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D O R G O N

Fan-Projekt des Perry Rhodan Online Clubs

 

MORDRED-ZYKLUS

Band 17

 

Jens Hirseland

Titelbild von Gaby Hylla & Lothar Bauer

 

 

Rodroms Spiel

Sie sind nur Spielfiguren in Rodroms mörderischer Inszenierung

 

Was bisher geschah

Ende des Jahres 1290 NGZ sorgt die Organisation Mordred in der Milchstraße für Terror und Schrecken. Sie agiert im Sinne des geheim-nisvollen Rodroms und dem Sohn des Chaos Cau Thon, die offenbar die Milchstraße in ein Chaos stürzen wollen, um danach die Macht zu übernehmen.

Doch es regt sich Widerstand aus den Tiefen des Universums. So sollen die Ritter der Tiefe aus Shagor für die Terraner zu neuen Verbündeten werden. Allerdings greift Cau Thon den Sitz der Ritter an und tötet alle, bis auf zwei, die ent-kommen und in der Galaxie Zerachon stranden.

Auch ein Raumschiff der Terraner wird durch das Wirken höherer Mächte nach Zerachon verschla-gen. Eine bunt zusammengewürfelte Truppe muss nun nach einer Möglichkeit suchen, den Auftrag der Hohen Mächte zu erfüllen und wird Opfer von RODROMS SPIEL ...

Hauptpersonen

Prosperoh – Der Fürst der Zechon und Anbeter des Satans.

Gal'Arn – Der Ritter der Tiefe sucht Dorgon.

Jonathan Andrews – Er will Irasuuls Platz einnehmen.

Remus und Uthe Scorbit – Das Paar glaubt, sich in einem Horrorfilm wiederzufinden.

Jaktar, Yasmin Weydner, Don Philippe de la Siniestro, Reinhard Katschmarek und Werner Niesewitz – Weitere Mitglieder der Expedition.

Kamelia – Prosperohs Gemahlin.

Gwendo – Ein seltsamer Zwerg.

Anica und Jaquine – Zwei Einheimische, die nicht wissen, was sie noch erwarten wird.

 

 

 

 

 

Prolog

Rodrom war von den Erzählungen des terranischen Schriftstellers Edgar Allan Poe fasziniert. Fast bedauerte er es, dass dieser schon vor Tausenden Jahren gestorben war. Für ihn waren die ausufernden Fantasiegebilde des Schriftstellers, obwohl es sich bei Poe um einen primitiven Fleischling handelte, geradezu ein Quell immer neuer Inspirationen. Es wäre bestimmt interessant gewesen, mit ihm in persönlichen Gedankenaustausch zu treten und vielleicht hätte er ihn für würdig gefunden, ihm dabei behilflich zu sein, sein fleischliches Gefängnis abzustreifen und an seiner Seite zu wahrer Größe aufzusteigen. Aber der faszinierende Geist Poes war längst im Hyperraum verweht und so blieb ihm nur sein literarisches Erbe.

Gedankenverloren aktivierte er die Wiedergabefunktion des Speicherkristalls, der neben anderem bemerkenswerten Material über die Zwiespältigkeit der terranischen Psyche eben auch die gesammelten Werke Poes enthielt. Zwar war der Großteil des Materials nichts weiter als eine Aneinanderreihung banalster Brutalitäten ohne jede Finesse, aber diese Sammlung aus dem Sumpf der terranischen Kultur zeigte ihm, dass der Auftrag seines Meisters, die Terraner zu einem bedeutenden Hilfsvolk und zur Keimzelle der neuen kosmischen Ordnung zu formen, gar nicht so schwierig sein dürfte. Es würde wohl nur einiger gezielter Maßnahmen – und natürlich der Ausschaltung dieser lästigen Unsterblichen um Perry Rhodan – bedürfen, um die wahre Natur der Menschen zum Vorschein zu bringen. Ja, MORDROR würde zufrieden sein.

Während seiner Überlegungen hatte der Projektor eine Seite nach der Anderen auf dem Holodisplay dargestellt. Für ihn stellte es keinerlei Schwierigkeit dar, mehrere Denkprozesse dank seinem überlegenen Genie gleichzeitig zu verfolgen, so genügte ihm ein Blick auf die projizierte Seite und er hatte den Inhalt nicht nur erfasst, sondern bereits in allen Aspekten durchdacht. Ein Fleischlicher hätte für die gleiche Aufgabe Stunden gebraucht, doch er war diesem körperlichen Gewürm geistig weit überlegen.

Die Geschichten »Hopp-Frosch« und »Die Maske des Roten Todes« hatten es ihm besonders angetan, so sah er doch Parallelen zu sich selbst, denn nicht selten bezeichnete man ihn selbst als den Roten Tod.

Die TERSAL mit den überlebenden Rittern der Tiefe war inzwischen in der Galaxie Zechon gestrandet, nachdem er durch die Manipulation des Sternentores dafür gesorgt hatte. Dann hatte dieser Alysker sich erdreistet, ihm ins Handwerk zu pfuschen. So kam es dazu, dass diese Terraner aus der Vergangenheit, denen sein besonderes Augenmerk galt, mit den Rittern zusammengetroffen waren. Offenbar glaubte der Alysker in maßloser Selbstüberschätzung, er könnte ihn zu einem Spiel herausfordern. Nun, er war durchaus gewillt, der Langeweile etwas Brisanz und Heiterkeit zu verleihen. Deshalb war er auf den läppischen Versuch dieses Schwachkopfes eingegangen und hatte die Herausforderung angenommen. So befand sich die TERSAL auf dem Weg zu einem primitiven Planeten mit dem Namen Zerachon.

Oft unterschätzten seine Gegner die Fähigkeit Rodroms, etwas Kreatives zu erschaffen. Auf Zerachon hatte er eine Welt gestaltet, die er frei nach diesem Terraner Poe mit entsprechenden Wesen gefüllt hatte. Es war für ihn ein Leichtes, diese primitiven Bauern zu beeinflussen und aus dem dortigen Fürsten einen Prinzen Prosperoh zu machen.

Die Beeinflussung des ganzen dort ansässigen Volkes und jener Informanten auf Zorryk war eine gewaltige geistige Anstrengung gewesen, die ihm jedoch ein gewisses Vergnügen bereitet hatte.

Er war ohnehin angetan gewesen von der negativen Energie, die das Volk der Zechonen ausstrahlte. Sie waren primitiv, hasserfüllt, dumm und egoistisch. Möglich, dass er später noch einmal Verwendung für sie finden würde.

Aus dem Fürsten Garshrek war nun Prinz Prosperoh geworden. Charakterlich musste er sich dazu nicht einmal großartig verändern, denn er war ein Despot und herrschte über sein Primatenvolk mit Sadismus und Willkür. Rodrom brauchte nur hier und da etwas nachbessern. Er fühlte sich wie ein Regisseur, nur, dass seine Darsteller das Drehbuch nicht kannten.

Die TERSAL würde auf Zechon ein Szenario nach Rodroms Willen vorfinden und vermutlich daran zugrunde gehen. Sollten sie überleben, so würden sie Rodrom amüsieren und er konnte die Terraner und Shagor besser studieren.

In jedem Fall, würden sie nun Teil von Rodroms Spiel sein ...

 

1. Ein Albtraum

Ein anstrengender Tag ging nun zur Neige. Die Ereignisse in der Galaxis Zerachon hatten sich in Uthe Scorbits Gedächtnis gebrannt. Der düstere Cau Thon und der Schlächter Goshkan hatten eine blutige Spur hinterlassen. Uthe Scorbit waren die Worte Cau Thons noch immer bewusst.

»Angst ist mein Verbündeter ... Ich spüre deine Furcht.«

Die Stimme klang so nah, fand die junge Terranerin. Sie schreckte aus ihrem Bett hoch und blickte sich im Dunkeln um. Ängstlich suchte sie nach der Hand ihres Mannes, doch er war nicht im Bett.

»Remus?«, fragte sie leise.

Da hörte sie Schritte. Sie blickte nach vorn. Dort entdeckte sie eine schemenhafte Gestalt, die genau vor ihrem Bett stand. Zwei Augen leuchteten feuerrot.

»Die Angst lähmt dich, sie greift nach dir und macht dich unfähig etwas zu tun«, sprach die Kreatur in dem Schlafzimmer der Scorbits.

Uthe kannte diese Stimme. Sie gehörte Cau Thon!

»Was willst du von mir?«, rief sie entsetzt.

Nun begann der ganze Körper Cau Thons zu glühen. Ein dunkles Rot erhellte den Raum. Jetzt bemerkte sie auch, dass Goshkan in einer Ecke stand. Er schien an etwas zu arbeiten. Immer wieder steckte er sein Schwert in einen Gegenstand.

Uthe zitterte vor Angst, war nicht fähig einen klaren Gedanken zu fassen.

»Geht weg!«, schrie die Terranerin voller Panik.

»Nein, ich werde dich holen«, erklärte Cau Thon finster und deutete mit dem Stab zu Goshkan, der zur Seite trat. Er entblößte den verstümmelten Körper von Remus Scorbit, der völlig zerfetzt war.

Uthe schrie laut auf. Goshkan packte den Leichnam und warf ihn auf das Bett. Dann nahm Cau Thon seinen speerähnlichen Stab und sprang auf sie zu.

»Nein!«, brüllte sie laut.

Voller Schrecken drehte sie sich im Bett hin und her, dann öffnete sie die Augen. Uthe war schweißgebadet und ihr Puls schlug voller Panik doppelt so schnell.

Jetzt realisierte sie, dass Cau Thon nicht in ihrem Schlafzimmer war. Remus schlief friedlich auf der anderen Seite des Bettes.

Es war ein Albtraum gewesen, ein bedrückender Albtraum! Erleichtert atmete Uthe Scorbit durch. Sie ermahnte sich, sich zusammenzureißen. Uthe wusste, dass schwere Zeiten auf sie zukommen würden und diese Begegnung mit Cau Thon sicher nicht die Letzte war. Sie musste jetzt stark sein, ob sie wollte oder nicht.

Die junge Terranerin hatte keine andere Wahl!

Dennoch fiel es ihr schwer, wieder einzuschlafen. Cau Thon war ihr immer noch unheimlich, es war so, als wäre ihr der leibhaftige Teufel begegnet.

 

2. Auf der TERSAL

Am nächsten Morgen begab sich Uthe in den Kantinenraum, während Remus nach wie vor wie ein Stein schlief. Sie hingegen hatte nach dem furchtbaren Albtraum kein Auge mehr schließen können und hoffte, dass ein kräftiges Frühstück sie wieder richtig auf die Beine bringen würde.

Die Stimmung an Bord der TERSAL war nach den schlimmen Ereignissen von Zorryk bei den meisten ziemlich bedrückt.

Nur die alten Terraner aus der Vergangenheit waren guter Stimmung. Besonders Katschmarek, Niesewitz und Wieber schienen zusammen mit den Braunhauers weniger an den aktuellen Ereignissen interessiert zu sein, als vielmehr daran, die Alkoholvorräte an Bord möglichst schnell zu vernichten.

Als Uthe die Kantine betrat, befanden sich schon Don Philippe de la Siniestro, der sich am liebsten Marquês nennen ließ, die drei Altterraner und das Ehepaar Braunhauer dort. Jezzica Tazum sorgte für das leibliche Wohl der Anwesenden. Uthe stöhnte innerlich auf, als sie diese Leute sah. Deren Gesellschaft war sicher nicht das Richtige für ihre angegriffenen Nerven. Doch nun war es zu spät, um umzukehren. Außerdem hatte sie Hunger.

»Hallo, Jezzica. Könnte ich einen starken Kaffee und etwas zu essen haben?«, fragte sie.

»Klar, kommt sofort. Nimm schon einmal Platz«, antwortete die blonde Schönheit.

Uthe hätte sich am liebsten weit weg von den Braunhauers gesetzt, doch sie wollte nicht unhöflich sein und nahm auf einem freien Stuhl, neben ihnen Platz. Die beiden alten Leute waren schon beim Frühstück. Ottilie Braunhauer lächelte und sagte:

»Guten Morgen, Ulla.«

Uthe verzog unwillig das Gesicht. Diese Frau konnte einfach nicht ihren Namen behalten.

»Uthe, Frau Braunhauer, mein Name ist Uthe!«, sagte sie lauter, als beabsichtigt.

Uthe wusste, dass dies ein Fehler gewesen war.

»Warum brüllst du mich denn so an?«, fragte Ottilie mit weinerlicher Stimme. »Warum bist du denn so nervös?«

Uthe entschuldigte sich.

»Es tut mir leid, aber ich habe furchtbar schlecht geschlafen.«

»Ach, hör doch auf! Was glaubst du, wie ich geschlafen habe?«, jammerte die Braunhauer. »Das kannst du dir nicht vorstellen! Seit zwei Uhr morgens liege ich wach. Es ging mir ja wieder so schlecht ...«

Uthe bereute es, sich hingesetzt zu haben. Sie schwitzte und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.

»Hast du Fieber?«, wollte Ottilie wissen, die jede Geste Uthes genau beobachtete.

»Nein, ich habe kein Fieber! Ich habe nur geschwitzt.«

»Na und? Ich schwitze auch«, warf Karl-Adolf Braunhauer anklagend ein.

Uthe tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

Der Kerl hat sie ja nicht mehr alle, dachte sie. Warum hatte sie sich ausgerechnet auf diesen Platz gesetzt!

»Du bist ja so nervös, mein Kind. Genau wie Vatichen«, fing die Braunhauer wieder an.

»Nun ist ja gut, Ottilie«, ermahnte Karl-Adolf Braunhauer seine redselige Frau herrisch.

»Nun sei doch nicht so nervös, Vatichen«, erwiderte die Braunhauer. Dann wandte sie sich wieder Uthe zu. »Meinem Mann geht es heute wieder sehr schlecht. Die vielen Aufregungen in letzter Zeit schaden seiner Gesundheit. Außerdem hat er zu viel Abführmittel genommen und musste heute früh ständig auf die Toilette. Vorher konnte er mehrere Tage nicht. Aber das ist mir auch schon einmal passiert. Erst konnte ich drei Tage lang nicht aufs Klo, dann nahm ich zu viel Abführmittel und musste dann alle drei Minuten. Stell dir das mal vor!«

Frau Braunhauer schilderte diese Anekdote, die Uthe nicht im Geringsten interessierte, mit voller Leidenschaft.

»Das ist ja sehr interessant«, entgegnete Uthe ironisch.

»Hach, was bist du nervös. Du solltest mal ein paar Tabletten zur Beruhigung nehmen.« Plötzlich stutzte Frau Braunhauer. »Vatichen, Zeit für unsere Pillen.«

»Ich habe sie nicht. Du musst sie haben«, erwiderte Herr Braunhauer unwirsch.

»Ich doch nicht. Du musst sie doch haben.«

»Nein, Ottilie, du hast sie wieder verschlampt. Jedes Mal, wenn ich etwas ordentlich einsortiere, verbummelst du es wieder!«

Die beiden stritten sich eine Weile, bis sie sich darauf einigten, dass die Pillen in ihrem Quartier waren und sie dort nachsehen wollten. Zu Uthes Erleichterung verließ das Ehepaar die Kantine. Die beiden wurden immer schwieriger.

Endlich bekam Uthe ihr Frühstück und nahm es zu sich.

»Guten Appetit, Señora«, hörte Uthe jemanden sagen.

Es war der Marquês von Siniestro, der vor ihr stand. Er war zwar elegant gekleidet, doch von erschreckender Hässlichkeit.

Der Marquês entblößte seine gelben Zähne zu einem Lächeln.

»Vielen Dank, Marquês.«

»Darf ich mich zu Ihnen setzen, Señora Scorbit?«

Ohne eine Erwiderung abzuwarten, setzte sich der Marquês neben Uthe.

»Ich hörte vorhin, dass Sie schlecht geschlafen haben. Das tut mir aber leid«, sagte Don Philippe teilnahmsvoll.

Uthe, die sich freute, dass sich doch jemand für sie interessierte, schilderte dem Marquês ihren nächtlichen Albtraum.

»Das ist ja entsetzlich, was ich da höre«, sagte Don Philippe. »Mein liebes Kind, was Sie jetzt brauchen, ist einen starken Beschützer«

Der Marquês verzog sein faltiges Gesicht zu einem Lächeln und legte Hände auf Uthes Hände.

»Sie sind eine wunderschöne, begehrenswerte, junge Frau. Sie haben Besseres verdient, als das, was Sie jetzt haben. Ich bin schon lange auf der Suche nach einer Frau, die so ist wie Sie. Aber zu meiner Zeit gab es solche Frauen noch nicht.«

Uthe war unangenehm berührt.

Jezzica, die neuen Kaffee kochte, glaubte nicht richtig zu hören und starrte die beiden seltsam an. Sie wechselte einen vielsagenden Blickkontakt mit Uthe Scorbit und machte eine Geste gegenüber dem alten Spanier, die unmissverständlich ihre Abneigung gegenüber dem Terraner ausdrückte.

»Verehrter Marquês, ich bin auch eine verheiratete Frau.«

Der Marquês machte eine lässige Handbewegung.

»Ach, mit diesem Niemand. Das regele ich schon.«

»Glücklich verheiratet, möchte ich betonen. Nichts und niemand kann meine Liebe zu Remus erschüttern.«

Jezzica lächelte hinter dem Rücken des Marquês und machte Uthe eine zustimmende Geste mit dem Daumen.

Der Marquês zog seine Hände zurück und fasste sich ans Herz.

»Welch eine Tragik für mich. Die einzige Frau, die es wert wäre, mich zu heiraten, ist schon verheiratet. Mögen Sie mich denn gar nicht?«, fragte der Marquês sichtlich geknickt.

Uthe bekam Mitleid mit ihm. Er war ein armer, alter Mann, der seine Heimat und alle, die er kannte, verloren hatte. Er musste sich in dieser, für ihn fremden Welt, sicher verloren vorkommen.

»Doch, lieber Don Philippe. Sie sind für mich wie ein gütiger, alter Großvater, den ich nie hatte.«

Für einen Moment blitzten die Augen des Marquês böse auf, dann jedoch nahm sein Gesicht wieder ein gütiges Lächeln an.

»Nun gut, mein Liebe, dann lassen Sie mich Ihnen ein väterlicher Freund sein.«

Damit war Uthe einverstanden.

»Gern, Marquês. Ich muss jetzt zu Remus. Auf Wiedersehen.«

*

Jonathan Andrews betrat die Kommandozentrale der TERSAL. Nur Gal'Arn befand sich im Moment dort. Andrews Gesicht machte auf Gal'Arn einen angespannten Eindruck.

»Was gibt es, Jonathan?«

Jonathan verdrehte die Augen.

»Nichts besonders. Ich habe die Braunhauers getroffen. Erst musste ich ihnen einen Getränkekasten in ihr Quartier schleppen, dann baten sie mich, nach ihren Pillen zu suchen. Nachdem ich das Quartier auf den Kopf gestellt hatte, fand Herr Braunhauer die Pillen in seiner Hosentasche. Diese Leute sind einfach unmöglich! Sie nerven die gesamte Besatzung und merken es nicht einmal! Wir sollten sie auf dem nächsten bewohnbaren Planeten aussetzen!«

Gal'Arn musterte Jonathan kritisch. Er war nicht einverstanden mit dem, was der junge Raumfahrer sagte.

»Auch sie sind Lebewesen. Sie denken, haben Gefühle und möchten glücklich sein.«

»Das bezweifle ich. Es macht sie nur glücklich, wenn sie unglücklich sind.«

»Als Ritter der Tiefe habe ich die Pflicht, euer aller Leben zu bewahren, auch das der Braunhauers. Ich mache da keine Unterschiede. Das solltest du auch nicht tun. Du musst noch viel lernen, mein lieber Jonathan.«

Andrews nickte betroffen. Gal'Arn hatte sicher recht. Er war oft zu impulsiv. Jonathan überlegte einen Moment, dann sagte er zu Gal'Arn:

»Ihr habt recht, Gal'Arn. Ich muss noch viel lernen. Bitte bringt es mir bei. Ich habe es mir lange überlegt. Ich möchte auch ein Ritter der Tiefe werden. Lasst mich Irasuuls Nachfolge antreten.«

Für einen Moment war Gal'Arn sprachlos. Er war sich nicht sicher, ob Jonathan Andrews der Richtige für Irasuuls Nachfolge war. Aber sein Angebot war aufrichtig, das spürte er.

Er hatte eine Chance verdient.

»Hör zu, Jonathan. Ritter der Tiefe zu werden, erfordert sehr viel Anstrengung und Geduld. Goshkan hatte diese Vorzüge nicht und wurde zur Katastrophe für den Ritterorden. Du aber hast ein reines Herz. Deshalb will ich dir eine Chance geben. Ich werde dich als eine Art zweiten Orbiter ansehen. Wenn du dich wirklich als würdig erweist, werde ich dich als Ritter der Tiefe -Schüler nehmen und ausbilden.«

Jonathan strahlte über das ganze Gesicht.

»Vielen Dank, Gal'Arn«

»Denke über meine Worte nach. Sei nicht zu impulsiv. In der Ruhe liegt die Stärke eines Ritters.«

»Das werde ich. Was werden wir nun als Nächstes unternehmen?«

Gal'Arn deutete auf den Radarschirm.

»Wir werden in Kürze einen Planeten namens Zechon erreichen. Dort soll sich das Observatorium Prosperohs befinden, von dem Fürst Thomun sprach. Dort wollen wir versuchen, dieses Observatorium ausfindig zu machen, um so den Standort Dorgons festzustellen. Dabei werde ich sicherlich deine Hilfe brauchen, Jonathan.«

»Ich bin zu allem bereit«, versicherte Andrews strahlend.

Zwar waren Koordinaten von Dorgon in der TERSAL gespeichert, doch die hatten sie nach Zerachon geführt. Deshalb traute Gal’Arn diesen Angaben nicht. Sie brauchten mehr Daten, um genauere Berechnungen durchzuführen. Deshalb mussten sie herausfinden, wo sie sich genau befanden, Berechnungen zu anderen Galaxien durchführen. Wenn diese astronomischen Daten die Koordinaten im Speicher der TERSAL bestätigten, dann hatte der Fehltransport offensichtlich am Sternenportal gelegen.

Jedenfalls schien der Bordrechner der TERSAL die Galaxis Zerachon nicht zu kennen und lieferte keine Standortbestimmung. Umso wichtiger war es, dass sie verwertbare Daten über Zerachon und andere Galaxien auf Zechon fanden, damit sie ihren Blindflug beenden konnten.

*

Gut gelaunt begab sich Jonathan in die Kantine, um seine »Ernennung« zum Hilfsorbiter zu begießen. Seine gute Laune wurde allerdings wieder durch die Erinnerung an den schrecklichen Tod des Bauernmädchens Jereta, die von Goshkan bestialisch ermordet worden war, getrübt. Jonathan hatte sie sehr geliebt und würde sie nie vergessen. Hass kam in Andrews auf – Hass auf Goshkan.

Doch er musste sich zur Ruhe zwingen. Ein Ritter der Tiefe durfte keine Vergeltung üben, hatte Gal'Arn gesagt. Auch Gal'Arn hatte schlimme Verluste durch Goshkan erlitten, doch der Ritter der Tiefe war nicht aus der Ruhe zu bringen.

Jonathan wusste, dass er noch hart an sich arbeiten musste, um auch nur annähernd so zuwerden, wie sein neues Vorbild Gal'Arn.

Als der junge Terraner die Kantine betrat, befanden sich neben Jezzica Tazum die drei Altterraner Katschmarek, Niesewitz und Wieber dort. Die Kantine schien ihr Lieblingsort zu sein, fand Jonathan. Wann immer man dort ankam, die drei waren schon da.

»Schenke uns noch was ein, Mädchen! Unsere Gläser sind leer und unser Durst so groß«, rief Reinhard Katschmarek mit schwerer Stimme Jezzica zu. Der Mann war offensichtlich betrunken.

»So ist das«, stimmte Eberhard Wieber zu.

»Findet ihr nicht, dass ihr jetzt genug habt?«, fragte Jezzica ungehalten.

»Wir sind alt genug, um das selber zu wissen, Kleine«, antwortete Werner Niesewitz giftig.

Der kleine Mann wackelte immerzu mit seinem rechten Bein.

»Vielleicht will die Süße ja mitfeiern?«, meinte Katschmarek, der Jezzica zusehends mit lüsternen Blicken bedachte.

»Komm, setz dich zu uns«, sagte Katschmarek und packte Jezzica an den Hüften, dann setzte er sie sich auf den Schoß.

Jezzica bedachte Katschmarek dafür mit einer schallenden Ohrfeige.

»He, spinnst du? Du blöde Gans! Das wirst du büßen. Keine Frau behandelt einen Katschmarek so!«

Wütend erhob sich Katschmarek und holte mit der rechten Hand aus, um Jezzica zu ohrfeigen.

Jetzt reichte es Jonathan Andrews. Bisher hatte er sich zurückgehalten, doch nun musste er einfach eingreifen. Andrews packte Katschmarek am rechten Arm und riss ihn zurück.

»Las Jezzica gefälligst in Ruhe, du verkommenes Schwein!«

»Was ... was mischt du dich da ein, du Rotzlöffel«, lallte Katschmarek und blies dabei seinen nach Alkohol stinkenden Atem in Jonathans Gesicht.

»Pass bloß auf, Jungchen! Leg dich nicht mit uns an«, meckerte der kleine Nieswitz von seinem Platz aus. Dabei hob er drohend sein Ärmchen und ballte die rechte Hand zur Faust.

»Genau! Reini Katschmarek hat noch jede flach gelegt«, grölte Katschmarek.

»So ist das«, stimmte Wieber zu.

