Hilfe eines Antigravs auf den Gleiter zu laden und zur Station zu bringen. Wallace hatte eine andere Idee. Lorif würde mit Hilfe eines Antigravs den Nesjorianer während des Flugs neben den Gleiter halten, denn der Schotte traute dem schwarzen Ungetüm nicht.
*
Aurec erwartete die Ankunft von Wallace, Gucky und Lorif mit Spannung. Ein Team an Wissenschaftlern stürmte zu dem Gleiter. Allen voran Timo Zoltan, der sofort den Kyberklon untersuchte.
Gal'Arn beobachtete alles aus dem Hintergrund. Er war besorgt, da Goshkan nirgendwo gefunden wurde. Der Katrone war noch am Leben. Das spürte der Ritter der Tiefe. Damit war die Gefahr noch lange nicht gebannt.
Der Elare war wachsam. Wachsamer als alle anderen. Wieder fing es an zu regnen. Der Ritter der Tiefe wanderte draußen umher. Einige Soldaten waren damit beschäftigt die Massengräber auszuheben.
Aurec hatte befohlen, dass die Opfer ein anständiges Begräbnis bekommen würden. Daher wollte man sich in den nächsten Tagen daran machen, die Leichen auszugraben und nach Cartwheel zu überführen.
Eine Space-Jet landete unweit von dem Massengrab. Etwa zwei Dutzend Terraner, Blues und Somer stiegen ein. Gal'Arn erkannte Yasmin Weydner, Anica, Jaquine sowie Remus und Uthe Scorbit.
»Ihr brecht auf?«, erkundigte er sich bei Remus.
Der großgewachsene Terraner nickte. »Ja, Gal'Arn. Die meisten sind mit den Nerven am Ende. Hier können wir nichts mehr tun. Es ist Zeit wieder nach Cartwheel zu fliegen.«
»Es gibt für mich als Sozialbeauftragte gerade jetzt viel zu tun. Der Terrablock muss sich um die Opfer und die Angehörigen der Verstorbenen kümmern«, sagte die Frau von Remus, Uthe.
Gal'Arn verstand das nur zu gut. Sie hatten viel durchmachen müssen in den letzten Wochen. Er bedauerte es, dass er nicht selbst auf der BAMBUS gewesen war. Doch wie konnte er ahnen, dass ausgerechnet auf diesem Schiff die Dscherro zuschlagen würden? Immerhin hatte Jonathan Andrews ihn würdig vertreten. Dieses Abenteuer hatte den jungen Terraner sehr reifen lassen.
Gal'Arn suchte seinen Schüler auf, der sich weiterhin um Jezzica Tazum kümmerte.
Inzwischen war sie soweit genesen, dass sie sich außerhalb der Medostation bewegen konnte. Sie war bereits transportfähig, doch sie wollte nicht ohne Andrews abreisen, der wiederum bei Gal'Arn bleiben wollte.
Der Ritter der Tiefe begrüßte Jezzica und erkundigte sich nach ihrem Wohlbefinden. Er spürte trotz ihrer Höflichkeit eine leichte Abneigung gegenüber seiner Person. Sie schien genug von den Abenteuern zu haben, was er ihr nicht verdenken konnte. Doch sollte sie fest mit Jonathan Andrews eine Beziehung planen, musste sie mit der Tatsache leben, dass er als zweiter Orbiter eines Ritters der Tiefe viele Gefahren auf sich nahm.
Jezzica wirkte schwach und müde auf Gal'Arn. Der Ritter war um ihr Wohlergehen besorgt.
»Du solltest besser nach Cartwheel fliegen. Hier kannst du nichts ausrichten, junge Dame«, versuchte der Elare auf sie einzuwirken.
Jezzica hustete bevor sie anfing zu antworten. »Lass' das meine Sorge sein! Mir geht es gut und ich will Jonathan nicht alleine zurücklassen.«
Einerseits verfluchte Gal'Arn die Sturheit der Terranerin, doch er bewunderte ihren Mut.
»Schatz, ich bin nicht alleine. Ein paar tausend Soldaten sind hier und mein Meister. Mir kann hier nichts passieren«, versuchte Jonathan seine Freundin zu beruhigen.
Beide waren eigentlich nicht richtig ein Pärchen, zumindest nicht formell, doch nachdem sich Jonathan von Marya Jost gelöst hatte, stand ihrem Glück wenig entgegen.
»Ich rate dir wirklich mit dem nächsten Schiff nach Cartwheel zurückzukehren. Die Scorbits werden dich begleiten«, erklärte Gal'Arn.
Doch Jezzica blieb stur. Gal'Arn sagte nichts mehr. Andrews verstand seine dickköpfige Freundin nicht. Er machte sich Sorgen, dass wieder etwas passieren konnte. Die beiden ließen Jezzica alleine, als sie sich kurz ausruhen wollte.
Zusammen gingen Meister und Orbiter nach draußen. Der Regen plätscherte auf den Vorbau. Auf dem Boden hatten sich große Pfützen gebildet.
»Ich habe von Wallace gehört, dass sie Evspor gefunden haben, aber nicht Goshkan. Das beunruhigt mich«, meinte Andrews.
»Ich teile deine Sorge, Jonathan. Goshkan ist noch irgendwo auf Xamour. Falls nicht, wird er bald mit einer Flotte zurückkehren. Wir sollten die Dinge auf diesem Planeten schnell erledigen.«
*
Genau diese Überlegungen hatte auch der Saggittone Aurec. Er starrte aus dem Fenster und beobachtete die Regentropfen, die auf die Scheibe prasselten, Wasserperlen bildeten und langsam herunterglitten.
Er hatte Cascal den Vorschlag gemacht, innerhalb der nächsten 24 Stunden Xamour zu verlassen. Bis dahin mussten alle Verletzten transportfähig und die wissenschaftlichen Arbeiten vorerst abgeschlossen sein.
Ein terranischer Leutnant trat in das provisorische Arbeitszimmer von Aurec hinein. Die Stiefel gaben einen unangenehmen Ton beim auftreten auf den Aluminiumboden.
»Sir, Miss Scolar möchte sie sprechen«, meldete er.
Aurec stand auf und erkannte, dass Kathy Scolar verlegen hinter der Tür stand und auf Einlass wartete. Er signalisierte dem Offizier, dass sie hereinkommen konnte. Scolar wirkte sichtlich erschöpft.
»Geht es dir besser?«, erkundigte sich Aurec fast förmlich.
»Ja, danke...«
Er bot ihr einen Platz an. Kathy setzte sich in den weichen Sessel aus Formenergie. Sie kramte in ihrer Tasche und holte eine Zigarette heraus, die sie ansteckte. Genüsslich zog sie an dem Nikotinstäbchen und atmete langsam den Rauch aus.
»Ich möchte mich für mein Auftreten von vorhin entschuldigen. Ich weiß auch nicht, aber die Drogen helfen mir zu vergessen«, erklärte sie. Inzwischen hatte sie Medikamente bekommen, die den Rausch minderten.
»Das ist der falsche Weg, Kathy«, versuchte Aurec auf sie einzuwirken.
Die Terranerin war den Tränen nahe.
»Ich schaffe es einfach nicht.« Nun liefen ihr die Tränen über die Wangen. »Bienya ist tot, alle meine Freunde von der BAMBUS. Wen habe ich denn noch? Alles ist so sinnlos. Ich kann den Anblick ihrer Leichen nicht vergessen!«
Beinahe hysterisch hatte sie die letzten Worte gesprochen, bevor sie weinend in sich zusammen sank, die Hände vor dem Gesicht. Aurec ging zu ihr und nahm sie in den Arm. Behutsam streichelte er über ihr Haar.
»Es wird alles wieder gut werden«, sagte er.
Was für ein dummer Spruch, dachte der Saggittone. Aber etwas Besseres fiel ihm in diesem Moment nicht ein.
Plötzlich donnerte es draußen. Ein Gewitter zog über das Lager hinweg. Der Regen wurde stärker und die Blitze erhellten das Terrain.
Aurec brachte Kathy in den Ruheraum. Er legte sie auf das Bett und ließ sie schlafen. Hier hatte er sie unter Kontrolle. Zögerlich nahm er ihre Handtasche und durchsuchte sie nach Drogen. In der Tat fand er chemische Pillen, die er desintegrierte. Anders konnte er ihr nicht mehr helfen.
*
Jezzica Tazum hatte ähnliche Probleme wie Kathy. Sie ließ es sich nicht anmerken. Yan Cruze hatte ihr ein Päckchen aus dem Wrack der BAMBUS vorbeigebracht, bevor er auch mit einer Space-Jet Richtung Cartwheel aufgebrochen war.
Jezzica hatte sich in einen Ruheraum zurückgezogen und öffnete das Päckchen. Es stammte aus dem Besitz der Security der BAMBUS. Dort wurden Drogen aller Art von den Gästen eingesammelt. Jezzica überlegte kurz, dann nahm sie soviel wie sie vertragen konnte, um abzuschalten.
Ihre Sinne vernebelten sich, die Farben und Formen in dem Zimmer veränderten sich und gaben ihr ein Gefühl von Ruhe und Harmonie.
Ein trügerisches Gefühl auf dieser gefährlichen Welt, doch das war Jezzica egal. Sie wollte auf keinen Fall noch mehr solcher Abenteuer erleben. Jonathan Andrews konnte sie nach Terra begleiten, doch wenn er nicht wollte, war sie bereit das in Kauf zu nehmen.
Jezzica wurde müde und schlief ein. Die Drogen hatten ihre Wirkung getan.
*
Joak Cascal stand in der provisorischen Kommandozentrale und wartete auf Gucky und Mathew Wallace. Die beiden betraten nach einer Weile den Raum und erstatteten Bericht. Bevor Wallace etwas sagen konnte, quietschte Gucky bereits dazwischen: »Hi Großer! Alles erledigt. Wir haben den dicken Kosmokratenkrieger eingefangen. Leider hat er im Moment weniger Nutzen als eine Wanduhr, da er stumm im Nebenzimmer steht.«
Cascal verstand.
»Transportiert ihn in den Inhaftierungstrakt. Dove soll auch ihn bewachen. Ich traue weder Cau Thon noch Evspor«, erklärte der Veteran aus dem Solaren Imperium mit Nachdruck.
Wallace verstand und gab Tym Elahrt Anweisungen, Evspor mit einem Antigravstrahl zum Zellenblock zu bringen. Wallace wollte sein Crewmitglied begleiten, da sagte Cascal: »Wallace, für Sie habe ich noch eine andere Aufgabe.«
»Ja, Sir?«
»Ein unschöner Job. Die Massengräber müssen ausgehoben, die Leichen katalogisiert und in auf die IVANHOE gebracht werden. Übernehmen Sie das?«
Wallace biss sich auf die Lippen. Niemand würde sich um diese Aufgabe reißen. Es war bereits furchtbar genug gewesen, die Leichen in die Massengräber zu bringen. Damals mussten sie es auf Befehl der Dscherro tun.
Doch die Verstorbenen hatten ein anständiges Begräbnis verdient. Sie sollten nicht in Massengräbern namenlos auf Xamour bleiben. Viele Eltern und Verwandte wollten sicherlich ein Grab ihrer Liebsten, damit sie etwas hatten, wo sie hingehen konnten. Es war traurig genug, dass sie ihnen auf immer entrissen wurden.
Wallace nickte schwach.
»Gut«, brachte Cascal entgegen. »Beeilen Sie sich. Wir wollen so bald wie möglich diese ungastliche Welt verlassen. Wir können nie wissen, wann Goshkan und seine Leute auftauchen. Wir wissen nicht, wo Hilfe für Cau Thon wartet. Deshalb ist höchste Eile geboten, Wallace.«
Der Kommandant der JAYJAY verstand nur zu gut. Niemand wollte sich mit den Mächten MODRORs erneut messen. Er salutierte und machte sich an die Arbeit.
*
Unterdessen wurde der nächste interessante Fund von Xamour zur IVANHOE gebracht. Es handelte sich um die Leiche eines der sogenannten Skelettkrieger aus den Reihen des Cau Thon. Arnuld Hellewohn und Timo Zoltan begutachteten begeistert die Leiche. Sie wies an der Brust einen Einschuss auf.
»Bringt ihn bitte ins Labor«, sagte Zoltan und blickte zu seinem gewichtigen Kollegen herüber, der freudestrahlend der Antigravbahre mit dem Leichnam folgte.
Als sie im Labor angekommen waren, hantierten die beiden Forscher an ihren Instrumenten herum.
»Sehen Sie Timo, da ist ein Einschussloch im Brustbereich. Ich glaube dort auch grünes Gewebe zu erkennen. Es scheint verkrustet zu sein«, erklärte Hellewohn.
Zoltan schnappte sich ein Energieskalpell und schnitt etwas an der Fleischwunde herum. Hellewohn bediente einen kleinen Antigravstrahler, der das abgeschnittene Fleisch in eine Schale legte.
Sofort begann er mit der Analyse, während Zoltan die Wunde untersuchte. Die Ergebnisse waren eindeutig.
»Es ist tatsächlich eine biologische Substanz. Hinter diesem Skelettwesen versteckt sich also eine organische Materie«, schilderte Arnulf Hellewohn.
»Nicht ganz!«, warf Zoltan ein. »Der Panzer scheint nicht organisch zu sein. Die Messinstrumente können es nicht als organische Materie einstufen. Das Exoskelett ist aber mit der organischen Materie verbunden.«
Er blickte auf den Schädel des Wesens. Das Gesicht ähnelte tatsächlich sehr stark einem Totenschädel. Die Augenhöhlen, die knöchernen Wangen. Alles in allem machte das haarlose Wesen einen furchterregenden Eindruck. Aber das sollte es wahrscheinlich auch.
»Wollen wir den Kopf untersuchen?«, fragte Hellewohn.
»Ja, wir müssen uns mit dem Gehirn und den Sinnesorganen näher beschäftigen«, stimmte Zoltan zu.
Der Wissenschaftler mit der Brille und dem sonst weniger attraktivem Erscheinen machte sich sofort an die Arbeit. Er nahm sein Energieskalpell und versuchte die Gesichtsmaske zu durchschneiden. Langsam zog er mit dem Strahl an der Seite des Gesichts entlang, bis er einmal vollständig herum war.
Dann zog er vorsichtig die Maske ab, jedoch klemmte sie etwas. Er zog stärker und konnte sie so losreißen. Doch dahinter war kein Gesicht. Zoltan überkam ein Gefühl des Ekels als er in die grüne, gallertartige Masse blickte. Zwei Augäpfel starrten ihn an. Die Nasenöffnung und Mundöffnung war zu erkennen, doch ansonsten nur geleeartiges Fleisch und die Gehirnmasse. An der Maske klebten ebenfalls Fleischreste.
Hellewohn schien nicht schlecht von dem Anblick geworden zu sein. Interessiert begutachtete er das Gesicht und stocherte mit einer Pinzette darin herum.
»Anscheinend ist auch der Kopfpanzer mit der Haut verwachsen, Kollege. Das ist keine Maske sondern ihr tatsächliches Gesicht, gleichwohl muss es aber künstlich implantiert worden sein.«
»Sehr interessant. Wir müssen das Ding noch weiter untersuchen. Es piept!«
»Es piept?«, fragte der untersetzte Wissenschaftler entgeistert.
»Ja, es piept. Ihr Interkomgerät oder so was«, stellte Zoltan fest, doch Arnulf Hellewohn schüttelte den Kopf.
»Was piept dann?« wollte Zoltan wissen. Plötzlich schoss eine Stichflamme aus der Brust des Skelettkämpfers hervor. Dann zerplatzte der Kopf und kurz danach der Körper des fremden Wesens. Die grüne Masse verteilte sich an den Körpern der Wissenschaftler und im ganzen Labor.
»Das piepte!«, stellte Hellewohn fest.
»Mist! Wir müssen irgendeine Schaltung aktiviert haben. Anscheinend eine Schutzschaltung der Erschaffer dieses Wesens«, meinte Zoltan
»Na toll, und was machen wir jetzt?«, wollte Hellewohn wissen.
»Duschen!«
Die Nacht dauerte auf Xamour wesentlich länger als auf der Erde oder auf Mankind. In der Regel blieb es 18 Stunden dunkel. Ein Tag auf Xamour hatte jedoch auch 38 Stunden. Es hatte aufgehört zu regnen und das Wasser begann bei der Hitze zu verdunsten. Die Nacht wurde schwül und tropische Verhältnisse erschwerten die Arbeiten.
Mathew Wallace hatte Kopfschmerzen. Er wusste nicht, ob es an diesem ungemütlichen, schwülen Klima oder seiner Aufgabe lag.
Etwa 70 Mann arbeiteten an den Gräbern als Wallace eintraf. Er wurde von Lorif und Gucky begleitet.
Eine Horde Dscherro, die von Wachrobotern flankiert wurden, kreuzte ihren Weg. Wallace warf einen verächtlichen Blick auf die Gehörnten, die sich an Cau Thon verkauft hatten und unbeschreiblich furchtbare Dinge auf der BAMBUS angestellt hatten. Viele Lebewesen wurden auf die grausamste Art ermordet und verstümmelt. Die Dscherro waren in Wallace Augen Bestien, die keine Gnade verdient hatten.
Doch was aus den Dscherro in Cartwheel wurde, sollte in naher Zukunft vom Paxus-Rat entschieden werden. Der Druck auf die Regierungsmitglieder würde sehr stark werden. Noch hatte die Presse nichts von der Vernichtung der BAMBUS mitbekommen. Woher sollten sie auch? Doch sobald der erste Transporter mit Überlebenden auf Mankind oder Paxus eintraf, würden die Reporter in Scharen nach Xamour aufbrechen.
Die Presse würde die Katastrophe um die BAMBUS ins Unendliche ausschlachten. Die Stimmung in Cartwheel würde sehr gereizt werden. Der Hass gegen die Dscherro würde wachsen. Wallace konnte das alles verstehen. Er fühlte genauso.
Ein hagerer Mann kam ihnen entgegen. Seine Zähne standen hervor und das Gesicht war übersäht von Pickeln.
»Leutnant Buffar meldet sich zur Stelle, Sir!«
»Sie sind der Einsatzleiter?«
»Ja, Sir!«
»Machen Sie so weiter wie bisher. Ich will nicht in Ihre Arbeit eingreifen«, erklärte Wallace.
Der Mann salutierte und gab die Kommandos weiter. Kurze Zeit später kam er wieder und berichtete Wallace von den ersten Problemen: »Wir haben erste Schwierigkeiten die ganzen Leichen zu identifizieren. Teilweise sind sie vollständig verstümmelt.«
»Können wir es nicht mit Genanalysen herausfinden?«, wandte Wallace ein.
»Nein, Mathew«, erklärte Lorif, »Auf keinem der Schiffe haben wir eine Datenbank mit Vergleichswerten. Ebenfalls können wir über diese Entfernung hinweg keine Onlineverbindung zu dem Hauptrechner von Mankind herstellen. Die Identifikation muss also warten bis wir wieder in Cartwheel sind.«
Wallace blickte ungehalten auf den Boden. Der Posbi hatte natürlich Recht. Die Identifikation musste warten. Sicherlich unbefriedigend, aber anders nicht machbar.
Die stickige Luft machte allen zu schaffen. Gucky schwitzte in seinem Fell ungemein und setzte sich auf einen Stein, wo er erst einmal genüsslich eine Mohrrübe aß und einen Schluck Saft trank. Als jedoch eine der übel zugerichteten Leichen in einen Sarg gebracht wurde und Gucky dies bemerkte, warf er angeekelt die Mohrrübe auf den Boden und fasste sich demonstrativ in die Magengegend.
Natürlich hatte er den Ruf als Komiker vom Dienst zu verteidigen, doch in dieser Situation schwieg Gucky und fühlte mit den Toten und den Hinterbliebenen. Der Ilt war in diesem Moment von Trauer erfüllt und beklagte den Tod jedes Einzelnen.
*
Aurec studierte die Listen der Überlebenden. Natürlich hatten sich die ihm unsympathischen Inhaber der BAMBUS, Katschmarek, Roehk und Niesewitz gleich mit dem ersten Transport nach Mankind abgesetzt. Zu seiner Erleichterung waren auch Neve Prometh und Anya Guuze darunter. Ebenfalls die Freunde der beiden, Krizan Bulrich, Roppert Nakkhole und Sylke Stabum.
Dem Saggittonen war die Zuneigung von Neve Prometh nicht entgangen. Leider war sie bereits auf einen Transporter Richtung Cartwheel. Auch er war von ihr angetan und wollte sie vielleicht auf Paxus zum Essen einladen.
Auf der anderen Seite fühlte er sich für Kathy Scolar verantwortlich und auch auf eine Weise zu ihr hingezogen. Sie lag auf seinem Bett und schlief tief und fest. Sie brauchte diese Ruhe, denn sie schien nicht so stark zu sein, um die Ereignisse zu verkraften. Aber was erwartete Aurec von ihr? Kathy kannte nicht das Abenteuer und die Gefahr. Sie hatte sicherlich eine behütete Kindheit genossen und sich nur mit alltäglichen Problemen wie Liebeskummer, Geld und Arbeit herum geschlagen. Der Tod ihrer Schwester und ihrer Freunde hatte sie schwer getroffen. Für sie war ihre Welt zusammengebrochen.
Wer würde angesichts dieser Situation nicht eine seelische Krise durchmachen?
Aurec fielen ein paar Namen ein. Allen voran Perry Rhodan! Das war der Unterschied zwischen den Zellaktivatorträgern, ihren nächsten Gefährten und den normalen Menschen. Das war der Preis für die relative Unsterblichkeit, den Ruhm und die Macht. Die Kehrseite war eine unbeschreibliche Verantwortung gegenüber den sterblichen Wesen, eine strenge Disziplin, ständige Angst das eigene Leben oder das von Geliebten bei einem Abenteuer zu verlieren und der schonungslose Umgang mit dem Tod!
