D O R G O N

Fan-Projekt des Perry Rhodan Online Clubs

 

MORDRED-ZYKLUS

Band 15

 

Nils Hirseland

Titelbild von Rüdiger W. Wick

 

 

Ritter der Tiefe

Sie gelten in den Augen der Kosmokraten als Abtrünnige

 

 

 

 

 

Mein Leben neigte sich dem Ende entgegen. Ich war alt und schwach geworden. Der natürliche Lauf der Dinge machte auch nicht vor einem Ritter der Tiefe halt. Auch wenn meine Lebensspanne, die der normal Sterblichen um viele Jahrzehntausende übertroffen hatte. Doch nun war meine Lebensuhr abgelaufen. Die Kosmokraten hatten mir einst das Wunder des Lebens gegeben und nun auch wieder genommen.

Ritter der Tiefe ... eine an sich ehrenvolle Bezeichnung, die jedoch den auszuübenden Aufgaben nicht gerecht wurde. Wir waren keine Ritter, wir waren höchstens Knappen oder, genauer gesagt, die Söldner der Kosmokraten, jener gewaltigen Entitäten, die sich selbst in maßloser Anmaßung zu den höchsten Hütern der kosmischen Ordnung erklärt hatten.

Blanke Häme! Es käme einer Verhöhnung der kosmischen Gesetze gleich, sollten die Kosmokraten wirklich das Höchste im Universum darstellen.

Sie duldeten keinen Widerspruch, ihre Befehle mussten – so grausam sie auch waren – bedingungslos ausgeführt werden. Sie handelten so unmenschlich, ein Leben – oder Milliarden von Leben – waren ihnen nichts wert, denn sie hatten nur die von ihnen bestimmte kosmische Ordnung im Sinn. Für sie war die Bewahrung des Moralischen Kodes wichtiger als das Leben aller Existenzen. Sie verloren dabei jedoch die wirklich wichtigen Dinge aus ihren Augen.

Denn sie fingen an das Leben an sich zu verachten.

Sicherlich war der Moralische Kode, der Kampf gegen die Mächte des Chaos von kosmischer Bedeutung, doch was nützte es, wenn es keine Lebewesen mehr gab, die das Leben in einer friedlichen Welt auskosten können würden?

Die Kosmokraten waren dem Sinne nach nicht direkt böse, sondern überheblich, engstirnig und bürokratisch. Auf jeden Fall verkörperten sie nicht das personifizierte Gute, so wie sie und ihre getreuen Hilfsvölker und Abgesandten es ihren loyalen Dienern über Jahrmillionen indoktriniert hatten.

Als ich ein kleines Kind war, wurde der Begriff Kosmokraten mit Ehrfurcht und Hochachtung in unserer Familie ausgesprochen. Schon in jungen Jahren war ich für meine Bestimmung zum Ritter der Tiefe auserkoren und vorbereitet worden. Eine unbeschwerte Kindheit war mir nicht vergönnt gewesen, statt mit Gleichalterigen die unbeschwerten Erfahrungen des Erwachsenwerdens machen zu können, musste ich mit ausgewählten Zarken und Baolin-Nda ein gnadenloses Vorbereitungstraining für den Orden durchlaufen. Viel zu früh wurde ich in die Lehre von der Ordnung des Universums unterwiesen, mir immer wieder eingetrichtert, dass die Chaotarchen für alles Böse standen und nur die Kosmokraten für Recht und Ordnung im Universum sorgen würden.

Der Ritterorden war Millionen Jahre alt und seine Bedeutung war früher immens groß gewesen. Ein Ritter der Tiefe war eine wichtige Persönlichkeit im Universum. Dort, wo er gegen die Schergen des Chaos agierte, da wurde er von den Befürwortern der Kosmokraten mit Respekt und Ehrfurcht behandelt. Die Ritteraura ließ jene Wesen spüren, dass ein Ritter der Tiefe ein Wesen von kosmischer Bedeutung war.

Nicht umsonst hieß es in einer Prophezeiung, dass nach dem Tod des letzten Ritters, die Sterne erlöschen würden.

Was die Chaotarchen betraf, so war ich mir nicht mehr gewiss über die Richtigkeit des indoktrinierten Feindbildes. Sicher war ich nur, dass sie auf jeden Fall wenig Positives in sich vereinigten und die Grundfesten des Kosmos, wie wir ihn kannten, erschüttern wollten. Die Ordnung entsprach eben nicht ihrer Wesensart, obgleich sie diese auch ohne Bedenken einsetzten, wenn sie ihren Interessen diente.

Da es schlechte Kosmokraten gab, musste ich fast annehmen, dass auch gute Chaotarchen existierten. Meine Erfahrungen hatten allerdings andere Ergebnisse geliefert. Es gab das personifizierte Böse unter den Chaotarchen. Nicht bei jedem, doch es war vorhanden! So wie es auch gute Kosmokraten gab, die jedoch allgemein ihre Meinung nicht durchzusetzen vermochten.