Katschmarek wollte auf Jonathan losgehen, doch der packte ihn am Kragen und stieß ihn mit einem Schubs zu Boden. Katschmarek fiel auf einen Stuhl, dessen elastische Struktur nachgab und so Katschmarek abfederte.

»Wollt ihr zwei Komiker auch noch was?«, fragte Andrews drohend in Richtung der beiden anderen.

»Ich nicht. Ich bin alt und krank«, sagte Wieber.

»Du hast Glück, Jungchen, dass es mir heute nicht so gut geht. Sonst würde es dir schlecht ergehen. Ich habe in der Wehrmacht gedient und so einige Bolschewisten und Franzmänner mit einem Schlag kalt gemacht. Aber wir sprechen uns noch«, sagte Niesewitz drohend.

Andrews wusste wenig über den Lebenslauf dieser drei Deutschen, wie sie sich selbst nannten. Im Gegensatz zu dem Marquês wollte er die drei nicht als Gesprächspartner. Jedoch hatten sowohl Niesewitz als auch Wieber jedem erzählt, dass sie in der deutschen Wehrmacht im so genannten Zweiten Weltkrieg, dem letzten großen, global umfassenden terranischen Bürgerkrieg, gekämpft hatten. Niesewitz hatte mit Stolz von seinen Einsätzen an der Ostfront und in Frankreich berichtet. Wieber hingegen war weniger ein Soldat gewesen. Er hatte als Sanitäter gedient und später als Hauptmann in der Bundeswehr, ehe er in Ruhestand ging, als sich die Vereinigung der Menschheit und Gründung der Terranischen Weltregierung anbahnte. Katschmarek hingegen war wohl nur als junger Pimpf in der sogenannten Hitlerjugend gewesen. Er sprach zumindest nicht über irgendwelche Kriegseinsätze.

Andrews nahm die Drohung von Niesewitz jedenfalls nicht ernst. Der Mann war biologisch 65 Jahre alt. Das war im 13. Jahrhundert NGZ kein Alter, doch damals war man mit 65 Jahren bereits Rentner. Die Lebensdauer und körperliche Leistungsfähigkeit war im 20. Jahrhundert noch ganz anders gewesen, als sie es heute war.

Niesewitz und Wieber erhoben sich von ihren Plätzen, halfen ihrem Freund auf und verließen die Kantine.

Jezzica umarmte erleichtert Jonathan.

»Vielen Dank, mein Retter. Die drei haben mich schon den ganzen Tag genervt.«

»Eigentlich wollte ich meine Ernennung zum Orbiter feiern, aber die drei haben wohl keine alkoholischen Getränke übrig gelassen«, meinte Jonathan.

»Bei mir habe ich noch was.«

Die beiden begaben sich in Jezzica Tazums Kabine und tranken Vurguzz. Jonathan fiel abermals die Schönheit der Terranerin auf, ihr makelloser Körper, ihr wundervolles Lächeln und ihre tiefblauen Augen.

Sie unterhielten sich über alles Mögliche aus ihrem Leben vor der THEBEN. Es kam beiden so vor, als sei alles danach wie in einem Traum gewesen. Andrews hatte weniger Probleme damit gehabt, da er das Abenteuer schon immer gesucht hatte. Nun hatte er es gefunden und die Ernennung zum Orbiter machte ihn sehr stolz.

Jezzica hingegen fühlte sich einsam und manchmal auch überfordert. Sie war ein Partygirl, wenn man es so beschreiben konnte, die von einer Feier zur nächsten ging.

Das Leben auf der TERSAL war mit viel Verantwortung und Disziplin verbunden. Eine Umstellung, die ihr wohl nicht leicht fiel. Hinzu kam die Angst – Furcht vor dem Ungewissen und den Gefahren. Ihr Leben hatte sich völlig verändert und auch das jagte der jungen Terranerin Angst ein. Sie fühlte sich verloren und ohne Halt.

Vielleicht, so dachte sie sich, konnte Andrews ihr wieder etwas Halt geben und sie aus ihrer Einsamkeit befreien. Sie blickte Jonathan tief in die Augen und wusste, dass er ihren Reizen nicht widerstehen konnte. Langsam schmiegte sie sich an ihn heran.

»Bleib heute Nacht bei mir, Jonathan. Ich will nicht allein sein.«

Andrews dachte an Jereta. Ihr Tod lag erst drei Tage zurück. Der damit verbundene Schrecken saß ihm tief in den Knochen. Er nahm Jezzicas Hand. »Ich auch nicht«, sagte Jonathan, dann küsste er ihren Handrücken. »Aber ich bin nicht reif für ein neues Abenteuer dieser Art ...«

 

3. Der Planet Zechon

Zwei Tage später, in denen sich nichts Besonderes ereignete, landete die TERSAL auf dem Planeten Zechon. Sie hatten fünf Tage für den Raumflug gebraucht und sich absichtlich Zeit gelassen. Gal’Arn wollte, dass die Mitreisenden die Zeit hatten, sich ein wenig kennenzulernen, bevor sie ins nächste Abenteuer stolperten.

Hier hoffte Gal'Arn, ein Observatorium mit reichlich astronomischen Daten zur Standortbestimmung zu finden. Ansonsten wusste man nichts von diesem abgelegenen Planeten. Er verfügte über eine Sauerstoffatmosphäre und war bewohnt. Die Einheimischen schienen jedoch nicht über Raumfahrt zu verfügen.

»Keine technischen Einrichtungen zu lokalisieren«, las Jaktar von den Instrumenten ab. Mit einer Fingerbewegung auf das Touchpad seines Interfaces vergrößerte Jaktar die dreidimensionale Abbildung des Planeten.

Auf Zechon gab es sechs Kontinente, von denen zwei große Inseln waren. Viele Regionen waren unerschlossen. Die Gesamtpopulation von Zechon lag nur bei 176 Millionen Bewohnern. Sie waren quer über den Planeten verteilt. Einiges erinnerte an die Welt Zorryk. Offenbar war es in diesem Sektor der Galaxie Zerachon wohl normal, dass es wenig raumfahrende Zivilisationen gab.

Die Technologiestufe der Zechonen empfand Andrews als mittelalterlich. Sie kannten nicht einmal Elektrizität.

»Seltsam. Hier soll ein Observatorium sein?«, fragte Jonathan skeptisch.

»Ja, so sagte jedenfalls Fürst Thomun«, bestätigte Gal'Arn.

»Und der war ja sehr vertrauenerweckend«, meinte Jonathan sarkastisch.

Mit Fürst Thomun war man auf dem Planeten Zorryk aneinandergeraten, kurz bevor Cau Thon und Goshkan grausam zugeschlagen hatten.

»Wir werden der Spur auf jeden Fall nachgehen. Lande in der Nähe einer Ansiedlung, Jaktar! Wir müssen diesen Prosperoh finden«, ordnete Gal'Arn.

»Ja, Meister.«

*

Kurz darauf landete die TERSAL auf einer Lichtung. Dort befand sich ein Wald, und hinter dem Wald lag ein Dorf. Dieses Dorf wollte Gal'Arn zunächst aufsuchen.

»Jonathan, du und Jaktar, ihr begleitet mich. Sage auch den Scorbits Bescheid. Sie waren uns bisher immer eine große Hilfe. Der Rest der Leute bleibt an Bord.«

»Wird gemacht.«

»Soll ich Euch nicht begleiten?«, bot sich der Marquês an.

»Mir ist wohler, wenn Ihr auf das Schiff achtgebt, Marquês.«

Don Philippe machte eine knappe Verbeugung.

»Es wird mir eine Ehre sein.«

Kurz darauf verließ die Gruppe das Raumschiff und begab sich durch den Wald zu dem Dorf. Der Wald machte einen düsteren, unheimlichen Eindruck. Nebelschwaden zogen durch die Luft. Uthe fröstelte es. Ihr Mann legte behutsam seinen Arm um ihre Schulter.

Andrews holte ein syntronisches Fernglas hervor und suchte die Gegend ab. Überall waren armselige Holzhütten zu sehen.

»Das sieht ja ziemlich jämmerlich aus«, meinte er resignierend.

»Nicht immer ist der erste Eindruck entscheidend. Man muss den Dingen auf den Grund gehen, um sich ein vollständiges Bild zu machen«, ermahnte ihn Gal'Arn.

»Ja, Meister«, seufzte Jonathan.

Jaktar klopfte ihm freundlich auf die Schulter.

»So ist das eben, wenn man ein Orbiter sein will.«

»Da sind Leute«, sagte Uthe.

Sie zeigte auf zwei junge Mädchen, die etwa achtzehn Jahre alt sein mussten. Sie standen am Waldrand und sammelten Holz. Beide waren sehr hübsch, eine blond, die andere brünett. Ihre Kleidung entsprach etwa der des terranischen Mittelalters.

»Sprich du zuerst mit ihnen, Uthe. Vielleicht vertrauen sie dir eher, weil du eine Frau bist«, meinte Gal'Arn.

Langsam ging Uthe auf die beiden Mädchen. Sie lächelte und winkte. Natürlich war der Translator eingeschaltet.

»Guten Tag, ihr beiden. Wir sind Reisende und kommen von weit her.«

Gal'Arns Translator von der TERSAL, der einem terranischen Model überlegen war, übersetzte ziemlich schnell.

Es stellte sich heraus, dass es sich um dieselbe Sprache handelte wie auf Zorryk.

»Seid gegrüßt, edle Frau«, sagte die Blonde freundlich.

»Mein Name ist Uthe. Und wie heißt ihr?«

»Ich bin Jaquine«, antwortete die Blonde und zeigte auf die Brünette. »Das da ist meine Freundin Anica.«

»Ich, mein Mann Remus und meine Freunde Gal'Arn, Jonathan Andrews und Jaktar würden gerne euer Dorf besuchen.«

»Oh, schön. Wir bekommen selten Besuch von außerhalb«, sagte die Brünette namens Anica.

»Wo wohnt ihr denn?«

Jaquine zeigte auf ein primitives Bauernhaus.

»Da. Das ist das Haus von meinem Vater, dem Metzger Hackibrai. Anica wohnt drei Häuser weiter.«

»Wir haben auch Kühe und Schweine«, sagte Anica stolz.

»Das ist ja toll. Ich mache euch mit meinen Freunden bekannt.«

Gal'Arn, Remus, Jonathan und Jaktar traten aus dem Wald heraus und wurden von den beiden zechonischen Bauernmädchen begrüßt. Allerdings waren sie verblüfft, als sie Jaktar sahen.

»Ein auf zwei Beinen laufender Greey. Welch Zauber«, meinte Jaquine. Ein Greey war nach Anicas Beschreibung am ehesten mit einem Pferd zu vergleichen.

»Ich kann noch viel mehr. Ich kann auch sprechen«, meinte Jaktar und erschreckte mit dieser Aussage die beiden Zechoninnen. Gal’Arn räusperte sich. Uthe erklärte ihnen, dass Jaktar harmlos sei und in ihrer Heimat die Greey eben sprechen und auf zwei Beinen gehen würden. Anica und Jaquine schenkten ihnen Glauben.

Die beiden jungen Frauen führten die Besucher von der TERSAL auf einer matschigen Straße zur Siedlung mit dem Namen Utin. Dabei plapperte Anica redselig über ihr Leben.

Anica war die Tochter des Greeyzüchters Sekotam. Sie war behütet auf im Dorf aufgewachsen, konnte jedoch nie eine Schule besuchen, da Prosperoh den Untertanen verbot, sich zu bilden.

Sie und Jaquine waren beste Freunde, so berichtete Anica. Ebenso, dass sie Greeys liebte und generell alle Tiere im Umland.

»Deshalb habe ich dich auch lieb, sprechender Greey«, meinte Anica und kicherte. Schnell nahmen Gal’Arn und die anderen die Naivität von Anica zur Kenntnis.

Jaquine war im selben Bauerndorf wie Anica aufgewachsen. Sie war die Tochter des Metzgermeisters Hackibrai und sollte eines Tages das Geschäft führen, wovon Jaquine wenig begeistert war. Sie versuchte alles daran zu setzen, damit ihr dieses Schicksal erspart blieb. Im Gegensatz zu Anica zeigte sich Jaquine nicht ganz so einfältig.

Ein abwechslungsreiches Leben hatten die beiden wohl bisher in ihrem Dorf nicht verlebt. Die Höhepunkte ihres Lebens stellten wohl die Dorffeste dar. Dreimal im Jahr gab es das Grillfest, welches zu Ehren des Landgrafen Prosperoh veranstaltet wurde.

Uthe hatte während dessen ihre Mühe, durch den Matsch zu gehen. Sie war zwar auch die Tochter eines Farmers, aber ein Bauernhof im 13. Jahrhundert NGZ war etwas moderner, als die verdreckten Scheunen und Ställe auf Zechon.

Es fing nun auch an zu Nieseln. Uthe verwünschte das Wetter, welches ihre hochgesteckte Frisur noch ruinierte. Endlich erreichten sie das Dorf. Doch die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Das Dorf bestand aus etwa zwei Dutzend Holzhäusern mit Reetdächern. Um das Dorf herum war ein etwa ein Meter hoher Holzzaun gezimmert. Alles wirkte hier sehr ärmlich, dreckig und unaufgeräumt. Ein Steinbrunnen im Zentrum war offenbar der Mittelpunkt der gesamten Siedlung. Allerlei Viehzeug wanderte und watschelte durch die Gegend. Trostlose, blasse Gestalten blickten aus ihren Kapuzen die Ankömmlinge argwöhnisch an.

»Hübsch«, meinte Uthe zweideutig.

»Wir würden gerne mit dem verantwortlichen Bürgermeister sprechen«, sagte Gal'Arn.

»Häh?«, machte Anica.

»Mit dem höchsten Mann im Dorf.«

»Also, der Höchste ist Kuni, der ist über zwei Meter groß«, erklärte Anica mit großer Einfalt.

»Äh, nein. Ich meinte den Mann, der hier das Sagen hat.«

»Du meinst sicher den Dorfältesten?«, fragte Jaquine.

Gal'Arn nickte kurz mit einem verhaltenen Lächeln.

»Der schläft jetzt sicher. Meistens sitzt er im Gasthaus und trinkt so viel Bier, bis er einschläft.«

»Ich sag ja, wir sind hier genau richtig«, sagte Jonathan Andrews sarkastisch, der dafür von Gal'Arn mit einem strengen Blick bedacht wurde.

»Kommt in unser Haus. Wir laden euch zum Essen ein. Vielleicht kann euch mein Vater helfen«, schlug Jaquine vor.

»Gerne, das ist eine gute Idee«, willigte Gal'Arn ein.

 

4. Die Bewohner Zechons und Prinz Prosperoh

Der Regen wurde stärker. Die Gruppe folgte den beiden Mädchen in eines der Holzhäuser. Es sah immerhin noch besser aus, als die anderen in der Umgebung. Es besaß zwei Eingänge. Einer war offenbar für die Schlachterei ihres Vaters, der andere führte in den Privatbereich. Allerdings war dieser wenig gemütlich. Der Boden war mit Stroh ausgelegt. Im Hauptraum, welcher Wohnzimmer und Küche zugleich war, standen ein großer, eckiger Holztisch, einige Stühle und ein Schrank. Am Kamin brodelte ein Topf Suppe. Daneben lagen zwei ziegenartige Tiere und schliefen.

Zunächst stellte Jaquine die Besucher ihren Eltern vor. Mürrisch und abweisend musterten die Bauersleute die Fremden.

»Ich bin Hackibrai. Ihr wurdet von meiner Tochter eingeladen, also muss ich das Gesetz der Gastfreundschaft achten«, sagte der Metzger unfreundlich. »Aber wenn ihr gegessen habt, geht ihr wieder!«

Jonathan saß sich veranlasst, einzugreifen.

»Hör mal, Bauer. Du hast hier einen Ritter der Tiefe und sein Gefolge vor dir. Wir sind keine Bettler! Wage es nicht uns zu beleidigen. Das würde dir schlecht bekommen.«

Eingeschüchtert gab der Bauer nach.

»Verzeiht, Herr. Ich wusste nicht, dass Ihr ein Ritter seid.«

»Tragt jetzt auf. Mein Herr ist hungrig!«

Der Bauer trieb seine Frau an, in die Küche zu gehen und verbeugte sich demütig vor Gal'Arn, dem das unangenehm war.

»Ich finde es zwar nicht richtig, wie du mit ihm umgesprungen bist, aber es war in dieser Situation genau das Richtige. Du machst dich, Jonathan«, sagte Gal'Arn lächelnd.

Jaquine und Anica erklärten mit stolz, dass die Fremden aus einem Land kamen, in denen Greeys auf zwei Beinen gingen und reden konnten. Hackibrai nahm den Anblick Jaktars gleichgültig hin. Ob die Zechonen wie die Zorryker den Anblick von Außerirdischen gewohnt waren?

Die Gruppe setzte sich und bald darauf tischte die Bäuerin das Mahl auf. Es schien Eintopf zu sein. Skeptisch schnupperte Jaktar daran.

»Was soll denn das sein?«, fragte er missmutig.

»Das sind Runkelrüben. Das Beste, was wir haben, Herr«, sagte die Bäuerin unfreundlich.

»Es wird uns schon schmecken. Wir danken euch für eure Gastfreundschaft«, entgegnete Gal'Arn höflich.

»Von wo kommt ihr?«, fragte Jaquine neugierig.

»Das geht dich nichts an«, entgegnete Jonathan vorlaut.

Gal'Arn warf ihm einen strengen Blick zu. Verlegen senkte Andrews den Kopf und beschloss, lieber zu schweigen.

»Wir kommen aus einem weit, weit entfernten Land«, erklärte Gal'Arn den Einheimischen mit freundlicher Stimme.

Remus und Jaktar stocherten im Essen herum und warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Beiden schien das Mahl nicht sonderlich zu munden.

»Wir sind auf der Durchreise«, fügte Uthe hinzu.

»Und wo wollt ihr hin?«, fragte Anica.

»Wir suchen das Observatorium Prosperohs.«

Als Uthe den Namen Prosperoh erwähnte, ließ Hackibrai vor Schreck seinen Löffel fallen.

»Der Name sagt euch was?«, fragte Gal'Arn, der spürte, dass sie auf der richtigen Spur waren.

»Na klar, Prinz Prosperoh ist der Herrscher unseres Landes, ja sogar der ganzen Welt und darüber hinaus«, erklärte Jaquine.

»Schweig, Tochter!«, rief Hackibrai wütend. »Erwähne diesen Namen niemals in meinem Haus! Das bringt Unglück.«

»Aber, er kann uns doch hier nicht hören, Vater«, wandte Jaquine ein.

»Er hat überall Augen und Ohren. Er ist allmächtig. Der Difus ist sein Verbündeter!«

»Der Teufel?«, folgerte Remus Scorbit richtig.

Der Metzger nickte eifrig und faltete andächtig seine Hände zusammen.

»Der Herr der Finsternis, des Dunklen und des Bösen. Prosperoh ist sein getreuer Anhänger. Sprecht nicht mehr von ihm! Er befiehlt den Vögeln uns zu belauschen und sie berichten ihm dann, was wir gesagt haben.«

Jonathan schüttelte ungläubig den Kopf.

»Das sind doch alles Kindermärchen.«

»Was ist das eigentlich, ein Obersamatorum?«, fragte Anica in die Runde.

Uthe Scorbit musste sich ein Lachen verkneifen. Ihrem Mann gelang es nicht so ganz. Uthe räusperte sich, bevor sie Anica antwortete.

»Ein Observatorium ist ein großes Fernrohr, mit dem man die Sterne sehen kann.«

»Teufelswerk!«, rief Hackibrai ängstlich. Am liebsten hätte der Bauer seine ungebetenen Gäste wieder vor die Tür gesetzt, doch er fürchtete sich vor Jonathan Andrews, der ihn grimmig ansah.

»Unsinn, Wissenschaft ... Eines Tages werdet ihr das auch lernen«, meinte Gal'Arn.

»Ich habe gehört, dass auf Prosperohs Burg so ein Sternenguckerdings sein soll«, erzählte Anica.

»Schweig endlich, du dummes Ding!«, schimpfte Hackibrai.

»Quatsch nicht ständig dazwischen! Wenn du nicht endlich mal die Klappe hältst, sorge ich dafür, dass du sie hältst«, drohte Jonathan dem Einheimischen.

Gal'Arn ließ ihn gewähren, da der dumme Metzgermeister tatsächlich nur störte.

»Ihr fürchtet euch also vor Prinz Prosperoh?«, fragte er die beiden Mädchen.

»Ja, er ist sehr grausam. Wir müssen hohe Steuern zahlen. Wer nicht zahlen kann, dessen Haus wird abgebrannt«, erklärte Jaquine.

»Und wo befindet sich Prosperohs Burg?«

»Nicht weit von hier. Nördlich hinter dem Wald auf einem Hügel. Es ist eine große Burg.«

Gal'Arn überlegte, wie man nun am besten vorgehen konnte. Doch er wurde schon kurze Zeit später in seinen Überlegungen gestört. Bauer Hackibrai eilte zur Tür herein und schrie immer wieder:

»Er kommt! Er kommt!«

Gal'Arn und Jonathan erhoben sich und gingen zu ihm.

»Wer kommt?«, fragte Gal'Arn.

Doch Hackibrai konnte nur noch schreien.

Gal'Arn gab Jonathan einen Wink. Dieser packte den Bauern und verpasste ihm zwei Ohrfeigen. Das wirkte. Hackibrai kam zur Besinnung.

»Bitte, Herr, nicht mehr schlagen«, flehte er.

»Wer kommt?«, fragte Gal'Arn nochmals mit ruhiger Stimme.

»Prinz Prosperoh! Ich habe es gesagt! Die Vögel haben uns belauscht, und es ihm sofort zugetragen, dass wir über ihn gesprochen haben. Jetzt wird er uns alle bestrafen.«

»Unsinn, das ist reiner Zufall«, meinte Gal'Arn.

»Vielleicht können wir mit ihm vernünftiger reden, als mit diesen abergläubischen Bauern«, meinte Jonathan.

Gal'Arn nickte. Zusammen mit Andrews, Jaktar und den Scorbits ging er aus dem Haus, um sich die Neuankömmlinge erst einmal anzusehen. Jaquine und Anica begleiteten sie. Hackibrai hingegen versteckte sich auf seinem Plumpsklo.

Es waren etwa fünfzig mit Lanzen bewaffnete Reiter, die auf pferdeähnlichen Reittieren saßen. Das mussten die viel besprochenen Greeys sein. In der Mitte der Kavallerie befand sich eine edle Kutsche, die golden schimmerte. Etwa zehn Soldaten stiegen von ihren Tieren ab und bildeten ein Spalier um die Kutsche. Ein Offizier öffnete die Tür der Kutsche. Die Männer waren vom gleichen Volk wie die Bauern und auch der Mann, der aus der Kutsche stieg, war humanoid. Er war etwa 1,80 Meter groß, trug einen Schnurrbart und war von Kopf bis Fuß in edle, schwarze Gewänder gekleidet.

»Macht Platz für Prinz Prosperoh, ihr Dreckspack!«, schrie der Offizier.

Ängstlich verneigten sich die Dorfbewohner vor Prinz Prosperoh, der sie abschätzend musterte.

»Was seid ihr nur für erbärmliche, kleine, faule Kreaturen«, sprach er mit ruhiger, rauer Stimme.

»Und doch habt selbst ihr einen gewissen Nutzen für mich. Eure schönsten Frauen werde ich erwählen, um mir Gesellschaft in meinem Schloss zu leisten. Wo ist der Dorfälteste?«

Ein Soldat brachte den ängstlichen Dorfältesten zum Prinzen.

»Hier ist er, Herr. Er war wie immer im Gasthaus, um zu saufen.«

Prosperoh musterte den Alten, der vor Angst zitterte mit einem abschätzenden Lächeln.

Prosperoh wurde auf dem düsteren Planeten Zechon in der Galaxis Zerachon geboren. Er war der Sohn des Herzogs Ebanim, der noch zu Lebzeiten fast den ganzen Kontinent unterworfen hatte.

Der Sohn des Fürsten hatte alles bekommen, was er wollte und achtete das Leben der Bauern überhaupt nicht. Er genoss es, sie zu quälen und zu demütigen. In jungen Jahren war ihm ein seltsames Wesen erschienen, völlig in Rot gekleidet und hatte ihm gesagt, er sei der Abgesandte von Difus, dem Teufel auf Zechon, und Prosperoh solle ihn huldigen, dann würde er eines Tages zu großen Ruhm kommen.

In dieser Zeit hatte es sich begeben, dass die schreckliche Krankheit Scharlach auf dem Planeten grassiert hatte und viele Millionen das Leben gekostet hatte, darunter auch Ebanim und Prosperohs Mutter.

Nun war er selbst seit Jahrzehnten der Herrscher. Einige Außerirdische besuchten hin und wieder die primitive Welt. Sie hatten ein Sternenobservatorium errichtet.

Nur Prosperoh und seine »Gelehrten« hatten Zugang. Die Außerirdischen hatten ihm erklärt, dass die Zechonen so ihre Umwelt kennenlernen sollten, um reifer zu werden. Prosperoh interessierte dies jedoch wenig. Er wusste von der Welt Zorryk, die ähnlich war, wie die Seine. Nein, Prosperoh wollte weder zur Touristenattraktion von Außerirdischen werden, noch seine Macht mit ihnen teilen.

Er nahm sich die Worte des roten Wesens, vor dem er sich grenzenlos fürchtete, zu Herzen und betete von da an nur noch den Satan an und versuchte ihn mit seiner erbarmungslosen und grausamen Herrschaft über seine Untertanen zu imponieren.