Viele Wesen wünschten sich die Unsterblichkeit, doch sie wussten nicht, was auf sie zukommen würde. Als Zellaktivatorträger musste man eine besondere Einstellung zu Tage legen. Man musste etwas bewirken wollen, sich im Dienst der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens stellen. Man hatte zu akzeptieren, dass man ein unermüdlicher Kämpfer gegen Not, Elend, Hass und Machtgier war. Diese Berufung galt ein ganzes Leben lang. Man konnte nicht wieder zurück und einfach sagen, dass man nicht mehr wollte.
Nur die wenigsten konnten wirklich ermessen, wie schwer es für die Zellaktivatorträger wirklich war. Aurec war einer davon. Er hatte sich auch ohne Zellaktivator dem Kampf gegen das Unrecht verschrieben. Ein harter und langer Kampf, den er seit der ersten Begegnung mit Perry Rhodan nunmehr elf Jahre führte.
Ein Seufzen von Kathy Scolar lenkte ihn von seinen Gedankengängen ab. Er schaute zu ihr herüber und lächelte milde. Er hatte sich wohl etwas in die Terranerin verliebt. Doch es konnte nie etwas aus diesen Gefühlen werden, selbst wenn Kathy ähnlich empfand. Sie war keine Abenteurerin. Aurec konnte ihr kein Leben an seiner Seite zumuten. Sicherlich, auf der einen Seite ein Leben voller Reichtum, Ansehen und Macht doch über die Kehrseite hatte er vor wenigen Sekunden noch ausführlich nachgedacht.
Das war kein Leben für Kathy Scolar. Deshalb ermahnte sich Aurec, rein platonisch zu bleiben. Er hatte auch wichtigere Dinge zu tun, als sich um sich selbst zu kümmern. Manchmal war Aurec zu hart zu sich selbst, doch er versuchte immer wieder Perry Rhodan nachzueifern. Er hatte die größte Verantwortung in Cartwheel neben dem Somer Sruel Allok Mok. Aurec wollte niemanden enttäuschen.
Ein gewaltiger Blitz zuckte durch den Himmel. Ein lautes Grollen folgte ihm sofort. Es fing wieder an zu regnen. Kathy wachte von dem Donner auf. Aurec lächelte sie an.
»Hast du gut geschlafen?«
Sie nickte schwach und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Verwirrt suchte sie nach ihrer Tasche. Aurec reichte sie ihr. Die Terranerin kramte darin herum. Aurec wusste, was sie suchte.
»Es ist nicht mehr drin. Du brauchst es nicht.«
Kathy starrte auf den Boden. Sie wusste, dass Aurec Recht hatte, doch sie brauchte eine Beruhigung. Etwas mit dem sie auf andere Gedanken kam.
»Ich muss jetzt gehen«, sagte sie.
Aurec ließ sie gewähren. Er wusste nicht, ob sie sich nur ausruhen wollte oder sich auf die Suche nach Drogen machte. Er legte Kathy nahe, mit dem nächsten Transport nach Cartwheel zu fliegen. Sie willigte ein. In zwei Stunden flog das nächste Raumschiff zur Heimatgalaxis zurück.
Das Gewitter wurde immer stärker. In Sekundenintervallen zuckten die Blitze durch den dunklen Himmel und ließen ihn erleuchten. Das Grollen des Donners hallte wie die Salven von hundert Kanonen.
Aurec wurde plötzlich unruhig. Irgendetwas stimmte nicht. Er konnte es sich nicht erklären. Es war nur ein ungutes Gefühl. Dennoch gab er sofort Befehl die Räumung schneller durchzuführen. Er stoppte sämtliche wissenschaftliche Untersuchungen und zog sich den Groll von Timo Zoltan zu.
Bei Joak Cascal stieß der Saggittone jedoch auf großes Verständnis. Auch Cascal wollte am liebsten schon gestern den Planeten verlassen haben.
Die beiden saßen wieder in einem Besprechungszimmer zusammen. Mit ihnen waren noch Jonathan Andrews, Jezzica Tazum, Jaktar und Gal'Arn anwesend.
Jezzica sah schlecht aus. Sie wirkte angegriffen und müde. Niemand ahnte, dass dies nicht die Folge der Verletzungen war, sondern die Wirkung der Drogen.
Der Ghannakke Jaktar lag mit dem Gesicht auf dem Tisch und schnarchte laut. Es war nichts für ihn zu tun, also hielt er es nicht für nötig wach zu bleiben. Gal'Arn wusste jedoch, dass sein Orbiter von einer Sekunde auf die andere wieder hellwach werden konnte und einsatzbereit war. Andrews bemerkte, dass mit Tazum etwas nicht stimmte und sprach sie darauf an, während Gal'Arn, Aurec und Cascal über den Abflug diskutierten.
»Cau Thon muss auf die IVANHOE. Dort haben wir die besten Leute«, erklärte Cascal.
Gal'Arn hingegen wollte ihn lieber auf die TERSAL bringen, da dort die besten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden konnten.
Jan Scorbit kam zur kleinen Besprechung hinzu. Er hatte in der rechten Hand einen Becher Kaffee und nuckelte an einer Zigarette. In der Linken hielt der nUSO-Anführer von Cartwheel ein belegtes Brötchen.
»Haben Sie auch eine für mich?«, wollte Cascal wissen und deutete auf die Zigarette. »Ich habe keine mehr.«
»Kein Problem«, antwortete Scorbit und überreichte Joak eine Zigarette.
Aurec schüttelte den Kopf. Er konnte nicht verstehen, wie sich vor allem die Terraner diese qualmenden, übelriechenden Stäbchen in den Mund stecken konnten. Sie waren ungesund, machten süchtig und bedurften stets einer strengen Kontrolle ob ihrer Inhaltsstoffe. Und der Raucher hatte regelmäßige Besuche bei einem Mediziner einzuplanen, um schwere Körperschädigungen zu vermeiden.
»Die IVANHOE ist größer als die TERSAL und daher wäre es für Cau Thon viel schwieriger von dort zu entkommen«, nahm Cascal die Diskussion wieder auf.
»Wie wäre es, wenn zum Beispiel Irwan Dove, Johnny und ich den Typen die ganze Zeit bewachen. Da kann dann wenig schief gehen«, schlug Jan Scorbit vor.
Gal'Arn konnte mit diesem Vorschlag leben. Auch Cascal und Aurec hatten nichts dagegen. Ein lautes Krachen ließ den Raum regelrecht erzittern. Das Gewitter nahm immer stärkere Ausmaße an. Ein Sturm fegte über den Planeten hinweg.
»Scheußliches Wetter«, stellte Cascal fest. Dann ging er zu einem Interkomgerät und rief Mathew Wallace. »Wie weit sind Sie, Wallace?«
»Wir haben noch ein Massengrab. Das Wetter ist nicht sonderlich förderlich. Vielleicht könnte man ja mal einen Schutzschirm über uns spannen und ein paar nette Kunstsonnen einrichten«, meckerte der Schotte.
»Sie haben Ansprüche!«, stellte Cascal lachend fest. »Ich werde das mit dem Schutzschirm veranlassen. Dann kommen wir sicher schneller voran.«
»Sir, da ist etwas... oder jemand... ich melde mich gleich wieder... Ende!«, ertönte es aus Joaks Interkomgerät.
Verwirrt blickte er zu den anderen. Irgendetwas musste passiert sein!
*
Mathew Wallace, Lorif und Gucky hatten sich einen provisorischen Unterstand gebaut, um nicht nass zu werden. Der Regen peitschte in die Gesichter der Arbeiter. Wallace gönnte ihnen eine Ruhepause, bis ein Schutzschirm über dieses Gebiet gespannt war.
»Wie lange brauchen die noch für so eine Kleinigkeit?«, fragte Wallace unwirsch.
»Tja, selbst die gute Thora hatte das damals ohne Probleme mit einem Beiboot hinbekommen. Dann sollten die Leute von der IVANHOE das auch schaffen«, seufzte Gucky.
Wallace wurde von Joak Cascal angefunkt. Erneut stellte Wallace die Bitte, doch einen Schutzschirm bei diesem schlechten Wetter um das Terrain zu spannen, damit die Arbeiten schneller vorankommen.
Cascal meckerte zwar etwas herum, erklärte sich aber für einverstanden. Plötzlich entdeckte Wallace während des Gesprächs eine seltsame rote Figur, die auf den Gräbern wanderte. Sie war völlig in rot gekleidet. Der ovale Helm hatte einen Sichtschlitz aus dem es rotgelb leuchtete. Ein Mantel und ein Umhang hüllten den Rest des Körpers ein.
»Sir, da ist etwas... oder jemand.. ich melde mich gleich wieder... Ende!«, sagte Wallace und beendete die Verbindung.
Gucky und Lorif hatten sich bereits auf den Weg gemacht. Wallace zog seinen Thermostrahler und folgte. Der Regen wurde immer schlimmer. Das Gewitter wurde noch stärker. Der Wind tat das Restliche. Nach nur wenigen Schritten war Wallace völlig durchnässt.
»Ich kann seine Gedanken nicht lesen«, erklärte Gucky misstrauisch.
Wallace und die anderen beiden stiegen auf den Hügel. Unter ihnen war das letzte noch nicht freigelegte Massengrab. Sie stoppten als sie etwa zehn Meter von dem unbekannten Roten Humanoiden entfernt waren.
»Wer sind Sie?«, wollte Wallace wissen.
Gucky fühlte sich etwas übertölpelt. Er war der Zellaktivatorträger und hatte die Fragen zu stellen.
»Genau, wer bist du, Roter?«, warf er nun ein.
Das rote Wesen blieb stehen. Der Umhang wehte im Wind.
»Ich bin Rodrom!«
Gucky glaubte beinahe vom Schlag getroffen zu sein. Dieses Wesen gab sich offen und ehrlich als Rodrom, die Inkarnation des Irgendetwas mit dem Namen MODROR zu erkennen. Das Wesen, welches die Galaxis M64 vernichtet hatte und einst Perry Rhodan und Aurec quer durch die Universen jagte.
»Ohoh«, machte Gucky leise.
Auch Wallace wusste nichts mehr zu sagen. Schließlich fasste sich der Mausbiber wieder und stemmte die Hände in die Hüften nachdem er einen Schritt vortrat.
»Soso, du bist also der schlimme, böse Rodrom. Nett deine Bekanntschaft zu machen. Kannst du mir auch mal sagen, was du hier verloren hast?«
Rodrom ging einen Schritt vorwärts.
»Ich will den Sohn des Chaos abholen«, antwortete er wahrheitsgemäß.
Gucky war verblüfft über die Ehrlichkeit. Rodrom musste so sehr von sich überzeugt sein, dass er mit offenen Karten spielen konnte.
»Das wird dir aber nicht gelingen. Dazu muss du erst mal an uns vorbei«, erklärte Gucky.
Wallace sah den Ilt entgeistert an. Er hatte inzwischen einen Notruf abgesendet.
Rodrom ging in die Hocke, damit er Gucky direkt in die Augen sehen konnte. Gucky versuchte etwas hinter dem leuchtenden Schlitz zu erkennen – vergeblich.
Dann stand Rodrom wieder auf.
»Ihr werdet mich nicht aufhalten können.«
»Das werden wir ja noch sehen...«
Gucky versuchte Rodrom telekinetisch zu Boden zu werfen, doch der Rote war gegen diese Attacken gewappnet. Er ließ plötzlich den Hügel erzittern und warf die Erde meterhoch in die Luft. Gucky teleportierte blitzschnell weg, während Wallace und Lorif in Deckung sprangen.
»Ich möchte wissen, welche Technik er verwendet, um diese Effekte zu erreichen«, gab Lorif von sich.
Wallace war dies relativ egal, es sei denn, man konnte irgendwie diese Technik außer Kraft setzen.
Gucky teleportierte wieder vor Rodrom.
»War das alles? Pah, das kann ich auch!«
Gucky hob ebenfalls mehrere Kilogramm Erde hoch und warf sie in die Luft. Er steuerte sie so, dass sie auf Rodrom fallen sollten, doch Rodrom wurde plötzlich von einer Feueraura umhüllt, welche die Erde zu Asche verwandelte.
»Sehr amüsant. Doch der Spaß ist jetzt vorbei«, sprach er dunkel.
Wieder erzitterte die Erde. Gucky hatte ein Gefühl, als würde da unten etwas leben. Er teleportierte zu Wallace und Lorif, die rückwärts langsam den Hügel heruntergingen. Plötzlich stieß eine Hand aus dem Boden. Gucky und Wallace kreischten entsetzt auf. Immer mehr Hände kamen aus dem Boden und wollten nach etwas greifen.
Sie gruben sich langsam aus und übel zugerichtete Körper wurden erkennbar. Sie gaben grausame Laute von sich und das Szenario erinnerte an einen düsteren Zombiefilm oder ein düsteres Videospiel aus dem 20. Jahrhundert.
»Sehr interessant. Wie kann es Rodrom anstellen, diese Körper wieder zu reanimieren?«, fragte sich Lorif.
»Keine Ahnung welche Technik er benutzt. Ich mach mir gleich in die Hose, wenn die noch näherkommen«, kommentierte Gucky die Situation.
Mathew hatte beinahe über den Ausspruch lachen müssen, doch er richtete stattdessen den Thermostrahler auf die Kreaturen, die einst Besatzungsmitglieder, Passagiere oder Entführer der BAMBUS gewesen waren.
»Sie sind tot. Sie können nicht leben«, sagte er fassungslos.
»Mathew, du kannst davon ausgehen, dass dies nur leere Hüllen sind, die irgendwie zum Leben erweckt wurden.«
»Sehr beruhigend, Lorif! Wirklich. Jetzt habe ich absolut keine Angst mehr!«
Wallace schoss mit einem Paralysestrahl auf einen der Zombies. Die Kreatur brach kreischend zusammen, stand jedoch im nächsten Moment wieder auf.
»Okay, weg hier, sonst kriege ich noch ein traumatisches Erlebnis«, meinte Gucky.
Er packte Lorif und Wallace und teleportierte einige hundert Meter weiter weg. Ihnen kamen die Arbeiter entgegen.
»Sir, Pause vorbei. Sollen wir weitermachen?«, fragte Leutnant Buffar.
»Nicht nötig, die haben sich selbst ausgebuddelt«, sagte Wallace hastig und rannte an Buffar vorbei, der erst als er die Armee der Leichen sah, verstand was Wallace meinte.
»Oh, mein Gott...«
Leutnant Buffar befahl seinen Leuten sofort umzudrehen. Sie rannten ebenfalls zurück zur Station. Eine Gruppe von kampfbereiten Soldaten kam Wallace und Gucky entgegen.
»Was ist los?«, wollte der Oberbefehlshaber, Captain Storm, wissen.
»Da laufen ein paar Zombies auf unsere Station zu. Wären Sie so nett und würden sie aufhalten?«, erkundigte sich Gucky.
Der Offizier war sprachlos. Das laute Heulen der seltsamen Kreaturen bereitete ihm eine Gänsehaut.
»Männer! Hier in Stellung gehen!«, rief er.
Die etwa fünfzig Soldaten verteilten sich. Einige warfen sich auf den Boden und bauten ihre Thermogewehre und Desintegratoren auf. Darüber hockten sich schussbereite Soldaten und in der dritten Reihe standen die Soldaten mit angelegten Strahlern und warteten auf den Feuerbefehl.
Wallace trat an den Offizier heran. »Die Leute dort sind keine Menschen mehr. Das sind wahrscheinlich noch funktionierende Hüllen, die mit irgendeinem Trick reaktiviert wurden. Vergessen Sie das nicht, Captain!«
Storm nickte.
»Die Dinger jagen mir trotzdem Angst ein«, gestand er.
»Feuern Sie!«, befahl Wallace.
Storm stellte sich neben seine Soldaten und gab den Feuerbefehl als die zombieartigen Wesen nur noch 100 Meter entfernt waren. Aus allen Mündungen schossen die Soldaten auf die Kreaturen. Viele von ihnen brachen zusammen, doch sie rappelten sich wieder auf.
Die Desintegratoren verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Kreaturen lösten sich in ihre Bestandteile auf. Der Kampf dauerte nur wenige Minuten, dann waren die Zombies geschlagen.
Storm atmete tief durch.
Wallace erstattete Joak Cascal Bericht.
»Rodrom ist hier! Evakuiert sofort den Planeten. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich wiederhole, Rodrom ist hier!«
Plötzlich hörte es auf zu regnen, die Wolkendecke löste sich auf. Allerdings durchzuckten Blitze noch immer den Himmel. Doch diese stammten nicht von einem Gewitter. Irgendetwas ging dort oben vor.
Wallace wies die Soldaten an, wieder zur Station zurückzukehren. Gucky teleportierte mit Wallace und Lorif bereits voraus.
Kaum waren sie in der Station angekommen, wurden sie von Cascal begrüßt. »Die Hölle bricht los!« sagte er.
Kurz darauf begann der Boden zu erzittern. Cascal informierte sich über die Ausmaße des Angriffs.
»Etwa 20.000 Schiffe haben das Xamoursystem erreicht. Und ein Objekt von gewaltigen Ausmaßen. Aurec glaubt, es ist der besagte SONNENHAMMER, der bereits Saggittor vernichtet hat.«
Eine gigantische Raumstation. Nur Sato Ambush und Serakan hatten sie zu Gesicht bekommen, als sie in der Barriere von Saggittor gewesen waren. Sie war offenbar verantwortlich für den Exodus der Sonnen in M64.
Gucky sagte keinen Ton mehr. Wallace blickte Jonathan Andrews fragend an.
Gal'Arn ergriff letztlich das Wort. »Die Raumschiffe müssen so schnell wie möglich abziehen. Wir müssen hier unten alleine klar kommen und sofort evakuieren!«
Cascal stimmte zu.
»Joak, gib der Flotte Bescheid, dass sie Rodroms Einheiten mit dem minimalsten Risiko hinhalten sollen, bis wir abfliegen können. Sie sollen sich in so wenige Kampfhandlungen wie möglich verwickeln lassen«, kommandierte Aurec.
Der Saggittone wusste um die Gefährlichkeit des SONNENHAMMERs.
»Viel Zeit bleibt uns nicht. Sie wollen Xamour zerstören«, erklärte er.
»Warum das?«, wollte Andrews ungläubig wissen.
»Umsonst würden sie den SONNENHAMMER nicht mitbringen. Sobald sie Cau Thon haben, werden sie das System vernichten«, vermutete Aurec.
Er gab Andrews Anweisungen, Cau Thon und Evspor aus dem Inhaftierungstrakt zu holen und zur TERSAL zu bringen.
Cascal informierte die Anwesenden, dass etwa 200 Transportschiffe der Fremden gelandet waren und eine Armee der Skelettsoldaten sich auf den Weg zur Station befand.
Xavier Jeamour befolgte die Befehle von Aurec. Die Flotte zog sich dicht zusammen und versuchte, den Bereich über der Station mit Sperrfeuer abzuriegeln. Doch die Schlachtschiffe MODRORs, die alle möglichen Formen besaßen, griffen immer wieder an.
»Lage?«, wollte Jeamour von Fraces wissen.
»Die Schiffe verfügen über sehr starke Schutzschirme. Insbesondere die Würfelschiffe und die langgezogenen Raumer«, berichtete der Erste Offizier.
»Was raten Sie?«, fragte Jeamour.
»Wir können vielleicht noch 20 Minuten ohne große Verluste durchhalten, dann sollten wir schleunigst von hier verschwinden.«
Der Ire scheute keinen Kampf, doch er wusste, dass der Kampf von knapp 200 Raumschiffen gegen 20.000 Raumer von MODROR Selbstmord war.
Jeamour wusste dies auch, deshalb gab er an Cascal den Funkspruch, dass sie in 20 Minuten flugtüchtig sein sollten.
*
Die ersten Divisionen an Skelettsoldaten standen unmittelbar vor der Station. Captain Storm und Leutnant Buffar hatten die Einsatzleitung. Ihnen standen knapp 700 Soldaten zur Verfügung. Der Rest war mit der Evakuierung beschäftigt. Eine Space-Jet nach der anderen startete und flog in Richtung IVANHOE.
Doch schon jetzt griffen feindliche Jäger an und schossen einige Space-Jets ab. Cascal wollte Luftunterstützung geben, doch dazu hatten sie keine Möglichkeit.
»Sie greifen an!«, brüllte Buffar.
Storm gab den Feuerbefehl. Ein harter und erbarmungsloser Schlagabtausch zwischen den beiden Armeen begann. Die Skelettsoldaten agierten ohne große Deckung. Sie fielen einer nach dem anderen um, doch immer mehr kamen aus der Wüste und aus dem Wald. Schnell war die Station eingekesselt.
Etwa zwei Dutzend Maschinen brausten über die Station hinweg und warfen Thermobomben ab. Eine gewaltige Feuerwelle zischte über den äußeren Ring hinweg. Generatoren wurden getroffen und die Stromversorgung mitsamt dem Schutzschirm für den inneren Ring brach zusammen.
»Buffar an Storm! Mindestens 200 Tote. Sie brechen durch!«
Storm nahm mit Sorge die Nachricht hin. Er gab die Meldung sofort an Joak Cascal weiter. Nun hieß es, um das nackte Überleben zu kämpfen.
»Buffar, machen Sie, dass Sie da raus kommen!«, brüllte Storm, der nicht ahnen konnte, was sich gerade bei Buffars Linie abspielte.