Jahre später hatte er die hübsche Adlige Kamelia geheiratet. Die ersten Jahre waren gut verlaufen und Prosperoh hatte oft Milde walten lassen, doch dann war er wieder in seinen Difus-Wahn verfallen und hatte das Volk geknechtet. Sein Weib Kamelia fürchtete um die Gunst ihres Mannes und hatte sich entschlossen, ebenfalls dem Teufel zu dienen.

Prosperoh war für seine sadistischen Anwandlungen bekannt und demütigte jedermann, um zu zeigen, dass er der Mächtigste auf Zechon war.

»Alter, du wirst eure Frauen auf dem Marktplatz antreten lassen, damit ich sie mir ansehen kann.«

»Ja, Herr«, nickte der Alte.

»Dann beeile dich. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«

Der Dorfälteste beeilte sich, die Anordnungen Prosperoh so schnell wie möglich auszuführen.

Gal'Arn hatte das Geschehen mit zunehmender Beunruhigung verfolgt. Prosperoh war offensichtlich ein ähnlich schlimmer Zeitgenosse wie Fürst Thomun. Es schien besser, sich zunächst im Hintergrund zu halten.

Kurze Zeit später hatten sich die Frauen auf dem Markplatz mit dem Steinbrunnen, der in der Mitte des Dorfes lag, versammelt. Auch Anica und Jaquine mussten dabei sein. Prosperoh schritt auf die Frauen zu und musterte sie eindringlich. Vor einer gut aussehenden Schwarzhaarigen machte er Halt.

»Du da, du könntest mir gefallen«, sagte er freundlich.

Die Schwarzhaarige lächelte. Dabei entblößte sie ihr Gebiss, welches allerdings mehr Löcher als Zähne aufwies. Angewidert verzog Prosperoh sein Gesicht.

»Weg mit dir! Du beleidigst meine Augen!«

Die Frau wurde von den Soldaten weggejagt und Prosperoh setzte seine Inspektion fort.

Uthe stand ganz in der Nähe und verfolgte beunruhigt, wie der Prinz sich Anica und Jaquine näherte. Sie hatte die beiden sofort in ihr Herz geschlossen und würde nicht zulassen, dass ihnen Unheil widerfuhr. Doch dass Jaquine und Anica die hübschesten im Dorf waren, entging natürlich auch Prosperoh nicht. Er blieb vor den beiden stehen und musterte sie ausgiebig.

Lächelnd und mit dem Kopf nickend sagte er:

»Ihr beide seid, was ich suche. Ihr begleitet mich auf mein Schloss.«

»Bitte nicht, Herr«, flehte Jaquine. »Lasst uns hierbleiben. Hier ist unser Heim!«

»Das nennt ihr Heim? Diese verlauste Pestgrube? Seid froh, dass ihr dem Roten Tod entgeht. Nur auf meinem Schloss seid vor ihm sicher. Kommt nun.«

»Nein, Herr. Wir wollen nicht!« rief Anica trotzig.

Prosperoh verzog unwillig das Gesicht.

»Was sagtest du? Das Wort Nein gehört nicht zu meinem Wortschatz. Ich bin heute milde gestimmt und will daher von Strafe für euer freches Benehmen absehen. Und nun begebt euch umgehend zur Kutsche. Das ist ein Befehl!«

Anica und Jaquine wussten nicht, was sie tun sollten. Sie rannten zu Uthe und den anderen, die am Gasthaus standen.

»Uthe, bitte hilf uns. Wir wollen nicht mit ihm gehen«, flehte Jaquine.

Uthe wusste, dass es unvernünftig war, aber sie konnte nicht anders. Sie musste den beiden beistehen.

Prosperoh und seine Männer kamen sofort herangeeilt. Der Prinz bemerkte gleich, dass er es mit Fremden zu tun hatte.

»Wer seid ihr? Woher kommt ihr?«, wollte er wissen.

»Wir kommen von weit her. Wir sind Freunde«, sagte Uthe.

»So, seid ihr das. Dann beweist es und übergebt mir mein Eigentum!«

»Ich sehe hier nichts, was dein Eigentum sein könnte.«

»Ich will dir deinen impertinenten Tonfall noch einmal nachsehen. Du bist fremd und weißt nicht, mit wem du es zu tun hast.«

»Doch, du bist Prinz Prosperoh, der hiesige Herrscher.«

»Der mächtigste Herrscher auf ganz Zechon«, stellte Prosperoh ungehalten klar. »Also, Weib, gib mir die beiden Mädchen. Sie gehören mir.«

»Wie kann dir ein anderer Mensch gehören?«, fragte Uthe wütend.

»Alle diese dummen Bauern gehören mir. Ich erlaube ihnen auf meinem Besitz zu leben und zu arbeiten. Dafür müssen sie mir hin und wieder gefügig sein.«

Uthe fröstelte. Dieser Prosperoh war ihr unheimlich. Er war zweifellos gefährlicher als Fürst Thomun. Doch es gab nun kein Zurück mehr.

»Da, wo wir herkommen, ist jedermann frei und entscheidet selbst, wohin er geht oder nicht geht.«

»Auf Zechon bin ich das Gesetz. Schluss jetzt mit dem Gefasel! Wache, holt die Mädchen!«

»Nein, ihr lasst sie in Ruhe!«, rief Uthe und stellte sich vor Anica und Jaquine.

Prosperoh musterte sie interessiert.

»Du hast Mut, das gefällt mir. Du bist besser als diese Tiere. Dennoch solltest du es nicht übertreiben.«

Uthe blieb stur stehen. Prosperoh zog seinen rechten schwarzen Handschuh aus und schlug damit Uthe kräftig ins Gesicht. Uthe taumelte zurück.

Das war zu viel für Remus, der sich bislang in der Hoffnung zurückgehalten hatte, Uthe würde die Situation friedlich bereinigen können. Der Terraner stürzte auf Prosperoh zu und streckte ihn mit einem gezielten Faustschlag nieder. Sofort kamen die Wachen herangeeilt, um ihren Herren zu schützen, in dessen Gesicht sich eine Mischung aus Böswilligkeit und Verwunderung spiegelte.

Jetzt traten Gal'Arn, Jaktar und Jonathan Andrews heran. Gal'Arn half Prosperoh auf. Dieser musterte den Ritter der Tiefe neugierig.

»Ich bitte für meinen Freund um Entschuldigung, edler Prinz«, versuchte Gal'Arn die Situation zu beschwichtigen. »Er handelte nur in der Absicht, sein Weib zu schützen. Habt Nachsicht mit den beiden!«

»Wer seid Ihr?«, fragte Prosperoh.

»Ich bin Gal'Arn, dies sind mein Schüler Jonathan Andrews und mein Gehilfe Jaktar. Wir sind Ritter aus einem fernen Land. Die Scorbits sind unsere Freunde. Sie hatten nicht die Absicht, Euch zu beleidigen. Bitte seid großmütig und vergebt ihnen.«

Prosperoh verzog höhnisch das Gesicht.

»Vergeben? Sie haben es gewagt mich, den mächtigsten Herrscher von Zechon zu beleidigen. Darauf steht der Tod. Aber ich werde Milde walten lassen und sie nicht gleich töten. Ihr alle seid meine Gefangenen.«

Auf einen Wink des Prinzen umringten die Wachen die Gruppe. Sie waren bewaffnet mit Lanzen, Schwertern und Armbrüsten.

»Ergebt Euch, Ritter. Oder ihr seid alle des Todes«, drohte Prosperoh ruhig.

Gal'Arn überlegte. Die Wachen hatten zwar nur primitive Waffen, aber sie waren in der besseren Position und in der Überzahl. Außerdem bestand die Gefahr, dass der Prinz sich an den Dorfbewohnern rächen würde. Der Ritter der Tiefe hielt es daher für besser, nachzugeben.

»Also gut, Prinz, wir kapitulieren.«

Jonathan war damit nicht einverstanden.

»Aber, Gal'Arn, mit denen nehmen wir es doch auf«, protestierte er.

»Tu, was ich dir sage, Jonathan.«

Widerwillig ließen sich Andrews, Jaktar und Gal'Arn die Waffen abnehmen.

Prosperoh betrachtete sie neugierig.

»Sehr interessant. Ihr scheint wirklich von sehr weit herzukommen. Aber das finde ich noch heraus. Wachen, bringt sie zur Burg!«

Gal'Arn, Andrews, Jaktar und die Scorbits wurden gefesselt und auf einen Karren gepackt. Auch Anica und Jaquine wurden mitgenommen. Die beiden flehten und weinten, aber es half nichts. Prosperoh kannte kein Pardon. Der Prinz stieg in seine Kutsche und der Tross setzte sich in Bewegung.

 

5. Rettungspläne

Der Marquês hatte sich an Bord der TERSAL gelangweilt. Daher hatte er beschlossen, den anderen nachzugehen. Wer war denn dieser Gal'Arn, dass er ihm, einem Don, Befehle erteilen konnte? Außerdem erinnerte ihn diese Welt ein wenig an seine Heimat Siniestro, deshalb wollte er sich den Planeten etwas genauer ansehen. Als er den Waldrand erreichte, an den das Dorf grenzte, bekam er die vorhergegangen Geschehnisse und die Gefangennahme der Gruppe mit.

Der Marquês hielt es für klüger, sich nicht sehen zu lassen. Als die Soldaten weggeritten waren, kehrte er schleunigst zum Schiff zurück. Dort bat er alle verbliebenen Besatzungsmitglieder, in den Konferenzsaal zu kommen.

Während Jezzica Tazum und Yasmin Weydner schnell erschienen, kamen die drei Altterraner und die Braunhauers nur widerwillig. Das alte Ehepaar war schon im Nachtgewand, obwohl es erst Nachmittag war.

»Müsst ihr uns denn stören?«, protestierte Frau Braunhauer. »Wir brauchen doch unseren Mittagsschlaf. Wir sind sehr, sehr krank und brauchen Ruhe!«

Der Marquês rümpfte die Nase, als er Ottilies Alkoholfahne roch. Vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, die beiden nicht zu beachten. Doch nun war es zu spät.

Karl-Adolf Braunhauer fasste sich mit der linken Hand ans Herz und mit der anderen Hand an den Rücken. Stöhnend ließ er sich in einen Sessel sinken.

»Vatichen, geht es dir schlecht?«, erkundigte sich Frau Braunhauer mit schleppender Stimme.

»Mir geht es auch so schlecht. Mir ist wieder so schwindelig. Ich weiß nicht, woher das kommt. Das muss am Wetter liegen.«

Yasmin half Ottilie schnell in den Sessel. Sie fürchtete, die Frau könne sonst wieder zusammenbrechen, wie es auf Zorryk der Fall gewesen war.

»Was ist denn eigentlich los? Warum werden wir gestört?«, wollte Werner Niesewitz wissen.

»Es ist etwas Furchtbares geschehen, das alle hier an Bord angeht. Unsere lieben Freunde sind von Prinz Prosperoh, dem hiesigen Herrscher, gefangen genommen worden.«

Die Reaktionen fielen recht unterschiedlich aus. Während Yasmin und Jezzica schockiert waren, schienen sich Niesewitz, Katschmarek und Wieber zu freuen. Herr Braunhauer hingegen schien nicht begriffen zu haben, was passiert war. Er sah den Marquês misstrauisch an, als ob dieser geisteskrank sei.

»Was hat er gesagt?«, fragte Braunhauer seine Frau.

Ottilie erklärte es ihm in ihrer umständlicher Art und Weise, bis er es schließlich endlich begriffen hatte.

»Nun ja, in diesem Fall stelle ich mich selbstverständlich als neuer Kommandant zur Verfügung.«

»Das ist doch alles Schwachsinn. Wir müssen sie befreien«, regte sich Jezzica Tazum auf.

Auffordernd sah sie den Marquês an.

»Du musst eine Rettungsaktion starten, so schnell wie möglich.«

Der Marquês fühlte sich einerseits geschmeichelt, dass er von der hübschen Jezzica als Retter angesehen wurde, andererseits war er beleidigt, dass eine Frau es wagte, in einem solchen Ton mit ihm zu sprechen. Don Philippe erhob sich.

»Nun, selbstverständlich bin ich der Einzige, der befähigt ist, eine Rettungsaktion durchzuführen. Allerdings weise ich darauf hin, dass mir nur die hier Anwesenden als Personal zur Verfügung stehen. Allesamt keine vortrefflichen Kämpfer, wie mir scheint.«

Jezzica sah sich um. Der Marquês hatte recht.

»Icke schlaje vor, dass wah sofort von hier verschwinden tun«, schlug Katschmarek ängstlich vor.

»Ach ja? Und wer fliegt das Raumschiff? Sie vielleicht?«, fragte der Marquês höhnisch.

Auch Frau Braunhauer meldete sich zu Wort.

»Vatichen sollte das Kommando übernehmen. Er ist ziemlich helle und eine Führungspersönlichkeit.«

Der Marquês lachte.

»Ihr Vatichen kann uns ja nicht mal bis zum nächsten Bad führen.«

»Was hat er gesagt?«, fragte Braunhauer seine Frau.

Als Ottilie es ihm erklärte, zuckte er zusammen und fasste sich wieder mit weinerlicher Miene ans Herz.

»Ohne Gal'Arn und die anderen sind wir verloren«, stellte der Marquês fest. »Daher müssen wir sie befreien.«

»Aber wie? Die Leute hier sind doch nicht mal in der Lage, einen Thermostrahler in der Hand zu halten«, meinte Yasmin.

»Deshalb werden wir zu einer List greifen, schöne Señorita. Ich habe einen Plan und brauche dazu Eure Hilfe und die aller Männer hier«, erklärte Don Philippe. »Außerdem gehen die Biervorräte zu Ende.«

Damit waren Katschmarek, Niesewitz und Wieber überzeugt. Sie hatten keine Bedenken mehr.

Doch Ottilie Braunhauer schon.

»Wir können das nicht mehr. Wir sind zu alt«, lehnte sie ab.

Der Marquês flüsterte Yasmin etwas ins Ohr. Daraufhin knöpfte diese etwas ihre Bluse auf, ging zu Karl-Adolf und sah ihn treuherzig an.

»Bitte, lieber Karl-Adolf, hilf uns. Ohne dich sind wir rettungslos verloren. Tu es mir zuliebe. Bitte ...«

Als Braunhauer die junge Frau eingehender begutachtete, schienen plötzlich seine Lebensgeister wieder zurückzukehren. Seine Leiden schienen verflogen zu sein.

»Aber selbstverständlich, meine Liebe. Ich helfe, wo ich kann.«

»Aber Vatichen, deine Blase und dein Rücken«, wandte Ottilie ein.

Doch davon wollte Braunhauer nun nichts mehr hören.

»Sei still, Ottilie! Wir gehen mit, basta!«

Der Marquês blieb, angesichts dieser Crew, skeptisch. Aber nur mit einer List konnten sie etwas erreichen.

 

6. Auf Prosperohs Burg

Der Tross mit den Gefangenen durchquerte unterdessen einen düsteren, kargen Wald. Je näher man Prosperohs Burg kam, desto öder wurde die Landschaft. Auf ein Baumgerippe folgte das nächste. Nebelschwaden durchzogen die kalte Luft. Den Gefangenen fröstelte es in dieser unheimlichen Umgebung.

»Also schlechter hätte ich das auch nicht machen können«, nörgelte Jonathan Andrews.

»Hab Geduld«, beschwichtigte ihn Gal'Arn. »Zumindest kommen wir so in die Nähe des Observatoriums.«

»Brillante Methode«, spottete Jonathan. »Das können wir uns dann als Nachruf auf unseren Grabstein eingravieren lassen. Falls wir überhaupt einen bekommen.«

»Mir tun nur Anica und Jaquine leid«, bedauerte Uthe. »Ich konnte nichts für sie tun.«

»Du hast getan, was du konntest. Jetzt müssen wir allerdings erst einmal an uns denken«, meinte Remus.

»Was werden die wohl mit uns machen?«, fragte Jaktar Gal'Arn besorgt.

»Ich glaube, sie werden uns vorerst nichts tun. Prinz Prosperoh ist neugierig zu erfahren, wer wir sind und woher wir kommen«, entgegnete der Ritter der Tiefe.

»Da bin ich ja sehr beruhigt«, erwiderte Jaktar schnippisch.

»Immerhin sind noch einige von uns in Freiheit. Sie werden uns helfen«, versuchte Gal'Arn die anderen zu beruhigen.

»Ach ja, der Marquês, Braunhauers und die drei Stooges. Das war's dann wohl für uns«, unkte Jonathan.

Wenig später erreichte der Tross die Burg. Sie war groß und düster. Die Scorbits fühlten sich an alte Horrorfilme nach Romanvorlagen des berühmten Schriftstellers Edgar Allan Poe erinnert, einem Literaten des 19. Jahrhunderts, dessen Spezialität düstere Gruselstoffe waren. Seine Erzählungen wurden immer wieder neu verfilmt.

Erst jetzt fiel ihm auf, dass eine Romanfigur aus Poes Werken den Namen Prosperoh trug und große Ähnlichkeit zu diesem Prosperoh aufwies. Das ganze Umfeld schien beinahe so, als würde jemand einen sadistischen Streich mit ihnen spielen. Als wären sie unfreiwillige Darsteller in einem Trividfilm nach Vorlage von Poe. War das alles nur Zufall? Es musste so sein, denn niemand in Zerachon kannte terranische Literatur. Und doch hatte Remus in den letzten Monaten gelernt, dass die normalen, sterblichen Wesen oft genug zum Spielball sehr seltsamer kosmischen Pläne höherer Mächte wurde. Vielleicht auch diesmal. Leider konnte sich Remus nicht mehr genau an den Namen oder den Verlauf der Geschichte erinnern. Doch da es ein Werk Edgar Allen Poes war, würde es sehr blutig und mit Toten enden. Das waren keine beruhigenden Aussichten.

»Ein Horrorfilm-Produzent käme hier auf seine Kosten. Der ideale Drehort für so etwas«, meinte Remus schließlich.

»Wer weiß, was uns drinnen erwartet«, befürchtete Uthe.

Die Zugbrücke wurde ausgefahren und die Kutsche und der Karren mit den Gefangenen rollten in die Burg. Auf dem Hof hielten die Wagen. Die Gefangenen mussten aussteigen.

»Los, macht schon, ihr Tiere!«, herrschte sie ein Soldat an.

Prosperoh gab seinen Leuten einige Anweisungen.

»Die Männer kommen ins Verlies. Die Frauen bringt ihr zu meiner Gemahlin. Sie sollen baden und ihr dann als Dienerinnen zugeteilt werden, bis ich endgültig über sie entscheide«, befahl er einem Offizier.

»Ja, Herr.«

Der Offizier verbeugte sich und machte sich umgehend daran, die Befehle seines Herren auszuführen.

Während Gal'Arn, Remus, Jonathan und Jaktar ins dunkle Verlies, tief im Innern der Burg, gesperrt wurden, brachte der Offizier Uthe, Anica und Jaquine in den Palast. So düster die Burg von außen wirkte, so prachtvoll war sie in ihrem Innern eingerichtet. Prächtige Teppiche, Säulen aus edelstem Marmor und Möbel aus feinstem Holz gab es dort zu bewundern.

Ein kleiner Mann, höchstens etwa 1,20 Meter groß, lief ihnen über den Weg.

»He, Gwendo! Bleib stehen!«, rief der Offizier dem Zwerg zu, der demutsvoll stehen blieb.

»Ja, mein Herr?«, fragte er bescheiden.

»Gwendo, das sind drei neue Dienerinnen aus dem Dorf. Bring sie zu Kamelia! Befehl von Prosperoh!«

»Ja, mein Herr.«

Der Offizier ging zufrieden und Gwendo wandte sich an drei Neuankömmlinge.

Anica musste lachen.

»Was bist du denn für ein niedlicher, kleiner Kerl?«

Der Zwerg, der schon etwa vierzig Jahre alt sein mochte, fand das gar nicht komisch.

»Schweig, du dumme Dirne! Ich bin Gwendo, der Hofnarr. Außerdem stellvertretender Haushofmeister und somit euer Vorgesetzter«, sagte er giftig.

»Verzeihung, das wusste ich nicht«, entgegnete Anica, sichtlich eingeschüchtert.

Uthe hatte eine scharfe Bemerkung auf der Zunge, hielt sich diesmal aber lieber zurück. Auf diesem Planeten gab es zu viele Verrückte, denen man besser nicht widersprach.

»Jetzt weißt du es. Ihr habt gefälligst Respekt vor mir zu haben.«

»Was geschieht jetzt mit uns?«, fragte Jaquine.

»Ich bringe euch zu Kamelia, der Gemahlin Prosperohs. Ihr werdet ihr von nun an dienen. Und wehe, sie beklagt sich über euch! Dann bekommt ihr es mit mir zu tun.

»Ich zittere schon vor Angst«, erwiderte Jaquine spöttisch.

Gwendo sah sie bösartig an, ging aber nicht auf die abfällige Bemerkung ein.

»Kommt jetzt.«

Gwendo führte die Drei die Treppen hinauf. Dort kam ihnen ein prächtig gekleideter, älterer Mann entgegen. Gwendo verbeugte sich.

»Seid gegrüßt, Fürst Tychmon«, sagte er höflich.

Der Angesprochene verzog sein Gesicht zu einem verächtlichen Lächeln.

»Sieh an, der kleine, lächerliche Zwerg.«

Fürst Tychmon deutete auf die drei Frauen.

»Was bringst du da Schönes?«

»Drei neue Dienerinnen aus dem Dorf.«

»Sehr hübsch. Bringe sie in mein Schlafzimmer. Alle drei«, gebot der Fürst herrisch.

Der nächste Irre, dachte Uthe.

Auch ihr kam es so vor, als würde ihr die ganze Szenerie bekannt vorkommen. Als hätte sie das schon einmal gelesen oder gesehen.

»Wir sind der Gemahlin Prinz Prosperohs zugeteilt und nur für sie bestimmt«, widersprach die Terranerin.

Fürst Tychmon sah sie wütend an.

»Schweig, dreckiges Weib! Du weißt wohl nicht, wer ich bin?«

»Doch, Fürst Tychmon, ein arroganter, unhöflicher Angeber«, fuhr es Uthe über die Lippen.

»Das wirst du büßen, Weib!«, rief Tychmon wütend.

»Herr, sie hat recht. Sie sind nur für Kamelia bestimmt«, wandte Gwendo ein.

»Auch du wagst es, mir zu widersprechen?«

»Nein, Herr. Aber nur der Prinz kann entscheiden, wenn sie eine andere Aufgabe übernehmen sollen. Ich habe den Auftrag, sie zur Prinzessin zu geleiten.«

»Das wirst du mir büßen!«

Tychmon verpasste Gwendo einen Tritt in den Unterleib. Dann zog er aus seinem Gürtel eine Peitsche hervor.

»Aufsässige Weiber bekommen bei uns die Peitsche zu spüren!«

»Mieser Chauvinist!«, rief Uthe und stellte sich schützend vor Anica und Jaquine.

Fürst Tychmon verstand nicht, was Uthe damit meinte. Es kümmerte ihn auch nicht. Er holte mit der Peitsche nach den Dreien aus. Doch bevor er zuschlagen konnte, wurde er unterbrochen.

»Was geht hier vor?«, rief eine weibliche Stimme.

Auf dem Korridor war eine schöne, blasse Frau mit roten Haaren erschienen. Sie war in ein elegantes, schwarzes Gewand gekleidet. Fürst Tychmon wurde verlegen.

»Prinzessin Kamelia, verzeiht mir. Ich wollte nur ...«

Kamelia unterbrach ihn.

»Ich weiß, was Ihr wolltet, Fürst Tychmon. Ihr habt mich mit Eurem Krach beim Meditieren gestört. Ich halte es für besser, wenn Ihr nun geht!«

Der Fürst, der jetzt ziemlich zerknirscht wirkte, verneigte sich.

»Ja, Prinzessin. Verzeiht, wenn ich Euch gestört habe.«

Tychmon warf Uthe noch einen verächtlichen Blick zu, dann verließ er eiligst den Korridor.

Anica, die Mitleid mit Gwendo hatte, half dem benommenen Zwerg auf.

»Armer, kleiner Kerl. Du tust mir leid.«

Gwendo wehrte ab.

»Ich brauche kein Mitleid!«

Der Zwerg rappelte sich schnell wieder auf. Dann ging er zu Prinzessin Kamelia und verbeugte sich demütig.

»Oh Herrin, dies sind drei Dorfbewohnerinnen«, verkündete er mit wichtiger Stimme. »Euer Gemahl schickt sie Euch, damit sie Euch einstweilen dienen.«

Kamelia nickte.

»So sei es. Lasst die Drei baden und säubern. Dann sollen sie eine Unterkunft in der Nähe meines Gemachs erhalten.«

Gwendo verbeugte sich abermals.

»Ja, meine Herrin.«

Kamelia wandte sich den Dreien zu.

»Ihr habt Glück gehabt, dass ich in der Nähe war. Mit Fürst Tychmon ist nicht zu spaßen. Lasst euch aber nicht einfallen, jemals mit mir in einem solchen Ton zu reden«, fügte sie mit drohendem Unterton hinzu.

Uthe wollte am liebsten aufbegehren und ihr sagen, was sie von Prosperoh und all seinen Spießgesellen hielt, doch sie hielt es für besser, zu schweigen. Diese Leute hier waren hochgradig verrückt und aggressiv. Man konnte nicht vernünftig mit ihnen reden. Jetzt galt es, gute Mine zum bösen Spiel zu machen und auf eine günstige Gelegenheit zu warten, die Männer zu befreien und aus dem Schloss zu entfliehen.

»Jawohl, Herrin«, erwiderte Uthe folgsam.

»Gut, dann geht jetzt«, sagte Kamelia, milder gestimmt.

Kamelia war als Tochter des adligen Herzogs Kompure geboren worden. Sie hatte ein verwöhntes Dasein geführt, was sie zu einem arroganten, sadistischen Weibsbild geformt hatte. Sie hielt sich für königlich und so war die Ehe mit Prosperoh genau nach ihrem Wunsch. Sie teilte Prosperohs Machtgier und Sadismus. So ließ sie ihre Leibeigenen quälen und demütigen. Ja, selbst ihre heimlichen Geliebten waren nicht vor ihr sicher. Dabei liebte es Kamelia, auch sexuell ihre sadomasochistischen Gelüste auszuleben. Als Sklavin des Difus oder als Herrin über ihre Liebhaber. War sie befriedigt, so waren ihre Liebhaber des Todes.

Sie betete Prosperohs Stärke, seine Ruhe und seine diabolische Ausstrahlung an. Er war genau der Richtige für sie. Die machtgierige Frau genoss ihre Position und ließ keine Gelegenheit aus, sich als die erste Dame zu präsentieren. Aus Angst diese Position jedoch eines Tages zu verlieren, hatte sie einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, indem sie Prosperohs Leidenschaft der Satansanbetung teilte und sich selbst immer wieder grausamen Prüfungen unterwarf, um ihre Loyalität gegenüber Difus und Prosperoh zu untermauern.

Uthe, Anica und Jaquine wurden von Gwendo in ihre Unterkunft geführt.

»Was hat sie eigentlich damit gemeint?«, fragte Anica einfältig.

»Das erkläre ich dir ein andermal«, sagte Uthe leicht gereizt.

Anica war wahrlich nicht die Klügste. Uthe mochte sie, aber ihre Dummheit erinnerte sie an Ottilie Braunhauer und das verschlechterte Uthes Laune noch mehr. Sie bezweifelte, dass der Rest der TERSAL-Besatzung ihnen helfen konnte. Sie mussten sich selbst befreien.

Anica und Jaquine waren von ihrer Unterkunft sehr beeindruckt. Solch eine Pracht, wie in Prosperohs Schloss, hatten sie noch nie gesehen. Wahrscheinlich hatten sie auch noch nie richtig gebadet. Uthe beschloss, erst einmal ihr Bad zu genießen und nachzudenken. Als die Drei fertig waren, bekamen sie feine Gewänder, wie sie alle Dienstboten am Hof trugen.

»So was Schönes habe ich noch nie angehabt«, freute sich Anica, die sich mit ihrem Schicksal abzufinden begann.

»Gwendo hat gesagt, dass wir als Kamelias Dienerinnen fast überall Zutritt haben«, erklärte Uthe. »Deshalb werden wir uns heute Nacht mal etwas umsehen.«

»Gute Idee«, stimmte Jaquine zu.

Anica verstand nicht gleich, worum es ging, aber nachdem Jaquine es ihr noch mal erklärte, schien auch sie es zu begreifen.

 

7. Difus Diener

Als es dunkel wurde, schlichen sich die Drei aus ihrem Raum, der ihnen ganz allein zur Verfügung stand, heraus. Wachen waren nicht zu sehen. Plötzlich hörten die drei Schritte.

»Da kommt jemand«, flüsterte Uthe.

Sie bemerkte einen roten Vorhang, hinter dem sie sich verstecken konnten. Die Terranerin nahm die beiden Zechoninnen an der Hand und versteckte sich mit ihnen hinter dem Vorhang. Kurz darauf ging die Person an ihnen vorbei. Es war Kamelia. Sie ging in einen Raum am Ende des Ganges.

»Los, hinterher«, wisperte Uthe.

Vorsichtig schlichen die Drei hinterher. Uthe hoffte, dass sie vielleicht irgendeinen wichtigen Hinweis finden würden, der ihnen weiterhelfen könnte. Außerdem mussten sie sich mit den Räumlichkeiten der Burg vertraut machen, wenn sie fliehen wollten. Dazu mussten sie auch herausfinden, wo der Kerker, in dem sich die Männer befanden, lag.

Als die Drei den Raum betraten, stellten sie fest, dass der Raum völlig blau war. Ansonsten befand sich nichts in dem Zimmer. Nur ein paar fremdartige Schriftzeichen an der Wand waren zu sehen.

»Was ist das?«, fragte Uthe die beiden Zechoninnen.

»Weiß ich nicht. Ich kann nicht lesen«, gestand Anica.

»Ich schon, aber die Schrift kenne ich nicht«, sagte Jaquine.

Uthe musterte neugierig den seltsamen Raum. In der Mitte befand sich eine weitere Tür. Durch diese musste Kamelia gegangen sein.

»Gehen wir weiter«, beschloss die Terranerin.

Als die Drei weitergingen, gelangten sie in den nächsten Raum. Zu ihrer Verwunderung war der Raum völlig gelb, ansonsten völlig identisch mit dem vorherigen Raum. Uthe glaubte an ein Dejavu-Erlebnis. Das hatte sie doch schon irgendwo mal gesehen. Nur wo?

Auch hier war vom Kamelia nichts zu sehen. Ebenso wie in dem blauen Raum, befand sich in der Mitte des Raumes eine Tür. Die Drei gingen hindurch und betraten das nächste Zimmer. Dieses war völlig weiß, ansonsten aber ebenso beschaffen, wie der blaue und der gelbe Raum.

»Das wird ja immer seltsamer«, fand Uthe.

Anica kicherte.

»So viele bunte Farben.«

»Seid ruhig. Irgendwo hier muss sich Kamelia befinden«, sagte Uthe leise.

»Ich höre jemand«, meinte Jaquine.

Vorsichtig schlichen sich die Drei in den nächsten Raum. Dieser war völlig schwarz und dunkel. In der Mitte des Zimmers kniete Kamelia vor einer Art Altar. Auf einem Sockel stand die Statue einer fremdartigen, hässlichen Kreatur. Kamelia schien sie anzubeten.

»Oh Difus, nimm mein Opfer an«, flehte sie.

Kamelia entblößte ihren Oberkörper, dann nahm sie ein Messer und begann sich Wunden ins Fleisch zu ritzen. Bei jedem Ritzer stöhnte sie lustvoll auf.

Oh Gott, was sind das hier nur alles für Irre, dachte Uthe entsetzt.

Dann entdeckte sie, dass sich noch jemand in dem Zimmer befand. Es war ein Mann, der in einem offenen, schwarzen Sarg lag. Da Kamelia völlig mit ihren masochistischen Trieben beschäftigt war, beschlossen die Drei nachzusehen, wer in dem Sarg lag. Uthe, Anica und Jaquine beugten sich über den Totenschrein. Sie erkannten, wer der Mann war – Prinz Prosperoh. Plötzlich öffnete der Prinz seine Augen und richtete sich ruckartig auf.

Schreiend rannten die drei jungen Frauen zurück in ihre Unterkunft und schlossen sich ein. Für den Rest der Nacht blieben sie lieber in ihrem Zimmer.

*

Am nächsten Morgen mussten Uthe, Anica und Jaquine Kamelia und Prosperoh das Frühstück servieren. Die beiden verloren kein Wort über die vergangene Nacht. Kamelia waren ihre nächtlichen Eskapaden jedoch noch anzusehen.

»Heute beginnt unser großes Fest, zu dem ich alle Adligen aus den umliegenden Regionen eingeladen habe«, verkündete Prosperoh. »Ich bin sicher, dass sie alle aus ihren Rattenlöchern kommen. Es wird sicherlich sehr amüsant werden!«

»Ihr habt sicher recht, mein Gemahl. Wie immer«, stimmte Kamelia zu.

»Deine drei Dienerinnen werden beim Fest aushelfen. Dann werden sie lernen, was es heißt, demütig zu sein«, befahl der Prinz, der die Drei mit einem bösen Blick versah.

Uthe lief es kalt den Rücken hinunter.

 

8. Vorbereitungen zum Fest

Uthe, Anica und Jaquine waren den ganzen Tag über mit den Vorbereitungen für das bevorstehende Fest beschäftigt. Sie kamen nicht dazu, sich in der Burg näher umzusehen.

Im Laufe des Tages trafen mehrere Kutschen mit zechonischen Edelleuten im Schloss ein. Sie alle wurden von Prosperoh freundlich, aber herablassend begrüßt. Dann kam eine weitere Kutsche aus dem nebeligen Wald mit den kahlen Bäumen und hielt vor der dunklen Burg.

Uthe glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als sie die beiden Kutscher sah. Es waren Reinhard Katschmarek und Werner Niesewitz. Ächzend stieg Katschmarek vom Kutschbock und öffnete die Tür.

Hoheitsvoll verließ der Marquês von Siniestro die Kutsche und schritt auf den überraschten Prosperoh zu. Mit gebeugten Schritten folgten Karl-Adolf und Ottilie Braunhauer sowie Eberhard Wieber und Jezzica Tazum dem Marquês. An dessen Seite war jedoch Yasmin Weydner.

Der alte Spanier trug seine kostbaren Gewänder, die noch aus dem 18. Jahrhundert stammte, allerdings gewaschen und gebügelt. Die strohigen weißen Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden. Eine blaue Jacke mit vielen Verzierungen und Orden, weiße Hosen und Kniestrümpfe sowie Lackschuhe mit goldenen Schnallen rundeten das Bild des spanischen Adligen ab.

In der rechten Hand hielt er ein Zierstöcken, welches einen goldenen Knauf hatte.

Der Marquês verbeugte sich ehrfürchtig vor Prosperoh.

»Edler Prinz Prosperoh, Euer Ruf ist bis in mein fernes Land vorgedrungen. Daher habe ich es mir nicht nehmen lassen, Euch meine Aufwartung zu erbringen.«

»Ich fühle mich geehrt. Mit wem habe ich das Vergnügen?«, fragte Prosperoh höflich.

»Ich bin der Marquês Don Philippe Alfonso Jaime de la Siniestro. Und dies ist mein Gefolge. Mein Haushofmeister Karl-Adolf mit seiner Gemahlin und mein Berater Eberhard sowie meine Diener.«

Prosperoh wandte sich Yasmin zu.

»Und wer bist du, mein schönes Kind?«

»Dies ist mein Mündel Yasmin«, antwortete der Marquês.

»Sie gefällt mir sehr. Würdet Ihr sie mir verkaufen?«, fragte Prosperoh.

Yasmins Mine sprach Bände. Sie blickte Prosperoh verständnislos an, dann blickte sie zum Marquês und schüttelte heftig mit dem Kopf.

Der Marquês lächelte.

»Verkaufen? Aber ich bitte Euch, mein Prinz, ich bin doch kein Händler.« Prosperohs Mine verdunkelte sich mit den Worten Don Philippes. »Ich mache sie Euch zum Geschenk. Als Dank für Eure Gastfreundschaft.«

Sofort hellte sich die Mine des Prinzen wieder auf, während Yasmin glaubte, sich zu verhören. Der Marquês gebot ihr jedoch, vorerst zu schweigen. Sie verstand und sagte nichts.

»Ich danke Euch. Ihr und Euer Gefolge seid mir herzlich willkommen auf meinem Schloss. Ihr sollt die besten Gästezimmer bekommen ... Gwendo!«

Der kleine Zwerg eilte sofort heran.

»Ja, mein Herr?«

»Fürst Tychmon soll sofort sein Zimmer räumen und den Südflügel ziehen. Der Marquês und sein Gefolge ziehen stattdessen in den Westflügel.«

»Aber Herr, das wird Fürst Tychmon nicht sehr zu schätzen wissen«, gab Gwendo zu bedenken.

»Das war keine Bitte, das war ein Befehl!«

*

Jezzica Tazum wäre beinahe über den kleinen Zwerg gestolpert. In ihrem Interesse lag die Befreiung der anderen natürlich auch. Besonders Jonathan Andrews wollte sie in Freiheit und an ihrer Seite sehen.

So konnten der Marquês, Jezzica Tazum, die Braunhauers und die drei Deutschen in den Westflügel einziehen. Yasmin Weydner bekam ein separates Gemach zugeteilt.

»Das war ja wirklich reizend, mich an diesen widerlichen Kerl zu verschachern«, beschwerte sich Yasmin bei Don Philippe.

»Aber mein liebes Kind, das war doch nur zum Schein. Außerdem ist mein Plan ja wohl gelungen. Wir sind im Schloss. Ich habe Uthe unter den Dienerinnen gesehen. Sie sind also hier. Versuche, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Wir müssen herausfinden, wo Gal'Arn und die anderen sind.«

»Hoffentlich leben sie noch. Das ist doch das reinste Horrorschloss hier.«

»Also, ich finde es ganz reizend hier. Es erinnert mich an Zuhause.«

Yasmin fröstelte es bei dem Anblick des Gemäuers. Sie ging zu Jezzica, dafür kam Ottilie Braunhauer angeschlürft.

»Also, Herr Käse, die Betten hier sind ja so hart! Sie können sich das nicht vorstellen! Vatichen kann bestimmt nicht gut schlafen.«

»Sie schaffen das schon. Es ist gut, dass Sie mich siezen. Der respektvolle Ton mir gegenüber muss gewahrt bleiben, vor allem wenn Prosperoh und seine Leute dabei sind.«

»Hach, ich weiß nicht. Hoffentlich wird mir nicht wieder schwindlig«, jammerte Ottilie.

»Wir sind für heute Abend zum Bankett eingeladen. Es gibt viel zu essen und vor allem zu trinken«, gab der Marquês bekannt.

Ottilie Braunhauers Mine hellte sich auf.

»Ach, das ist ja schön. Da kommen wir gerne.«

»Das wusste ich. Also sagen Sie den anderen Bescheid. Wir treffen uns in meinem Räumlichkeiten.«

Wenig später hatten sich alle im Gemach des Marquês versammelt. Yasmin war es gelungen, Uthe ausfindig zu machen. Uthe brachte scheinbar ein paar Getränke auf das Zimmer des Marquês.

»Uthe, Sie sind eine Augenweide, mein Kind. Ich bin ja so erleichtert, Sie wohlauf zu sehen«, freute sich Don Philippe.

»Ich hätte nie gedacht, dass ich das Mal sagen würde, aber ich freue mich auch, euch alle zu sehen. Es ging uns nicht besonders gut hier«, erwiderte Uthe.

»Was glaubst du, wie schlecht es uns ging! Besonders Vatichen!«, protestierte Frau Braunhauer.

»Nicht jetzt! Wir haben keine Zeit für solch einen Schwachsinn«, herrschte sie der Marquês an.

Beleidigt setzte sich Ottilie Braunhauer und schwieg.

»Danke, Marquês«, sagte Uthe erleichtert.

»Wo sind Gal'Arn und die anderen?«, fragte de la Siniestro.

»Sie wurden in die Verliese gebracht, aber ich habe noch nicht herausfinden können, wo die sich befinden.«

Uthe berichtete von Anica und Jaquine und was sie zusammen erlebt hatten. Als sie geendet hatte, sagte der Marquês.

»Dann müssen wir herausfinden, wo sie eingesperrt sind. Yasmin, wie es aussieht, hat Prosperoh ein Auge auf dich geworfen. Vielleicht können wir das für uns nutzen. Je eher wir erfahren, wo die Männer eingesperrt wurden, desto schneller können wir sie befreien. Wir müssen Geduld haben und mit List vorgehen. Dann haben wir vielleicht eine Chance.«

»Na toll«, meinte Yasmin und verdreht die Augen. Der Rotschopf war gar nicht von Prosperohs Gelüsten angetan.

Plötzlich klopfte es an der Tür.

»Mach auf, Katschmarek«, befahl der Marquês.

Katschmarek öffnete. Vor der Tür stand der kleine Gwendo.

»Was ist denn das für eine Witzfigur?«, amüsierte sich Eberhard Wieber.

Gwendo warf ihm einen bösen Blick zu. Als er eintreten wollte, stellte Wieber ihm ein Bein und der Zwerg stolperte. Die drei Deutschen lachten.

»So ist das, wenn man so kurze Beine hat«, lachte Wieber.

»Hört auf damit! Was gibt es denn?«, fragte der Marquês.

Gwendo stand auf und verneigte sich vor dem alten Spanier.

»Mein Herr bittet Euch, auf dem Festbankett zu erscheinen. Es wird in Kürze eröffnet.«

»Richte deinem Herren aus, dass wir sofort kommen.«

Gwendo verneigte sich nochmals, dann erkannte er Uthe.

»Was machst du denn hier? Du hast im Festsaal zu sein und Getränke zu servieren! Dafür kriegst du die Peitsche«, schimpfte der Zwerg wütend.

»Ich bat sie, uns Getränke zu servieren. Ist das ein Problem für den Prinzen?«, fragte der Marquês unschuldig.

»Nein, Herr«, sagte Gwendo verlegen.

Wütend stapfte der Zwerg hinaus.

»Geh jetzt lieber wieder an deinen Platz, mein Kind«, riet Don Philippe Uthe, die daraufhin eiligst den Raum verließ.

Der Marquês wandte sich wieder seinem »Gefolge« zu.

»Und wir gehen jetzt zum Bankett.«

 

9. Die Feier

Wenig später saß man beim reichhaltigen Bankett. Prosperoh bewirtete seine Gäste ausgiebig.

Die Braunhauers aßen wenig, dafür tranken sie aber umso mehr von »geistigen« Getränken.

Der Marquês befürchtete schon, sie könnten etwas verraten, doch die beiden waren zu sehr damit beschäftigt, den anderen Gästen von ihren Krankheiten und Leiden zu berichten. Dabei kam es jedoch zu einem Disput mit Eberhard Wieber, der seinerseits von seinen Gebrechen berichtete. Nun konnte man sich nicht einigen, wer denn nun kränker sei.

»Mein Nierenleiden ist furchtbar gewesen. Mein Urin war ganz dunkel«, erklärte Wieber ausführlich.

Frau Braunhauer machte eine abwertende Geste.

»Vatichens Blasenleiden ist viel, viel schlimmer. Sein Urin war dunkelrot! Er muss sogar Windeln tragen, weil es ständig läuft«, berichtete sie energisch.

Nun lief Karl-Adolfs Gesicht rot an. Immerhin gab Wieber sich zunächst geschlagen.

Prosperoh amüsierte sich über die Drei. Der Marquês durfte bei dem Prinzen sitzen. Daneben saßen Yasmin und Prosperohs Frau Kamelia, die die Demütigung durch ihren Gemahl, Yasmin zwischen sich und ihm sitzen zu lassen, stillschweigend ertrug.

»Marquês, ich glaube wir beide sind uns sehr ähnlich«, meinte Prosperoh.

»Ach ja, Ihr schmeichelt mir, Prinz«, erwiderte de la Siniestro.

»Doch, doch. Ihr umgebt Euch gerne mit schönen Dingen, genau wie ich.«

Prosperoh deutete auf Yasmin, die sich zwang, zu lächeln, innerlich aber am liebsten aufgeschrien hätte.

»Ebenso gern umgebt Ihr Euch mit lächerlichen Witzfiguren, deren Dummheit Euch genauso amüsiert wie mich.«

Diesmal deutete der Prinz auf die Braunhauers und Eberhard Wieber, die lachend einen Becher Wein nach dem anderen in sich hinein schütteten.

»Nun ja, Ihr habt mich durchschaut, Prinz«, entgegnete der Marquês.

»Aber etwas habe ich Euch voraus – Macht. Absolute Macht über diese Leute. Seht Euch diese sogenannten Edelleute an. Ich werde Euch zeigen, wie stolz und mächtig sie wirklich sind.«

Prosperoh erhob sich.

»Moredo!«

Der Angesprochene, ein junger, stattlicher Edelmann, erhob sich.

»Ja, mein Prinz?«

»Moredo, du und deine Frau, ihr seid Schweine. Also wälzt euch wie Schweine!«

Moredo nickte eifrig und leerte einen Becher Wein. Unter dem Jubel der anderen Edelleute begannen Moredo und seine Frau, sich grunzend auf dem Boden zu wälzen.

»Ihr alle seid Schweine, also gesellt euch dazu!«, befahl Prosperoh den anderen, die seinem Befehl auch umgehend folgten.

Weydner konnte nicht glauben, was sie sah.

»Warum tut Ihr das?«, fragte Yasmin angewidert.

»Zu meinem Vergnügen und dem Euren. Es ist oft sehr langweilig hier, da muss man für Unterhaltung sorgen.« Dann wandte er sich an den alten Spanier »Ich bin meiner Zeit weit, weit voraus, doch der Rest der Zechonen ist dumm, dumm wie Vieh. Ich bin froh, jemanden begegnet zu sein, der klüger ist.«

»Vielen Dank, Prinz, Ihr ehrt mich«, bedankte sich der Marquês artig.

Prosperoh sah Yasmin durchdringend an und strich mit der Hand über ihr Gesicht. Langsam wanderte seine Hand tiefer. Sie zuckte zusammen. Die Terranerin verabscheute den Prinzen mit jeder Pore. Er war ihr zuwider und völlig unsympathisch. In ihren Augen war Prosperoh nur ein kranker, sadistischer Irrer.

»Ihr seid wunderschön, mein Kind. Wollt Ihr meine Gemahlin werden?«, fragte er.

Yasmin wurde verlegen. Unbehaglich sah sie zu Kamelia rüber, die mit versteinertem Gesicht dasaß.

Prosperoh kannte keine Hemmungen. Seine Frau schien ihm nichts zu bedeuten. Yasmin jedoch wusste nicht, was sie antworten sollte. Natürlich wollte sie unter keinen Umständen Prosperohs Frau werden, aber was war geschickt – in Anbetracht auf die Befreiungsaktion?

»Aber Prinz, Ihr seid doch schon verheiratet«, erinnerte Yasmin Prosperoh.

Prosperohs Gesicht spiegelte große Überraschung wieder, so als ob ihm selbst gerade eingefallen sei, dass er ein verheirateter Mann war.

»So? Ach ja. Wir werden sehen.«

Prosperoh erlaubte seinen Gästen, die nun bester Stimmung waren, alleine weiter zu feiern und zog sich mit Kamelia zurück. Erleichtert ging Yasmin auf ihr Zimmer zurück.

Der Marquês befahl Katschmarek und Niesewitz die angetrunkenen Braunhauers und Wieber in ihre Quartiere zu bringen und begab sich dann ebenfalls in sein Gemach.

 

10. Kamelia

In der Nacht begab sich Kamelia wieder in den schwarzen Raum. Diesmal war sie allein. Nur ein Namu, ein schwarzer Raubvogel, der in den Wäldern Zechon beheimatet war, saß auf einer Stange, die in einer Ecke des Zimmers stand. Kamelia betete zu ihrem Gott der Finsternis Difus und fügte sich mit einem Messer dabei Schmerzen zu.

»Oh, Difus, ich flehe dich an: Mach mich für meinen Gemahl schön und begehrenswert. Verderbe dieses blondrote Weib, die mir meinen Mann wegnehmen will. Hilf mir, Difus!«

Als hätte der Namu die Worte Kamelias verstanden, erwachte er plötzlich aus seiner Ruhestellung und flog auf die Frau zu. Zu ihrem Entsetzen griff der Vogel sie an. Kamelia wollte fliehen, doch die Tür war verriegelt. Jemand hatte sie hinter ihr abgeschlossen.

Kamelia schrie und hämmerte gegen die schwere Tür. Doch der Namu attackierte sie unablässig und hackte ihr das rechte Auge aus. Immer wieder griff das Raubtier mit seinen scharfen Krallen und dem spitzen Schnabel an, bis Kamelia aus zahllosen Wunden blutend, sterbend zu Boden sank. Erst am nächsten Morgen fanden sie Uthe, Anica und Jaquine tot vor. Der Namu saß wieder friedlich auf seiner Stange.

Als Prosperoh die Nachricht vom qualvollen Tod seiner Frau ereilte, saß er mit dem Marquês, Yasmin und Fürst Tychmon am Frühstückstisch.

»Sie muss sich wohl mal wieder selbst Wunden beigebracht haben. Das Blut muss das Vieh verrückt gemacht haben. Arme Kamelia, sie war ein wenig krank«, seufzte der Prinz. »Naja, das Leben geht weiter. Zum Glück habe ich schon eine neue Gefährtin gefunden. Ich verkünde hiermit meine Verlobung mit der entzückenden Yasmin, die bald meine Gemahlin werden wird.«

Yasmin, die gerade einen Schluck Tee zu sich genommen hatte, spie das Getränk entsetzt wieder aus.

Fürst Tychmon und der Marquês gratulierten Prosperoh zu seinem Entschluss.

 

11. Der Rote Tod

Einige Stunden später trat ein Offizier in den Festsaal ein, um Prosperoh eine Meldung zu machen.

»Herr, die Dorfbewohner sind allesamt vor der Burg erschienen und bitten darum, Euch in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen.«

»Was kann dieses elende, dumme Pack schon Wichtiges wollen?«, regte sich der Prinz auf.

»Hört sie doch wenigstens an«, bat Yasmin.

Prosperoh gab nach.

»Na schön, dir zuliebe gehe ich raus in die Kälte.«

Prosperoh gab Yasmin einen Handkuss und ging mit seinen Gästen hinaus auf die Burgmauer.

Vor der Burg hatten sich die Dorfbewohner, angeführt vom Dorfältesten und Jaquines Vater Hackibrai, versammelt.

»Oh Herr, habt vielen Dank, dass Ihr uns anhört«, bedankte sich der Älteste demütig.

»Was wollt ihr, ihr primitiven Tiere?«, fragte Prosperoh unfreundlich.

Zitternd vor Angst, brachte der Dorfälteste seine Bitte vor.

»Herr, der Rote Tod hat in unserer Gegend Einzug gehalten. Er hat das Nachbardorf heimgesucht. Bitte gewährt uns Schutz in Eurer Burg.«

Für einen Moment war Prosperoh entsetzt.