Die KARAN feuerte auf die feindlichen Linien und landete direkt vor dem brennenden Generator. Leutnant Buffar hatte das Schiff als das von Cau Thon und Goshkan erkannt. Er gab Befehl, es zu vernichten.
Die knapp fünfzig Soldaten schossen mit allem, was sie aufbieten konnten auf das H-förmige Raumschiff. Jedoch hielt der Schutzschirm stand. Die KARAN feuerte zwei Salven zurück und tötete mindestens dreißig Soldaten. Buffar wurde von der Wucht der Explosion ebenfalls zu Boden geworfen.
Als er sich wieder aufrappelte, hatte die KARAN eine Strukturlücke erschaffen und Goshkan lief auf die Station zu. Er wurde von etwa vierzig Skelettsoldaten eskortiert. Alle terranischen Soldaten, die sich ihm in den Weg stellten, wurden getötet. Sie hatten nicht den Hauch einer Chance gegen den versierten Schwertkämpfer.
Buffar suchte seinen Thermaldetonator und wollte ihn auf Goshkan werfen, dabei fiel dem verletzten Offizier die Thermobombe aus der Hand, bevor er sie aktivieren konnte. Sie rollte in eine kleine Senke. Er versuchte dort hinzukriechen. Plötzlich stand Goshkan vor ihm. Leutnant Buffar rappelte sich auf und wollte auf den Zweiten Sohn des Chaos schießen, doch der schlug ihm die Waffe aus der Hand. Dann packte er Buffar am Kragen und hob ihn hoch. Die drei dunklen Augen des Katronen durchdrangen den Terraner, der vor Angst gelähmt war.
Goshkan genoss diesen Augenblick der Macht. Sein Körper zuckte vor Erregung. Er würde diese erbärmliche Kreatur töten. Daran bestand kein Zweifel. Er freute sich schon darauf, das Leben des Terraners auszulöschen. Es bereitete ihm größte Genugtuung die Angst in Buffar zu spüren. Der verletzte Terraner zitterte vor Angst. Er fürchtete um sein Leben.
»Wo ist Cau Thon?«, wollte Goshkan wissen.
»Ich weiß es nicht«, log Leutnant Buffar.
Goshkan nahm einen Dolch und rammte ihn in den Arm des Terraners. Er fuhr bei anderen, weniger wichtigen Körperteilen fort. Er wollte Buffar nicht töten. Noch nicht! Goshkan wollte ihm nur Schmerzen zufügen.
»Ich... ich... im Inhaftierungstrakt... im Gebäude 200 Meter links von hier...«, stöhnte Buffar mit letzter Kraft.
Goshkan war zufrieden. Er schleuderte Buffar zu Boden und beendete das Leben des Leutnants mit einem Tritt seiner Hufen auf den Kopf des Terraners. Knackend zerbrach der Schädel.
Er verschwendete keinen weiteren Gedanken mehr an den Terraner. Für ihn war er unwürdiges Leben.
»Mir nach, Skurits!«, rief der Katrone und hielt mit den Skelettsoldaten auf den Inhaftierungstrakt zu.
*
Rodrom hatte inzwischen die WORDON erreicht. Das kleine Intermezzo auf Xamour war für ihn amüsant gewesen. Zykkth, der Kommandant der WORDON, informierte seinen Meister über den Verlauf der Schlacht.
»Durch das Kreuzfeuer kommen wir schlecht an sie heran. Ebenfalls halten sie eine Passage für ihre Artgenossen unten frei«, erklärte der Ziehvone.
»Wie weit ist Pestol mit dem SONNENHAMMER?«, wollte Rodrom wissen.
»Wir könnten gleich mit der Operation beginnen, doch ich nehme an, wir warten auf Sohn des Chaos Goshkan und Sohn des Chaos Cau Thon?«
Rodrom stimmte zu. »Greift die Schiffe an. Ohne Rücksicht auf Verluste!«
Der Ziehvone führte den Befehl aus. Sofort verließen 2000 Schiffe die Formierung der MODROR-Raumer und griffen die 200 Schiffe der Cartwheeler an. Eine erbitterte Schlacht entbrannte, bei dem die MODROR-Raumschiffe zuerst hohe Verluste erlitten.
Die Völker aus Barym waren technologisch gleichwertig mit den Cartwheelern, doch offenbar besaßen diese einen größeren Kampfeswillen. Rodrom fragte sich, ob MODROR nicht doch recht hatte, die Terraner, Arkoniden und anderen Völker für ihre Sache zu gewinnen.
Doch nach dem dritten Angriffswall machte sich die rücksichtslose Taktik bezahlt. Die Cartwheeler hatten ebenfalls hohe Verluste zu beklagen und mussten sich aufteilen.
*
Jonathan Andrews, Gal'Arn und Jaktar hatten den Inhaftierungsblock erreicht. Ihnen kamen die beiden sehr verwirrten Frauen Ottilie Braunhauer und Inge Bohmar entgegen.
»Was ist denn das nur für ein Krach? Ich bin eine alte, leidende Witwe. Könnt ihr nicht einmal etwas ruhiger sein?«, zeterte Ottilie, die überhaupt nicht begriff, was passierte.
Inge Bohmar schien wieder nach ihrem Mann zu suchen. Sie kreischte panisch »Werner« und hoffte wohl so ihren Mann zu finden.
»Jaktar, bring die beiden zur nächsten Space-Jet«, befahl Gal'Arn.
Der Ghannakke seufzte, dass ausgerechnet er diese unrühmliche Aufgabe erledigen musste, folgte aber den Anweisungen seines Ritters der Tiefe.
Während Jaktar versuchte die Braunhauer und Bohmar herauszubringen, hielt Andrews Funkkontakt mit Wallace und Jan Scorbit, die dafür sorgen sollten, dass Jezzica Tazum unbeschadet zur JAYJAY gebracht wurde.
Der Ghannakke war bald in der Medostation verschwunden, die direkt zur Kommandostation führte, die wiederum direkter Zugang zum Landeplatz der restlichen Space-Jets war.
Irwan Dove begrüßte Gal'Arn knapp. Trotz Zusammenbruchs der Stromversorgung hatte Cau Thon keinerlei Anstalten eines Ausbruchversuchs gezeigt. Da folgte plötzlich eine Erschütterung nach der anderen. Teile der Decke stürzten herab.
*
Jaktar wäre beinahe erschlagen worden und konnte nicht mehr verhindern, dass etwas Schutt auf den Kopf von Ottilie Braunhauer prasselte. Ottilie schrie wie am Spieß. Sie klagte lauthals über ihre Schmerzen, dann verlor sie die Besinnung
»Werner, wo ist Werner?«, kreischte Inge Bohmar.
»Wenn du weiter so viel schreist, siehst du ihn gleich wieder!«, drohte Jaktar genervt.
Natürlich meinte er es nicht wirklich so. Er kümmerte sich um die Braunhauer. Sie hatte eine schwere Kopfverletzung erlitten.
Kathy Scolar rannte dem Pferdewesen entgegen. Sie suchte Aurec. Jaktar erklärte ihr, dass er noch in der Zentrale war und bat sie so schnell wie möglich zur JAYJAY oder TERSAL zu gehen. Kathy half dem Ghannakken, Ottilie Braunhauer wieder aufzurichten. Sie war schwer wie Stein. Endlich hoben sie die alte Dame ächzend auf einen Sessel.
Jaktar verarztete Ottilie Braunhauer mit dem Verbandsmaterial in der Medostation. Es war nur notdürftig, stoppte jedoch die Blutung für eine Weile.
»Ich bringe Ottilie zur Kommandozentrale. Ich bin gleich wieder da«, erklärte Jaktar. Er wollte, dass Inge Bohmar mitkam, doch in dem Moment traf eine weitere Salve die Station. Putz und Beton krachten auf den Boden. Kathy Scolar schrie in Panik auf. Der Weg zu Jaktar war verschüttet. Dem Ghannakken blieb nichts anderes übrig, als Ottilie zur Space-Jet zu bringen und von außen zur Medostation zur gelangen.
Kathy nahm alle Kraft zusammen und packte Inge Bohmar. »Komm mit!«
»Du hast mit Werner geschlafen!«, brüllte plötzlich Inge Bohmar.
»Du spinnst!«, zeterte Kathy.
Sie hatte keinen Nerv auf die Verrückte. Doch Inge war außer sich vor Wut. In den Augen der alten Frau stand der Wahnsinn. Sie griff Kathy an und warf die Terranerin zu Boden. Scolar rappelte sich wieder auf, doch im nächsten Moment schlug die rüstige Frau der jungen Terranerin mit der Faust ins Gesicht. Kathy fiel mit einem dumpfen Stöhnen zu Boden. Mit einem hysterischen Aufschrei warf sich Inge Bohmar mit vollem Gewicht auf Kathy Scolar. Die beiden Frauen rangen miteinander. Dabei stießen sie einen Tisch mit Stahlskalpellen um. Inge packte Kathys Hals und drückte fest zu.
»Du wirst nie wieder herumhuren! Mein Mann ist und bleibt heilig!«
Kathy röchelte und versuchte zu Luft zu kommen. Der schwere Körper von Bohmar schien Scolar noch mehr die Luft zu rauben. Die Wahnsinnige entwickelte erstaunliche Kräfte. Kathy versetzte Bohmar einen Tritt mit dem Knie in die Seite. Erschöpft ließ sie von Scolar ab.
Sie stand auf und fuchtelte wild mit den Armen herum. Eine weitere Erschütterung suchte die Station heim. Monitore und Apparaturen fielen zu Boden. Eine kleine Explosion im Raum warf beide Frauen zu Boden. Feuer wurde entfacht.
»Werner! Bandit! Sie verbrennen!«, brüllte Inge Bohmar panisch.
Kathy wollte die Gelegenheit nutzen, um zu fliehen, doch Inge packte die Terranerin an den Haaren und schleuderte sie zu Boden. Dann schrie sie laut auf und beklagte den »Tod« ihrer beiden imaginären Liebsten.
»Sie verbrennen im Feuer. Gott helfe mir!«
Kathy Scolar rappelte sich auf und versuchte sich zu orientieren. Sie sah die kreischende alte Frau vor dem Feuer stehen. Dann drehte sich Bohmar plötzlich um. Ihre Haare waren zerzaust und hingen ihr in Strähnen im Gesicht. Schweiß rann der geistig Verwirrten von der Stirn.
Dann brüllte sie los und stürzte sich auf die verängstigte junge Terranerin. Bohmar warf Scolar erneut zu Boden und schnappte sich zwei Skalpelle. Sie versuchte Kathy die Messer in die Brust zu drücken.
Tränen schossen Kathy ins Gesicht, als sie ihr Leben am Ende sah. Sie nahm alle Kraft zusammen, drehte die auf ihr liegende Bohmar selbst zu Boden, so dass sie auf ihr lag und presste die Skalpelle in den Leib von Inge Bohmar.
Ein lautes Kreischen hallte durch den Raum. Bohmar gab schmerzerfüllte Laute von sich. Kathy Scolar weinte, denn sie wollte die alte Frau nicht töten, doch die Irrsinnige hatte ihr keine andere Wahl gelassen.
Das Röcheln und Husten von Inge Bohmar verstummte. Sie war tot!
Kathy stand auf und versuchte sich zu beruhigen. Sie rannte aus dem Raum und begab sich auf die Suche nach Aurec. Kaum war sie aus der Medostation, stand auf einmal Goshkan vor ihr. Erschrocken wich sie zurück und lief wieder in die Medostation, wo die Leiche von Inge Bohmar lag.
Goshkan blickte sie grimmig an. Die Muskeln in seinem Gesicht zuckten. Langsam zog er sein Schwert.
»Tötet sie!«, rief er als drei Skelettsoldaten anmarschiert kamen.
In diesem Moment sprang plötzlich Inge Bohmar mit einem lauten Gebrüll auf und nahm die Skalpelle. Sie rannte, mit gezückten Messern, auf Goshkan und Scolar zu. Goshkan reagierte sofort und schlug Bohmar in zwei Teile. Die Skurits schossen auf die Einzelteile und desintegrierten sie.
Scolar nutzte die Gelegenheit und eilte aus dem brennenden Raum. Damit war sie Goshkan entkommen.
Der Katrone blickte auf die Stelle, wo sich eben noch Bohmar befunden hatte. Er hob den Rüssel leicht an und gab ein dumpfes Tröten von sich.
*
Die Raumschlacht tobte unvermindert. Xavier Jeamour beobachtete, wie ein Schiff nach dem anderen in einer gewaltigen Explosion verging.
»Wir können das nicht mehr lange durchhalten. Schicken Sie die anderen Schiffe aus dem Xamoursystem!«, befahl Jeamour. »Wir verstecken uns in der Korona der Sonne.«
James Fraces führte die Order aus und erteilte den Raumschiffkommandanten den Befehl des Rückzugs. 89 Schiffe waren bis jetzt zerstört worden. Einige Schiffe waren so in Kampfhandlungen verstrickt, dass sie überhaupt nicht fliehen konnten. Wieder wurden drei Einheiten zerstört. Bei einem weiteren Schiff brach der Schutzschirm zusammen. Es driftete direkt gegen einen zweiten Kugelraumer, dessen Schirm nun auch zusammenbrach. Beide explodierten als sie miteinander kollidierten.
Die Schlacht war von Anfang an verloren gewesen. Jetzt galt es nur noch das Leben der Wesen auf Xamour zu retten.
*
Kathy Scolar erreichte mit Mühe und Not den Kommandoraum. Dort waren nur noch Joak Cascal, Captain Storm, der gerade Bericht erstattete, Jan Scorbit, Mathew Wallace, Jezzica Tazum und Aurec.
Gucky versuchte überall Leute aufzusammeln und zu den letzten Space-Jets zu bringen, während Lorif und Tym Elahrt die JAYJAY startklar machten.
»Kathy, was machst du hier? Du solltest doch schon längst mit einer Space-Jet evakuiert werden«, sagte Aurec ermahnend.
»Dieser Goshkan ist hier in der Station«, berichtete sie außer Atem. Sie verschwieg den tödlichen Kampf mit Inge Bohmar.
»Verdammt!«, fluchte Cascal.
Aurec machte sich sofort mit Kathy Scolar auf dem Weg.
»Ich werde sehen, ob ich Gal'Arn und Andrews helfen kann«, rief Aurec. »Der Rest soll machen, dass er hier wegkommt! Ich werde mit der TERSAL folgen.«
Bevor Cascal noch etwas erwidern konnte, war Aurec mit Kathy Scolar bereits verschwunden. Aurec wollte Kathy nicht alleine lassen. So konnte er sicher gehen, dass ihr nichts passierte, denn er würde sie mit seinem eigenen Leben verteidigen.
Jezzica meckerte lauthals. Jan Scorbit versuchte sie zu beruhigen. Er bemerkte, dass sie im Rausch war.
»Immer wieder müsst ihr schießen und alles vernichten. Ich habe diesen Mist satt. Ich will nach Terra, feiern und das Leben genießen. Ich lebe nur einmal und will mein Leben nicht mit diesem Müll vergeuden.«
Scorbit packte sie an den Schultern.
»Reiß dich zusammen«, ermahnte er sie, doch Tazum trat dem Anführer der nUSO in Cartwheel einfach zwischen die Beine. Verwirrt rannte sie davon und war aus dem Raum, bevor irgendjemand sie aufhalten konnte.
Jan Scorbit rappelte sich auf und lief hinterher. Er wusste, dass Jezzica in diesem Zustand keine Chance hatte den Planeten lebend zu verlassen.
*
Irwan Dove, Gal'Arn und Jonathan Andrews wollten gerade den Inhaftierungsblock mit Cau Thon verlassen, als Jaktar hereingestürmt kam.
»Goshkan ist hier!«, rief er.
»Wir dürfen keine Zeit verlieren«, stellte Gal'Arn fest.
In dem Augenblick setzte sich Cau Thon auf den Boden.
»Steh auf!«, forderte Irwan Dove, doch der Sohn des Chaos blieb in einer Art meditativen Starre.
Dove packte ihn und trug ihn auf den Armen. Kaum hatten sie das Gebäude verlassen, wurde auf sie geschossen. Von der anderen Seite stürmte Goshkan heran. Andrews wich seinem Schlag gerade noch rechtzeitig aus und zog sein Vibrationsschwert.
»Zur Kommandozentrale!«, rief Gal'Arn.
Goshkan warf Andrews unsanft zur Seite. Jaktar lief zur TERSAL, um sie startklar zu machen. Cau Thon erwachte plötzlich aus seiner Starre und versetzte Dove einen schmerzvollen Tritt zwischen die Beine. Der Oxtorner ließ überrascht den Xamouri los, der mit einigen Saltos zu seinen Soldaten hechtete.
»Er ist entkommen!«, sagte Dove enttäuscht.
»Wir müssen jetzt unser Leben retten«, rief Gal'Arn.
*
Aurec und Kathy Scolar kamen aus dem Inhaftierungsblock. Sofort wurden sie angegriffen. Aurec konnte die Skelettsoldaten abwehren. Cau Thon kehrte zu dem Gebäude zurück, da dort noch sein Caritstab war.
Aurec schoss auf ihn, doch Cau Thon wich aus. Von hinten stürmten Skurits heran und überwältigten Aurec und Kathy Scolar.
Thon nahm seinen Caritstab in die Hand.
»Nun endlich bist du doch in meiner Gewalt«, sprach Cau Thon mit einer Genugtuung. Im nächsten Moment wurde er wieder ernst. »Wo ist Ansunara? Wo ist ihr Leichnam?«
»Ich weiß es nicht.«
»Zu dumm, Aurec! Schafft sie beide zur KARAN«, befahl Cau Thon.
Aurec und Kathy Scolar versuchten sich noch zu wehren. Vergeblich!
»Sie hat nichts damit zu tun, lass sie in Ruhe«, bat Aurec.
Cau Thon hatte nur Spott für den Saggittonen übrig. »Du sollst sehen, wie es ist um sein Weib zu trauern! Schafft sie weg!«
Nun waren sie in der Hand von Cau Thon. Damit war ihr Schicksal besiegelt. Weder Aurec noch Kathy Scolar sollten jemals wieder Cartwheel lebend erreichen.
*
Gal'Arn bemerkte die Entführung. Er wollte sofort die Verfolgung aufnehmen, wurde allerdings von einigen Skelettsoldaten aufgehalten. Gal'Arn konnte sie alle abschütteln. Er folgte Cau Thon, während Andrews noch mit Goshkan beschäftigt war. Der Terraner flüchtete zur Kommandozentrale.
Dort waren nur noch Joak Cascal, Storm und drei weitere Soldaten. Sie harrten der Dinge bis die JAYJAY kam.
»Wo ist Jezzica?«, wollte Andrews wissen.
Cascal erklärte ihm, was passiert war. Sofort stürmte Andrews raus und suchte Jezzica. Sie war nicht weit gekommen, denn Scorbit hatte sie eingeholt. Er versuchte sie wieder zur Zentrale zu bringen, doch Jezzica war wie von Sinnen. Sie bespuckte Scorbit und kratzte ihm ins Gesicht.
Andrews lief hin und wollte Jezzica beruhigen. Sie riss sich los und sank auf den Boden. Langsam robbte sie zurück und lehnte sich an eine Wand zurück, wo sie die Knie anwinkelte und ihren Kopf vor den Knien vergrub.
Andrews ging zu ihr und streichelte behutsam ihr Haar. Jezzica weinte.
»Jan, geh zu Cascal. Wir kommen gleich«, sagte er rasch.
Scorbit wollte die beiden nicht alleine lassen, tat aber, was Andrews sagte.
»Ich will nicht mehr. Ich habe dieses Abenteuer satt. Johnny, lass uns nach Terra gehen«, jammerte Tazum.
Andrews wollte Gal'Arn in dieser schweren Zeit nicht alleine lassen. Er wollte Ritter der Tiefe werden und gegen MODROR kämpfen. Ob mit oder ohne Jezzica. Doch das wollte er ihr nicht sagen.
»Wir reden darüber auf der Space-Jet. Nun komm mit, sonst sterben wir beide hier!«
Er nahm Tazums Hand und zog sie hoch. Sie folgte ihm, da stand plötzlich Goshkan vor ihnen. Der Katrone grinste.
»Jonathan Andrews, welche Freude dich wiederzusehen. Du hast mir das Massaker im Bett deines Bauernmädchens immer noch nicht vergeben, oder?«
Andrews zog sein Vibrationsschwert.
»Ach, du willst kämpfen? Wie ich sehe ist die Blondine doch deine Freundin. Hätte ich das gewusst, hätte ich sie schon vorher zerstückelt, aber das kann man ja nachholen.«
Andrews stürzte sich auf Goshkan und drängte ihn etwas zurück.
»Jezzica, lauf zu Cascal!«
Sofort rannte Tazum los, taumelte jedoch und fiel zu Boden. Die Wirkung der Drogen hatte ihre Koordinationsfähigkeiten vermindert.
Unterdessen hielten Cascal und die anderen weitere Skelettsoldaten auf. Auch Irwan Dove kam hinzu und konnte mühelos die Skurits abwehren. Plötzlich schoss die JAYJAY über das Gebäude hinweg.
»Raus hier!«, brüllte Joak Cascal
Wallace ging langsam herab. Gucky schob die feindlichen Soldaten und Goshkan telekinetisch hinweg. Irwan Dove übernahm den Rest.