»Der Rote Tod!«, rief er aus.

Dann nahm sein Gesicht wieder beherrschte Züge an, doch sein Blick wurde grausam.

»Ich soll euch hier Einlass gewähren, damit ihr den roten Tod in meine Burg schleppt? – Niemals! Ihr bleibt draußen!«

»Bitte, Herr, helft uns! Wir sterben sonst«, flehte Bauer Hackibrai.

»Das werdet ihr auch. Aber ich helfe euch. Ihr werdet nicht am roten Tod sterben.«

Prosperoh winkte seinen Soldaten heran.

»Bogenschützen, tötet sie alle!«, befahl der Prinz.

Sofort machten sich die Soldaten daran, den Befehl auszuführen. Sie legten mit ihren Armbrüsten auf die Dorfbewohner an und töteten alle innerhalb weniger Minuten. Auch Jaquine und Anicas Eltern gehörten zu den Opfern.

Entsetzt begann Yasmin zu weinen.

»Was regst du dich auf, Yasmin? Ich habe ihnen nur den roten Tod erspart«, sagte Prosperoh gleichgültig.

»Sei unbesorgt, hierher wird der Rote Tod niemals kommen«, fuhr er freundlicher fort.

Yasmin schwor, diesem grausamen Scheusal das Handwerk zu legen. Und wenn es die letzte Tat in ihrem Leben sein sollte.

*

Wieder war ein Tag in der Burg des Prinzen Prosperoh von Zechon verstrichen. Wieder war nichts geschehen.

Gal'Arn und seine Gefährten Jaktar, Jonathan Andrews und Remus Scorbit saßen nach wie vor im Burgverlies der mittelalterlichen Zechonen. Gal'Arn überlegte, wie es zu alledem hatte kommen können. Sie hatten sich einfach überrumpeln lassen. Doch wie hätten sie sonst in die Nähe des Observatoriums kommen sollen?

Die Burg war gut bewacht und schwer zugänglich. Doch sie wären immerhin frei gewesen und im Besitz ihrer Waffen geblieben. So aber waren sie dem despotischen Prinzen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Es konnte Wochen dauern, womöglich sogar Monate, bis man sich mit ihnen beschäftigte. Vielleicht vergaß man sie einfach.

Immerhin gab es jeden Tag zu essen und zu trinken, wenngleich auch nur die typische Kerkernahrung: Wasser und Brot.

»Das ist wirklich das allerletzte«, regte sich Jonathan Andrews auf.

»Irgendwann enden wir wie der Graf von Monte Christo.«

Gal'Arn schmunzelte. Jonathan hatte ihm die alte, terranische Geschichte vom Graf von Monte Christo schon erzählt. Sie hatten ja genügend Zeit. Es gab nichts zu tun, außer zu denken oder zu reden.

Die Kerkerzelle war wirklich wie aus einem Gruselfilm. Düster, feucht und nur mit Stroh bedeckt. Ihre Notdurft mussten die Vier in einem Plumpsklo in der Ecke verrichten. Die Wärter ließen sich nur blicken, wenn sie die Latrine leerten oder Essen brachten.

»Immerhin kam der Graf von Monte Christo frei und nahm Rache«, sagte Remus Scorbit.

»Nicht die Rache ist unser Ziel, sondern die Freiheit und die Daten aus dem Observatorium. Außerdem müssen wir Uthe und die beiden Zechoninnen befreien«, gab Gal'Arn zu bedenken.

Remus senkte zerknirscht den Kopf. Daran hätte er auch denken können.

»Mich erinnert dieses Szenario eher an einen Edgar Allen Poe Roman. Mir ist der Titel wieder eingefallen. Die Maske des Roten Todes oder so. Da kam zufälligerweise auch ein Prosperoh vor. Ebenso ein Schloss, gepeinigte Dorfbewohner ...«

Remus seufzte.

»Es ist so, als sei das alles inszeniert. Darauf kann ich mir keinen Reim bilden.«

»War das nicht der Trividfilm, wo der Prinz und der arme Bettler über den Dächern der Burg fliegen und kämpfen?«, glaubte sich Andrews zu erinnern.

Remus winkte ab.

»Das war eine sehr freie Verfilmung von 1255. Trashiger Actionfilm, ohne den düsteren Hintergrund.«

»Vielleicht ist alles auch nur Zufall. Auch Shakespeare verwendete eine Figur Prosperoh in The Tempest«, meinte Jonathan und überraschte Remus mit dem Wissen. Doch Scorbit biss sich auf die Lippe und unterdrückte sich eine zynische Bemerkung. Vielleicht war wirklich alles nur Zufall, doch irgendwie kam es ihm nicht so vor.

»Wie sollen wir denn hier herauskommen?«, fragte Jaktar genervt.

»Wir müssen Geduld haben und abwarten. Vielleicht finden die anderen einen Weg. Früher oder später ergibt sich für uns eine Gelegenheit zu fliehen. Wir werden sie nutzen«, meinte Gal'Arn zuversichtlich.

In seinem Innersten war er jedoch nicht so optimistisch. Ihm war klar, dass die übrigen Besatzungsmitglieder der TERSAL alles andere als geübte Kämpfer waren. Es sah wirklich nicht sehr gut für sie aus.

*

Während die Gefangenen im düsteren Kerker sitzen mussten, ging Yasmin Weydner an der frischen Luft spazieren. Prinz Prosperoh begleitete sie. Er machte ihr eindeutige Avancen. Yasmin musste gute Mine zum bösen Spiel machen. Doch lange konnte sie Prosperoh nicht mehr hinhalten. Sie mussten bald etwas unternehmen.

Außerdem stieg der innerliche Druck in der jungen Terranerin. Es war noch nicht lange her, da lebte sie ein ganz normales Leben. Nun musste sie ein Abenteuer nach dem anderen durchstehen. Die schüchterne und zurückhaltende Weydner hoffte, keinen Fehler zu begehen, der die Rettungsaktion zum Scheitern verurteilte. Prosperoh und Yasmin begaben sich auf den höchsten Burgturm. Dort zeigte der Prinz auf die karge Landschaft. Die Bäume waren verkümmert und Nebelschwaden bedeckten das Land.

»Wenn du meine Frau geworden bist, wird auch dir dies alles gehören«, versprach er.

Na toll, das habe ich mir schon immer gewünscht, dachte die junge Terranerin sarkastisch.

Am liebsten hätte sie diesem Verrückten ihre wahre Meinung gesagt, stattdessen antwortete sie artig: »Das ist wunderbar, Prinz. Ihr seid der mächtigste Herrscher weit und breit.«

Prosperoh nickte zustimmend.

»Ja, das bin ich. Das ist wohl wahr.«

Ein Soldat kam die Stufen hinauf und salutierte.

»Was ist denn? Warum werden wir gestört?«, fragte der Prinz unwirsch.

»Verzeiht, mein Prinz. Es sind wieder ein paar Bauern vor dem Tor. Sie sagen, sie kämen aus dem Nachbardorf und der rote Tod sei dorthin gekommen.«

Prosperoh verzog unwillig das Gesicht.

»Schon wieder dieses Bauernpack! Komm mit, Yasmin.«

Yasmin folgte Prosperoh auf einen anderen Aussichtsturm, der in der Nähe des Tores lag.

Vor dem Tor hatte sich eine Gruppe von Bauern versammelt. Auf einem Karren lagen einige Menschen. Sie schienen schwer krank zu sein. Yasmin bekam ein ungutes Gefühl. Erst vor wenigen Tagen hatte Prosperoh eine Gruppe von Bauern aus dem Dorf, aus dem Uthe und die anderen entführt worden waren, getötet.

»Bitte, edler Prinz, öffnet das Tor und gewährt uns Einlass«, flehte der Anführer der Gruppe, ein älterer, magerer Mann. »Der Rote Tod hat uns aus unserem Dorf vertrieben. Nur unter Eurem Schutz sind wir sicher. Bitte, helft uns!«

»Wann war der Rote Tod bei euch?«, fragte Prosperoh.

»Vor wenigen Tagen, die Hälfte der Dorfbewohner ist gestorben. Viele andere sind krank.«

Yasmin betrachtete die Kranken auf dem Wagen. Ihre Gesichter, waren von kleinen, roten Flecken bedeckt. Sie litten wahrscheinlich unter einer scharlachartigen Krankheit. Mit moderner Medizin konnte man ihnen sicher helfen.

Prosperoh dachte jedoch nicht daran, zu helfen.

»Verschwindet von hier. Nur weil ich heute gute Laune haben, lasse ich euch am Leben.«

Hinter den armseligen Dorfbewohnern kam plötzlich eine prächtige Kutsche angerollt. Ein korpulenter, älterer Mann, der in edle Gewänder gekleidet war, wie sie alle Reichen auf Zechon trugen, stieg aus. Ihm folgte eine dunkelhaarige, schöne Frau.

»Graf Balomini«, hörte Yasmin Prosperoh sagen.

»Prinz Prosperoh, ich bitte Euch, öffnet die Tore! Ich bin ein Edelmann und nicht wie dieses wertlose Bauernpack. Wir sind vor dem Roten Tod geflüchtet. Lasst uns rein!«, forderte der dicke Mann, dessen Backen rot anliefen, schwer atmend.

»Ihr habt Euch mir mehrmals widersetzt, Balomini. Und jetzt kommt Ihr angekrochen und winselt um Gnade. Nein, kommt nicht infrage. Bleibt, wo ihr seid. Ihr passt sehr gut zu diesem Abschaum.«

Der Graf konnte sich nicht damit abfinden und unternahm noch einen verzweifelten Versuch.

»Prinz, ich bitte Euch! Hier, nehmt meine Frau. Ich weiß, dass Ihr sie begehrt. Sie gehört Euch, ich schenke sie Euch!«

Yasmin schauderte. Die Zechonen hatten eine widerliche Art und Weise mit Frauen umzugehen.

»Kein Interesse, Balomini«, lehnte Prosperoh ab. »Ich habe bereits eine neue Frau. Und so schön finde ich Eure Frau gar nicht!«

»Bitte, Prinz, überlegt es Euch«, flehte der Graf verzweifelt.

Prosperoh ließ sich eine Armbrust reichen.

»Gebt mir einen brennenden Pfeil«, befahl er seinen Soldaten. Mit einer Fackel wurde ein Pfeil angezündet. Prosperoh legte ihn auf die Armbrust und zielte auf Balomini.

»Hier ist meine Antwort, Balomini!«

Mit diesen Worten jagte Prosperoh den Brandpfeil in Balominis Körper. Kurz darauf stand der Graf in Flammen und verbrannte.

»Wachen, tötet die Bauern genauso«, befahl Prosperoh.

»Nein, bitte lasst sie leben!«, rief Yasmin.

Prosperoh sah Yasmin an, als wäre sie ein Wesen von einem anderen Stern, was sie ja auch war.

»Du bist noch so unschuldig, aber ich werde dich schon auf den rechten Weg führen.«

Prosperoh gebot seinen Wachen zu feuern. Kurz darauf schossen die Soldaten auf die wehrlosen Bauern, die wie lebende Fackeln durch die Gegend liefen und qualvoll verbrannten. Wenig später war das grausige Schauspiel vorbei. Alle Bauern waren tot, auch die Frau von Graf Balomini war nicht verschont worden. Es stank so sehr nach verkohltem Fleisch, dass der schockierten Yasmin übel wurde.

»Sie mussten brennen, damit sie nicht den Roten Tod verbreiten«, erklärte Prosperoh, der bemerkt hatte, dass die Terranerin bleich geworden war.

Dann klopfte er sich auf dem Bauch.

»So, jetzt habe ich aber Hunger. Lass uns zu Mittag essen.«

 

12. Leid

Schmerzen! Schmerzen! Schmerzen!

Das waren Karl-Adolf Braunhauers Gedanken, als er am späten Morgen erwacht war. Sein Kopf schmerzte, sein Herz und sein Rücken ebenso. Außerdem machte sich sein Blasenleiden wieder bemerkbar. Vielleicht hatte er doch die letzten Tage mehr getrunken, als ihm gut tat.

Warum nur musste er so sehr leiden? Was hatte er nur verbrochen, dass er so sehr mit Leiden geplagt wurde? Nun ja, er war halt nicht mehr der Jüngste. Er war jedoch fest davon überzeugt, dass es die anderen ohne ihn nicht schaffen würden.

Ohne mein Organisationstalent, meinen Weitblick und meine genialen Einfälle haben die anderen keine Chance, dachte er.

Auch Ottilie war inzwischen erwacht. Sie klagte wieder einmal über Schwindelanfälle. Die alte Terranerin war jedoch der Meinung, dass ihr Unwohlsein nichts mit den Alkoholmengen, die sie zu sich nahmen, zu tun hatte, sondern das es am schlechten Wetter lag.

In der Nacht hatte es etwas geschneit, was Braunhauer ungern zu Kenntnis nahm, da er Schnee hasste. Nachdem die beiden sich ihr Leid gegenseitig ausführlich geklagt hatten, gingen sie in den Speisesaal, wo das Mittagessen aufgetischt wurde.

Der Marquês, der schon mit Prosperoh, Yasmin und Jezzica Tazum am Tisch saß, begrüßte die Neuankömmlinge.

»Seid gegrüßt, liebe Freunde«, sagte er freundlich zu den beiden.

Die alten Terraner grüßten zurück. Plötzlich stolperte Karl-Adolf über Gwendo, der Getränke servierte und von dem alten Terraner übersehen worden war.

»Pass doch auf, du Rotznase!«, herrschte Braunhauer den Zwerg unfreundlich an.

»So ein ungezogener Junge«, meinte auch Frau Braunhauer.

Wütend blickte Gwendo die beiden an.

»Ich bin kein Junge! Ich bin ein erwachsener Mann!«

»Ein lächerlicher Giftzwerg bist du«, rief Eberhard Wieber, der ebenfalls gerade gekommen war.

»Man müsste dir mal Manieren beibringen. Zu meiner Zeit hatten solche kleinen Rüpel wie du nichts bei uns zu lachen«, fuhr er fort.

Prinz Prosperoh amüsierte sich über den Streit.

»Wir machen ein Spielchen. Wieber und Braunhauer spielen mit, wenn es Euch recht ist, Marquês«, schlug er vor.

Der Marquês lächelte und nickte gönnerhaft.

Prinz Prosperoh deutete auf zwei Flaschen, die vor ihm auf dem Tisch standen.

»Das sind zwei volle Flaschen Kiva-Schnaps, eine Spezialität unseres Landes. Wer von euch als Erster die Flasche ausgetrunken hat, bekommt einen Preis«, sagte er.

Eberhard Wieber stimmte freudig zu. Karl-Adolf Braunhauer war weniger begeistert, da er sich nach dem letzten Fest noch nicht wieder trinkfest fühlte. Doch er stimmte zu, da er nicht den Mut besaß zu widersprechen. Doch Ottilie mischte sich ein.

»Vatichen, das schaffst du nicht. Du bist alt und krank«, sagte sie.

»Halt den Mund! Natürlich schaffe ich das«, widersprach er barsch.

Braunhauer wollte sich vor Wieber und den anderen keine Blöße geben. Außerdem dachte er an den Preis, den Prosperoh versprochen hatte. Vielleicht gab es Gold oder Edelsteine zu gewinnen. Der Gier war größer als die Vernunft.

Gekränkt setzte sich Frau Braunhauer auf ihren Platz.

Jezzica Tazum blickte mit halb geöffnetem Mund die beiden alten Greise an, die freudig die Flaschen öffneten. Sie verstand diese zwei Terraner einfach nicht und war einfach nur angewidert von ihnen. Sie selbst trank zwar auch gerne und oft einen über den Durst, aber sicherlich nicht in dieser gefährlichen Situation.

Plötzlich blickte sie nach rechts, denn von dort spürte sie die lüsternen Blicke des Marquês, der auf ihr Dekolleté starrte. Jezzica warf ihm einen bösen Blick zu und beschloss sich eine Jacke überzuziehen, die weniger Einblick gewährte.

»Also dann, beginnt nun«, befahl Prosperoh und richtete so wieder die Aufmerksamkeit der Terranerin und des alten Spaniers auf die beiden Greise.

Die beiden alten Männer setzten die Flaschen mit der durchsichtigen Flüssigkeit an den Mund und begannen zu trinken. Der Schnaps lief ihnen aus den Mundwinkeln übers Kinn und weiter herunter.

Yasmin rümpfte die Nase bei diesem ekligen Anblick.

Nachdem die beiden schon zwei Drittel der Flasche geleert hatten, musste Braunhauer aufgeben. Er gab einen gewaltigen Rülpser von sich, fasste sich ans Herz und setzte sich echauffiert auf seinen Platz.

»Ich ... ich k ... kann nicht mehr«, murmelte er.

»Siehst du, Karl-Adolf, ich habe es dir ja gleich gesagt«, keifte seine Frau Ottilie.

Eberhard Wieber leerte hingegen den Rest der Flasche und strahlte über beide Backen.

Triumphierend reckte er den rechten Arm in die Höhe.

»Ich bin der Sieger!«, lallte er.

Prosperoh erhob sich.

»Ja, Ihr seid der Sieger. Ich gratuliere. Nun zu eurem Preis. Da Ihr mich so gut amüsiert habt, sollt ihr auch etwas zu eurem Amüsement bekommen«, verkündete er.

Wiebers Blick wurde gierig. Er hoffte, eine schöne Frau für sich zu bekommen.

»Ich schenke Euch meinen Hofnarren Gwendo. Möge er Euch so gut unterhalten, wie mich.«

Eberhard Wieber machte ein Gesicht, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen. Das hatte er nicht erwartet. Dafür diese Strapazen! Doch er traute sich nicht, Prosperoh dies zu sagen. In seiner Zeit war er zu bedingungslosem Gehorsam gegenüber höhergestellten Personen erzogen worden. Doch Gwendo sollte ihm diese Demütigung büßen.

Karl-Adolf Braunhauer lachte schadenfroh.

»Der Affe kann sich gleich mal nützlich machen. Draußen hat es geschneit. Lass ihn Schnee schieben. Der Schnee ist gefährlich für alte Leute wie uns. Wir könnten ausrutschen«, meinte er.

»Ja, das ist eine gute Idee«, stimmte Wieber zu.

»Los, Zwerg, schiebe den Schnee von der Burg«, befahl er Gwendo.

Dieser sah Prosperoh Hilfe suchend an.

»Bitte, Herr, das könnt Ihr nicht zulassen. Ich war der Leibdiener Eurer verstorbenen Frau«, flehte er.

»Wieber ist jetzt dein Herr und Meister. Du hast ihm zu gehorchen. Und jetzt geh«, lehnte der Prinz ab.

Gwendo blieb nichts anderes übrig, als diese für ihn sehr mühsame Arbeit zu erledigen. Er war Eberhard Wieber auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Als er gehen wollte, stellte ihm Wieber wieder ein Bein. Gwendo stürzte unter dem Gelächter der Gäste auf den Boden.

»Der ist zu blöd, um geradeaus zu gehen«, lachte Wieber.

»Wenn du mit Schneeschieben fertig bist, wirst du bei mir und Braunhauers sauber machen.«

Gwendo schwor sich, grausame Rache an diesem Mann zu nehmen.

*

Dieses Spiel war nur eines von vielen, das Prinz Prosperoh mit den Menschen trieb. Er gab rauschende Feste, bei denen er meistens seine Gäste demütigte. Nur Yasmin und Don Philipp waren vor ihm sicher.

»Freunde, bei mir seid ihr sicher. Ihr könnt solange auf meiner Burg bleiben, bis der Rote Tod abgezogen ist«, verkündete der Prinz seinen Gästen.

Damit hatte er sie in der Hand. Niemand wagte sich nach draußen, da alle die Seuche fürchteten.

Später trafen sich Uthe und Yasmin mit dem Marquês und auf dessen Zimmer. Auch Jezzica Tazum kam hinzu. Sie wirkte sehr entschlossen und energisch.

»Wir müssen machen, dass wir hier wegkommen. Lange kann ich mir diesen Irren nicht mehr vom Leib halten«, klagte Yasmin.

»Und wir müssen Remus, Gal'Arn und die anderen befreien. Mein Mann ist doch ohne mich völlig hilflos«, meinte Uthe.

Yasmin konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Jezzica hingegen blieb ernst. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn Uthe Scorbit bereits einen Befreiungsplan gehabt hätte.

»Dazu müssen wir aber herausfinden, wo sie gefangen gehalten werden. Vorher können wir keinen Ausbruch planen«, befand der Marquês.

»Und wie sollen wir das anstellen?«

Der Marquês entblößte seine gelben Zähne zu einem Lächeln.

»Überaß das mir, mein Täubchen.«

*

Wenig später begab sich Don Philippe zu Prosperoh, der auf seinem Thron saß.

»Lieber Prinz, wie geht es Euch?«

»Danke, gut, mein lieber Don Philippe. Es ist selten, dass sich jemand nach meinem Wohlergehen erkundigt. Ihr seid ein wahrer Freund«, freute sich der Prinz.

Von mir aus könntest du sofort zur Hölle fahren, dachte der Marquês insgeheim und lächelte freundlich dabei.

»Wie ich hörte, habt ihr auch viele Sorgen zu bewältigen. Ihr seid sogar von Fremden beleidigt worden«, tat der alte Spanier entrüstet.

»Das stimmt. Wer hat Euch das gesagt?«, fragte Prosperoh misstrauisch.

»Die Dienerin namens Uthe. Sie hat mir die Geschichte erzählt. Inzwischen bereut sie ihr dreistes Verhalten.«

Prosperoh grinste.

»Ja, das kann ich mir denken. Ihr Mann und seine frechen Spießgesellen sitzen jetzt in meinen Verliesen.«

Don Philippe tat erstaunt.

»Wirklich? Das würde ich mir doch gerne mal ansehen. Würde es Euch etwas ausmachen, wenn ich die Gefangenen und Euren Kerker besichtige?«

Prosperoh erhob sich.

»Nicht im Geringsten, Marquês. Ich führe Euch hin.«

Als sie gingen, lief ihnen Uthe über den Weg. Sie trug ein Tablett mit einer Karaffe Wein und zwei Bechern.

»Du begleitest uns, Mädchen. Wir kriegen unterwegs sicher Durst«, befahl Don Philippe.

Dieses Vorgehen war mit Uthe abgesprochen, damit auch sie sich den Weg zur Kerkerzelle einprägte. Außerdem hatte sie Gelegenheit, Remus wenigstens einen Augenblick zu sehen.

»Eine ausgezeichnete Idee, verehrter Freund.«

Begleitet von zwei Wachen und Uthe führte Prosperoh den Marquês die Treppen hinab in den düsteren Kerker, der von einem halben Dutzend Soldaten bewacht wurde. Einige waren damit beschäftigt, einen Gefangenen zu foltern. Uthe schauderte. Sie kam sich vor wie in einem Schauerstück. Alles wirkte verkommen. Spinnen krabbelten aus den Ritzen der schimmeligen Wände. Prosperoh blieb vor einem düsteren Raum stehen.

»Dies ist mein ganzer Stolz, meine Folterkammer. Sie wurde schon von meinen Vorfahren angelegt«, erklärte Prosperoh voller Hingabe. Er wies auf einen Tisch, an dessen Ende sich eine große Säge befand.

»Dieses Gerät habe ich selbst entwickelt. Mit einem Automatismus wird die Säge, die normalerweise Bäume schneidet, dazu verwendet, Menschen in zwei Teile zu schneiden.«

Der Marquês tat beeindruckt.

»Fantastisch. Das erinnert mich an mein Schloss Zuhause. Wir hatten dort ein Pendel, das an der Decke befestigt war. Es schwingt dann langsam herunter auf das Opfer, das am Boden gefesselt liegt, und trennt es letztendlich in der Mitte durch. Das dauert zwar länger, macht aber doppelt so viel Spaß.«

Prosperoh lachte.

»Ihr seid wirklich ein Genießer. Ihr müsst mir unbedingt die Konstruktionspläne für dieses Pendel mitteilen. Das muss ich auch mal ausprobieren.«

Ein markerschütternder Schrei unterbrach die Fachsimpelei der beiden. Der Gefangene wurde in diesem Moment von der Säge durchschnitten.

Prosperoh wurde wütend und schlug den Kerkermeister ins Gesicht.

»Du Idiot! Wer hat dir gesagt, dass du den Gefangenen ohne meinen Befehl töten sollst? Jetzt haben der Marquês und ich den ganzen Spaß verpasst!«, regte er sich auf.

»Vergebt, Herr! Vergebt!«

»Nun gut, ich vergebe dir.«

Der Kerkermeister lächelte erleichtert.

»Ja, Herr? Vielen Dank!«

»Dafür wirst du als nächster die Säge ausprobieren. Diesmal allerdings als Opfer«, sagte Prosperoh mit kalter, unbewegter Miene.

»Nein, Herr! Bitte, habt Erbarmen!«, schrie der Kerkermeister.

Doch alles Flehen half nicht. Der Mann wurde von den Wachen gepackt und auf den Tisch mit der Säge gelegt, die das bedauernswerte Opfer vom Rumpf bis zum Kopf durchschnitt.

Während Uthe dicht davor war, sich zu übergeben, verfolgte der Marquês das Geschehen mit unbewegter Miene. Uthe schloss die Augen, um sich das nicht mitanzusehen, doch das Geschrei des Mannes war furchtbar.

»Wirklich beeindruckend, aber leider ein bisschen kurz«, fand er.

Uthe musste dem alten Mann ein Kompliment machen. Er spielte seine Rolle mehr als überzeugend.

Spielte er sie wirklich nur?

Er und der sadistische Prinz leerten nun den mitgebrachten Wein.

Prosperoh wandte sich an einen der Wächter.