Andrews rannte zu Jezzica und wollte ihr helfen. Goshkan rappelte sich schnell auf und wuchtete mit seinen Stoßzähnen zu Andrews. Er verletzte ihn am Arm. Andrews blieb stehen, so dass Goshkan einen zweiten Schlag in den Magen vollführte. Keuchend blieb Andrews auf dem Boden liegen. Goshkan rammte sein Schwert durch Andrews Bein in den Boden. Jonathan versuchte sich zu befreien, doch es war unmöglich. Die Skurits setzten Antigravfelder ein, so dass Gucky sie nicht erneut einfach beiseite fegen konnte. Sie hielten mit Sperrfeuer Cascal und die anderen in Schach.
Jezzica war orientierungslos. Sie kroch auf Andrews zu, doch Goshkan packte sie an den Haaren und zog sie hoch. Dann riss er ihr mit bloßen Händen eine große Wunde in den Kehlkopf.
»Nein!«, schrie Andrews verzweifelt. Nicht schon wieder. Jezzica durfte nicht sterben. Das konnte Goshkan ihm nicht antun. Die Schmerzen im Bein waren groß, doch er riss das Schwert aus seinem Bein. Laut schrie er vor Schmerzen auf.
Goshkan ließ Tazum fallen, die qualvoll ersticke. Andrews kroch mit letzter Kraft zu ihr und wollte die Wunde zuhalten. Es war zu spät. Jezzica starrte ihn mit weit geöffneten Augen an. Doch diese Augen waren tot!
Gucky hob den Erdboden an und brachte die Skurits damit aus dem Gleichgewicht. Die JAYJAY feuerte punktuelle Energiesalven auf sie, so dass langsam eine Lücke entstand. Die Skurits begannen den Rückzug.
Goshkan trabte lässig zu seinem Schwert und nahm es in die Hand. Er winkelte den Rüssel an und gab ein schrilles, amüsiertes Tröten von sich.
»Weißt du, ich habe das genossen. Es war mir eine Freude sie zu töten. Bis zum nächsten Mal, Terraner.«
Goshkan verließ den schrecklichen Ort. Zurück blieb Andrews mit der toten Jezzica Tazum. Entkräftet wurde er ohnmächtig. Gucky materialierte neben ihn. Unter dem Feuer der zurückziehenden Skurits, teleportierte er Andrews und die Leiche von Tazum auf die Space-Jet.
»Wo sind Gal'Arn und Aurec?«, rief Wallace.
Doch niemand wusste ihm das zu beantworten. Goshkan hatte sich zurückgezogen und die Skelettsoldaten feuerten noch auf die Space-Jet als diese schon fast einem Kilometer über der Station war.
»Kurs IVANHOE. Sie hat Schutz in der Korona der Sonne gesucht«, erklärte Mathew Wallace.
*
Cau Thon erstattete Rodrom Bericht.
»Mein Meister, ich bin wieder frei. Die Terraner haben eine bittere Niederlage erlitten. Der Sieg ist unser. Xamour ist nun auch das Grab von Aurec!«
Rodrom war höchst erfreut, falls er so ein Gefühl wie Freude überhaupt empfinden konnte. Er gab Cau Thon den Befehl sofort mit der KARAN den Planeten zu verlassen, denn es wurde Zeit, die letzten Spuren auf Xamour zu beseitigen.
Cau Thon erteilte seinen Soldaten und Goshkan den Befehl den Planeten zu räumen. Die KARAN hob wenige Minuten später von der Welt Xamour ab. Cau Thon verabschiedete sich von seinem Heimatplaneten. Er blickte zu dem terranischen Schiff IVANHOE und spürte, dass dort Ansunara war. Er würde jeden Terraner eigenhändig töten, der den Körper seiner Geliebten berührt hatte.
*
Gal'Arn versuchte Cau Thon einzuholen. Dabei wurde er von drei Skelettsoldaten angegriffen. Zwei von ihnen konnte er niederschlagen, ein dritter stieß ihn zu Boden. Gal'Arn wich einem Schuss aus und trat dem Gegner in die Beine. Sofort rappelte sich der Ritter auf und streckte den taumelnden MODROR-Soldaten nieder.
Plötzlich stand eine schwarze, klobige Gestalt vier Meter von ihm entfernt. Es war Evspor. Der Nesjorianer war wieder zum Leben erwacht. Er richtete seine Waffen auf Gal'Arn. Hinter dem Ritter der Tiefe tauchten vier Skelettsoldaten auf. Er war umzingelt. Gal'Arn warf die Waffe weg und wollte sich ergeben, doch der Kosmokratendiener reagierte nicht darauf. Er schoss!
*
Die JAYJAY hatte die IVANHOE beinahe erreicht. Dabei bemerkten sie, wie der SONNENHAMMER ebenfalls in die Korona der Sonne eintauchte. Unverzüglich schoss die IVAHOE aus der Sonne.
»Wenn unsere Vermutungen stimmen, ist diese Raumstation für die Zerstörung Saggittors verantwortlich. Wir müssen sofort weg«, riet Timo Zoltan.
»Sofort auf Lichtgeschwindigkeit gehen. Hier fliegt gleich alles in die Luft«, hörten sie die Stimme von Fraces.
*
»Der SONNENHAMMER!«, stellte Cascal bitter fest.
Wallace wusste sofort, was er tun musste. Er bereitete sofort einen Metagravflug vor. Egal wohin, nur weg aus dem System.
Die Flottenteile der Feinde verließen das System ebenfalls sehr schnell. Die restlichen Schiffe der Cartwheeler, es waren noch ganze 17, schickten sich ebenfalls an so schnell wie möglich aus dem Gefahrenbereich einer Supernova zu entkommen.
»Beeile dich!«, rief Cascal.
»Wir haben doch noch Zeit«, konterte Wallace.
In dem Moment flammte die Sonne auf. Sie fiel kurz in sich zusammen und begann dann sich aufzublähen.
»Ach ja?«, wetterte Joak.
»Na gut, nicht mehr viel...«
Die JAYJAY sauste mit Höchstgeschwindigkeit von der Sonne weg, doch sie kam immer näher und näher. In letzter Sekunde schaffte es die Space-Jet auf Überlichtgeschwindigkeit zu gehen und sich in sicherer Entfernung vor der Supernova zu retten.
*
Die Welt Xamour wurde ausgelöscht. Der SONNENHAMMER, die WORDON und KARAN begaben sich wieder auf den Weg in das Reich MODROR.
Cau Thon war sich sicher, dass die Terraner und Saggittonen sich nicht mehr von dieser Niederlage erholen konnten, denn sie hatten zu viel verloren. Der Sieg für die Söhne des Chaos war perfekt.
Nun konnte man in die nächste Phase gehen.
*
»Aurec, Gal'Arn, Jezzica...« flüsterte Andrews traurig.
Er hielt den toten Körper der Terranerin in den Armen und nahm Abschied von ihr. Die Trauer war groß und er verfluchte Goshkan. Doch nicht auch noch Aurec und Gal'Arn! Nicht sie!
Die IVANHOE und die restlichen Schiffe berichteten, dass weder die TERSAL noch ein anderes Schiff im Umkreis von 10 Lichtjahren außerhalb des Xamoursystems materialisiert war.
Die JAYJAY war das letzte Raumschiff der Alliierten, die das System verlassen hatte, so die Abtaster der IVANHOE und TAKVORIAN.
Damit stand fest, dass Aurec und Gal'Arn Xamour nicht mehr verlassen hatten. Sie waren tot! Aurec, der Kanzler Saggittors und der Ritter der Tiefe Gal'Arn mit seinem Orbiter Jaktar.
Andrews weinte über die drei Freunde, die für ihn Vorbilder waren. Er konnte nicht fassen, dass sein Meister und Mentor Gal'Arn nicht mehr lebte. Er beugte sich über die tote Jezzica. Die anderen ließen ihn in seinem Schmerz allein.
Eine düstere Stimmung machte sich an Bord der Schiffe breit.
Sie traten den Heimweg an. Die Nachrichten, die sie brachten waren alles andere als erfreulich.
Mit Aurec und Gal'Arn waren die zwei größten Hoffnungsträger in Cartwheel gestorben. Jetzt waren nur noch Sam, Joak Cascal und der Marquês übrig. Auf ihnen lastete nun die ganze Verantwortung des Projekts von DORGON.
Cascal wusste nicht, ob er dieser Verantwortung gerecht werden konnte. Es würden schwere Zeiten auf Cartwheel zukommen.
Jeder an Bord der JAYJAY nahm auf seine Art und Weise Abschied von Aurec und Gal'Arn...
An jenem Osterfest des Jahres 1296 NGZ war niemandem zum Feiern zumute, der sie gekannt hatte. Es war ein Ostern voller Trauer für viele Familien, denn ihre Kinder starben auf der Welt Xamour. Es war eine Zeit der Trauer für das Volk der Saggittonen, denn Aurec war tot! Getötet bei der Vernichtung von Xamour durch den SONNENHAMMER.
Am 13. April 1296 NGZ kehrten die letzten Schiffe zurück. Joak Cascal hatte dann die traurige Aufgabe, von dem hohen Verlust der Schiffe, der Gesamtanzahl der Toten durch die Entführung und von dem Tod Aurecs und Gal'Arns zu berichten. Alle Wesen in Cartwheel waren über die Dokumentationsaufnahmen der gewaltigen Machtdemonstration durch den SONNENHAMMER schockiert.
Es gab einige, die es vorzogen wieder nach Terra zurückzukehren, andere wiederum forderten eine Aufrüstung.
Noch im April 1296 NGZ setzte sich der Paxus-Rat zusammen. Serakan nahm den Platz von Aurec ein – vorerst. Man entschied über die Dscherro. Sie wurden entmachtet und entwaffnet. Der Paxus-Rat setzte Administratoren auf unbestimmte Zeit ein, die die Dscherro kontrollieren sollten und für sie entschieden. Einen anderen Weg sah der Generalsekretär Sam nicht mehr.
Die ersten Maiwochen 1296 NGZ waren von Trauer geprägt. Jeder hatte mit sich zu kämpfen – die Familien der Opfer durch die Katastrophe auf der BAMBUS und Xamour, und die Freunde von Aurec und Gal'Arn.
Man hatte zwar die Lebensgeschichte von Cau Thon erfahren, doch um welchen Preis? War das Leben all dieser Wesen dieses Geheimnis wert?
Man hatte erfahren, dass die Xamouri einst die Wächter des Kosmonukleotids TRIICLE-3 waren, jedoch an ihrer Geldgier zugrunde gingen. Die kybernetischen Nesjorianer der Kosmokraten statuierten ein grauenvolles Exempel und formten einen jungen Xamouri, der der letzte Überlebende war, zu einer Bestie, der letztendlich seinen Weg zu MODROR fand.
MODROR selbst schien ein übermächtiges Wesen zu sein. Man wusste nicht genau, was es war, ob Kosmokrat oder Chaotarch.
Während Joak Cascal bemüht war, irgendeinen Vorteil aus den gewonnenen Informationen zu bekommen, waren andere damit beschäftigt, ihr Leben neu zu ordnen. Jonathan Andrews war leer! Sein Meister und Mentor war nicht mehr. Seine Freundin Jezzica Tazum war ebenfalls tot. Aurec, in dem er einen guten Freund gefunden hatte, war tot. Nun war er allein. Nur die Scorbits und Mathew Wallace waren ihm geblieben.
Doch die Aufgabe war dahin. Niemals würde Jonathan Andrews ein Ritter der Tiefe werden. Die Frau die er liebte, wurde ihm zum zweiten Mal genommen. Wieder von Goshkan. Erst Jerate und nun Jezzica. Was sollte aus ihm nun werden?
Remus Scorbit überredete ihn, ein einjähriges Studium an der Raumfahrtakademie zu belegen. Bei erfolgreichem Bestehen konnten sie auf die beste Militärakademie in Cartwheel, Redhorse Point, gehen, um dort eine Offizierslaufbahn einzuschlagen.
Uthe Scorbit engagierte sich im sozialen Bereich des Terrablocks. Sie gründete mit Erlaubnis des Kabinetts und des Marquês von Siniestro einen Fond für die Opfer der BAMBUS-Katastrophe. Ihre Freundinnen Yasmin Weydner und Jaquine kehrten auch nach Terra zurück. Nur Anica wollte bei Uthe bleiben und sie nicht alleine lassen.
Perry Rhodan entsandte im Juli mehr Soldaten nach Cartwheel und auch Bostich zog gleich, da er nicht riskieren wollte, dass der Terrablock mächtiger wurde.
Die Gharrer bezogen die Insel und siedelten sich in einem System nahe ihrer Brüdervölker in der Koalition Thoregon an.
Das Volk der Saggittonen bestätigte im August 1296 NGZ Serakan als neuen Kanzler, doch dank Nor'Citel und Uwahn Jenmuhs wurde Antistimmung gegen den Nachfolger Aurecs im Parlament geschaffen. Jenmuhs und Nor'Citel hofften, dass Torsor in den Rat gewählt wurde, doch der terrafreundliche Akone Mirus Traban nahm Aurecs Platz im Paxus-Rat ein.
Dann brach die Zeit der Rüstung an. Besonders der Terra- und der Arkonblock schienen sich im Wettrüsten zu überbieten. Der Terrablock gab den Befehl je fünf Schlachtschiffe á 2.500 und 1.500 Meter zu produzieren.
Die SHORNE INDUSTRY unter Michael Shorne, der seine Strafe abgesessen hatte, profitierte enorm von dem Boom in der Rüstungsindustrie. Aber auch jemand anderes; ein gewisse Diethar Mykke, ein spießiger Beamter von der Erde, der mit seiner Frau Judta und seinem Sohn Marvyn nach Cartwheel zog, um die Vormundschaft von Judtas Mutter, Ottilie Braunhauer, zu übernehmen.
Dies an sich war weniger der Rede in einem Geschichtsbuch wert, als vielmehr die Tatsache, dass Ottilie Braunhauer nun Besitzerin der neuen Raumschiffwerft BOHMAR INC. war, die zwischenzeitlich betriebsbereit war.
Nach dem Tode von Inge Bohmar und Karl-Adolf Braunhauer war Ottilie die letzte Erbin des Geldes und der Firma auf Mankind. Da sie jedoch immer noch im Koma lag, übernahm Diethar Mykke die Firma und es gelang ihm, den Zuschlag für den Bau vieler Raumschiffe für den Terrablock zu bekommen, da andere Werften ausgelastet waren. So wurde dieser dicke und feiste Beamte schnell ein gemachter Mann.
Zu den neuen Mitarbeitern bei BOHMAR INC. zählte auch die junge und etwas rätselhafte Terranerin Neve Prometh, die als Sekretärin von Mykke anfing.
Während Henry »Flak« Portland die Rüstung und die Ausbildung neuer Soldaten antrieb, sprach sich Joak Cascal für eine Expedition nach Seshonaar, der Nachbargalaxis von Cartwheel aus. Doch zu diesem Zeitpunkt stieß er überall auf taube Ohren.
Die IVANHOE erlangte erneuten Ruhm, denn ab Oktober 1296 NGZ brach ein »Krieg« zwischen den Machtblöcken aus. Es war kein eigentlicher Krieg, eher ein Wetteifern um neue Ressourcen und Planeten. Das Kolonisieren der Randbezirke Cartwheels begann und Arkon setzte alles daran vor dem Terrablock zu liegen.
Doch Xavier Jeamours Crew machte dem Mascanten Terz von Eskor oft einen Strich durch die Rechnung. Und das trotz einiger untalentierter Kadetten, wie Sylke Stabum, Anya Guuze oder Krizan Bulrich, der jedoch irgendwie zusammen mit Roppert Nakkhole es schaffte, dasselbe Studium zu absolvieren, wie Jonathan Andrews und Remus Scorbit.
Dessen Bruder Jan übrigens die nUSO als anerkannte Hilfsorganisation präsentieren konnte. Der Paxus-Rat verabschiedete diese Anerkennung im Februar 1297 NGZ. Die nUSO musste sich jedoch an die galaktische Gesetze halten und galt als galaktische Polizei.
Doch Jan Scorbit musste nach der Haft von Sam Tyler und dem Tod von Japar die nUSO neu strukturieren. Trabon Saranos, ehemaliger Sicherheitschef der GOLDSTAR und ein tollpatschiger Terraner mit dem Namen Peter Richettéu bekleideten hohe Ämter in der nUSO in Cartwheel. Es gelang Scorbit allerdings nicht, Wyll Nordment und Rosan Orbanashol-Nordment, die Helden der LONDON I und II für die nUSO zu gewinnen.
SHORNE INDUSTRY machte sich erneut einen zwielichtigen Namen, als sie mit geklonten Wesen Handel betrieben. Shorne setzte dabei besonders auf Tiere und Fabelhaustiere, sowie lebende Puppen für Kinder.
Diese Produktion war zwar legal, doch viele Naturfreunde sahen darin eine Versündigung gegen Gott und die Umwelt. Doch Shorne machte damit ein gutes Geschäft. Der Marquês setzte sich sogar offiziell für Shorne ein. Es war sein schlechtes Gewissen, denn der Marquês hatte Shorne hereingelegt. Ebenfalls hatte der alte Spanier aus dem 18. Jahrhundert keine richtige Vorstellung vom Klonen und sah darin keine Gefahr.
Nor'Citel alias Leticron wurde darauf aufmerksam, da seine Klonfabriken nicht gut liefen. Er schloss mit Shorne einen Pakt und SHORNE INDUSTRY begann im Stillen auf Paricza und dessen Monden Klonfabriken zu errichten. Das war für Shorne das Geschäft des Jahrhunderts, doch er schaufelte an seinem eigenen Grab.
Im Juni 1297 NGZ erzielte die Klonfabrik auf New Paricza die ersten Erfolge. Insgesamt 35.000 Soldaten waren bis zu dem Zeitpunkt produziert. Ihre Konditionierung war erfolgreich abgeschlossen. Leticron wollte jedoch noch einen Test durchführen. Er setzte 500 seiner Soldaten gegen 1.500 Dscherro ein. Ein Mann gegen Mann Kampf, den die Elitesoldaten beeindruckend für sich entschieden. Leticron war mit diesem Test zufrieden und ging in volle Produktion. Während sein Adjutant Poleycra Leticrons direkter Stellvertreter wurde, übernahm der hohe General Tonkvar die Ausbildung der Klonsoldaten.
Im Spätsommer normalisierten sich die Verhältnisse und eine Entspannung trat ein. Wettrüstung, Kolonisierung und Klonen waren inzwischen alltäglich. Mehr als ein Jahr nach den Ereignissen auf Xamour waren um das Sternenportal als auch an den Randgebieten Cartwheels viele Raumfestungen erbaut worden. Dazu hunderttausende Satelliten, welche die Aufgaben hatten, den SONNENHAMMER zu lokalisieren. Die Furcht vor einem Angriff MODRORs war groß. Hieraus resultierte auch das Wettrüsten – aus einem Gefühl der Machtlosigkeit und Schwäche. Wie konnte man eine Galaxis verteidigen, wenn dem SONNENHAMMER nur eine Sonne ausreichte, um den Dominoeffekt auszulösen?
Das Studium verlief für Jonathan Andrews und Remus Scorbit gut. Langsam schaffte der Terraner es, über Gal'Arn hinwegzukommen. Er fand Spaß an seiner neuen Aufgabe und erfüllte sie sehr gut.
Nataly Jargon, meine Nichte, wurde von diesem widerlichen Kessel herausgeworfen – verzeihen Sie mir diesen Emotionsausbruch. Serakan bekam davon wenig mit. Enttäuscht entschloss sich Nataly, mich bei den Chroniken zu unterstützen. Zusammen mit den Mohlburrys waren wir ein gutes Team.
Der Herbst und die Weihnachtszeit verliefen ruhig. Anfang 1298 NGZ hatte der Terrablock über 30.000 Schlachtschiffe, davon zwanzig Schiffe über 1.000 Meter. Die Arkoniden hatten insgesamt 50.500 Schlachtschiffe, jedoch nur acht Großschlachtschiffe. Doch keiner der Machtblöcke konnte an die Quantität der saggittonischen Völker und der Blues heranreichen. Das wusste auch Jenmuhs und er setzte alles daran, seine Produktionen zu verdoppeln.
Man schrieb den 3. Januar 1298 NGZ. Seit knapp drei Jahren war Cartwheel besiedelt und ein beachtlicher Erfolg war nicht von der Hand zu weisen.
Doch zu diesem Zeitpunkt, genau an diesem Tage, passierte etwas, was niemand für möglich gehalten hätte – es kam folgender Funkspruch:
»Cartwheeler, ihr habt euch tapfer gezeigt. Von nun an will ich nicht mehr gegen euch kämpfen. Eure Mitstreiter konnten mich davon überzeugen, nicht mehr gegen Cartwheel zu kämpfen. Von MODROR geht keine Gefahr mehr aus. Cauthon Despair!«
Sam konnte die Worte nicht glauben, die er vor wenigen Minuten vernommen hatte.
Diese Nachricht stammte von dem Silbernen Ritter Cauthon Despair und wurde im Namen von MODROR ausgesprochen. Jeder Abgeordnete im Paxus-Rat stand auf. Ein Raunen hallte durch den Saal.
Die Nachricht wurde direkt auf der Frequenz des InselNet übertragen. Sie wurde jede Minute wiederholt. Dann nach zehn Minuten verstummte die Botschaft. Das Bild des Silbernen Ritters war erloschen.
Sam blickte seine Ratsmitglieder fragend an. Jeder war auf die gleiche Art und Weise von dem plötzlichen Signal Despairs überrascht. Der Marquês blickte sich verwirrt um. Auch Mirus Traban und Uwahn Jenmuhs wirkten ratlos. Nor'Citel war als einziger gefasst. Wusste er mehr als die anderen?
Sam bat die Abgeordneten um Ruhe. Doch niemand hielt sich daran. Die Regenten diskutierten über diese Nachricht und stellten eine Theorie nach der anderen auf. Einige glaubten an die Beilegung des Konfliktes andere witterten eine Falle von MODROR.
Sam gestand sich ein, dass er es nicht wusste.
Kurze Zeit später trat Jatunius an den Somer heran. Jatunius war Dorgone und Leiter der Paxuswache, einer Sicherheitseinheit für das Paxus-Parlament, die nach dem Angriff von Saron auf das Gebäude ins Leben gerufen wurde.
Jatunius war 78 Jahre alt und trug sein borstiges Haar kurz. Er war von kräftiger Statur und stolz, ein Dorgone zu sein. Aber er war ebenso stolz für die Entität DORGON zu streiten, denn er hatte die letzten Kaiser verachtet und sah die Notwendigkeit im Inselprojekt. Sam stufte den Dorgonen als zuverlässig ein.
»Ehrenwerter Generalsekretär, wir haben eine neue Botschaft von Cauthon Despair erhalten«, meldete Jatunius. »Er ist uns zugeschaltet und möchte vor dem Parlament sprechen.«
Sam war darüber nicht mehr überrascht. Er erklärte dem Sicherheitsmann, dass er in zwei Minuten die Verbindung herstellen sollte.
Derweil rief der Somer die anderen Regenten zur Ruhe auf, da Cauthon Despair gleich eine Ansprache halten würde. Plötzlich wurde es sehr leise im Plenum. Jeder wartete gebannt auf die Rede des ominösen Silbernen Ritters, den viele nur aus Erzählungen her kannten.
Da erschien die imposante Gestalt Despairs in einer übergroßen Holografie im Saal. Er wirkte fast furchteinflößend in seiner silbern schimmernden, ritterähnlichen Raumrüstung. Durch den verspiegelten Helm konnte niemand das Gesicht des Cameloters erkennen.
Despair drehte sich um und ließ den Blick über die Halle schweifen. Dann sagte er: »Regenten von Cartwheel. Ich überbringe eine Botschaft von MODROR. Bitte erlaubt mir vor euch zu sprechen. Mein Schiff bittet um Landeerlaubnis vor dem Paxus-Parlament. Ich bin in Frieden gekommen. Ich bin einer von euch.«
Die Holografie verschwand. Sam war der einzige im Paxus-Parlament, der Despair persönlich kannte. Er wechselte mit de la Siniestro einen vielsagenden Blick. Der Spanier nickte unmerklich und signalisierte seine Zustimmung.
Jatunius betrat wieder den Saal und wandte sich an Sam. »Was sollen wir jetzt machen? Das Schiff von Despair ist keilförmig und hat eine Länge von zwanzig Metern. Die Breite beträgt vier Meter, die Höhe drei Meter. Mehr können wir jedoch nicht darüber sagen. Es hat eine goldene Außenhaut.«
»Lassen Sie das Schiff landen. Die Paxus-Wache soll allerdings in Alarmbereitschaft bleiben. Wir wollen kein Risiko eingehen«, antwortete Sam.
Der Dorgone wiederholte den Befehl und gab seinen Leuten die Anweisungen weiter. Sruel Allok Mok informierte die Delegierten über seine Entscheidung und bat sie im Plenum zu bleiben. Er und die Ratsmitglieder hatten die Absicht Cauthon Despair zu empfangen. Mit gemischten Gefühlen verließen die fünf Ratsmitglieder das Plenum und gingen zur Landeplattform.
Ein kalter Wind wehte. Doch der Himmel war wolkenfrei. Sam, der Marquês von Siniestro, Leticron, Jenmuhs und Mirus Traban liefen eine Empore zur Landeplattform hoch. Sie wurden von etwa zwanzig Soldaten begleitet.
Sam blickte in den Himmel. Die Sonne blendete ihn, doch er kniff die Augenlider zusammen und konnte das goldene Keilschiff von Despair bereits erkennen. Es musste ein Einmannraumschiff sein. Die Hülle erinnerte den Somer an die SOL. Anscheinend bestand sie auch aus dem seltenen Stoff Carit, der aus dem ultimativen Stoff gewonnen wurde.
Der Rumpf war keilförmig und erinnerte etwas an die TERSAL, dem Schiff des verstorbenen Ritters der Tiefe Gal'Arn. An den beiden Seiten waren so etwas wie Flügel angebracht. Sie waren jedoch nicht flach ausgestreckt sondern lagen, mit mehreren dicken Stangen an dem Rumpf verbunden, eng an dem Hauptteil des Schiffes und waren hochkant, so dass sie eigentlich die Funktion einer Tragfläche gar nicht erfüllen konnten. Das Heck war etwas breiter, was an den Triebwerken lag.
Das Raumschiff wurde von mehreren Space-Jets eskortiert. Sam erkannte den Namen des Schiffes, der in Interkosmo auf der Außenhülle stand – BREEN!
Der Somer wusste als einziger was, oder besser gesagt wer damit gemeint war. Breen war der Nachname der verstorbenen Terranerin Sanna Breen. Sie war eine Freundin Despairs gewesen. Als Profilerin der LFT hatte sie ihn eigentlich als Feind analysieren sollen, doch während der Mordred-Zeit und der Dorgon-Expedition waren sie sich wohl näher gekommen. Allerdings hatte Sanna sich in den smarten Dorgonen Valerus verliebt und war bei einem Zweikampf zwischen Despair und Valerus gestorben. Sie war unglücklich in das Schwert Despair gerannt. Seitdem war Despair verschwunden.
Nun war er zurückgekehrt. Wie einige vermutet hatten, war er bei MODROR gewesen. Durch die Schilderungen von Cau Thon hatte man viel mehr erfahren können. So wusste man nun, dass Cau Thon die Eltern von Despair getötet hatte und bereits den Fötus von Cauthon manipulierte. Dieser rote Faden zog sich durch Despairs Leben bis er reif für die Mordred war. Sam wusste nicht, ob der Silberne Ritter diese Tatsachen kannte. Sehr bald würden sie es jedoch herausfinden.
Die BREEN landete behutsam auf der Plattform. Die Space-Jets verteilten sich im Himmel. Etwa ein halbes Dutzend Soldaten, die von dem Dorgonen Jatunius angeführt wurden, liefen zum Schiff und warteten auf die erste Reaktion.
Eine Luke öffnete sich, das Schott glitt hoch und eine Empore wurde ausgefahren. Rauch schoss aus einigen Druckventilen. Die Empore setzte auf dem Stahlboden der Plattform auf. Dann schritt der große Silberne Ritter aus dem Schiff.
Jatunius wies seine Leute an, erst auf sein Kommando in Kampfposition zu gehen. Die Lage war angespannt, als Despair die Empore verlassen hatte und vor dem Dorgonen stehen blieb. Es schien als würde der Silberne Ritter den Gardisten von oben bis unten mustern.
»Ich bin Jatunius, Anführer der Paxus-Wache«, stellte sich der Sicherheitsmann vor. »Ich heiße Sie auf Paxus willkommen. Bitte geben Sie alle Ihre Waffen ab. Von uns haben Sie nichts zu befürchten.«
Despair zog seinen Umhang zur Seite und man konnte den Halter seines Caritschwertes sehen. Jatunius wusste nicht, was er davon halten sollte. Despair verdeckte das Schwert wieder mit dem Umhang.
»Auch von mir haben Sie nichts zu befürchten. Warum legen Sie nicht auch Ihre Waffen ab?«, erwiderte Despair.
Sam ergriff nun die Initiative und ging auf den Silbernen Ritter zu. Despair erkannte den Somer und verbeugte sich vor dem blauen Federwesen.
»Es freut mich, Sie wiederzusehen. Willkommen in Cartwheel«, begrüßte Sam den alten Bekannten.
Despair erhob sich. »Ich danke Ihnen, Sam. Ich bin froh meine alten Gefährten wiederzusehen. Es gibt viel zu berichten. Lasst mich bitte vor dem Parlament sprechen und ich werde eure offenen Fragen beantworten.«
Sam willigte ein. Er geleitete Despair in das Plenum und hoffte, dass sie nun Informationen bekamen, die alles verändern würden.
Das Gemurmel der Regenten verstummte mit dem Auftauchen von Cauthon Despair. Der Silberne Ritter schritt in den großen Saal und blickte sich um. Dann lief er zum Rednerpult, an dem Sam noch stand.
»Liebe Repräsentanten, Cauthon Despair wird uns nun alle offenen Fragen beantworten.«
Despair trat an das Rednerpult. Niemand wusste was in ihm vorging. Doch auch er wusste nicht, was in den Köpfen der Delegierten vor sich ging.
»Cartwheeler! Die wenigsten kennen mich. Mein Name ist Cauthon Despair. Ich bin Cameloter, auch wenn es diese Organisation nicht mehr gibt. Früher diente ich bösen Mächten, dann schloss ich mich Perry Rhodan an und begleitete Aurec, Sam und Julian Tifflor nach Dorgon. Dort war ich, wie die wenigsten wissen, maßgeblich an der Beilegung des Konfliktes beteiligt. Ich habe Nersonos Wahnsinnstaten unterstützt, weil ich wusste, dass er so am meisten Macht verliert.
Danach starb auf tragische Weise die Frau, die ich auf eine besondere Weise verehrte. Sie gab meinem Leben einen neuen Sinn und stärkte mein Vertrauen in Perry Rhodan. Nach ihrem Tod fühlte ich mich verlassen und wurde von Cau Thon umworben.«
Ein Stimmgewirr brach los. Wüste Beschimpfungen musste Despair über sich ergehen lassen. Carjul, der Repräsentant der Okefenokees, forderte sogar, dass man Despair sofort hinrichten lassen sollte.
Doch der Silberne Ritter sprach unbeeindruckt weiter: »Ich verstehe die Aufregung. Cau Thon offerierte mir einen Zellaktivator, den ich auch annahm.«
Sam glaubte nicht richtig zu hören. Cauthon Despair besaß einen Zellaktivator! Damit war er relativ unsterblich.
»Ich folgte dem Sohn des Chaos zu fremden Welten. Ich befand mich nun direkt in dem Reich von MODROR, doch ich bekam wenig zu sehen. Jahrelang wurden meine Fähigkeiten auf einem düsteren Planeten trainiert. Ich hatte keinen Kontakt zur Außenwelt. Cau Thon wollte mich zu einem Sohn des Chaos machen, doch je länger ich dort war, desto mehr wollte ich mich für Frieden einsetzen. Ich widerstrebte dem Wunsch MODRORs, ein Sohn des Chaos zu werden. Dann, nach schier unendlich langer Zeit, erschien MODROR endlich. Er berichtete von dem Tod Aurecs und Gal'Arns und den erbitterten Kämpfen zwischen Cartwheel und den Mächten von MODROR...«
Die Delegierten registrierten traurig, dass nun wirklich keine Hoffnung mehr für Aurec und Gal'Arn bestand. MODROR hatte sie getötet. Sam verfluchte dieses Wesen. Von ihm sollte nun ein Friedensangebot kommen?
»Ausgerechnet der Tod von Aurec hat MODROR besänftigt«, berichtete Despair weiter. »Schon vor mehr als zehn Jahren hatte sich Aurec gegen die Macht MODRORs gestellt. Diese Frechheit verzieh er ihm nie. Des Weiteren hat mir MODROR erklärt, dass er keinen Groll gegen die Cartwheeler und deren Heimatgalaxien hegt. Sie sollen sich von DORGON lossagen und nicht mehr für seine Interessen kämpfen. MODROR will einen Kampf auf kosmischer Ebene führen und sich gerne an den Pakt von DaGlausch halten, der eine Einmischung der höheren Mächte untersagt.
MODROR sagte weiter, dass die Terraner, Arkoniden und all die anderen Völker sich um ihre eigenen Probleme kümmern sollen und die Superwesen sich um die ihrigen. Es sei nicht gerecht, niedere Wesen in den kosmischen Konflikt hineinzuziehen.
Deshalb bietet MODROR uns allen den Frieden an, wenn wir uns von nun an neutral verhalten. Er verspricht sich an den Pakt von DaGlausch zu halten, wenn DORGON dies ebenfalls tut.«
Wieder entbrannte eine hitzige Debatte der Politiker, ohne dass Despair ausgeredet hatte. Jeder brüllte etwas in den Raum. Viele schienen den Vorschlag von MODROR zu begrüßen.
»Aufgrund dessen hat mich MODROR freigelassen. Er hat mir die Freiheit geschenkt, um euch von seinem Friedensangebot zu berichten. Ich persönlich weiß nicht, ob man MODROR vertrauen kann, da ich nur einmal Kontakt mit ihm hatte und sonst nur mit Rodrom, Cau Thon oder Goshkan. Doch ich denke, es wäre ein Versuch wert. Wenn MODROR sich an den Pakt von DaGlausch hält, müssen wir es auch tun!
Wir können uns in einen blutigen und endlosen Krieg stürzen oder uns friedlich unseren eigenen Problemen widmen. Wir können hier in Cartwheel eine neue einmalige Zivilisation gründen oder Millionen Lebewesen in den Schlachten gegen MODROR verlieren. Gab es nicht schon genug Opfer? Wollt ihr eure Kinder auf einem Schlachtfeld groß werden lassen? Ich bin klar dafür, dass wir MODROR vertrauen und den Frieden akzeptieren!«
Damit hatte Cauthon Despair seine beeindruckende Rede beendet. Zu seiner Überraschung herrschte nun absolute Stille. Jeder schien über die Worte nachzudenken. Despair bemerkte auch in Sams Gesicht eine nachdenkliche Mine.
Der Silberne Ritter verließ das Rednerpult und sah Sam auffordernd an. Der Somer reagierte sofort und betrat den Stand.
Er brauchte einige Momente um die passenden Worte zu finden. »Wir sollten die Tagung für heute beenden und über die Worte nachdenken. Morgen in aller Frühe können wir uns weiter beraten. Wir müssen das Volk fragen. Wir müssen Rücksprache mit der Milchstraße, Dorgon, Druithora und den anderen Heimatgalaxien führen. Wir müssen akribisch das Angebot von MODROR prüfen. Erst dann können wir eine Entscheidung treffen.«
Sam wanderte durch die leere Empfangshalle des Paxus-Parlaments. Nur ein paar Sicherheitsbeamte oder Reinigungskräfte kreuzten seinen Weg. Der Somer ließ seinen Blick durch die pompöse Halle schweifen, deren Dach eine durchsichtige Kuppel ersetzte.
Immer wieder rief er sich die Ansprache von Cauthon Despair ins Gedächtnis. Konnte man dem Silbernen Ritter trauen? War MODROR wirklich daran interessiert, den Konflikt nur auf kosmischer Ebene auszutragen? Was man bisher über MODROR wusste, widersprach dem. In MODRORs Auftrag wurde die Mordred gegründet, die Invasion der Dorgonen geplant und die Galaxis Saggittor vernichtet. Warum wollte MODROR nun Frieden? Gab es höhere Mächte, die ihn dazu zwangen, den Pakt von DaGlausch einzuhalten? Durfte man DORGON einfach so im Stich lassen? Hatte man nicht die moralische Verpflichtung trotzdem gegen MODROR vorzugehen? Doch was wollte MODROR eigentlich erreichen? Von DORGON wusste man, dass er eine so große Bedrohung war, dass jedes Lebewesen im Universum in Gefahr war.
Der Somer wusste nicht, ob diese Aussage der Wahrheit entsprach oder übertrieben war. Warum meldete sich DORGON jetzt nicht? Fragen deren Antwort der Somer nicht kannte. Er konnte noch stundenlang darüber nachdenken und würde zu keinem Ergebnis kommen. Vielmehr stand er vor der Frage, ob man nun einen Frieden schließen sollte oder nicht.
Joak Cascal, der Marquês von Siniestro und Serakan betraten einen Besprechungsraum. An Cascals steinerner Miene konnte Sam deutlich erkennen, dass er nicht sonderlich begeistert von dem Auftauchen Despairs war. Der Marquês zeigte wenig Mimik. Serakan hingegen wirkte müde und erschöpft. Sicher hatte ihn die Gewissheit, dass Aurec tot war, in eine tiefe Trauer gestürzt. Er war Raumschiffkommandant und kein Politiker. Der Saggittone hatte große Probleme, in die Fußstapfen von Aurec zu treten.
»Meine Herren«, begrüßte Sam die drei.
»Wo ist Despair?«, wollte Cascal wissen. Er kam direkt auf den Punkt. So kannte man ihn schon aus den Tagen der Solaren Abwehr. Cascal war damals ein knallharter und kompromissloser Agent gewesen, der Perry Rhodan mehr als einmal aus der Patsche geholfen hatte. Nun trug er eine große Verantwortung, denn ihm unterstanden die 30.000 Schiffe des Terrablocks. Der Terramarschall wartete auf eine Antwort.
»Lieber Freund, ich kann mir denken, dass Sie Despair am liebsten verhören würden, doch er ist in Frieden gekommen und wir haben das zu respektieren«, erklärte Sam.
Joak wirkte wenig überrascht, dass Sam ihn durchschaut hatte. Er verschränkte die Arme vor den Bauch und sagte: »Ich traue Despair nicht. Das habe ich noch nie getan. Plötzlich taucht er auf und alles wird gut? Daran glaube ich nicht. MODROR war eindeutig auf der Siegesstrecke. Warum nun das plötzliche Umdenken?«
Eine berechtigte Frage, wie Sam fand. »Es gibt noch viel zu beraten. Deshalb werden sich alle Regenten morgen zusammensetzen. Vielleicht können wir eine Einigung erzielen.«
»Was gibt es zu beraten? Wir müssen weiterhin wachsam sein. Diese Typen haben Galaxien vernichtet, viele unserer Freunde getötet und uns bekämpft wo es nur ging. Mit denen können wir keinen Frieden schließen!«, entgegnete Cascal erbost. Dann verließ er den Raum und lief zu seinem Quartier.
Der Marquês blickte nachdenklich hinterher.
»Was meinen Sie, Don Philippe?«
Der Marquês hielt die Hände an den Rücken und schritt ein paar Meter umher. Er betrachtete sich ein Bild, welches von dem gatasischen Künstler Trözyra aus dem dritten Jahrhundert neuer galaktischer Zeitrechnung stammte. Es stellte den Konflikt zwischen den Apasern und Gatasern dar und zeigte einen verschmolzenen Blue, der die Eigenschaften beider Bruderstämme besaß und somit Einheit verdeutlichte.
Der Spanier dachte wenig über den Sinn des Bildes nach. Er fand es eigentlich scheußlich und lobte sich die terranischen Künstler. Dann wandte er sich wieder dem Somer zu.
»Ich denke, wir können Despair vertrauen. Frieden ist eine gute Sache, Señor. Allerdings sollten wir wachsam sein. Wie wäre es mit einem Status Quo? Wir agieren nicht, solange MODROR nirgendwo in unseren Gefilden Chaos verbreitet.«
Sam dachte nur wenige Augenblicke über diesen Vorschlag nach, dann fand er bereits seine Zustimmung. »Eine exzellente Idee, Marquês. Sie sind ein hervorragender Politiker.«
»Zuviel der Ehre, Señor Sam«, antwortete der Marquês verlegen. Zumindest tat er so, denn in Wirklichkeit war er fest davon überzeugt, ein hervorragender und einmaliger Politiker zu sein.
Die beiden beschlossen noch etwas Essen zu gehen, bevor es zu spät wurde. Morgen würde ein anstrengender Tag für die Politiker werden. Denn morgen mussten sie über das Schicksal Cartwheels entscheiden. Über Krieg oder Frieden.
Ein Dutzend Gleiter rauschte zum Paxus-Parlament. Hunderte von Sicherheitsbeamten hatten das Gebiet um den Regierungssitz der Insel abgeschirmt. Der riesige Komplex war etwa drei Kilometer lang und zwei Kilometer breit. Neben dem eigentlichen 700 Meter hohen und 200 Meter breitem Pilzbau des Paxus-Parlaments befanden sich noch etliche Hotels, Unterkünfte, Restaurants und Sicherheitsanlagen sowie ein kleiner Landeplatz auf dem Gelände.
Es war für alles gesorgt. Die Paxus-Wache bestand aus über zweitausend Soldaten, die rund um die Uhr für Sicherheit sorgten.
Die Gleiter mit dem Hoheitszeichen des Kristallimperiums hielten an. Mehrere Naats stiegen aus bevor der Mascant Terz von Eskor, der Stabsoffizier und Raumschiffkommandant Has'Athor da Roon, der Regierungsschiff Zalits Toran Ebur und Uwahn Jenmuhs selbst ausstiegen. Toran Ebur glich von der Statur einem durchtrainierten Oxtorner. Der Unterschied lag natürlich in den für Zaliter typischen dunkelblonden Haaren und den roten Augen. Der junge, charismatische Zaliter galt als treuer Anhänger von Uwahn Jenmuhs und war sehr beliebt in seinem Volk. Dementsprechend unbeliebt war er bei den Terranern, da der Thek'Athor nie ein Blatt vor den Mund nahm.
Ebur war ebenfalls zweithöchster Militär in dem Kristallreich auf der Insel. Er war direkter Stellvertreter von Terz von Eskor, da er den Rang des Zentralflottenkommandanten innehatte. Ebenfalls war er Kurii, der arkonidische Begriff für Statthalter, der Kolonie Zalit. Damit war er in der Tat für sein junges Alter eine Größe im Arkonidischen Kristallimperium. Unwirsch lief er an den vereinten Sicherheitskräften vorbei, die aus Dorgonen, Saggittonen, Terranern, Oxtornern, Halutern, Blues, Topsidern und allen möglichen Völkern bestanden. Der Gos'Kurii, der Kristall-Statthalter, wie sich Jenmuhs nun nannte, lief direkt hinter Ebur. Er war in einer prachtvollen Uniform gekleidet. Er hatte nichts für die anderen Delegierten übrig und würdigte sie keines Blickes.