»Führt uns nun zu den Gefangenen.«

Der Wärter führte sie durch einen Gang an mehreren Zellen vorbei.

Plötzlich wurde Uthe am Hals gepackt. Sie musste aufschreien und das Tablett mit dem Wein fallen lassen. Ein behaartes, stinkendes Wesen hatte durch die Gitterstäbe seiner Zelle nach ihr gegriffen. Grunzend würgte er sie.

»Frau, endlich Frau haben«, hörte Uthe den heruntergekommenen Gefangenen hervorbringen.

Aus seinem Mund, der mehr Löcher als Zähne aufwies, strömte fauliger Atem.

Der Marquês eilte herbei und schlug mit seinem Stock, den er stets bei sich trug, dem behaarten Mann auf den Arm. Schreiend ließ das Wesen, das einmal ein Mensch gewesen sein musste, Uthe los.

»Danke, Herr«, brachte Uthe mühsam hervor.

»Nun ja, man ist ja schließlich Kavalier«, gab sich Don Philippe gönnerhaft und wandte sich an Prosperoh: »Mein lieber Prinz, was haltet Ihr Euch hier für Teufelskreaturen?«

»Ach der ... Ich hatte ganz vergessen, dass ich den mal vor zwanzig Jahren eingesperrt habe. Ich wusste gar nicht, dass der noch lebt«, antwortete dieser erstaunt.

»Oh, das ist mir auch mal passiert«, sagte der Marquês wahrheitsgetreu.

»Schade nur, dass der Wein verschüttet wurde. Das wird mir dieser Mistkerl büßen«, zischte Prosperoh wütend.

»Ein Glück nur, dass wir schon von dem guten Tropfen getrunken haben«, beruhigte ihn der Marquês.

Ohne weitere Zwischenfälle ging die Gruppe an das Ende des Korridors. Dort befand sich die Zelle mit den neuen Gefangenen. Prosperoh befahl einem der Wärter, die Tür zu öffnen, und die Gruppe trat ein.

»Das sind also die frechen Kerle, die es wagten, Euer Hoheit zu beleidigen. Tja, das habt ihr nun davon«, sagte der Marquês doppeldeutig als ihn Gal'Arn und die anderen erblickten.

Unbemerkt zwinkerte Uthe Remus und Gal'Arn zu.

»Wir haben uns dafür entschuldigt«, verteidigte sich Gal'Arn, der das Spiel mitspielte. Insgeheim schöpfte er wieder Hoffnung.

»Nur deshalb lebt ihr noch«, stellte Prosperoh klar. »Die Betonung liegt auf noch«, fügte er mit diabolischen Grinsen hinzu.

»Wir sind nicht arm. Wir können verhandeln«, schlug der Ritter der Tiefe vor.

»Dummerweise reizt mich das nicht. Ich bin schon der reichste Mann des Planeten. Am Ende der Feierlichkeiten werdet ihr sterben. Ich muss mir nur etwas Amüsantes einfallen lassen. Bis dahin bleibt ihr hier.«

»Sind die das überhaupt wert? Sie könnten sich doch als Sklaven nützlich machen«, wandte de la Siniestro ein.

»Das wäre auch eine Möglichkeit. Vielleicht vergesse ich sie auch einfach, genau wie den anderen Gefangenen«, meinte der Prinz.

Gal'Arn bemerkte, dass der Marquês unbemerkt ein Stück Papier hatte fallen lassen.

»So, nun zieht es mich wieder an die frische Luft. Hier stinkt es gar fürchterlich«, jammerte Don Philippe.

»Recht habt ihr. Lasst uns wieder gehen.«

Gleich darauf verließen Prosperoh, Don Philippe, Uthe und das Gefolge die Zelle, die wieder verschlossen wurde. Als einige Minuten verstrichen waren, griff Gal'Arn nach dem Stück Papier, das Don Philippe zurückgelassen hatte.

Auf den Zettel stand:

Haltet durch, Freunde!

Ich bin zusammen mit den anderen hier, um euch zu befreien.

Habt Geduld, wir finden schon einen Weg.

»Seht ihr, wir haben unsere Gefährten unterschätzt. Sie sind gekommen, um uns herauszuholen«, sagte Gal'Arn.

»Wenn das mal gut geht. Nicht auszudenken, wenn sie auffliegen«, unkte Jonathan Andrews.

Remus stimmte ihm zu.

»Ja, dann wären die Braunhauers mit uns in derselben Zelle. Das wäre das Ende.«

*

Uthe war erleichtert, dass sie Remus gesund wiedergesehen hatte. Jetzt mussten sie einen Weg finden, die Wachen auszuschalten, um ihn und die anderen zu befreien. Wenn die Männer erst einmal frei waren, dann würden sie schnell aus dem Schloss entkommen können. Glücklicherweise hatte Prosperoh, in einem Anfall von Großmut, Uthe und die beiden jungen Zechoninnen Anica und Jaquine Yasmin Weydner als Zofen und Dienerinnen zugeteilt.

Es war klar, dass der Prinz Yasmin als Nachfolgerin von Kamelia ausersehen hatte. Uthe war ziemlich sicher, dass Prosperoh am schrecklichen Tod seiner Frau Schuld war. Zum Glück hatte er vergessen, aus welchem Grund er Anica und Jaquine mitgenommen hatte. Die beiden waren natürlich sehr traurig, dass ihre Eltern von Prosperoh ermordet worden waren. Uthe versuchte, sie wieder aufzumuntern.

»Wir werden bald hier herauskommen. Unsere Freunde von der TERSAL haben sich in die Burg eingeschlichen, um uns und die Männer zu befreien.«

»Was soll dann aus uns werden? Unsere Eltern und die Dorfbewohner sind alle tot. Wohin sollen wir gehen?«, fragte Jaquine niedergeschlagen.

»Ihr kommt mit uns auf die TERSAL. Ich und Remus kümmern uns um euch. Ihr verlasst diesen widerlichen Planeten«, beschloss Uthe.

Anica war begeistert.

»Och, hinaus in die große, weite Welt?«

»Ja, sozusagen ins große, weite Universum«, stimmte Uthe zu.

»Toll, ich war noch nie weg vom Dorf. Ist das Universum hinter den Bergen?«, fragte Anica naiv.

»Ja, Anica. Sogar noch weiter weg.«

*

Prosperoh widmete sich unterdessen verstärkt Yasmin Weydner. Die junge Terranerin musste sich sehr zusammenreißen, um die Gegenwart dieses widerlichen Zechonen zu ertragen. Zwar war Prosperoh ein gut aussehender Mann, doch seine Grausamkeit stieß Yasmin jedoch völlig ab.

»Werte Yasmin, bald wirst du mein Weib sein. Darum möchte ich dir etwas zeigen.«

Prosperoh führte Yasmin die Treppen hinauf in den oberen Flügel, wo Prosperohs Privatgemächer lagen. Er ging mit Yasmin durch einige verschiedenfarbige Räume, die bis auf die wechselnden Farben völlig identisch waren.

Yasmin erinnerte sich daran, dass Uthe ihr davon erzählt hatte und dass sie im schwarzen Raum eine unheimliche Begegnung mit Kamelia und Prosperoh hatten. In diesen schwarzen Raum führte Prosperoh sie nun.

»Wie seltsam, alle Räume sehen gleich aus«, sagte sie zu dem Zechonen.

»Sie markieren verschiedene Phasen des Daseins. Hier ist nun die Endphase symbolisiert.«

»Mir ist aufgefallen, dass es hier nirgendwo im Schloss etwas Rotes gibt.«

Prosperoh nickte.

»Das ist richtig. Rot ist die Farbe des Roten Todes. Ich hasse diese Farbe. Darum habe ich sie in meinem Schloss verboten.«

Yasmin bemerkte eine hässliche, echsenähnliche Statue in der Mitte des Zimmers.

»Das ist Difus. Er ist mein Herr und bald auch der Deine«, sprach der Prinz.

»Der Teufel? Niemals, ich habe noch nie etwas für Satanskult übrig gehabt«, widersprach Yasmin.

Prosperoh lächelte milde.

»Hängst du etwas an diesem schwachen, sogenannten gütigen Gott? Was tut er für die Schwachen und Kranken? Nichts. Er hat weder den Bauerntölpeln geholfen noch die Kranken vor dem Roten Tod beschützt. Er ist ein Versager, ein Nichts. Er kann nichts für dich tun.«

Prosperoh deutete auf die Statue.

»Difus hingegen ist stark. Er hilft den Starken, die sich durchsetzen und in seinem Sinne agieren. Nur die Finsternis bietet wahre Macht. Wer Difus als wahren Gott respektiert, den wird er fürstlich belohnen.«

»Aber Ihr seid doch schon reich und mächtig.«

»Das ist noch nicht genug. Ich muss unsterblich werden. Nur dann kann ich Difus ewig dienen. Eines Tages wird er mich zu sich holen und mir das ewige Leben geben. Und dann werde ich, Seite an Seite mit ihm, gegen deinen schwachen Gott kämpfen.«

Yasmin fröstelte. Es schien eine unheimliche, dunkle Macht von der Statue auszugehen.

»Habt Ihr einen Pakt mit dem Teufel geschlossen?«, fragte sie erschrocken.

»Ja, ebenso wie Kamelia. Ich habe sie ihm geopfert, als Beweis meiner unerschütterlichen Treue. Je mehr Wesen ich töte, desto mehr wird Difus mich willkommen heißen.«

Yasmin ahnte, was als Nächstes kommen würde.

»Wenn du mein Weib wirst, wirst auch du dich zu ihm bekennen, genau wie Kamelia.«

Niemals, schrie es in Yasmins Inneren. Doch sie traute sich nicht, es Prosperoh ins Gesicht zu schreien. Es stand zu viel auf dem Spiel. Freundlich nahm der Prinz sie bei der Hand.

»Komm, es gibt noch ein Geheimnis, dass ich dir zeigen werde.«

 

13. Das Fest

Eberhard Wieber fühlte sich nicht besonders gut, da er am Vorabend ausgiebig mit Niesewitz, Katschmarek und den Braunhauers gezecht hatte. Seine schlechte Laune ließ er wieder einmal an Gwendo aus.

»Gwendo, leere meine Latrine aus, aber dalli!«, rief der alte Terraner.

Das war zu viel! Gwendo konnte es nicht mehr länger ertragen. Schon immer war er wegen seiner geringen Körpergröße gedemütigt worden, doch was ihm in den letzten Tagen widerfahren war, brachte das Fass zum Überlaufen. Er beschloss, sich an seinem Peiniger zu rächen. Wieber unterschätzte seine Intelligenz, das würde ihn teuer zu stehen kommen!

Prinz Prosperoh hatte für den Abend zu einem Kostümfest eingeladen. Gwendo beschloss, diesen Umstand für seine Zwecke zu nutzen. Vielleicht nahm ihn Prosperoh auch wieder in seine Dienste, wenn ihm sein Plan, Wieber loszuwerden, gelang. Der Prinz hatte Respekt vor innovativen Ideen.

Gwendo besorgte ein Kostüm für Wieber und ging dann wieder zu ihm.

»Wo steckst du denn wieder, du kleiner dummer Zwerg? Zu Hause würde man so etwas wie dich in den Vorgarten stellen«, regte sich die alte Terraner auf.

»Verzeiht mir, mein Herr. Ich habe ein Kostüm für Euch besorgt«, entschuldigte sich Gwendo.

Wiebers gelbes, zerfurchtes Gesicht, das von Tränensäcken und Falten umgeben war, machte einen Ausdruck des Erstaunens.

»Kostümfest? Was für ein Kostümfest?«

Gwendo erklärte es ihm.

»Seine Hoheit, der Prinz, hat für heute Abend zu einem Kostümfest geladen. Natürlich sind auch alle Ehrengäste dabei. Da darf ein so wichtiger Mann wir Ihr nicht fehlen.«

Das überzeugte Eberhard Wieber natürlich.

»So ist das. Da muss ich natürlich dabei sein. Darauf muss ich mir einen genehmigen.«

Wieber ging zum Tisch und goss sich einen Schnaps ein, den er mit einem Zug leerte.

»Und was für ein Kostüm hast du mir besorgt? Als Edelmann, Ritter oder Tarzan?«, fragte er.

»Viel besser. Ein Goro.«

»Ein was?«, fragte Wieber verdutzt.

»Wartet, ich zeige es Euch.«

Gwendo holte einen Karton hervor und nahm den Inhalt heraus. Es war ein Affenkostüm.

Das hatte Wieber nicht erwartet.

»Das ist ja ein Affe! Ich soll als Affe gehen! Na warte, du ...!«

Wieber holte aus und verpasste Gwendo eine Ohrfeige. Der Zwerg fiel von der Wucht zu Boden.

»Haltet ein, Herr! Ein Goro ist hier bei uns Symbol für Stärke und sexuelle Potenz. Ihr werdet die Attraktion des Abends sein«, erklärte er dem wütenden Terraner.

Wieber beruhigte sich wieder. Er ging wieder zum Tisch und leerte ein weiteres Glas Schnaps.

»So ist das. Du meinst, das hier ist was Besonderes?«, fragte er milder.

»Ja, Herr. Besonders die Frauen werden Euch zu Füßen liegen. Denkt nur, wenn ihr den Saal betretet, werden alle Blicke auf Euch gerichtet sein. Ihr spielt einen wilden Goro und erobert Euch eine attraktive Frau.«

Das wirkte auf dem alten Mann. Er hatte schon lange keine Frau mehr gehabt. Das war eine willkommene Gelegenheit.

»Also gut. Ich gehe als Affe, äh, Goro.«

Gwendo triumphierte. Wieber war noch dümmer als er gedacht hatte. Er hatte ihn bei seiner Eitelkeit und seinem Paarungswillen gepackt. Der Zwerg lachte innerlich. Wie dumm die Männer doch waren. Wenn die Aussicht auf eine Frau sie lockte, machten sie sich sehr schnell zum Affen.

*

Prosperoh hatte Yasmin unterdessen in den entgegengesetzten Flügel geführt. Dort begaben sie sich in einen großen Turm. Ein riesiges Fernrohr ragte aus der Turmkuppel hervor.

Das musste das Sternenobservatorium sein, das sie gesucht hatten. Yasmin betrachtete aufmerksam die Umgebung. Der Turm passte nicht zu der Bauweise der übrigen Burg. Er wirkte besser erhalten, obwohl er älter als die Burg sein musste. Im Inneren des Raums befand sich eine komplett erhaltende Ortungsstation. Und sie arbeitete! Ein Positronik sorgte für den automatischen Ablauf der Anlage. Wahrscheinlich wurden alle Sternendaten gesammelt und in der Anlage gespeichert. Womöglich auch die Koordinaten Dorgons oder zumindest Vergleichswerte, um sich zu orientieren, in welchem Teil des Universums sie sich befanden!

»Das ist ja fantastisch!«, tat Yasmin gegenüber Prosperoh erstaunt.

»Ja, es ist ein Wunderwerk. Es wurde vor vielen Jahren von fremden Wesen, die von einem anderen Stern kamen, erbaut. Diese Wesen sind wohl tot, aber ihre Anlage arbeitet immer noch. Leider kann ich diese fremdartige Technik nicht richtig verstehen oder bedienen. Niemand auf diesem Planeten kann es.«

Yasmin traute sich zu, sich mit dieser Technik vertraut zu machen. Mit Hilfe von Gal'Arn sollte es möglich sein, die gesuchten Koordinaten – sofern sie gespeichert waren – zu finden.

»Eines Tages wird Difus uns zeigen, wie wir es bedienen müssen. Dann werden wir die totale Macht besitzen und sie zu seinem Ruhm nutzen«, erklärte Prosperoh beschwörend.

Yasmin wurde dieser wahnwitzige Fanatiker immer unheimlicher. Sie konnte seine Gegenwart nicht mehr lange ertragen. Prosperoh trat auf sie zu und küsste ihre Hand.

»Heute Abend, wenn der Kostümball stattfindet, werde ich unsere baldige Vermählung bekannt geben. Dann gehörst du mir und damit auch ihm.«

 

14. Zum Affen machen ...

Mit viel Mühe hatte sich Eberhard Wieber in das Affenkostüm hineingezwängt. Ohne Gwendos Hilfe hätte er es auch nicht geschafft. Skeptisch betrachtete Wieber sich im Spiegel.

»Und du meinst wirklich, dieses Kostüm wirkt auf Frauen?«

»Aber ja, Herr. Besonders auf die Jungen, Attraktiven. In unserer Gegend verehren die Frauen reifere Männer. In Eurem Kostüm verkörpert ihr die geballte Erotik«, log Gwendo.

Wieber nahm den Affenkopf ab und betrachtete sein faltiges Gesicht im Spiegel.

»So ist das. Na dann freue ich mich schon auf heute Abend. Leider ist es in dem Kostüm so warm.«

Dir wird bald noch wärmer werden, du Narr, dachte Gwendo grimmig.

»Für eine schöne Frau müsst ihr ein kleines Opfer bringen. Ich werde Euch begleiten. Ich verkleide mich als Euer Dompteur, einen Mann aus einem fernen Land, der die Bestie bezähmt hat«, erklärte er.

»So ist das. Wenn du deine Sache gutmachst, nehme ich dich zur Belohnung mit nach Hause, wenn wir abreisen.«

Gwendo nickte ergeben. Er ahnte immer mehr, dass mit Wieber, dem Marquês und den anderen etwas nicht stimmte. Wahrscheinlich steckten sie mit den Fremden, die vor Kurzem gefangen genommen worden waren, unter einer Decke. Aber Gwendo schwieg, um sich auch an Prosperoh zu rächen, der ihm diese Demütigung zugefügt hatte.

*

»Lange halte ich das nicht mehr aus! Dieser Mann ist wahnsinnig«, klagte Yasmin ihr Leid.

Sie, Uthe, Jezzica und der Marquês hatten sich im Zimmer de la Siniestros versammelt, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

»Du musst durchhalten. Es geht um unser aller Leben«, ermunterte Uthe sie.

»Keine Sorge, lange sollten wir ohnehin nicht mehr warten. Heute Abend, während des Kostümfestes, schlagen wir zu«, bestimmte der Marquês.

»Ist das auch der richtige Zeitpunkt?«, fragte Uthe skeptisch.

»Auf jeden Fall, mein Kind. Alle werden mal wieder betrunken sein. Wir kennen jetzt den Weg zum Kerker und wissen, wo Gal'Arn und die anderen gefangen gehalten werden. Du, Uthe, musst dafür sorgen, dass die Wachen genug zu trinken bekommen. Das ist eine alte Kriegslist. Als die Franzosen unser Siniestro besetzten, haben wir die Besatzung betrunken gemacht und sie anschließend überwältigt. Euer Metallmann hat mir dazu ein paar Schlafmittel mitgegeben.«

»Sie meinen den Medorobot? Das ist eine gute Idee. Uthe kann den Wachen das Mittel in den Wein mischen«, schlug Yasmin vor.

»Anica und Jaquine werden mir dabei helfen«, erklärte Uthe. »Wir werden sie mitnehmen, wenn wir fliehen.«

»Ich helfe dir auch«, meinte Jezzica und stemmte die Hände in die Hüften.

»Zwei weitere junge, hübsche Damen an Bord. Wie schön«, freute sich der Marquês.

»Unterstehen Sie sich, sie anzufassen, sonst bekommen Sie es mit mir zu tun«, protestierte Uthe.

Verlegen wandte sich der Marquês zu seiner Truhe, die er als Gepäck mitgebracht hatte.

»Nun ja, um wieder zum Ausbruch zurückzukommen. Wir haben ja noch einige eurer modernen Pistolen mitgenommen.«

Yasmin ging dazwischen.

»Vorsicht, Marquês, sonst tun sie sich noch weh.«

»Oho! Ich bin ein erfahrener Pistolenschütze! Ob nun mit Kugeln oder diesen Feuerstrahlen, das macht doch keinen Unterschied.«

Yasmin holte ein Dutzend Nadelstrahler aus der Kiste. Ein paar davon gab sie Uthe und Jezzica.

»Versteckt sie so gut ihr könnt. Gal'Arn und die anderen werden sie gut gebrauchen können.«

Einen kleinen Strahler behielt Yasmin für sich.

»Den nehme ich mit, falls mir dieser irre Prinz zu nahe kommt«, sagte sie entschlossen.

Uthe nickte zustimmend. Uthe war von Yasmins Tatkraft angenehm überrascht. Die sonst so ruhige und zurückhaltende Terranerin wuchs über sich heraus.

»Gut, ich werde Anica und Jaquine informieren, damit sie mir helfen«, erklärte sie.

»Dann sage ich den Braunhauers sowie Wieber, Katschmarek und Niesewitz Bescheid«, erklärte Don Philippe.

»Meinen Sie, die können mit den Waffen umgehen?«, zeigte sich Yasmin skeptisch.

»Zumindest die drei Deutschen. Sie sagten, sie hätten in der Wehrmacht gedient, der besten Armee aller Zeiten nach deren Aussage. Zugegeben, preußische Soldaten waren in meiner Zeit immer gefährlich und Könner der Kriegskunst. Sie müssten gut mit Waffen umgehen können.«

»Auf ihre Verantwortung, Marquês.«

»Es wird gelingen. Die anderen müssen Bescheid wissen, damit sie sich bereithalten können, wenn es losgeht. Um Mitternacht sollte der Alkohol seine Wirkung getan haben. Dann schlagen wir zu.«

Während Uthe Scorbit und Jezzica Tazum Anica und Jaquine in den Plan einweihten, ging de la Siniestro in das Zimmer der Braunhauers, in dem auch Katschmarek und Niesewitz saßen. Die Vier hatten etliche halb leere Flaschen mit Alkohol und Bier auf dem Tisch zu stehen. Sie trugen mittelalterliche Kostüme, die sie sich für den Maskenball hatten anfertigen lassen. Und befanden sich schon in bester Partylaune.

»Schluss mit der Sauferei!«, befahl der Marquês streng.

»Heute Abend befreien wir die Gefangenen, deshalb gibt es heute keinen Alkohol mehr.«

»Was denn? Ausgerechnet auf der Party? Das ist aber unfair«, protestierte Katschmarek.

»Gerade wegen der Feier, das ist ja die List, die ich vorhabe.«

Der Marquês erklärte den anderen seinen Plan, dann holte er aus seinem Rock drei Strahler hervor und legte sie auf den Tisch. Er hatte jene mit der geringsten Feuerkraft ausgewählt. Durch die Hypnoschulung wusste de la Siniestro, dass Desintegratoren oder Thermostrahler mehr anrichten konnten, als die Feuerkraft der gesamten spanischen Armada. Er wollte nicht riskieren, dass einer der Narren das ganze Schloss in die Luft jagte.

»Hier, die sind für euch. Da es ein Kostümfest ist, werden sie den Einheimischen nicht weiter ungewöhnlich vorkommen.«

In die Augen von Katschmarek und Niesewitz trat ein freudiger Glanz.

»Waffen! Richtige Waffen zum Ballern! Da ist ja toll!«, freute sich Reinhard.

»Könnt ihr wirklich damit umgehen?«, vergewisserte sich der Marquês.

Werner Niesewitz stampfte energisch mit einem Bein auf den Boden auf.

»Selbstverständlich! Wir sind Veteranen des großen Zweiten Weltkrieges! Wir waren Soldaten der ruhmreichen Deutschen Wehrmacht, die fast die ganze Welt unterworfen hätte.«

»Aus dem hätte schließe ich, dass Sie den Krieg verloren haben.«

»Ja, aber erst zum Schluss«, warf Katschmarek ein.

Dem Marquês fiel auf, dass jemand fehlte.

»Wo ist eigentlich Wieber?«, erkundigte er sich.

»Der ist mit seinem Kostüm beschäftigt und will heute nicht mehr gestört werden«, erklärte Niesewitz.

»Dieser Esel! Wenn er den Anschluss verpasst, hat er Pech gehabt. Nun, wir haben noch eine Waffe übrig.«

Don Philippe wandte sich an Karl-Adolf Braunhauer, der mit skeptischer, leidender Miene auf seinem Stuhl saß und nervös mit seinem rechten Fuß hin und her schurrte.

»Was ist mit Ihnen, Señor Braunhauer? Ihre Frau sagte, Sie seien auch ein Kriegsveteran.«

»Ja, natürlich mein Mann war bei Hammel und wurde kurz vor Ende des Krieges verschüttet«, mischte sich Ottilie Braunhauer ein.

»Bei WIDDER, Ottilie, bei WIDDER«, stellte Braunhauer richtig.

»Jedenfalls wurdest du verschüttet und schwer verletzt! Darunter leidet mein Mann heute noch! Du kannst dir das nicht vorstellen, Herr Käse«, erwiderte Ottilie pikiert und füllte sich ein Schnapsglas voll, das sie umgehend leerte.

»Ich war bei der Widerstandsorganisation WIDDER während der Monos-Diktatur. Wir mussten gegen die, die, die Leute kämpfen, die halb aus Metall waren. Ach ja, Cantaro hießen sie. Während der letzten Kriegstage wurde ich verschüttet.«

»Furchtbar, von einem Haus?«, erkundigte sich Don Philippe mitfühlend.

»Nein, von meinen Kameraden. Ich sprang als Erster in einen Granattrichter, leider kamen die anderen zwanzig Mann hinterher und sprangen auf mich herauf. Es war entsetzlich.«

»Darauf trinken wir einen«, rief Katschmarek.

»Ich habe gesagt, es wird nicht mehr gesoffen!«, widersprach Don Philippe wütend. Eingeschüchtert ließ Katschmarek von der Flasche ab.

»Spielverderber«, murmelte er.

Der Marquês wandte sich wieder an Braunhauer.