Kurz nach den Arkoniden folgten die Völker aus M87. Zuerst der Konstrukteur des Zentrums, Carjul, und der Dumfrie Kurlock. Beide wirkten arrogant und überheblich. In gebührendem Abstand folgten die beiden »Bestien« Torsor und Itzakhh. Torsor war eine gigantische Erscheinung und übertraf sogar einen Uleb. Er war hochintelligent und von der Zellstruktur biologisch unsterblich.
Die Pelewon setzten große Hoffnung auf Torsor und hofften, dass er eines Tages den Frieden zwischen »Bestien« und Konstrukteuren des Zentrums wiederherstellen konnte.
Die Völker der Moogh und Pelewons waren zwar vor dem Paxus-Parlament autark, das bedeutete, sie konnten im Parlament abstimmen, unterlagen jedoch auf ihren Heimatwelten auf der Insel dem Diktat der Okefenokees.
Diesen Umstand wollte man ändern. Torsor arbeitete bereits an einem Plan. Der Kontakt zu Nor'Citel kam nicht von ungefähr. Der Über-Pelewon suchte Verbündete im Kampf gegen die ungeliebten Okefenokees und Dumfries.
Nach Torsor kam auch der Delegierte der Haluter, Goz Kongan. Der Riese grüßte seinen »Bruder«, der ihn locker um fast zwei Meter überragte. Mit 5,50 Meter war der Pelewon das mit Abstand größte Wesen aus dem Volk der »Bestien«, wie sie schon seit Jahrtausenden in M 87 genannt wurden.
Goz Kongan konnte Torsor nur schwer einschätzen. Er wusste zu wenig über sein Brudervolk. Bisher hatte sich Torsor sehr ruhig verhalten, doch der Haluter konnte nicht ahnen, dass der Pelewon bereits mit Leticron einen Pakt geschlossen hatte.
Die beiden Riesen gingen in die große Halle. Hunderte von Wachmännern, Politiker, Militärattachés, Minister und Journalisten hielten sich in dem großen Kuppelgebäude auf. Von dort aus führte eine breite Brücke zu der Säule des Paxus-Parlaments. Ab da ging es mit einem Antigrav fast 700 Meter in die Höhe zum runden Plenum. In den 700 Metern der Trägersäule befanden sich Generatoren für Energie und Schutzschirm, die Mannschaftsunterkünfte der Paxus-Wachen, Ortungsanlagen, Hangars für Space-Jets und vieles mehr. In den letzten 18 Monaten hatte man auch viele Veränderungen am Gebäude und Komplex durchgeführt. Das gewaltige Gebäude war nun das Ergebnis der Arbeit. Es konnte sich sehen lassen.
Zu den Journalisten gehörten auch Jaaron und Nataly Jargon. Sie hatten sogar die Erlaubnis während der Debatte anwesend zu sein. Nur ausgesuchte Reporter von großen Sendern hatte die Genehmigung bekommen. Da Jaaron Jargon allerdings der Chronist der Insel war, hatte er praktisch überall hin Zugang.
Der alte Linguide war müde und krank. Er hatte sich eine Grippe zugezogen, bestand jedoch darauf an der Sitzung teilzunehmen. Nataly war davon weniger begeistert. Sie hatte sich nach dem Tod von Aurec wieder um ihren Onkel gekümmert. Ihr unausstehlicher Vorgesetzter Kessel hatte sie herausgeekelt. Serakan hatte sich nicht so für Nataly eingesetzt, wie es Aurec getan hatte. Der ehemalige Raumschiffkommandant war zu sehr damit beschäftigt und belastet, Aurecs Nachfolge anzutreten.
Nataly kündigte also ihren Job als PR-Managerin für die Saggittonen und kehrte nach Siniestro zurück, wo ihr Onkel weiterhin an der Chronik schrieb. Sie unterstützte ihn nun viel aktiver und reiste quer durch die Galaxis, um für ihren Onkel zu recherchieren.
Die beiden hatten sich bereits einen guten Platz in der Loge gesucht. Jaaron hatte seine Handpositronik aufgestellt, die die ganze Debatte filmte. Nataly zog sich noch einmal zurück, um etwas zu trinken zu besorgen.
Sie traf dabei auf Cauthon Despair! Für einen Moment war sie von der Größe und von der Rüstung erschreckt.
»Sie sind Cauthon Despair?«, fragte sie, wusste die Antwort aber bereits im Voraus. Nur fiel ihr nichts Besseres ein.
»Ja, das bin ich. Und wer sind Sie?«
»Äh... ich?«, stammelte Nataly, die immer noch von dem Silbernen Ritter beeindruckt war. »Ich bin Nataly Jargon. Die Nichte von Jaaron Jargon, dem Chronisten der Insel«, erklärte sie und reichte Despair die Hand.
Er ergriff sie. Nataly hoffte, dass er nicht zu fest zudrückte, doch zu ihrem Erstaunen schien Despair sehr gefühlvoll zu sein.
»Ich habe bereits von ihrem Onkel gehört, Miss Jargon. Es würde mich freuen, wenn ich seine Werke lesen könnte. Wie Sie wissen, ging ich mit Cau Thon zu MODROR bevor Cartwheel besiedelt wurde. Daher möchte ich alles über Cartwheel erfahren.«
»Natürlich bekommen Sie die kompletten Aufzeichnungen«, versprach Nataly und schenkte Despair ein Lächeln.
Sie wusste nicht, ob er es erwiderte. Jedenfalls verbeugte sich der Cameloter vor ihr.
»Entschuldigen Sie mich jetzt bitte. Ich werde in Kürze im Plenum erwartet. Es wäre mir ein Vergnügen, wenn wir uns nach der Sitzung noch einmal sehen würden.«
Nataly war von dem galanten Ritter überrascht. Aus den Schilderungen der anderen hatte man ein ganz anderes Bild von Cauthon Despair bekommen. Er soll brutal, rücksichtslos und unberechenbar gewesen sein. Der Mann der vor ihr stand, war gebildet, ruhig und höflich. Man sollte sich nicht von seinem furchterregenden Äußeren beeindrucken lassen.
Sie reichte Despair erneut die Hand und verabschiedete sich. Dann setzte sie ihren Weg zu einem Restaurant fort, um etwas zu trinken zu holen.
Nach einigen Minuten war sie wieder im Plenum und reichte Jaaron ein Glas Aqua-Terra. Er hustete stark, doch das war für ihn kein Hinderungsgrund an der Sitzung teilzunehmen. Nichts konnte ihn abschrecken.
»Danke, mein Kind. Schöne Grüße von den Mohlburrys. Sie sind auch hier, sitzen aber auf der anderen Seite«, erklärte der Linguide. »Der alte Speaky will natürlich wieder Exklusivinterviews mit den Politikern führen. Besonders mit Cauthon Despair. Bis jetzt hat er mit niemanden gesprochen, außer mit den ganz hohen Verantwortlichen.«
»Ach ja?«, fragte Nataly und grinste freudig.
»Was ist denn daran so witzig, Kind?«
»Weil ich eben mit dem Silbernen Ritter gesprochen habe. Er würde mich sogar gerne wiedersehen. Despair ist überaus höflich und kontrolliert. Ganz anders als die Schilderungen von ihm«, führte sie aus.
Jaaron nickte schwach. Dann überkam ihn ein Hustenreiz. Er nahm einen kräftigen Schluck von dem Wasser.
»Vielleicht könnten wir auch ein Interview mit ihm arrangieren?«, überlegte er.
Nataly nahm seine Hand. »Das lass dann meine Sorge sein, Onkelchen.«
Er nickte erneut. Dann konzentrierte sich der Chronist der Insel auf die beginnende Debatte. Sam hatte sich zum Podium begeben und begrüßte die Anwesenden.
»Ehrenwerte Delegierte, hochgeachtetes Volk von Cartwheel!«, begann der Somer Sam. »Wir haben uns hier versammelt, um über die Zukunft der Insel zu diskutieren. Cauthon Despair hat gestern an die Öffentlichkeit das Friedensangebot von MODROR gerichtet. Wir müssen nun darüber sprechen, ob wir den Frieden unter diesen Bedingungen akzeptieren können.«
Damit war die Sitzung eröffnet.
»Wir sollten unter keinen Umständen diesen idiotischen Frieden akzeptieren! MODROR ist nicht zu trauen!«, rief Uwahn Jenmuhs.
Terz von Eskor stand auf. Der Mascant pflichtete seinem Herrn bei. »Wir sollten weiter aufrüsten und uns auf einen Krieg vorbereiten!«
Der Arkonide erntete Beifall und Widerspruch zu gleichen Teilen. Jeder meldete sich zu Wort und wollte seine Meinung durchsetzen. Die Thoregonvölker, also die Nonggos, Galornen und Terraner, sprachen sich für Frieden aus.
Sam versuchte etwas Ruhe in die Unordnung zu bringen. Er schlug vor, dass jeder Abgeordnete eine fünfminütige Rede halten konnte, in der er seine Gefühle und Ideen über das Angebot von Despair jedem mitteilen konnte.
Zuerst trat Uwahn Jenmuhs auf. Die kleine Arkonide watschelte, als hätte er alle Zeit der Welt, zum Podium. Die Vertreter der Arkoniden, Zaliter, Springer, Aras, Topsider und Antis standen auf und spendeten Beifall.
Jenmuhs erreichte nun endlich das Rednerpult und begann sofort. »Warum sollten wir dem Angebot von MODROR vertrauen? Selbst wenn wir es tun; was wird aus Cartwheel? Sollen wir alles aufgeben? Sollen wir diese mühevoll aufgebaute Galaxis einfach verlassen?«
Diese Worte schienen einige bereits zu überzeugen. Viele wollten wirklich nicht eingestehen, dass die letzten Jahre umsonst waren. Dafür wollten sie nicht ihre Heimat verlassen haben.
»Wo ein Arkonide steht, gibt er auch keinen Millimeter Boden mehr frei! Wir bleiben! Cartwheel wurde von uns mitkolonisiert und diese Teile werden arkonidisch bleiben! Danke!«
Die Vertreter des Kristallimperiums klatschten. Aus den Reihen der Dorgonen und Terraner erntete er Buhrufe.
Als nächstes betrat das Paxus-Ratsmitglied Mirus Traban den Rednerstand. Der Akone trug sein langes, dunkles Haar zu einem Zopf zusammengebunden und hatte eine blaurote Uniform an.
»Sehr geehrte Damen und Herren und sächliche Wesen! Wir haben zwei elementare Fragen zu klären. Erstens: Akzeptieren wir das Angebot von MODROR? Zweitens: Wenn ja, was wird dann aus Cartwheel?
Wir sollten bei aller Euphorie keineswegs blind in einen Friedenspakt rennen. Wer sagt uns, dass wir MODROR trauen können? Wir sollten meines Erachtens einen Status Quo eingehen. Wir bleiben passiv, wenn MODROR es auch bleibt.
Die Frage, was aus Cartwheel wird, ist in meinen Augen ganz klar. Sie bleibt, wie sie ist. Wir haben hier eine einmalige Möglichkeit mit den verschiedensten Völkern zusammenzuleben und eine neue, blühende Galaxis zu errichten, die sich eigenständig regiert.
Doch ich frage mich, wie wollen wir MODROR eigentlich mitteilen, dass wir den Frieden wollen?«
Damit war die kurze Rede des Akonen beendet. Die meisten Delegierten empfanden seine Ansichten als vernünftig. Traban hatte sich seit seinem Amtsantritt im Paxus-Rat sehr gemacht. Er hatte dem Ansehen der Akonen sehr geholfen. Mirus Traban war bemüht einen kooperativen Kurs mit Terranern, Saggittonen, Dorgonen und Somer einzugehen. Ganz klar ging er einen Gegenkurs zu den Arkoniden.
Das hatte ihn Respekt bei Sam, Serakan und dem Marquês eingebracht. Uwahn Jenmuhs jedoch konnte den Akonen auf den Tod nicht ausstehen. Insgeheim hätte er am liebsten die beiden Systeme der Akonen erobert, doch sie waren gut bewacht und solch eine Kampfhandlung hätte für großen Wirbel in Cartwheel gesorgt.
Der nächste Delegierte betrat das Podium. Es war Carjul. Er pochte auf Sicherheit in Cartwheel und sprach sich eindeutig gegen die Vorschläge von Mirus Traban aus. Dann folgte Goz Kongan, der genau das Gegenteil sagte. So löste ein Politiker den anderen ab und eine sehr lange Debatte entbrannte.
Jaaron Jargon verfolgte alles gespannt, während Nataly hin und wieder einnickte. Viele Delegierte, besonders die des Kristallimperiums, hielten langweilige und völlig überzogene Reden. Der Tiefpunkt war die Ansprache des Tasch-Ter-Mans Ik-Dyne-Geern, der sich überhaupt nicht entscheiden konnte, was er denn nun eigentlich sagen wollte und ob er für oder gegen die Annahme des Friedensangebots war.
Während der Debatte beobachtete Nataly Cauthon Despair. Der Silberne Ritter zeigte kaum Regungen. Sie wusste natürlich nicht, wie es unter seiner Maske aussah, doch von Außen wirkte er wie eine Statue. Ab und an bewegte er einmal den Arm, die Hand oder das Bein und senkte den Kopf.
Nach sechs Stunden kam nun der Marquês von Siniestro als letzter Redner zu Wort. Der alte Spanier entblößte seine gelben Zähne, als er in die Kamera lächelte. Die Jargons hatten bemerkt, dass der Marquês ein richtiger Medienstar geworden war. Jeder respektierte und mochte den ältesten Menschen der Welt, denn der Don Philippe Alfonso Jaime de la Siniestro hatte die letzten drei Jahren bewiesen, dass er ein sehr guter Politiker war, der sein Wort gegenüber dem Volk hielt. Eine bemerkenswerte Eigenschaft des Marquês, stammte er doch aus einer Zeit, wo das Volk ausgebeutet wurde. Aber anscheinend war er seiner Zeit weit voraus. Anders wäre er wohl auch nicht in der Lage gewesen, den Evolutionsschock von mehreren tausend Jahren zu überwinden. Kein Zweiter wäre wahrscheinlich in der Lage gewesen, sich so schnell vom Zeitalter des Absolutismus zum Raumfahrtzeitalter zu gewöhnen.
»Viele Worte wurden heute gesprochen«, begann der Spanier. »Viele weise und viele dumme Worte in meinen Augen. Wir haben hier eine schwere Aufgabe zu bewältigen. Das Volk hat uns das Vertrauen geschenkt. Wir dürfen die Bürger von Cartwheel nicht enttäuschen.
Ein Frieden mit MODROR wäre in unser aller Sinne. Ich bin deshalb für eine Vereinbarung mit diesem Wesen. Doch sollten wir wahrlich nicht blindlings in unser potentielles Ende laufen! Ein weiterer Ausbau Cartwheels und ein gesundes Aufrüsten unserer Streitkräfte wären sicherlich sinnvoll. So hätten wir eine Rückversicherung.
Sollte der Friede tatsächlich zustande kommen, sollte Cartwheel ungebunden und frei von den Heimatgalaxien leben. Die Insel hat die Möglichkeit eine blühende und wunderschöne Galaxis zu werden mit einer einmaligen, einzigartigen Bevölkerung.«
Nataly Jargon musste zugeben, dass die Worte des Marquês jedem in Cartwheel schmeicheln mussten. Er hatte es brillant heraus, sich bei jedem beliebt zu machen. Hinzu kam, dass seine Worte nicht dumm waren, sondern sehr wohl durchdacht.
»Deshalb sollten wir auch nicht alleine die Entscheidung über den Frieden fällen. Ich schlage vor, dass wir Perry Rhodan, Imperator Bostich, Kaiser Uleman und all die anderen von dieser Entwicklung sofort in Kenntnis setzen. Sie sollen zusammen mit uns eine Lösung finden.
Doch trotzdem können wir als Einheit auftreten! Wir können Perry Rhodan und Imperator Bostich bereits unsere Entscheidung mitteilen! Ich bin für einen Frieden mit MODROR, einer Rückversicherung in Form von noch größerer Aufrüstung und Wachsamkeit und einem föderalistischen und unabhängigen Cartwheel! Wir leben in Cartwheel und wir müssen entscheiden, was aus dieser Galaxis und seinen Bürgern wird!«
Ein großer Applaus brandete dem Marquês entgegen. Er hatte viele interessante Aspekte aufgeworfen und eine vernünftige Lösung vorgeschlagen.
Sam beendete die Debatte und rief eine Pause aus. Am nächsten Tag, dem 04. Januar 1298 NGZ, sollte man über die Friedensakzeptierung abstimmen. Das Ergebnis würde dann den Heimatgalaxien mitgeteilt werden, und man würde Perry Rhodan und die anderen Regenten nach Cartwheel einladen, um über die Zukunft zu sprechen.
Nach diesen Worten erhoben sich die Politiker und gingen etwas Essen. Auch Despair hatte den Saal recht schnell verlassen.
Der zweite Tag seit seinem Erscheinen neigte sich dem Ende. Der dritte und entscheidende Tag lag kurz bevor.
Am nächsten Morgen fanden sich die Abgeordneten wieder im Plenum ein. Nataly hatte die Nacht über schlecht geschlafen. Ihr Onkel hingegen wirkte schon wieder munterer. Sie wusste nicht, wie er sich trotz einer, in seinem Alter ernstzunehmenden Grippe, so fit hielt. Jaaron Jargon saß mit Roppert und Janela Mohlburry, sowie Joak Cascal und Henry »Flak« Portland beim Frühstück zusammen.
Sie diskutierten über das Friedensabkommen, der Glaubwürdigkeit von Cauthon Despair und einem unabhängigen Cartwheel.
»Ich war doch ziemlich von den Reden von Traban und de la Siniestro überrascht«, gab Jargon zu. »Beide sprachen von einem unabhängigen Cartwheel. Doch werden die Heimatgalaxien so einfach eine Kolonie aufgeben?«
Speaky Mohlburry, der wohlbeleibte Journalist, kicherte amüsiert. »Sicher nicht, mein lieber Freund. Glaubst du, Bostich würde freiwillig ein Stück Erde verschenken? Ich denke, dass es ziemlich blauäugig ist, zu meinen, dass man selbst über sich entscheiden kann.«
Cascal war mit der Äußerung nicht einverstanden. »Der Marquês hat sicher Recht, wenn er sagt, dass die Cartwheeler für Cartwheel entscheiden sollten. Doch ich sehe es soweit gar nicht kommen. Despair lügt ganz klar oder wurde von MODROR beeinflusst und getäuscht. Wir sollten nicht blindlings in eine Falle tappen.«
Janela Mohlburry bemerkte als erste Nataly und begrüßte ihre Freundin. Nataly setzte sich zu den anderen und bestellte sich ein Glas Orangensaft.
»Wie sieht das Militär denn die ganze Sache, Mister Portland? Cascal ist ja teilweise Politiker, früher ein Agent. Was sagt ein reiner Soldat dazu?«, wollte Mohlburry wissen, während er das sechste Brötchen verschlang.
»Nun ja, wir haben die Ereignisse auf Xamour nicht vergessen. Dort hat Rodrom ganz Cartwheel demonstriert, wie leicht der SONNENHAMMER ein System auslöschen kann. Ich persönlich bin für den Ausbau der Verteidigungsanlage an den äußeren Ringen. Ein Status Quo wäre gar nicht schlecht, doch wir sollten Cartwheel trotzdem zu einer Festung ausbauen, solange dieser SONNENHAMMER existent ist. Nur so kann das Militär die Bürger wirklich schützen!«
Jaaron nippte an einer Tasse Tee und lauschte den Worten des Adjutanten von Joak Cascal und Beauftragten für die Ausbildung in der Armee.
»Wäre die Flotte des Terrablocks überhaupt stark genug?«, wollte Janela Mohlburry wissen. Die attraktive Terranerin war von Portland fasziniert.
»Wir haben jetzt etwa 30.000 Schlachtschiffe. Davon nur wenige über 1.000 bis 2.500 Meter. MODROR hat bestimmt das Zehnfache an Raumschiffen, wenn nicht noch mehr. Alle Schlachtschiffe Cartwheels zusammen könnten sicherlich einem Angriff trotzen.«
»Glauben Sie wirklich, dass Sie Seite an Seite mit Mascant von Eskor kämpfen könnten, Flak?«, wandte Mohlburry ein.
Portland musste lachen. »Sicherlich. Mascant von Eskor ist ein sehr fähiger Mann. Wenn es darum geht, gegen MODROR zu kämpfen, ziehen wir alle am selben Strang. Deshalb sind wir hier.«
Er verabschiedete sich danach von der geselligen Runde am Tisch, da er noch unbedingt einen Besuch in der Militärakademie Redhorse Point abhalten musste. Redhorse Point war die Eliteakademie der terranischen Armee. Dort bestanden nur wirklich fähige Offiziere die Ausbildung.
Joak Cascal dachte flüchtig an Jonathan Andrews und Remus Scorbit. Die beiden hatten sich nach einer Grundausbildung von einem Jahr ebenfalls für Redhorse Point eingetragen und sollten bald ihre Ausbildung dort beginnen. Cascal war sich jedoch sicher, dass die beiden es packen würden. Für Remus war es schon beinahe Pflicht, da sein Onkel Henry Portland ihn ja immer wieder dazu gedrängt hatte.
»Warum misstrauen Sie Cauthon Despair?«, fragte Nataly ohne Vorwurf. Es war reine Neugier, auch wenn sie nichts Schlimmes an Despair fand.
»Nun, er hat uns bereits zu Zeiten Camelots verraten. Dann verschwand er plötzlich in Dorgon. Jetzt taucht er wieder auf, hat einen Zellaktivator von MODROR bekommen und redet plötzlich von Frieden. Frieden, wo wir doch noch vor fast zwei Jahren Zeuge der Vernichtung einer Galaxis, eines Sonnensystems in unmittelbarer Nähe und dem Tod von zwei wichtigen Persönlichkeiten wurden. Reicht das nicht als Misstrauen?«
»Aber vielleicht hat Despair ja nichts damit zu tun?«, wandte Nataly ein.
Cascal stieß einen Pfiff aus. Er klang spöttisch. »Dieser Mann hat bereits jede Menge Verbrechen im Namen der Mordred begangen. Und wissen Sie, was ich damals mit Despair gemacht hätte?«
Nataly schüttelte den Kopf, doch sie ahnte es.
»Ich hätte ihn standrechtlich erschossen! Für diese Sorte von Menschen gibt es kein Mitleid. Sie verdienen den Tod!«
Cascal klang verbittert. Die Erlebnisse damals mussten wirklich schlimm gewesen sein. So schlimm, dass er Despair nie vergeben konnte oder wollte.
»Die Terraner waren in den Anfangszeiten des Solaren Imperiums auch nicht zimperlich. Ich erinnere nur an die Biospalter«, warf eine dunkle Stimme ein. Sie gehörte Cauthon Despair. Der Silberne Ritter hatte das Gespräch verfolgt.
Cascal zog es vor den Tisch zu verlassen. Er verabschiedete sich von den Jargons und Mohlburrys, während er Despair nur mit einem abfälligen Blick strafte.
Despair stand noch eine Weile am Tisch, nachdem Cascal gegangen war. Nataly bat ihn, sich hinzusetzen, doch der Silberne Ritter wollte lieber stehen.
»Vielleicht gewähren Sie mir nach der Sitzung ein Interview?«, fragte Nataly mit einem herzlichen Lächeln.
Despair nickte. »Es wäre mir eine Ehre. Allerdings erst in den nächsten Tagen. Sie verstehen sicher, dass ich mich erst einmal um eine Bleibe und eine Aufgabe kümmern muss, da ich nicht mehr von MODROR gebraucht werde.«
Eine Durchsage hallte durch das Restaurant: »Die Debatte wird jetzt fortgesetzt. Wir bitten alle Teilnehmer, sich nun im Plenum einzufinden.«
Das Stichwort für Cauthon Despair. Er ging zusammen mit den Mohlburrys und Jargons zum Plenum.
Dann trennten sich ihre Wege. Jaaron und Nataly setzten sich wieder auf ihre Logenplätze, während Speaky Mohlburry in vorderster Reihe versuchte Stimmen einzufangen. Despair setzte sich neben den Paxus-Rat.
Die entscheidende Phase hatte begonnen.
Sam trat vor und sprach ein paar einleitende Worte: »Wir haben gestern für das Pro und Contra eines Friedensabkommens und einer daraus resultierenden Unabhängigkeit gesprochen. Der Paxus-Rat hat gestern Nacht nun den endgültigen Vorschlag ausgearbeitet.
Dieser soll wie folgt lauten: Wir erklären uns für ein Friedensabkommen mit MODROR. Solange MODROR keine gewalttätigen Aktionen gegen Cartwheel oder deren Heimatgalaxien unternimmt, werden wir keine aggressive Handlung gegen MODROR unternehmen. Cartwheel strebt, da nicht mehr an DORGONs Projekt gebunden, die Unabhängigkeit an. Die Völker sollen unabhängig von den Heimatgalaxien leben können. Dazu muss die Einverständniserklärung der jeweiligen Regenten in den Heimatgalaxien eingeholt werden.«
Nach einigen weiteren Erklärungen, begann nun die Abstimmung. Nur die Regenten der 51 Völker – die Dscherro waren nicht stimmberechtigt – besaßen eine Stimme. Der Vorschlag des Paxus-Rates wurde nun von den 51 Delegierten angenommen oder abgelehnt.
Spannende Sekunden und Minuten. Nach drei Minuten hatte sich auch der letzte Politiker entschieden. Auf einer großen Leinwand leuchtete das Ergebnis auf: 36 zu 15 Stimmen für das Friedensabkommen und die Unabhängigkeitsbestrebung von Cartwheel. Damit war hauchdünn die Zweidrittelmehrheit erreicht.
Das Urteil war gefallen. Man ging also unter Vorbehalt auf das Angebot von MODROR ein. Dennoch wollte man die Insel zu einer wehrhaften Galaxis ausbauen und man strebte die Unabhängigkeit an. So sehr hatte man sich an die neue Heimat gewöhnt. Keiner wollte sein Land verlassen.
Als nächstes sollte Perry Rhodan über diese Entscheidung informiert werden. Der Marquês von Siniestro entsandte noch am gleichen Tag die IVANHOE in Richtung Milchstraße. Xavier Jeamour sollte Rhodan unterrichten und ihn bitten, nach Cartwheel zu kommen. Sollte man auch Rhodan von dem Angebot überzeugen, besaß man gute Chancen, auch die anderen Regierungsoberhäupter zu überzeugen. Eines war klar – sollte DORGONs Projekt auf Eis gelegt werden, würden die Heimatgalaxien nur unfreiwillig Cartwheel die Unabhängigkeit gewähren. Mit Perry Rhodan hätte man ein wirksames Zugpferd.
Die IVANHOE startete kurz nach dem Befehl des Marquês von Siniestro. Die Medien und die Bürger selbst stellten nun natürlich die Frage, was wohl aus Cartwheel werden würde. In den letzten fast drei Jahren hatte Cartwheel große Unterstützung durch die Heimatgalaxien genossen. Besonders Perry Rhodan und Julian Tifflor, aber auch Imperator Bostich hatten Besuche abgestattet und den Inselregenten auf die Finger geschaut.
Der Marquês dachte in aller Ruhe darüber nach. Er würde dann der alleinige Herrscher des Terrablocks sein. Weder Perry Rhodan noch Julian Tifflor konnten ihm Anweisungen geben. Nur das Volk hatte die Möglichkeit ihn abzuwählen, was bei seiner Beliebtheit sicher nicht passieren würde.
Der Spanier grinste. Langsam näherte er sich seinem großen Ziel, ein eigenes Reich! Weit war er davon nicht mehr entfernt.
*
Joak Cascal lief angesäuert zum nächsten Gleiter. Inzwischen war auch wieder Commander Henry Portland eingetroffen. Er ahnte, dass Cascal nicht sonderlich begeistert über diese Entscheidung war.
»Sir?«
»Gehen wir zum Gleiter und fliegen nach Mankind. Hier gibt es nichts mehr zu tun«, murmelte Cascal zähneknirschend.
Commander Portland begrüßte eigentlich diese Entscheidung. Er hatte Vertrauen in den Marquês von Siniestro, die richtige Entscheidung zu treffen. Wenn man Cartwheel absichern würde und eine starke Flotte besaß, hatte man genügend Sicherheit gegen einen Vertragsbruch von MODROR.
Nur sah es Portland weniger gern, dass die Planetensysteme ihre Unabhängigkeit anstrebten. Der Terrablock sollte in seinen Augen weiterhin zur LFT gehören. Doch er war nur Soldat und beugte sich dem Befehl seines Vorgesetzten.
Dieser jedoch war überaus wütend und rannte beinahe den Parkjungen um, der höflich die Tür öffnen wollte. Selten hatte Commander Portland den Terramarschall in so einem Aufruhr gesehen. Cascal musste sehr gute Gründe haben.
Flak stieg ebenfalls in den Gleiter ein, der rasch zum Raumhafen fuhr.
»Wir müssen Despair so schnell wie möglich entlarven«, erklärte Joak Cascal.
»Wenn er etwas zu verbergen hat, Sir«, gab Portland zu Bedenken.
Cascal lächelte gequält. »Wenn Sie ihn besser kennen würden, wüssten Sie, dass man dem nicht trauen kann, Flak. Das riecht doch gewaltig nach einer Falle von Cau Thon und seinen Auftraggebern. Warum begreifen die das nicht?«
Portland wusste das auch nicht zu beantworten. Reagierte Cascal übertrieben oder waren seine Befürchtungen wirklich so ernstzunehmend? Portland verkniff sich jedoch eine sarkastische Bemerkung. Immerhin war er damals auch im Kampf gegen die Mordred dabei gewesen. Er war sogar an jenem schicksalhaften Tag Kommandant des LFT-Kreuzers NORTH CAROLINA gewesen, als die Bomben auf Mashratan fielen, die Despair zum Silbernen Ritter machten. Portland war jedoch keiner, der sich mit seinen Erlebnissen rühmen wollte. Vielmehr dachte er, auch angesichts der schlechten Stimmung Cascals, rational über die weitere Vorgehensweise nach.
»Wir könnten einen Agenten auf ihn ansetzen«, schlug Flak vor.
Cascal schüttelte zögerlich den Kopf. »Nein, das würde Despair bemerken.«
»Ich dachte eher an jemanden, der weniger auffällig ist. Wir könnten zum Beispiel die junge Jargon nehmen. Sie redet ständig von Despair und will ein Interview mit ihm arrangieren. Sie könnte durchaus mehr über ihn herausfinden.«
Der Terramarschall dachte eine Weile über die Idee nach. Je länger er das tat, desto besser fand er sie. Er willigte ein und schlug vor, Nataly Jargon morgen zu instruieren. Joak hoffte, dass die Terranerin mit linguidischen Wurzeln kooperativ war und Despair einen Fehler begehen würde.
Am nächsten Morgen erlebte Cascal die nächste Überraschung als er zusammen mit Flak Portland IMPERIUM ALPHA betrat und zur täglichen Besprechung ging. Tatsächlich saß Cauthon Despair an dem Tisch. Er hatte sich direkt neben dem Marquês gesetzt.
Irritiert sah Cascal zu Uthe Scorbit, der Sozialbeauftragten des Terrablocks, herüber. Sie zuckte kurz mit den Schultern und gab Cascal so zu verstehen, dass sie auch nicht wusste, was Despair hier wollte.
Kurz nach dem Terramarschall betrat auch Will Dean, der Leiter des TLD, den Raum. Ihm folgten der Wissenschaftsminister Timo Zoltan, die Außenministerin Zina Ballmore und der Wirtschaftsminister Ewald Festor.
Die neun Anwesenden begrüßten sich gegenseitig und wer noch nicht Platz genommen hatte, setzte sich hin. Der Marquês drückte auf einen Knopf. Sein Berater Diabolo trat ein und brachte einige Unterlagen. Der Posbi entschied sich, bei der Besprechung zu bleiben.
»Liebe Freunde. Cauthon Despair hat mich gestern um eine Aufgabe gebeten«, begann der Marquês die Besprechung. »Er ist Terraner und hat sich im Dorgonkonflikt verdient gemacht. Ich hege keine Antipathie gegen den Silbernen Ritter und bin durchaus bereit, ihm eine Chance zu geben.«
Cascal blickte verbittert Portland an, dessen Mimik Bände sprach. Es kam beiden zu schnell. Doch außer Cascal, Portland und Sam kannte eigentlich niemand so richtig Despair. Der Marquês hatte ihn nie getroffen. Auch Uthe Scorbit nicht. Uthe hatte von den Gräueltaten des Silbernen Ritters gehört.
»Und was soll er übernehmen? Die Toilettenreinigung?«, warf Cascal schnippisch ein und nahm einen Schluck Kaffee.
»Nein, er wird militärischer Berater werden.«
Cascal spuckte seinen Kaffe aus. »Was?«
Das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Auch Portland war ziemlich überrascht.
»Sie erwarten doch nicht im ernst, dass ich mit Despair zusammenarbeiten werde?«, warf Cascal erbost ein.
»Lieber Joak! Despair verfügt über Kenntnisse, die wir vielleicht dringend benötigen können, sollte MODROR es nicht ernst meinen«, erklärte der Marquês. »Er soll hauptsächlich als Berater für Sie und mich dienen. Er hat damit keine direkte Macht. Jedoch hat er den Wunsch geäußert, ein Raumschiff zu kommandieren. Ich werde ihm diesen Wunsch erfüllen.«
Cascal lachte laut auf. »Das ist so als würde man dem Massenmörder noch eine Waffe geben. Sind Sie noch ganz bei Trost, Marquês?«
Der alte Spanier versuchte diese Worte zu überhören. Er stand auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Meine Entscheidung steht fest. Sie haben sich danach zu richten, Terramarschall. Despair wird das Kommando über die TERRA bekommen. Er ist ein ausgezeichneter Kommandant, wie er auch in Dorgon bewiesen hat.«
Joak wusste nicht mehr, was er sagen sollte.
Zu seiner Ehrenrettung mischte sich nun Commander Portland ein. »Sir, bei allem Respekt, aber die TERRA ist eines von fünf 2.500 Meter-Raumschiffen. Einem Neuling, der Despair zweifelsfrei ist, ein solches Schiff anzuvertrauen, halte ich für etwas riskant und unfair gegenüber den verdienten Kommandanten. Wie wird Admiral Wittoch Tsumar darauf reagieren?«
Der Marquês dachte darüber nach. Flak Portland hatte Recht. Don Philippe wollte auf keinen Fall jemanden vor den Kopf stoßen.
»Welches Schlachtschiff würde noch zur Verfügung stehen?«
»Die COLUMBUS, ein 1.500 Meter Schlachtschiff«, antwortete Commander Portland.
Der Marquês bat danach offiziell Joak Cascal darum, Cauthon Despair das Kommando über das Schiff zu geben. Zwar war der Marquês kein Militär, doch er legte es Cascal nahe, Despair das Schiff zu übergeben.
Widerwillig stimmte Cascal zu. Dann wollte er wissen, welche wertvollen Informationen Despair hatte.
Der Silberne Ritter meldete sich das erste Mal zu Wort. »Doktor Zoltan. Sie sprachen von den Skelettsoldaten, die sie teilweise untersucht haben. Ist das richtig?«
Timo Zoltan bestätigte. Er war innerhalb des letzten Jahres zum Wissenschaftsbeauftragten des Terrablocks aufgestiegen, da er der fähigste Wissenschaftler auf der Insel war. Zusammen mit Doktor Arnuld Hellewohn hatte er einige Skelettsoldaten untersucht, doch sie zerplatzten immer wieder.
»Es handelt sich dabei um das Volk der Zievohnen. Es gibt zwei verschiedene Arten von ihnen. Die erste Art ist rein biologisch und die normale Rasse. Sie befehligen meist Raumschiffe. Die zweite Variante wurde genetisch moduliert. Das sind die bekannten Skelettsoldaten. Sie tragen die Bezeichnung Skurit. Der skelettähnliche Panzer ersetzt in diesem Fall die normale Haut und macht sie widerstandsfähig. Von den Zievohnen gibt es viele Milliarden an Soldaten.«
Despair hatte nun in der Tat eine wertvolle Information preisgegeben. Das änderte jedoch nichts an Cascals Haltung. Despair bemerkte dies.
»Wenn Sie es nicht wünschen, werde ich nicht das Kommando über die COLUMBUS übernehmen. Es liegt an Ihnen. Ich wäre dann Ihr Untergebener«, meinte der Silberne Ritter.
Cascal verdrehte die Augen. »Also gut, Cauthon! Sie hatten auch auf der NELES keinen Mist gebaut. Vielleicht meinen Sie es wirklich ehrlich. Unter Vorbehalt werden Sie das Kommando über die COLUMBUS bekommen. Aber wenn mir Beschwerden zu Ohren kommen, sind sie das Kommando schnell wieder los!«
»Das ist nur fair«, stimmte Despair zu.
»Welche Funktionen soll Despair als Berater wahrnehmen?«, wollte Uthe wissen.
»Er wird hauptsächlich Cascal und Zoltan beraten und ihnen die ihm zur Verfügung stehenden Informationen weitergeben. Selbst wenn der Frieden zustande kommt, sollten wir uns gegen MODROR wappnen«, erklärte der Marquês.
Keiner hatte etwas einzuwenden. Die Besprechung wurde damit aufgelöst und jeder ging an seine Arbeit.
*
Joak Cascal wollte dennoch Despair überprüfen lassen. Deshalb ließ er Nataly Jargon zu ihm bringen. Der Terramarschall wollte sie davon überzeugen, Despair bei dem Interview auszuhorchen.
Zuerst war Nataly wenig davon begeistert. »Ich möchte mit Despair ein normales Interview führen, damit die Leser der Insel-Chronik seine Beweggründe nachvollziehen können. Unter keinen Umständen werde ich für Sie Agentin spielen, Mister Cascal.«
Cascal bot Nataly ein Glas Tee an. Sie nahm die Geste an und trank von dem heißen Getränk. Der Terramarschall zündete sich eine Zigarette an und setzte sich auf den Formenergiesessel gegenüber von Nataly. Ein Servo schwebte heran und brachte einen Aschenbecher.
»Der Unterschied zwischen einer Agentin und einer Journalistin ist sehr gering. Erfüllen Sie Ihren Job nur sehr gewissenhaft und stellen Sie auch unangenehme Fragen. Sollte Ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen sein, kontaktieren Sie mich bitte!«
Der Vorschlag von Cascal klang vernünftig. Sie konnte es ihm auch nicht verdenken, dass er um die Sicherheit Cartwheels besorgt war.
»Also gut. Ich akzeptiere. Aber erwarten Sie nicht, dass ich ein Verhör mit Cauthon Despair führe. Wir werden uns unterhalten.«
Cascal lächelte flüchtig und brachte Nataly Jargon zur Tür. Als er wieder alleine war, machte er die Zigarette aus und starrte in Gedanken versunken aus dem Fenster.
Er dachte an Nadine Schneider. Sie war die Botschafterin von DORGON. Warum meldete sie sich jetzt nicht? Niemand wusste, wie DORGON zu dem Abkommen stand. Konnte man einfach so ohne ihn eine Entscheidung fällen?
Wie vereinbart trafen sich Nataly Jargon und Cauthon Despair am 7. Januar 1298 NGZ auf Siniestro. Nataly hatte ihn zu einem Stadtbummel durch das Dorf Villa Abacho eingeladen. Neben ihr lief ihr Hund Tessa, den sie einst von Aurec geschenkt bekommen hatte. Der schwarze Vierbeiner begleitete Nataly auf Schritt und Tritt.
Villa Abacho lag nahe der Villa der Jargons, die auf einem Hügel lag. Von dort aus hatte man einen wunderschönen Blick auf das Tal. Man konnte das Dorf, die Weinberge und die Küste sehen.
Cauthon Despair wurde mit einem Gleiter zum Anwesen der Jargons gefahren. Nataly begrüßte ihn am Eingang. Sie trug einen langen, weiten, hellen Rock und ein schulterfreies Oberteil. Ihre dunkelblonden Haare trug sie offen.
Despair begrüßte sie freundlich.
»Ich hoffe, Sie haben gute Laune mitgebracht«, meinte Nataly lächelnd.
Despair wollte entgegnen, dass er nie gute Laune hatte, beschloss aber nichts zu sagen. Er betrachtete die Villa der Jargons.
»Ein beeindruckendes Haus«, stellte er fest.
»Danke! Der Marquês hat es uns zur Verfügung gestellt. Da mein Onkel von DORGON persönlich zum Chronisten bestimmt wurde, genießt er sehr viel Ansehen«, erklärte die Halblinguidin.
»Ich verstehe.«
»Kommen Sie jetzt. Wir wollen das Mittagessen einkaufen. Auf dem Marktplatz gibt es das frischeste Obst im ganzen System.«
Nataly hakte sich unter Despairs Arm ein. Der Silberne Ritter wirkte etwas verlegen und folgte der forschen Schönheit.
Tessa blieb zuhause und entschloss sich mit dem Servo etwas Ball zu spielen. Die syntronisch-positronische Einheit schoss einen Ball in den weiten Garten und die Hündin jagte freudig mit dem Schweif wedelnd hinterher.
Die Sonne brannte auf der Haut der Terranerin. Ob Despair unter seiner Rüstung schwitzte, konnte sie nicht beurteilen. Er war auf jeden Fall sehr schweigsam, während sie den langen Sandweg hinunter zum Dorf liefen.
Nataly beschloss das Schweigen zu brechen. Sie erzählte von ihrer Jugend, ihrer Arbeit bei ihrem Onkel, einer Verlobung, die sie jedoch gelöst hatte, der Begegnung mit DORGON, ihrer kurzzeitigen Arbeit bei Aurec und ihrem bisherigen Leben auf Cartwheel.
Despair hörte aufmerksam zu, schwieg jedoch größtenteils. Er hielt ständigen Blickkontakt mit Nataly. So wusste sie, dass er ihr zumindest zuhörte.
»Was ist mit Ihnen? Wie war Ihre Kindheit? Ihre Jugend? Wie sind Sie zur Mordred gekommen? Wie zu MODROR?«
»Damit beginnt das Interview?«, wollte Despair wissen.
Nataly lächelte. »Wie Sie möchten. Sie können mir die Dinge auch privat erzählen.«
Despair ging weiter ohne ein Wort zu sagen. Nataly hatte es schon aufgegeben, da fing er an zu reden. »Das letzte Mal, als ich jemanden meine Geschichte erzählt habe, ist sie durch mein Schwert gestorben.«
Nataly glaubte, sich verhört zu haben. Zuerst nahm sie an, Despair hätte einen schlechten Scherz gemacht, doch er meinte es ernst.