»Demnach können Sie also mit diesen modernen Waffen umgehen?«, fragte er.

»Ja, ich hatte damals auch so eine.«

»Gut, dann nehmen Sie die dritte Feuerpistole.«

Der Marquês legte sie vor Braunhauer auf den Tisch.

»Lieber nicht, Vatichen, du wirst dir noch weh tun. Du kennst dich doch gar nicht mehr aus mit diesen, diesen ... ich komme nicht auf das Wort«, mischte sich Ottilie wieder ein.

»Halt den Mund, Ottilie! Ich kann alles«, wies ihr Mann sie barsch zurück.

Ächzend erhob sich Braunhauer und salutierte vor dem Marquês.

»Wenn das Vaterland mich ruft, werde ich zur Stelle sein«, sagte er pathetisch. »Doch zuvor muss ich noch die Toilette aufsuchen. Im Moment ruft mich meine Blase.«

Das kann ja heiter werden. Aber wer rechnet schon damit, dass diese Idioten einen Überraschungsangriff starten, dachte Don Philippe.

Ottilie Braunhauers nervige Stimme riss den Marquês aus seinen Überlegungen.

»Ach, vielleicht könnte mir noch jemand erklären, worum es bei all dem eigentlich geht.«

 

15. Der Maskenball

Am Abend begann endlich der große Maskenball. Prosperoh wollte, dass dieser ein unvergesslicher Höhepunkt der Festlichkeiten werden sollte. Das würde er auch werden.

Alle Gäste hatten sich versammelt. Eine Musikkapelle spielte mittelalterliche Klänge, zu denen die Gäste eifrig tanzten. Alle Kostüme waren erlaubt. Nur die Farbe Rot zu tragen, war von Prosperoh strengstens verboten worden.

Der Marquês und Yasmin bekamen die Ehrenplätze neben dem Prinzen zugewiesen. Während der Marquês sich ein weiteres Outfit des 18. Jahrhundert hatte anfertigen lassen, trug Yasmin wieder ihre normale Bordkombination, die sie als Kostüm ausgab.

»Was für ein interessantes Kostüm. Ein Frau in Hosen, das habe ich noch nie gesehen«, staunte Prosperoh.

»Ich freue mich, dass es Euch gefällt, Prinz«, entgegnete die Terranerin diplomatisch.

Der Marquês blickte sich um.

Er suchte nach den Braunhauers. Unwillig sah er, dass Ottilie Braunhauer nicht viel von seinem strikten Alkoholverbot zu halten schien. Karl-Adolf hielt hingegen noch durch und begnügte sich mit Mineralwasser, was er mit seinem Blasenleiden begründete. Niesewitz und Katschmarek konnte Don Philippe nicht sehen. Sie sollten sich in der Nähe bereithalten.

Dann entdeckte er Uthe. Neben ihr stand Jezzica Tazum, die ein sehr aufreizendes gelbes Kleid, das aus sehr knappen Shorts und einem bauchfreien Top bestand, trug. Viele Männer gierten ihr hinterher. Anscheinend war es Taktik, da sie mit diesem Outfit sicherlich die Wachen ablenken konnte.

Unauffällig nickte er ihr zu. Jezzica, Uthe und die Zechoninnen sollten damit beginnen, die Kerkerwachen mit Wein zu versorgen.

*

»Kommt, es geht los«, sagte Uthe zu Anica und Jaquine.

Jezzica hatte bereits ein Tablett mit mehreren Weinkrügen geholt und begab sich mit den anderen drei zu den Kerkern.

»Zuerst bekommen die Wächter im Kerker den Wein mit dem Schlafmittel. Dann nehmen wir uns die anderen vor. Den Rest müssen wir leider mit Waffengewalt erledigen.«

»Kein Problem«, grinste Jezzica. Das Gefühl eine Waffe in der Hand zu halten, sagte ihr auf irgendeine Weise sogar zu.

Die Drei nahmen ihre Tabletts mit den Weinkrügen und folgten Tazum. Sie wollten die Treppe zu dem Verlies heruntergehen, als plötzlich jemand mit strenger Stimme rief:

»Halt!«

Es war Fürst Tychmon, mit dem sie vor einigen Tagen eine unangenehme Begegnung gehabt hatten.

»Wo wollt ihr denn hin?«, fragte Tychmon bösartig.

»Wir bringen den Wachen etwas Wein. Prinz Prosperoh möchte, dass sie auch ihre Freude haben«, antwortete Uthe.

»So, der wird wohl auf seine alten Tage sentimental. Viel zu schade für diesen Abschaum.«

Tychmon roch an einem Weinkrug.

»Ich will auch etwas davon haben. Zuerst probiere ich den Wein, dann euch.«

Uthe, die schon das Schlafmittel in die Krüge gegeben hatte, schaltete sofort.

»Aber gern, Herr. Probiert von dem köstlichen Wein. Und wenn wir mit unserer Arbeit fertig sind, besuchen wir Euch.«

»Gut, ich will, dass ihr alle vier in mein Schlafzimmer kommt. Und jetzt gib mir was zu trinken. Ich bin durstig«, befahl der Fürst.

Tychmon fasste um Jezzicas Hüften und stierte in ihren Ausschnitt. Er nahm etwas Wein und goss es in ihr Dekolleté. Jezzica zuckte kurz zusammen, als das kalte Nass ihre Haut berührte. Mit der linken Hand tastete sie nach ihrem Strahler, doch Uthe legte ihre Hand wiederum auf die von Jezzica und gebot ihr damit Einhalt.

Widerwillig spielte die Terranerin mit. Sie umklammerte Tychmon und küsste ihn auf die Lippen. Der Fürst war erregt.

Jezzica glitt langsam zu seinen Beinen herunter und lächelte ihn vielsagend an. Uthe und die beiden Zechoninnen betrachteten dieses Schauspiel, ohne zu wissen, was Tazum damit bezweckte.

Tychmon genoss diese Darbietung jedenfalls. Die blonde Terranerin öffnete die Hose des Fürsten, dann nahm sie ein Glas von dem Wein und schüttete es ihm in die Hose.

Tychmon zuckte zurück und stieß Tazum von sich, die sich vor Lachen kaum halten konnte. Uthe war weniger begeistert von der Tat.

»Du kleine Schlampe«, fluchte der Zechone laut.

Jezzica war wieder nahe dran, den Strahler zu ziehen, doch Uthe ging dazwischen.

»Vergebt ihr Herr! Es gehört zu ihrem erregenden Vorspiel, wenn Ihr versteht. Bitte trinkt ein Glas Wein zur Beruhigung.«

Uthe schenkte ihm ein Glas bis oben hin voll ein. Gierig trank der beleibte Mann davon.

Seine Miene verzog sich gleich darauf.

»Ich hoffe, ihr seid besser im Bett als dieser Wein. Ich warte in meinem Schlafgemach auf euch.«

Da kannst du aber lange warten, dachte sich Uthe.

Als Tychmon endlich gegangen war, begaben sich die Vier in den Kerker.

»Was sollte das?«, wollte Uthe Scorbit von Jezzica wissen.

»Was denn? Dieser Miese Typ hat eine Abreibung verdient. Am liebsten hätte ich ihm statt des Weines mein Knie in die Weichteile gestoßen!«

Uthe schüttelte mit dem Kopf.

»An unsere Befreiungsaktion denkst du wohl gar nicht?«, stellte sie in den Raum.

Jezzica Tazum schwieg. Sie wusste selbst, dass sie etwas überreagiert hatte. Doch das gehörte zu ihren Charakterschwächen. Sie war eine sehr impulsive Frau.

»Seid vorsichtig. Hier unten gibt es gefährliche Kreaturen«, warnte Uthe die beiden zechonischen Mädchen und die Terranerin. Die unerfreuliche Begegnung mit dem gefangenen Mann am Vortag, war ihr noch in unguter Erinnerung.

*

Eberhard Wieber betrachtete sich im Spiegel und war mit dem Ergebnis durchaus zufrieden.

»Wir müssen nun gehen, Herr. Der Maskenball ist in vollem Gange«, erinnerte Gwendo.

Wieber winkte ab.

»Ja ja, nun sei mal nicht so vorlaut, du kleiner Gnom. Wann wir gehen, bestimme immer noch ich. Findest du, ich sehe gut aus?«

»Prächtig, Herr. Einfach prächtig. Alle Frauen werden hingerissen sein.«

Wieber lächelte zufrieden. In Wahrheit sah er einfach lächerlich aus.

»Ja, das glaube ich auch. Reini und Werner werden vor Neid erblassen.«

Gwendo überreichte Wieber den Affenkopf. Nachdem der alte Mann noch einen Schnaps getrunken hatte, setzte er ihn sich auf.

»Ihr müsst brüllen und grunzen, damit es echt wirkt«, schlug Gwendo vor.

Wieber gab einige seltsame Töne von sich und wankte hin und her.

»Fantastisch! Einfach Furcht einflößend!«

»Dann las uns gehen«, sagte Wieber.

*

Uthe Scorbit, Jezzica Tazum, Anica und Jaquine hatten den Kerker erreicht. Dort befanden sich sechs Männer zur Bewachung. Fünf der Leute saßen an einem Tisch und spielten Karten. Der sechste, der mit einer Lanze bewaffnet war, trat auf sie zu.

»Was wollt ihr hier, Dienerinnen?«, fragte er streng.

Nun ergriff Jezzica wieder die Initiative. Sie geizte dabei nicht mit ihren Reizen und setzte sich auf den Schoß des Kommandanten.

»Alle da oben feiern und ihr müsst schuften. Da dachte sich der Prinz, dass wir euch etwas aufheitern sollen«, erklärte sie und strich mit dem Zeigefinger durch seinen filzigen Bart. Ein kalter Schauer lief ihr beim Anblick der lüsternen Zechonen über den Rücken, doch sie beherrschte sich.

Uthe präsentierte den Wachen ihr Tablett mit den Weinkrügen und Bechern und lächelte freundlich.

»Wir bringen euch köstlichen Wein. Seine Hoheit, der Prinz, wünscht, dass auch ihr euch amüsiert.«

Der Soldat roch gierig an dem Wein.

»Das las ich mir gefallen. He, Leute, es gibt Wein für uns«, rief er seinen Kameraden zu.

Diese waren natürlich hocherfreut. Anica und Jaquine stellten ihre Krüge und Becher ebenfalls ab. Sofort machten sich die Soldaten darüber her.

Als die Drei sich abwandten, rief einer der Soldaten: »He, Mädels, bleibt doch hier und feiert mit uns.«

»Wir sind leider schon bei einer anderen Party eingeladen. Aber wir kommen später wieder und sehen nach euch«, versicherte Uthe treuherzig.

Nun stand auch Jezzica wieder auf und gab dem Soldaten einen Abschiedskuss, der widerlich schmeckte.

»Wir kommen wieder, versprochen, mein heldenhafter Soldat. Dann will ich dein Schwert spüren ...«

Sie lächelte und zwinkerte mit den Augen. Der Soldat grinste breit und winkte mit der einen Hand hinterher, in der anderen Hand sein Weinglas haltend.

Kaum hatte sich Jezzica umgedreht, gefror ihr Lächeln und sie spuckte auf den Boden, um den ekelerregenden und ranzigen Geschmack seiner Lippen von den ihren zu bekommen.

Erleichtert atmeten alle auf, als sie den Kerker verlassen hatten. Nur Anica schien immer noch nicht begriffen zu haben, um was es eigentlich ging. Sie befolgte jedoch gehorsam alle Anweisungen.

»In etwa einer Stunde müssten sie fest schlafen, dann gehen wir nach unten. Bis dahin verteilt soviel Wein wie möglich an die anderen Wachen«, wies Uthe die beiden Zechoninnen an.

»Machen wir, du kannst dich auf uns verlassen.«

»Hoffentlich wirkt der Wein auch«, stellte Jezzica mit besorgter Mine fragend in den Raum.

 

16. Flambierter Goro

Die Stimmung des Festes stieg stetig an. Der Alkohol floss in Strömen. Prosperoh beobachtete interessiert die ausschweifende Stimmung seines Festes.

»Sie sind wie primitive Tiere«, sagte er zu Yasmin.

»Da kann ich nicht widersprechen«, entgegnete diese.

Prosperoh lächelte freundlich.

»Bald wirst du ihre Herrscherin sein und mein Weib.«

Aber nur über meine Leiche, dachte Yasmin. Aber sie lächelte zurück und erwiderte: »Gewiss, verehrter Prinz.«

Die Aufmerksamkeit der beiden wurde auf eine ertönende Fanfare gelenkt. Dann trat Gwendo herein. Er hielt eine Leine, an dessen Ende er einen seltsam wirkenden, schwarzen Affen führte. Eberhard Wieber in Aktion.

»Meine Damen und Herren! Ich bitte um Eure Aufmerksamkeit!«, rief Gwendo.

»Ich präsentiere Euch Goro, die wilde Bestie aus dem Land hinter den Wäldern!«

Eberhard Wieber beschloss seine Rolle besonders gut zu spielen und fing an Grunzen und sich wild auf die Brust zu trommeln. Doch er übertrieb es und bekam einen Hustenanfall.

»Das ist Eberhard, ich erkenne ihm am Husten«, sagte Frau Braunhauer zu ihrem Mann.

Dieser fasste sich an die Brust und hustete demonstrativ.

»Ich glaube, ich bekomme auch einen Husten«, jammerte er.

Wieber rannte inzwischen quer durch den Saal und verfolgte wohlproportionierte Damen, die lachend und kreischend vor ihm davonliefen. Gwendo, der ihn an der Leine hielt, trippelte hinterher und rief mit keifender Stimme:

»Habt acht! Hütet euch vor Eberhard Wieber, dem Monster aus dem Urwald!«

Als Wieber außer Atem war, musste er stehen bleiben.

»Ich kann nicht mehr. Ich muss mal verschnaufen«, jammerte er prustend.

»Natürlich, Herr. Ruht Euch aus. Gleich habt Ihr es hinter Euch«, flüsterte Gwendo scheinbar liebenswürdig, doch in Wahrheit hatte er sich einen teuflischen Plan ausgedacht, um Wieber zu töten. Der alte Mann bemerkte nicht, dass Gwendo ein Seil um seine Taille herumschlug. Das andere Ende befestigte der Zwerg an einem Rad, das zu Dekoration an der Decke hing und mit einem Flaschenzug hoch und heruntergeholt werden konnte.

»Was machst du denn da, Zwerg?«, fragte Wieber ahnungslos.

»Ich bereite die nächste Attraktion für die Gäste vor. Euer Ende«, rief Gwendo böse.

Bevor Wieber begriff, was ihm geschah, hatte Gwendo eine brennende Fackel geholt und zündete das Affenkostüm damit an. Im Nu stand das Fellkostüm in Flammen.

Wieber schrie und tobte, doch bevor er etwas tun konnte, setzte der Zwerg den Flaschenzug in Bewegung. Wieber, der mit dem Seil an dem Rad hing, wurde ihn die Höhe gezogen. Zappelnd und schreiend pendelte er brennend unter der steinernen Decke. Niemand von den Zechonen griff ein.

Im Gegenteil, die adligen Männer und Frauen standen johlend und lachend herum und amüsierten sich über den schrecklichen Tod des alten Mannes. Der Marquês eilte mit Katschmarek und Niesewitz herbei, doch es war zu spät. Durch das Fell des Affenkostüms war Wieber in kürzester Zeit verbrannt. Gwendo reckte triumphierend die Arme in die Höhe.

»Das war meine Rache!«, rief er.

Yasmin stand regungslos am Tisch und hielt sich die Hände vor dem Gesicht. Sie war den Tränen nahe. Doch Prosperoh schien sich zu amüsieren.

Der Marquês schüttelte ungläubig den Kopf. Wie hatte das nur passieren können?

»Ich protestiere, Prinz! Wieber war einer meiner Leute!«, rief er wütend.

Doch Prosperoh gab sich gelassen.

»Seid nicht böse deshalb, verehrter Freund. Ich werde Euch dafür gebührend entschädigen. Es war doch sehr amüsant. Wieber war zweifellos die Attraktion des Abends. Da Gwendo mich gut unterhalten hat, werde ich ihm noch mal vergeben.«

Der Marquês beschloss, aus taktischen Gründen gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Wieber war ohnehin nicht mehr zu helfen.

»Wie Ihr meint, Prinz.«

»Lasst uns etwas trinken. Gwendo, sorge dafür, dass die Reste von diesem Goro entfernt werden! Es fängt an zu stinken.«

In der Tat hatte sich im Raum der Geruch von verkohltem Fleisch breitgemacht.

Ungläubig beobachteten Don Philippe, Katschmarek, Niesewitz und die Braunhauers, wie die verkohlten Überreste Wiebers von der Decke genommen wurden.

»Adieu, Eberhard, alter Saufkumpan«, sagte Katschmarek mit trauriger Stimme.

»Das wird dieser Zwerg noch bereuen«, zischte Niesewitz.

»Diesmal hatte Wieber ein schlimmeres Leiden als Sie«, sagte Marquês zu den Braunhauers.

»Ach, mir ist ja auch so heiß«, stöhnte Ottilie.

 

17. Die Befreiung

Während im Saal das Fest trotz des Todes von Eberhard Wieber fröhlich weiterging, schlichen sich Uthe, Jezzica, Anica und Jaquine wieder hinunter in den Kerker.

»Das Schlafmittel müsste jetzt eigentlich gewirkt haben«, meinte Uthe zu den anderen.

Als sie den Wachraum des Kerkers betraten, sahen sie vier Wächter schnarchend auf ihren Plätzen sitzend. Einer lag auf dem Fußboden. Alle schliefen tief und fest.

Jezzica atmete erleichtert auf.

»Es sind aber nur fünf. Einer fehlt«, stellte Jaquine beunruhigt fest.

»Und der muss den Schlüssel haben. Die hier haben jedenfalls keinen«, sagte Uthe.

»Mist, das ist der Kommandant mit dem ranzigen Lippengeschmack«, stellte Tazum unwirsch fest.

Die Terranerin holte ihren Strahler hervor.

»Ihr bleibt hier und haltet Wache«, flüsterte sie Jaquine und Anica zu.

Uthe Scorbit beschloss, auch ihren leichten Thermostrahler zu nehmen und folgte Jezzica. Sie hastete hinter der Terranerin her, bis sie den Anschluss erreicht hatte. Jezzica gebot ihr mit einer Handbewegung, leise zu sein.

Entschlossen betraten sie dann den Korridor, der zur Zelle der Gefangenen führte.

Dort erblickten die beiden terranischen Frauen den sechsten Wächter. Er lag vor einer offenen Zellentür. Vorsichtig sah Jezzica nach dem Mann. Er war tot. Daran war jedoch nicht das Schlafmittel schuld. Der Soldat war erwürgt worden.

Tazum machte eine ratlose Geste in Richtung Scorbit.

Bevor Uthe weiterdenken konnte, wurde sie von der behaarten Pranke eines Mannes gepackt.

»Frau! Endlich Frau haben«, grunzte der Mann.

Uthe schrie auf. Es war derselbe Unhold, der sie am Tag zuvor schon einmal bedroht hatte.

Die Terranerin kam nicht mehr dazu, ihren Strahler auf den Gefangenen abzufeuern, denn das Monstrum, dessen dichte Behaarung sie an einen Werwolf aus einem Horrorfilm erinnerte, schlug ihr die Waffe aus der Hand. Dann stupste er Uthe zu Boden und warf sich grunzend auf sie.

»Jaquine, Anica! Hilfe!«, schrie Uthe.

Schnell kamen die beiden angerannt.

Anica fing an, zu schreien und hysterisch hin und herzulaufen.

»Was sollen wir tun?«, fragte Jaquine.

Uthe entdeckte, dass der Schlüsselbund, den sie gesucht hatte, im Schloss der Zellentür steckte.

»Nimm den Schlüssel und befreie die Männer! Schnell! Es ist die Zelle am Ende des Korridors«, rief sie verzweifelt.

Der Unhold begann, an Uthes Kleidern zu zerren. Jezzica griff nun auch ein. Sie zielte zuerst auf den Angreifer, doch die Gefahr, Uthe zu treffen war zu groß. So warf sie sich auf ihn und umklammerte mit ihren beiden Armen seinen Hals. Doch der immer noch recht kräftige Gefangene schüttelte sie ab. Jezzica fiel unsanft gegen die Wand. Der Aufprall raubte ihr für einige Momente die Luft.

Jaquine griff sich den Schlüssel. Dann rannte sie zu Ende des Korridors und versuchte, die Zellentür zu öffnen. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie den richtigen Schlüssel gefunden hatte, dann öffnete sie die schwere Tür. Gal'Arn, Jonathan Andrews, Jaktar und Remus Scorbit kamen ihr entgegen. Remus hörte Uthe schreien.

»Wo ist Uthe? Was ist mit ihr?«, fragte er Jaquine.

»Sie wird von einen Monster bedroht! Helft ihr!«, rief die Zechonin.

Schnell rannten die Männer zur Zelle. Gemeinsam gelang ihnen, den rasenden Irren von Uthe herunterzuziehen. Doch der Mann wehrte sich mit der Kraft eines Besessenen. Er schlug Jonathan und Jaktar nieder.

Brüllend schlug der Wahnsinnige um sich. Schaum stand ihm vor dem Mund. Remus entdeckte den leichten Kombistrahler, den Uthe verloren hatte, nahm ihn und paralysierte den Tobenden.

Remus half Uthe auf und umarmte seine Frau.

»Alles in Ordnung, Uthe?«, fragte Remus besorgt.

»Fast hätte er mich vergewaltigt. Er war wie ein wildes Tier. Zum Glück seid ihr rechtzeitig gekommen.«

Uthe rümpfte die Nase und ging auf Distanz zu ihrem Mann.

»Du stinkst, mein Lieber. Du musst mal wieder unter die Dusche.«

»Leider gab es in unserem Etablissement keine solche moderne Einrichtung«, erwiderte Remus beleidigt.

»Wo sind die anderen?«, unterbrach Gal'Arn den drohenden »Ehestreit«.

Uthe berichtete ihm, was vorgefallen war. Remus fühlte sich mit seiner Theorie bestätigt. Die Ereignisse erinnerten ihn an die Romane von Edgar Allan Poe. Der Terraner glaubte nicht mehr an einen Zufall.

»Wie geht denn die Geschichte aus?«, wollte Jaktar wissen.

»Am Ende kommt der Rote Tod und holt sie alle.«

Jaktar war nicht begeistert über diesen Ausgang.

Uthe meldete sich wieder zu Wort.

»Ich weiß auch, wo das gesuchte Sternenobservatorium ist. Prosperoh hat es Yasmin gezeigt und sie hat mir den Weg genau beschrieben. Es befindet sich an der Spitze des größten Turmes der Burg.«

Uthe ging zu einem Korb, den sie mitgebracht hatte, und holte die Thermostrahler hervor, die sie dort versteckt hatte.

»Ausgezeichnete Arbeit, Uthe. Jetzt kommen wir hier heraus«, lobte Gal'Arn.

Jonathan half der benommenen Jezzica hoch und umarmte sie.

»Bevor wir die anderen holen, gehen wir zum Observatorium, um die Daten von Dorgon zu finden, sofern die dort enthalten sind«, stellte er fest.

Gal'Arn nickte mit dem Kopf und deutete an, den Kerker schnell zu verlassen.

*

Im großen Festsaal wurde weiter gefeiert. Der Alkohol floss in Strömen und die adligen Damen konnten sich ihrer wollüstigen Männer kaum noch erwehren. Nervös sah der Marquês auf seine Uhr. Es war kurz nach Mitternacht. War die Befreiung gelungen?

Der alte Spanier wurde in seinen Überlegungen unterbrochen, als Prosperoh sich erhob und den Becher hob.

»Meine Freunde, hiermit gebe ich meine bevorstehende Heirat mit Yasmin Weydner bekannt. Bereits morgen werden wir die Trauung vollziehen.«

Die Zechonen jubelten ihrem Herrscher zu, während Yasmin nervös nach ihrem Strahler tastete, den sie unter ihrer Kleidung versteckt hatte. Notfalls würde sie versuchen, auf eigene Faust zu entkommen.

*

Uthe hatte Gal'Arn und die anderen zum Turm geführt.

»Die Wachen werden hier auch schlafen. Jaquine und Anica haben ihnen von dem Wein gegeben«, erklärte die junge Terranerin.

»Ihr habt klug und human gehandelt«, lobte Gal'Arn die vier Frauen.

Jezzica blickte verstohlen auf den Boden. Hätte Uthe sie nicht zurückgehalten, wäre der Plan vielleicht schiefgegangen. Doch Uthe erwähnte nichts davon, so beschloss Tazum auch zu schweigen.

Die Gruppe ging die Stufen zum Observatorium hinauf. Die Wachen lagen auf der Treppe und schliefen fest. Die Tür zum Innenraum war jedoch verschlossen. Jonathan Andrews gab einen gezielten Schuss auf das Türschloss ab und öffnete dann die Tür.

Als alle hineingegangen waren, begannen Gal'Arn und Jaktar die Instrumente zu studieren. Als sie sich mit der Technik vertraut gemacht hatten, begannen sie mit der Auswertung der Daten.

Plötzlich erschien unvermittelt eine Gestalt in der Mitte des Raumes. Es war eine Frau. Wie aus dem Nichts war sie aufgetaucht. Andrews und Remus zogen ihre Waffen.

»Wartet!«, rief Gal'Arn.

Der Ritter der Tiefe wandte sich an die Frau, die eine Terranerin zu sein schien.

»Wer bist du? Woher kommst du?«, fragte er sie.