»Sie hieß Sanna Breen und war die einzige Frau, die jemals mein Vertrauen gewonnen hatte. Doch sie rannte bei einem Kampf gegen einen Dorgonen, in den sie sich verliebt hatte, in mein Schwert, um ihn – einen Feind – zu schützen. Sie starb in meinen Armen.«
Nataly machte ein betrübtes Gesicht. »Das tut mir aufrichtig leid.«
»Sie sollten besser nicht mit mir in Kontakt bleiben. Es ist gefährlich!«
Nataly wollte jedoch nicht so einfach aufgeben. Wie sollte sie ein Interview mit Despair führen, wenn er so verschlossen war?
»Ich verspreche Ihnen, dass ich mich nicht in einen Dorgonen verlieben werde, mit dem Sie sich duellieren müssen«, erklärte Nataly. »Also, erzählen Sie etwas. Ich bin eine schrecklich neugierige Person!«
Despair gab sich geschlagen. »Meine Eltern kannte ich nicht. Sie starben kurz nach meiner Geburt auf dem Planeten Neles an einer Folge von Unfällen. Ich wuchs bei meiner lieblosen Tante und meinem versoffenen Onkel auf Camelot auf. Ich hatte keine Freunde. Nur einen Roboter, doch der wurde vernichtet. Schon sehr früh wollte ich Raumfahrer werden und traf auf Perry Rhodan und Wirsal Cell.«
Nataly hörte gespannt zu. Cauthon hatte eine schwere Kindheit gehabt. Sie erhoffte, so nachvollziehen zu können, warum Despair so wurde und warum Cascal ihn dermaßen hasste. Despair berichtete von seinem ersten Abenteuer auf Mashratan. Damals war er ein kleiner Junge gewesen und von Häschern des Oberst Kerkum zusammen mit Rosan Orbanashol-Nordment entführt worden. Doch Gucky hatte die beiden damals befreit. Danach war das Leben trostlos für Despair vorangegangen, bis er auf die Raumfahrtakademie gekommen war.
»Dennoch ließ ich mich nicht beirren und wurde ein ausgezeichneter Pilot und trat in die Raumflotte von Camelot ein. Perry Rhodan unterstützte mich. Genauso wie Wirsal Cell. Bis zu jenem Tag auf Mashratan, als ich versuchte, Gefangene Cameloter zu befreien und im Energiebombenhagel auf ewig verstümmelt wurde...«
Er stockte.
Nataly gab ihm die nötige Zeit.
Despair senkte den Kopf und blieb stehen. Dann hob er sein Haupt und blickte auf zwei Kinder, die ihnen entgegen kamen. Die beiden Terraner lachten und kreischten und verschwanden schnell zwischen den hohen Gräsern eines Maisfeldes.
»Diese Bomben machten aus mir das, was ich jetzt darstelle. Ein mechanisch-biologisches Monster.«
»Seien Sie nicht so hart zu sich. Sie sind kein Monster«, versuchte Nataly ihn aufzubauen.
»Ich habe viele Cameloter ermordet. Ich habe die Vernichtung Sverigors nicht verhindert.«
Eine Weile schwiegen die beiden. Nataly wusste nicht, wie sie den Schuldkomplexen von Despair entgegen wirken konnte. Sie war keine Psychologin.
»Wie Sie wahrscheinlich wissen, wendete ich mich gegen Wirsal Cell als ich erfuhr, dass er dieses mechanische Ding aus mir machte. Ich befreite dann Perry Rhodan und schloss mich ihm an.
Joak Cascal war einer meiner ärgsten Gegner. Er misstraute mir. Ich kann ihm nicht einmal einen Vorwurf machen. Dennoch versuchte ich den Konflikt mit dem Reich Dorgon beizulegen. Am Hofe der Kaiser Carigul, Klausius und Nersonos versuchte ich viel Unruhe zu stiften, was mir bei Nersonos auch gelang.
Nach dem Tod von Sanna führten Valerus und ich das Duell am Strand weiter. Es war ein Kampf auf Leben und Tod, den der Dorgone verlor. Da erschien Cau Thon und gab mir einen Zellaktivator. Er bot mir einen Platz an seiner Seite als Sohn des Chaos. Ich willigte ein und begann mit ihm eine lange Reise...«
Nataly wartete gespannt auf die Erzählungen von Despair über MODROR, doch jetzt schwieg er. Sie wollte nicht weiter bohren. Die beiden hatten noch den ganzen Tag Zeit. Schnell wechselte die Halbterranerin das Thema und erklärte etwas zu der Landschaft und den Bewohnern des Tals.
Nach einer Weile hatten sie auch den Marktplatz erreicht. Nataly kaufte ein und Despair hatte die ritterliche Aufgabe, die Tüten zu halten. Er kam sich ziemlich dumm dabei vor, aber Nataly schien das nicht zu bemerken oder wollte ihn absichtlich mit normalen Tätigkeiten versehen, damit er nicht anders auf die Bürger wirkte oder sich selbst anders fühlte.
»Ich werde wohl italienisch kochen. Spagetti mit einer deftigen Tomatensauce und einem gemischten Salat. Was halten Sie davon?«
»Ich esse nichts«, erwiderte Despair knapp.
Nataly wirkte enttäuscht.
»Ich habe kein Bedürfnis meine Maske abzunehmen. Ich möchte Sie auch nicht erschrecken«, erklärte der Silberne Ritter als er den fragenden Blick von Nataly Jargon bemerkte.
»Sie müssen doch bloß das Kinnvisier etwas abnehmen. Das wird schon nicht so schlimm sein«, meinte sie und kaufte weiter ein.
Nach etwa einer halben Stunde hatten sie alles Notwendige besorgt. Die beiden begaben sich auf den Rückweg.
»Warum haben Sie die Lebensmittel nicht online bestellt?«, erkundigte sich Despair.
»Das macht doch keinen Spaß! Wir haben einen schönen Spaziergang gemacht, die Landschaft gesehen, Menschen getroffen. Das können ein paar Holografien nicht ersetzen.«
Despair nickte schwach.
»Sie wollen jetzt sicher wissen, was mir im Reich von MODROR wiederfahren ist?«, fragte Despair auf dem Rückweg.
»Ja, sicher.«
»Viel bekam ich von MODROR nicht mit. Als er mir den Zellaktivator verlieh, erschien er mir als eine dunkelgraue Wolke. Ich folgte Cau Thon zur KARAN und wir reisten einige Wochen, bis wir irgendwo im Nichts eine Galaxie erreichten. Ich kenne die Koordinaten nicht, Cau Thon hatte sie mir nicht verraten.
Die Galaxis hieß Barym. Dort traf ich auf verschiedene Völker, wie das der Zievohnen, Larsaar, Vercuuls und Tribyn. Mein Aufenthalt in der Galaxis Barym war von kurzer Dauer. Sie war nur eine von vielen tausenden Sterneninseln die zu MODROR gehören.
Cau Thon brachte mich auf eine düstere und schroffe Welt. Dort trainierte er mich fünf Jahre lang. Einmal war er weg. Ich vermute, um die nächsten Angriffe gegen Perry Rhodan und Aurec zu führen. Während seiner Anwesenheit wurde ich von ihm oder Goshkan in Kampfeskunst und Meditation geschult. Ich sollte körperlich und geistig konditioniert werden.
Die fünf Jahre auf der namenlosen Welt waren trostlos. Die Tage verstrichen ohne besondere Ereignisse. Bis zu jenem Tag, als MODROR auftauchte. Doch davon hatte ich bereits berichtet. Das ist meine Geschichte, Nataly Jargon.«
Nataly dachte über die Geschichte nach. Despair hatte es nie ganz leicht gehabt. Aber es gab wohl etwas, was ihm niemand gesagt hatte. Cau Thon hatte gestanden, die Eltern von Despair ermordet und den jungen Cauthon manipuliert zu haben.
Wie würde Despair auf diese Tatsache reagieren? Nataly wusste nicht, ob nun unbedingt sie ihm diese Nachricht übermitteln sollte. Vielmehr war es eher die Aufgabe von Sam oder Perry Rhodan, der ja ohnehin bald Cartwheel besuchen sollte.
Sie beschloss zu schweigen. Das Anwesen war nicht mehr weit entfernt. Die Sonne begann sich zu senken und der Himmel verfärbte sich blaurot.
»So, gleich sind wir da. Dann werde ich Ihnen erst einmal etwas Leckeres zu Essen machen. Mein Onkel freut sich auch auf Ihre Bekanntschaft«, meinte Nataly.
»Vielen Dank für die Gastfreundschaft«, erwiderte Despair.
*
Am späten Abend saßen Cauthon Despair, Nataly Jargon und ihr Onkel Jaaron auf der Veranda.
Tessa schmiegte sich an ihr Frauchen und wollte gestreichelt werden.
Despair beobachtete die ruhige Idylle. Das Zirpen der Grillen und das Zwitschern vereinzelter Vögel wurden nur selten von dem Antigravtriebwerk eines Gleiters oder Kugelraumers gestört. Die See war ruhig und nur wenige Schiffe fuhren zurzeit darauf. Das Dorf lag hell erleuchtet am Fuß des Tals.
Seit sechs Jahren hatte er so einen schönen Anblick nicht mehr gesehen. Seine Gedanken streiften durch die letzten Jahre. Der Cameloter war damals mit Cau Thon mitgegangen, um ein Sohn des Chaos zu werden. Er wollte sein altes Leben nach dem Tod von Sanna Breen hinter sich lassen und gegen Rhodan kämpfen.
Das Training auf dem namenlosen Planeten sollte ihn für diesen Kampf stärken. Doch es schien das Gegenteil bewirkt zu haben. Despair überlegte, wann er jemals in einer so geselligen Runde war. Die beiden Menschen linguidischer Abstammung waren herzlich zu ihm. War es nicht das, was er sich immer gewünscht hatte?
Despair selbst war sich nicht sicher, ob MODROR den Friedensplan einhalten würde. Sicher gab die Entität ihm und den Cartwheelern Bescheid, sollte der Frieden zustande kommen.
Die fünf langen und einsamen Jahre hatten den Cameloter geprägt. Er hatte sich schon fast nach den Terranern, Blues, Arkoniden, Halutern und anderen bekannten Völkern zurückgesehnt. Die Wesen, die er getroffen hatte, waren namenlose Zombies aus dem Volk der Zievohnen. Nur Cau Thon und Goshkan waren seine Bezugspunkte gewesen. In Cau Thon hatte er einen Meister gefunden, vor dem er großen Respekt hatte. Goshkan hingegen war nur eine mordende Bestie, der jegliche Ethik und Moral fehlte.
Der Silberne Ritter las sich die Chroniken Cartwheels durch. Besonders interessierte ihn die Passage von Cau Thons Gefangenschaft. Schockiert stellte er fest, dass Cau Thon für den Tod seiner Eltern verantwortlich war und fortan über ihn wachte, damit er sein Schicksal erfüllen sollte.
Was weder Nataly noch Jaaron sahen, war, dass Cauthon anfing zu weinen. Er hatte Wirsal Cell oder Perry Rhodan die Schuld für den Tod seiner Eltern gegeben. Doch es war von Anfang an Cau Thons Absicht gewesen, den jungen Despair auf seine Zukunft vorzubereiten. Wer dem im Weg stand, musste sterben.
All das Gerede davon, dass Selina und Ivan die Freunde Cau Thons gewesen waren. Die Besuche seines Bruders des Chaos während seiner Kindheit. Alles Taktik. Despair erinnerte sich daran, dass Cau Thon Despairs Mitschüler im Konverter ermordet hatte. Sie hatten es vielleicht verdient gehabt, doch im Grunde genommen war es nur ein weiteres Training.
Das Vertrauen in Cau Thon verschwand von einer Minute auf die andere. Warum hatte der Xamouri ihm das nicht in den fünf langen Jahren gesagt?
Was hatten seine Eltern getan, damit sie sterben mussten? Sorgten sie sich nicht nur um ihn? Zorn stieg in dem Silbernen Ritter hoch. Zorn und Hass gegen MODROR! Verachtung gegen Cau Thon. Im nächsten Moment überlegte er, ob Cau Thon es nicht nur gut mit ihm gemeint hatte.
Despair hoffte auf eine Begegnung mit seinem Bruder des Chaos. Nur so konnte er die Differenzen klären. Doch bis dahin musste er sich auf seine Aufgabe in Cartwheel konzentrieren. Er sollte den Cartwheelern zur Seite stehen und sich für einen Friedensvertrag aussprechen.
Cauthon wusste nicht, ob der Handel mit dem Teufel gelingen würde. Er wusste auch nicht, was MODROR damit bezweckte. Soweit war er nicht in die Pläne seines Meisters eingeweiht.
Wieder brach ein Konflikt in dem Cameloter aus. Er sollte für Frieden sprechen. Frieden mit dem Wesen, das billigend den Tod seiner Eltern in Kauf genommen hatte. Wieder einmal stand Despair zwischen zwei Fronten.
Doch nun war er hier in Cartwheel. Er beschloss sich in den Dienst der Terraner zu stellen. Despair wollte mit Perry Rhodan sprechen. Er freute sich schon auf die Begegnung mit seinem alten Mentor und Freund, der ihm vieles vergeben hatte.
Es war eine neue Zeit für ihn angebrochen. Er musste in die Zukunft schauen. Doch beim besten Willen wusste er nicht, was ihn oder Cartwheel in den nächsten Monaten und Jahren erwarten würde.
Nur einer wusste es wohl – MODROR.
ENDE
Viel ist geschehen. Auf Xamour scheinen Aurec und Gal’Arn ihr Leben verloren zu haben. Cartwheel hat sich in den folgenden zwei Jahren aufgerüstet und zu einer stabilen Galaxis entwickelt.
Mehr dazu in Band 43 von Jens Hirseland und Tobias Schäfer. Der Titel lautet:
DIE SINIESTROS
Das Unfassbare ist passiert, der Albtraum aller zivilisierten Intelligenzwesen in der Galaxis Cartwheel ist wahr geworden! Direkt vor der Haustür der Insel hat Rodrom seine Macht in Form des SONNENHAMMERs demonstriert, der das ganze Sonnensystem des Planeten Xamours zerstört hatte.
Nicht nur, dass die Armeen MORDORs den Cartwheelern so deutlich gezeigt haben, wie stark sie doch sind, nein, es kam noch viel schlimmer, denn es hat Verluste gegeben, die Cartwheel nicht so schnell – vielleicht niemals – verschmerzen wird.
Aurec und Gal'Arn sind tot!
Man muss sich diese Nachricht erst einmal genau durch den Kopf gehen lassen. Aurec, der Kanzler Saggittors und wichtigster Kämpfer gegen MODROR hat sein Leben zusammen mit Kathy Scolar durch Cau Thon verloren.
Der Sohn des Chaos hat wörtlich gesagt: »Mein Meister, ich bin wieder frei. Die Terraner haben eine bittere Niederlage erlitten. Der Sieg ist unser. Xamour ist nun auch das Grab von Aurec!«
Doch auch Gal'Arn hatte keine große Chance. Er ist in den Wirren der Schlacht umgekommen. Damit ist auch der letzte Ritter der Tiefe aus Shagor gestorben. Zwei unverzichtbare Helden Cartwheels sind nicht mehr.
Aurec ist ein Mitstreiter gewesen, der von Anfang an gegen MORDOR gekämpft hatte. Schon im Jahre 1285 NGZ hat er zusammen mit Rhodan gegen Rodrom und dessen Söldner in Saggittor gekämpft und ist in der Lage gewesen, den Mächten des Chaos einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Dann hat er nur die Absicht gehabt, Rhodan im Jahre 1291 NGZ zu besuchen, doch er ist zu einem neuen Freund von Homer G. Adams und ganz Camelot geworden. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat er den Kampf gegen die Mordred, dann gegen das Reich der Dorgonen aufgenommen und immer selbstlos gekämpft.
Zuletzt ist er Anführer der Saggittonen in Cartwheel gewesen, hat die Macht von Rodrom in Saggittor zu spüren bekommen und ist gezwungen worden, sein Volk nach Cartwheel umzusiedeln, nachdem der SONNENHAMMER in Saggittor gewütet hat. Dort ist er Mitglied im Paxus-Rat gewesen und kämpfte heldenhaft auf der entführten BAMBUS.
Aurec ist ein Mann gewesen, der seinem Volk und allen Wesen Halt, Zuversicht und Schutz gegeben hat. Diese Zeiten sind vorbei.
Es werden schwere Zeiten auf die Cartwheeler zukommen. Aurec und Gal'Arn sind tot, eine bittere Niederlage nur 576.000 Lichtjahre vor Cartwheel. Verrat aus den eigenen Reihen durch die Dscherro.
Wie soll es weitergehen?
Wird der SONNENHAMMER auch Cartwheel vernichten? Wer soll Aurec und Gal'Arn ersetzen? Serakan und Jonathan Andrews?
Egal was passieren wird, auf Cartwheel wird sich ein dunkler Schatten legen in der nahen Zukunft...
Nils Hirseland
UDJAT ist der Eigenname für das Kosmonukleotid TRIICLE-3. Es gehört somit zum Kosmogen TRIICLE. Der Wirkungsbereich von TRIICLE-3 muss um Cartwheel herum bis zu einem Radius von etwa 60 Millionen Lichtjahren liegen. UDJAT liegt 576.000 Lichtjahre von Cartwheel entfernt und nur drei Lichtjahre von dem Planeten Xamour.
Über die Geschichte von UDJAT ist bisher wenig bekannt. Offenbar wird es von den Kosmokraten bewacht. Die Xamouri verteidigten mehrere Jahrtausende lang das Kosmonukleotid, ehe sie sich gegen die Kosmokraten wandten und ausradiert wurden. Seitdem scheinen weder Chaos- noch Ordnungsmächte die Oberhand über das Kosmonukleotid zu haben.
Ein Kosmonukleotid ist ein Teil der das gesamte Multiversum durchziehendenden Doppelhelix des Moralischen Kodes. Mehrere Kosmonukleotide zusammen ergeben ein Kosmogen.
Allgemeines
Kosmonukleotide sind unvorstellbar große Ansammlungen von psionischen Informationsstrukturen, die die Gegebenheiten und die Entwicklung des Teils des Universums festlegen, für die sie zuständig sind.
Sie sind im Hyperraum angesiedelt und im Einsteinraum nur als »vierdimensionale Abdrücke« wahrnehmbar. Wie das Beispiel DORIFER zeigt, erstrecken sich Kosmonukleotide über mehrere Universen. Die Kosmonukleotide sind in der Tiefe verankert.
Innerhalb eines Kosmonukleotids finden sich Psionische Informationsquanten, abgekürzt Psiqs, in denen potentielle »zukünftige Möglichkeiten« des Universums, aber auch potentielle (und tatsächliche) Vergangenheiten vorhanden sind. Die Psiqs dienen zur Erhaltung der Naturgesetze und hauptsächlich zur Festlegung der Weiterentwicklung des Universums. Die Wirkungsweise von Kosmonukleotiden wird bei größeren Ereignissen mit dem Aussenden von Kosmischen Messengern vollzogen.
Mehr auf der Perrypedia: http://www.perrypedia.proc.org/wiki/Kosmonukleotid
…
Der Moralische Kode des Universums ist nach dem aktuellen Wissensstand das allwissende Steuerprogramm, durch das die Entwicklung des Multiversums bestimmt wird.
In Tarkan begegnete Perry Rhodan dem Begriff Kette Shamshu. Er vermutete, dass es sich hierbei um eine andere Bezeichnung für den Moralischen Kode handle. (PR 1362, S. 19)
Allgemeines
Der in der Tiefe eingebettete Moralische Kode durchzieht alle Universen in einer Art Doppelhelix von psionischen Feldern aus ultrahochfrequenter Hyperenergie – wobei die Form des Kodes eventuell als Metapher zu sehen ist.
Er legt die im Multiversum gültigen Naturgesetze fest und trennt somit das Multiversum von der Gesetzlosen Region in der das Element der Finsternis lauert, um alles Sein wieder in den chaotischen Urzustand der Singularität zurück zu werfen. (PR-TB 311) Die Naturgesetze bleiben nur solange stabil, wie der Informationsfluss zwischen dem Moralischen Kode und dem jeweiligen Universum gewährleistet ist.
Mehr auf der Perrypedia: http://www.perrypedia.proc.org/wiki/Moralischer_Kode
Redhorse Point ist eine Militär- und Raumfahrtakademie auf dem Planeten Mankind. Sie ist nach dem legendären Offizier aus dem Solaren Imperium, Don Redhorse benannt.
In Redhorse Point sollen Eliteoffiziere für den Terrablock ausgebildet werden. Sie hat 1297 NGZ ihren Dienst aufgenommen.
Redhorse Point wirkt auf den ersten Blick mit der gepflegten Parkanlage und den Museums-Kriegswaffen wie ein Relikt aus fernster Vergangenheit. Die Kasernen sind schlicht gehalten und werden von großen Hochsicherheitsmauern umrandet.
Die einzelnen Übungshallen und Gefechtsfelder hingegen sind mit den modernsten Simulatoren für Raumgefechte, Infanterieeinsätze, Unterwasserkämpfe und sportlichen Aktivitäten ausgestattet.
Die DORGON-Serie ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e. V. — Copyright © 1999-2015
Internet: www.proc.org & www.dorgon.net • E-Mail: proc@proc.org
Postanschrift: PROC e. V.; z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf
— Special-Edition Band 42, veröffentlicht am 16.10.2015 —
Titelillustration: Stefan Lechner • Innenillustration: Gaby Hylla
Lektorat: Jürgen Freier und Jürgen Seel • Digitale Formate: Jürgen Seel