»Ich bin ein Konzept der Entität DORGON, antwortete die Frau mit teilnahmsloser Stimme. »Ich habe euch folgende Botschaft zu überbringen: Sucht nicht nach der Galaxis Dorgon. Die Koordinaten waren korrekt, doch das Sternenportal in Shagor manipuliert. Die TERSAL soll sofort in die Milchstraße aufbrechen. Dort werdet ihr DORGON zu Gesicht bekommen. Die Koordinaten der Milchstraße sollten euch bekannt sein. Nutzt das Sternenportal für eure Reise.«

Die Erscheinung löste sich auf. So plötzlich, wie sie gekommen war, verschwand sie wieder.

Gal'Arn wirkte nachdenklich.

»Wir sollen also nicht nach Dorgon fliegen, sondern in eure Heimatgalaxis Milchstraße.«

»Die Idee finde ich gar nicht so schlecht«, meinte Uthe.

»Außerdem sollen wir dort auf diesen DORGON treffen, wer immer das ist«, erinnerte Jaktar.

»Dann werden wir also in die Milchstraße aufbrechen. Ich werde allerdings noch die Daten dieser Galaxie abrufen«, entschied Gal'Arn.

Der Ritter der Tiefe betätigte einige Apparaturen. Gal'Arn lud die Daten auf eine Mikro-Hypertronik, die Bestandteil seines Multifunktionsarmbandes war. Er misstraute inzwischen der Sicherheit des Sternenportals. Vielleicht war ein normaler Flug in die Milchstraße auch möglich, bevor sie wieder in einer komplett anderen Galaxie landen würden. Außerdem würden vermutlich Cau Thon und Goshkan ihnen beim Portal auflauern.

»Jetzt lasst uns aufbrechen. Wir müssen die anderen holen«, sagte er, als er fertig war.

»Niemand werdet ihr holen. Im Gegenteil, man wird euch holen!«, rief eine unfreundliche Stimme.

Uthe erschrak. An der Tür stand, mit einem großen Schwert bewaffnet, Fürst Tychmon.

»Ich hatte euch doch befohlen, in mein Schlafgemach zu kommen. Stattdessen vergnügt ihr euch hier mit anderen Männern«, sagte er grimmig.

»Wir haben alte Freunde getroffen«, erwiderte Uthe sarkastisch.

Drohend kam der Fürst näher. Er starrte Jezzica Tazum an, die sich provokativ vor ihn stellte und die Hände in die Hüften stemmte.

»Ihr kommt jetzt mit mir in mein Schlafzimmer und werdet dort meine Gelüste befriedigen«, verlangte Tychmon.

»Wir denken gar nicht daran!«, rief Jezzica.

»Fürst, gebt auf. Lasst uns in Frieden gehen«, schaltete sich Gal'Arn in das Gespräch ein.

»Schweigt! Ihr seid doch die Fremden? Was habt Ihr hier im Observatorium zu suchen? Ihr seid hier eingedrungen! Dafür hacke ich euch in Stücke!«

Tychmon stürzte überraschend auf Gal'Arn zu. Doch bevor er zuschlagen konnte, traf ihn der Schuss aus Jezzicas Strahler. Der Fürst schrie auf, ließ sein Schwert fallen und taumelte zur Tür.

»Mord! Mord!«, rief er.

Doch niemand konnte ihn hören. Der Festlärm übertönte sein Rufen und die Wachen waren nach wie vor besinnungslos.

Tychmon taumelte zur Treppe, dort stolperte er und stürzte die Stufen hinab. Am Ende der Treppe blieb er regungslos liegen.

Andrews blickte überrascht zu Jezzica.

»Betäubung. Dieser Typ wurde mir einfach überdrüssig«, erklärte sie und steckte den Strahler wieder ein.

»Ich hoffe, ich werde dir nicht einmal überdrüssig«, unkte Andrews und erntete ein gezwungenes Lächeln von Jezzica ein.

Gal'Arn und die anderen verließen das Observatorium und gingen die Treppe hinunter. Der Ritter der Tiefe sah nach dem Gestürzten.

»Er ist tot«, stellte er fest. Er musste sich bei dem Sturz das Genick gebrochen haben.

»Das hat er sich selbst zuzuschreiben!«, sagte Uthe entschlossen. »Er war komplett verrückt. Wie alle in diesem Schloss. Wir müssen jetzt unbedingt Yasmin und die anderen herausholen!«

Gal'Arn nickte zustimmend.

»Dann lasst uns gehen.«

Die Gruppe ging in Richtung des Festsaals.

 

18. Kampf der Zwerge

Ausgelassen tanzten und feierten die Zechonen die bevorstehende Hochzeit ihres Prinzen. Niemand schien auf Gwendo zu achten, der sich zurückgezogen hatte. Gwendo hatte beschlossen, die Burg und Prosperoh zu verlassen. Vorher wollte er sich jedoch noch entschädigen und ging in das Gemach seines ehemaligen Herren.

Er wusste, wo der Prinz seine Wertsachen aufbewahrte – in einer Truhe. Gwendo öffnete sie und nahm sich so viel Gold und Juwelen heraus, wie er tragen konnte. Dann begab er sich in Eberhard Wiebers Gemach, um sich dort ebenfalls nach Wertsachen zu suchen. Gwendo fand, dass er sich eine Entschädigung für all die Demütigungen, die Wieber ihm zugefügte, verdient hatte. Als er sich an Wiebers Gepäck zu schaffen machte, wurde er in seiner Tätigkeit unterbrochen.

»Na, du Zwerg! Willst wohl klauen?«

Erschrocken fuhr Gwendo herum. Hinter ihm standen Katschmarek und Niesewitz.

»Du hast unseren besten Freund und Trinkbruder Eberhard auf dem Gewissen. Dafür wirst du jetzt bezahlen«, drohte Niesewitz.

»Bitte nicht!«, flehte Gwendo.

Er zeigte, was er aus Prosperohs Gemach gestohlen hatte.

»Seht, ich habe Gold. Wenn ihr mich gehen lasst, gebe ich es euch.«

Niesewitz lachte nur.

»Interessant, dieses Angebot nehmen wir gerne an. Nur eine kleine Änderung gibt es. Du gibst es uns und stirbst trotzdem. Pack ihn, Reini!«

Katschmarek griff sich Gwendo und hielt ihn fest, während Niesewitz ihn fesselte und dann zum primitiven Heizofen des Zimmers ging.

»Es ist kalt hier. Der Ofen muss dringend angeheizt werden.«

Gwendo wurde mit einem Schlag klar, auf welch grausame Weise sich die beiden Freunde seines Peinigers an ihm rächen wollten. Er hätte Prosperoh doch von seinem Verdacht unterrichten sollen, nun war es zu spät.

»Nein, bitte nicht! Habt Erbarmen!«, flehte der Zwerg vergeblich.

»Soviel, wie du mit unserem Freund hattest«, entgegnete Niesewitz.

Niesewitz öffnete die Ofentür. Der Ofen brannte und lief auf vollen Touren.

»Rein mit ihm!«, befahl er Katschmarek.

Dieser schob den gefesselten, hilflosen Zwerg in den brennenden Ofen. Gwendo schrie markerschütternd, doch das rührte die beiden Männer nicht. Niesewitz verschloss die Ofentür.

Während Gwendo im Ofen verbrannte, genehmigten sich die beiden Altterraner einen Schnaps.

»Auf Eberhard. Er wäre stolz auf uns«, sinnierte Niesewitz.

»Auf Eberhard! Prost!«, stimmte Katschmarek ihm zu.

Mit einem Zug leerten die beiden ihre Gläser.

 

19. Der Rote Tod

Im Festsaal war die Stimmung auf dem Siedepunkt. Die Gäste wälzten sich auf dem Fußboden und fielen wollüstig übereinander her.

»Ich glaube, meine Liebe, es wird Zeit, sich zurückzuziehen. Wir wollen in mein Schlafgemach gehen, um ebenfalls unsere Gelüste zu befriedigen«, sagte Prosperoh in ernstem Tonfall.

Yasmin glaubte, sich verhört zu haben.

»Aber, verehrter Prinz, doch nicht vor der Trauung!«, versuchte sie Zeit zu gewinnen.

»Bei uns ist es üblich, einen Tag vor der Trauung das Objekt der Begierde erst einmal zu testen. Bei euch scheinen die Sitten wohl anders zu sein.«

Prosperoh lächelte finster.

»Glaubst du, ich habe nicht bemerkt, dass ihr aus einer anderen Welt kommt? Doch ich fand es interessant, einmal andere Wesen zu sehen, als diese stumpfsinnigen Tiere. Doch nun ist der Spaß vorbei.«

Yasmin griff zu ihrem Strahler, doch bevor sie ihn zog, wurde Prosperoh plötzlich bleich.

Sein Blick richtete sich auf eine Gestalt, die an der Tür zum Festsaal erschienen war.

Die Gestalt war von Kopf bis Fuß in eine rote Kutte gekleidet und trug einen langen Umhang. Der Kopf wurde von einem Helm bedeckt, dessen sichelförmiger Schlitz auf der Oberseite die Augen erahnen ließ. Yasmin fand die Gestalt unheimlich. Das Wesen schien regelrecht in einer Art Feuer zu glühen.

»Ich hatte doch verboten, etwas Rotes zu tragen!«, regte sich Prinz Prosperoh auf.

Der Rote ging quer durch den Festsaal.

»He du! Bleib stehen! Wer bist du, dass du es wagst, meine Befehle zu missachten?«, rief Prosperoh wütend.

Doch der Rote achtete nicht auf den Prinzen und ging seelenruhig weiter. Prosperoh stand auf und folgte ihm. Yasmin wollte ebenfalls gehen, als plötzlich jemand eine faltige, kalte Hand auf ihre Schulter legte. Entsetzt schrie sie auf. Doch dann erkannte sie, wem die Hand gehörte.

»Marquês! Wie konnten Sie mich so erschrecken?«

»Tut mir leid, mein schönes Kind. Aber ich halte es für besser, schleunigst zu verschwinden. Ich habe die Braunhauers nach draußen in den Hof geschickt. Dort treffen wir uns mit Niesewitz und Katschmarek, und wenn alles gut gegangen ist, auch mit Uthe und unseren befreiten Freunden.«

»Haben Sie auch diesen unheimlichen Roten gesehen, Marquês?«

Don Philippe nickte.

»Ja, und auch, was er hinterlässt.«

Der Marquês deutete auf einige Leute, an denen der Rote vorbeigegangen war. Sie fingen an aus Nase, Ohren und Mund zu bluten. Ihre Hautfarbe begann sich rot zu verfärben.

»Der Rote Tod!«, schrie Yasmin entsetzt auf.

Der Marquês nahm sie bei der Hand.

»Wir sollten verschwinden, bevor wir ihm begegnen.«

Das ließ sich die Terranerin nicht zweimal sagen. So schnell, wie der betagte Spanier konnte, begaben sie sich nach draußen. Unterwegs begegneten ihnen Gal'Arn und die anderen.

»Mein Plan hat also funktioniert! Ihr seid frei«, freute sich de la Siniestro.

»Wir sind Ihnen Dank schuldig, Marquês«, sagte Gal'Arn.

»Wir sollten jetzt besser verschwinden«, drängte Yasmin.

Sie erklärte Gal'Arn, was im Saal vorgefallen war.

Der Ritter der Tiefe wirkte nachdenklich.

»Sehr seltsam. Du hast Recht, Remus! Der Rote Tod ist wie in diesem Buch aufgetaucht. Doch wir haben andere Sorgen. Wir kehren so schnell wie möglich zur TERSAL zurück. Aber wir benötigen ein Transportmittel.«

Der Marquês lächelte.

»Dafür habe ich gesorgt. Ich habe Katschmarek und Niesewitz angewiesen, Prinz Prosperohs Kutsche zu organisieren.«

Kaum hatte der Marquês ausgesprochen, kam die Kutsche auch schon angerollt. Niesewitz lenkte die Kutsche. Katschmarek saß neben ihm, die Braunhauers im Inneren der Kutsche.

»Jetzt zahlt es sich aus, dass ich früher als Aufklärer auch zu Pferd unterwegs war«, sagte Niesewitz stolz.

Die Kutschentür öffnete sich und Frau Braunhauer, die wieder einmal einen höchst angetrunkenen Eindruck machte, versuchte auszusteigen.

»Mir ist auf einmal so schwindlig. Das muss am Wetter liegen«, sagte sie mit schwerer Stimme.

»Oh nein! Nicht schon wieder«, rief Uthe.

Doch es war schon zu spät. Ottilie stolperte und fiel schreiend hin.

»Ich bin gestürzt! Ich bin gestürzt«, rief sie laut.

»Die schreit doch wieder alles zusammen«, meckerte Remus.

Kurzerhand zog Uthe einen Paralysator und betäubte die quengelnde Frau damit.

»So, jetzt könnt ihr sie in Ruhe einladen«, meinte sie zu ihrem Mann.

Doch während die Männer sich daran machten, die schwerfällige Frau in die Kutsche zu hieven, kamen einige Schlosswachen, die das Geschrei mitbekommen hatten, angerannt.

Jaktar und Gal'Arn feuerten mit ihren Paralysatoren auf sie, während Remus und Jonathan fluchend die alte Braunhauer in die Kutsche luden. Natürlich gab Karl-Adolf Braunhauer wieder seine »kompetenten« Kommandos. Als die Soldaten alle betäubt am Boden lagen, quetschten sich auch Gal'Arn und Jaktar in die Kutsche, die dann über die Zugbrücke, die Katschmarek zuvor heruntergelassen hatte, davonfuhr.

 

20. Die Begegnung mit Difus

Während seine Gefangenen entschwanden, folgte Prosperoh eiligst der Roten Gestalt, die quer durch das ganze Schloss ging. Alle Zechonen, an denen er vorbeiging, begannen zu bluten und sich rot zu verfärben.

»Halt, bleibe stehen! Ich befehle dir, sofort stehen zu bleiben!«, rief Prosperoh wütend.

Endlich hielt der Rote an. Langsam drehte er sich zu Prosperoh um.

»Wer bist du?«, fragte Prosperoh ängstlich.

»Ich bin der, auf den du wartest«, sprach der Rote mit kalter Stimme.

»Erkennst du mich nicht mehr? Als du ein Junge warst, sind wir uns schon einmal begegnet.«

Prosperoh erschrak. Seine Miene verriet blankes Entsetzen.

»Der Rote Tod«, flüsterte er.

»Wenn du mich so nennen willst«, erwiderte der Rote gleichgültig. »Aber ich bringe dir nicht den Tod. Ich bringe dir und deinem Volk eine neue Form von Existenz. Ich werde alle Zechonen in mich aufnehmen. Auf dich, Prosperoh, wartet eine große Aufgabe. In den Jahren deiner Herrschaft hast du dich als würdiger Vertreter des Unheils und des grenzenlosen Grauens bewiesen.«

Prosperoh beruhigte sich wieder.

»Hat ... hat Difus, mein Herr und Meister, dich geschickt?«, fragte er zuversichtlich.

Das Wesen in der roten Rüstung blickte ihn unverwandt an.

»Mein Herr hat viele Namen und viele Gesichter. Aber du hast recht, ich bin ein Abgesandter dessen, den du verehrst. Ich bringe dich zu ihm. Er hat dich wohlwollend beobachtet und ihm hat gefallen, wie du vorgehst. Er hält dich für würdig, größere Aufgaben zu übernehmen.«

»Was für Aufgaben?«

»Der Kampf gegen seine Feinde.«

Prosperoh strahlte. Ein lang ersehnter Traum ging für ihn in Erfüllung. An Yasmin und die anderen dachte er nicht mehr.

»Sage mir Freund, wer bist du?«

»Ich bin Rodrom. Und du bist mein Geschöpf, Prosperoh. Geschaffen nach Vorlage eines fiktiven Abenteuers hast du gehandelt, wie ich geplant habe. Die letzten Tage haben mich ein wenig amüsiert. Doch die Shagoer und Terraner sind wieder dem Tod entronnen. Vorerst.«

Prosperoh schien nicht zu verstehen. Rodrom hob den Arm. Nun fing Prosperoh an zu schreien. Blut lief ihm aus Mund, Nase und Ohren. Dann fiel er leblos zu Boden. Seine Seele löste sich und war bereit seinen Weg zu seinem Meister zu bestreiten.

*

Wohlbehalten erreichte die Kutsche den Landeplatz der TERSAL.

Während Remus und Jonathan unter dem Kommando von Karl-Adolf Braunhauer dessen Frau Ottilie in ihr Bett verfrachteten, damit sie ihren Rausch ausschlafen konnte, begannen Gal'Arn und Jaktar mit den Startvorbereitungen.

Niemand achtete auf Niesewitz und Katschmarek, die unbemerkt ihren Schatz, den sie Gwendo abgenommen hatten, versteckten.

»Fliegen wir jetzt zu diesem DORGON?«, erkundigte sich der Marquês neugierig.

»Nein, wir fliegen in die Milchstraße zu ihrem Heimatplaneten Terra. Dort sollen wir DORGON treffen«, erklärte Gal'Arn.

»Wunderbar, das ist ja noch besser. Ich kann es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen. Ich bin neugierig, was sich dort alles verändert hat«, freute sich Don Philippe.

Und wie ich es zu meinem Vorteil nutzen kann, fügte er in Gedanken hinzu.

»Lasst uns diesen grässlichen Planeten schnell verlassen«, sagte Gal'Arn.

Kurz darauf startete die TERSAL und verließ Zechon.

 

Epilog

Auf Prinz Prosperohs Burg lebte niemand mehr. Alle Zechonen waren verschwunden. Auch auf allen anderen Städten und Siedlungen des Planeten lebte niemand mehr. Der Rote Tod hatte alle Zechonen in sich aufgenommen. Niemand, der diesen Planet noch einmal besuchte, würde je erfahren, was mit seiner Bevölkerung geschehen war.

Rodrom hatte aus der Not eine Tugend gemacht. Die negative Energie der Zechonen war wertvoll. Prosperoh, jene Mischung aus einer Romanfigur und dem eigentlichen Fürsten Zechons hatte Potenzial, um MODRORs Widersacher auszuschalten.

Rodrom erteilte Cau Thon auf der KARAN den Befehl, die TERSAL an dem Flug durch das Sternenportal zu hindern. So einfach sollte es ihnen nicht gemacht werden, in die Milchstraße zu fliegen.

Rodrom genoss die Millionen gepeinigten Seelen der Zechonen und gratulierte sich selbst für seine Interpretation dieses terranischen Werkes. Und wie hieß es dort passend?

„Und unbeschränkt herrschte über alles mit Finsternis und Verwesung der Rote Tod.“

ENDE

 

 

 

Die Flucht der TERSAL scheint ein Ende zu finden. Ihr Ziel ist nun die Milchstraße. Im nächsten Band wechselt der Schauplatz wieder in die terranische Heimatgalaxis.

Nach der Vernichtung der Welt Sverigor durch die MORDRED versucht Camelot verzweifelt, nähere Informationen über die Terrororganisation zu bekommen. Der somerische Diplomat Sruel Allok Mok folgt in Diensten Camelots verschiedenen Hinweisen, die ihn schließlich auf die BASIS führen. Dort trifft er mit dem TLD-Agenten Will Dean zusammen.

Band 18 wurde von Jürgen Freier verfasst und trägt den Titel:

DIE SPUR DER MORDRED

 

 

 

 

 

Kommentar

Dem vorliegenden Roman von Jens Hirseland liegen die alten Nummern 32 und 33 zugrunde.

Als ich vor über einem Jahrzehnt als Leser auf das DORGON-Projekt gestoßen bin, waren diese beiden Romane für mich ein absolutes Highlight der Serie. Die Einbindung der beiden Erzählungen Poes in die Dorgon-Handlung, also das teuflische Spiel Rodroms mit den Urängsten der Menschen, ist geradezu genial.

Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, den Dorgon-Lesern das Original, also Poes Werk, sofern sie es noch nicht kennen, etwas näherzubringen.

Edgar Allen Poe (1809 bis 1849) war ein amerikanischer Schriftsteller, der entscheidend die Genres Kriminalliteratur, Science-Fiction und Horrorliteratur prägte. Zusätzlich legte er durch seine Gedichte das Fundament für den Symbolismus und damit für die moderne Dichtung.

Poe gilt neben dem Marquis de Sade, E. T. A. Hoffmann, Lord Byron, Mary Shelley, Charles Baudelaire und Gustave Flaubert als einer der Hauptvertreter der sogenannten »Schwarzen Romantik«, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie irrationale, melancholische Züge besonders betont und sich von der Gestaltung menschlichen Wahnsinns und vom »Bösen« fasziniert zeigt. Die Werke dieser Künstler und Autoren weisen einen düsteren und resignativen oder sogar makabren, schaurig-dämonischen bis satanischen Charakter auf. Oft bildet dabei die Schilderung abseitig-exzessiver sexueller Verhaltensweisen und fantastischer, grotesker Phänomene das zentrale Thema dieser Unterströmung der Romantik.

Poes Hauptwerke sind:

·         Das Geheimnis von Marie Rogêts Tod

·         Der Doppelmord in der Rue Morgue

·         Der Untergang des Hauses Usher

·         Der Goldkäfer

·         Die Abenteuer Gordon Pyms

·         Die Maske des Roten Todes

·         Hopp-Frosch

·         Wassergrube und Pendel

Dazu kommen noch viele Gedichte, von denen hier nur das surrealistische Poem »Der Rabe« genannt sein soll.

Hier sei mir noch der Hinweis gestattet, dass viele Werke der oben genannten Schriftsteller frei im Internet zum Download zur Verfügung stehen, beispielsweise über das Projekt Gutenberg bei Spiegel Online.

JF

 

 

GLOSSAR

Prosperoh

Prinz Prosperoh ist im Jahre 1290 NGZ ein lokaler Herrscher auf dem Planeten Zechon in der Galaxie Zerachon. Er ist hochgewachsen, hat ein kantiges Gesicht und trägt einen Schnurrbart. Sein wahrer Name lautet Garshrek. Rodrom manipuliert das gesamte zechonische Volk, um die Crew der TERSAL in ein diabolisches Spiel zu verstricken. Dabei wird er ausgerechnet von den Werken Die Maske des Roten Todes und Hopp-Frosch des terranischen Schriftstellers Edgar Allen Poe inspiriert.

Garshrek alias Prosperoh spielt seine Rolle ohne es zu wissen grandios, da er sich an vorherige Ereignisse aus seinem Leben nicht mehr erinnert, als die TERSAL eintrifft. Rodrom zufolge soll Garshrek/Prosperoh jedoch schon zuvor ein sadistischer Herrscher gewesen sein.

Prosperoh nimmt die Crew der TERSAL gefangen und treibt sadistische Spiele auf seinem Schloss. Er will Yasmin Weydner zur Frau nehmen und lässt dafür sogar seine aktuelle Frau Kamelia umbringen. Doch – wie in der Romanvorlage – erscheint der Rote Tod. Die Crew der TERSAL kann fliehen, während alle Zechonen und auch Prosperoh sterben und in Rodrom oder wo auch immer aufgehen.

Zechon

Zechon ist ein Planet in der Galaxie Zerachon. Er ist erdähnlich, verfügt über üppige Vegetation und ist mit 176 Millionen Bewohnern recht dünn besiedelt. Die Menschen dort wissen zwar teilweise von der Existenz von Außerirdischen, da dort ein Observatorium auf Prosperohs Burg existiert, leben aber mittelalterlich.

Zechonen

Zechonen sind ein humanoides, sehr menschenähnliches Volk aus der Galaxie Zerachon. Sie bewohnen den Planeten Zechon und leben auf der Stufe des Mittelalters. Dennoch ist einigen von ihnen die Existenz von Außerirdischen bekannt. Das komplette Volk wird 1290 NGZ von Rodrom geistig manipuliert, um eine Rolle in seiner diabolischen Falle für die Crew der TERSAL zu spielen. Das ohnehin durch Krankheiten, Kriege und Unterdrückung gepeinigte Volk wird, nachdem die TERSAL von Zechon fliehen kann, von Rodrom komplett ausgelöscht und vergeistigt.

Eberhard Wieber

Eberhard Wieber wurde 1921 in Deutschland geboren. Er diente als Sanitäter während des Zweiten Weltkrieges in der Wehrmacht und wurde später Offizier der Bundeswehr. Als die Menschheit ihren Einigungsprozess unter der Dritten Macht begann, ging Wieber in den Ruhestand. Er wurde 1984 in Berlin zusammen mit seinen Freunden Werner Niesewitz und Reinhard Katschmarek von den Casaro entführt und als Forschungsobjekte in eine Raumzeitfalte zwischen der Milchstraße und Andromeda gebracht. Dort lebten er und die anderen fast 3.000 Jahre lang unter Beobachtung in einem Stasisfeld, eher sie 1290 NGZ zusammen mit dem Marquês de la Siniestro zu einem Transporter gebracht wurden, der die RZF verließ, allerdings in der Leere strandete. Dort wurden sie von Terranern gefunden, die ihrerseits in der Galaxie Zerachon versetzt wurden. Wieber musste auf die TERSAL wechseln und tat wenig zum Gemeinschaftswohl bei. Auf Prosperohs Burg quälte er einen zwergenhaften Diener, der sich bitter an Wieber rächte und ihn tötete.

 

Beschreibung: C:\Users\Juergen\Documents\PROCeBook77x48.pngDas DORGON-Projekt – Mordred-Zyklus – ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e. V.

Special-Edition Band 17, veröffentlicht am 10.10.2012 • Autor: Jens Hirseland • Titelillustration: Gaby Hylla & Lothar Bauer • Lektorat: Jürgen Freier und Jürgen Seel • Layout: Jürgen Seel • Internet: www.proc-community.de • E-Mail: info@proc-community.de • Postanschrift: PROC e. V.; z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf • Copyright © 1999-2012 • Alle Rechte vorbehalten