Vielleicht war es auch der ewige Kampf zwischen Ordnung und Chaos, der gewahrt werden muss. Ein ständiges Tauziehen um die Vorherrschaft. Dazwischen stand die Entropie, die eine Balance zwischen den zwei Prinzipien schaffen sollte. Gab es zu wenig Entropie, so gewann die Ordnung Oberhand. Nahm die Entropie zu stark zu, versank alles im Chaos. Deshalb wurde die mir einzig bekannte Vertreterin der Entropie, SI KITU, wohl abfällig von den Hohen Mächten als Hure bezeichnet.

Meine Geschichte begann also vor vielen, vielen Tausend Jahren, als ich ein Junge war, der mit glühendem Eifer und Freude sich dem Bund der Ritter der Tiefe anschloss.

Ausgewählt zu einer Zeit, wo Glanz und Glorie von Khrat längst erloschen waren, war es für mich dennoch ein Segen, von weisen Rittern und Streitern der Ordnung ausgebildet zu werden. Ich erinnerte mich genau an die Weihe im Dom Kesdschan auf Khrat. Auch wenn so viele Jahrtausende vergangen waren.

Für jene Unwissende oder sofern es längst in Vergessenheit geraten war und der Dom Kesdschan nichts weiter als ein flüchtiger Hauch der Vergangenheit war: Der Dom war das Zentrum des Ordens der Ritter der Tiefe. Im Herzen der Galaxis Norgan-Tur auf dem Planeten Khrat existierte der Sitz jener universellen Diener der Kosmokraten.

Wir Ritter hatten vor mehr als zwei Millionen Jahren das Erbe der Porleyter angetreten. Unser Wächterorden hatte über zwei Millionen Jahre im wahrsten Sinne des Wortes für Ordnung gesorgt.

Vermutlich wird niemals jemand von euch diesen heiligen Ort betreten können.

Und dennoch: Die Erinnerungen an den Planeten Khrat waren etwas Besonderes. Das milde, angenehme Klima, die frische und klare Luft, die weiten, sanften und einfach nur wundervollen Parkanlagen machten diese Welt zu einem speziellen Ort.

Naghdal war die wichtigste Stadt auf Khrat. Die hufeneisenförmige Metropole war nach dem im Süden liegenden Dom Kesdschan ausgerichtet.

Der Dom selbst war erfüllt von der uralten Tradition und dem Geist des Ordens. Das Gebäude in Form eines halbierten Rieseneies bestand aus einem unbekannten Werkstoff, in dem die ÜBSEF-Konstante des Geistes aller verstorbenen Ritter eingelagert worden war, und hatte einen Durchmesser von 71 Metern und eine Höhe von 156 Metern.

Es gab Gerüchte, die Hülle wäre mit kleinen Mengen von Carit versetzt worden, jener Legierung aus dem Ultimaten Stoff. Durch den einzigen Eingang erreichte man den eher schlichten Innenraum des Domes. Während für die Besucher einfache Holzbänke bereitstanden, fanden die Feierlichkeiten auf einer Empore statt. Im Außenbereich befand sich eine Anzahl von Nebenräumen für die Domwarte.

Unterhalb des Doms befindet sich eine riesige subplanetare Anlage der Porleyter. Die Domwarte und vor allem die Zeremonienmeister waren die Bewahrer, Wächter und Leiter des Doms.

Ja, damals vor vielen Jahrtausenden, da war die Ritterweihe eine Ehre gewesen. Erfüllt und beseelt von dem Gedanken, das einzig Richtige zu tun, kämpften wir gegen die Chaosmächte. Doch je mehr Freunde und Gefährten eines unnatürlichen Todes starben, desto tiefer wurde der Zweifel an der Integrität der Kosmokraten. Waren wir Ritter nur Schlachtvieh in einem kosmischen Kampf? Kümmerten sich die Kosmokraten überhaupt um unser Befinden? Was waren wir ihnen wert?

Dazu gab es immer wieder – und ich war mir sicher, es war noch heute so – Aufträge, die an unsere Grenzen der moralischen Rechtfertigung gestoßen waren. Denn die Soldaten der Chaosmächte waren oft ähnlich bemitleidenswerte Kreaturen, die eben der Doktrin einer ihnen weit überlegenden Macht folgen mussten.

Doch auch sie liebten oftmals das Leben, empfanden Schmerz, Liebe, Freude und Trauer gleichermaßen, hatten Liebende zuhause, Kinder und Familie.

Mit welcher Rechtfertigung hatten wir im Namen der Kosmokraten ganze Zivilisationen vernichten müssen, ohne uns um Alternativen zu bemühen?

Betrachteten wir einen Konflikt auf der niedersten Ebene, so war er es wert ausgefochten zu werden. Oftmals war es um Sklaverei, Tyrannei und Unterwerfung gegangen. Unzählige Male hatten wir auch Gutes vollbracht, doch je umfassender der Blick auf das Ganze wurde, umso mehr stellten einige von uns die Kosmokraten infrage.

Wozu all das?

Warum der Kampf zwischen Chaos und Ordnung, den stellvertretend unzählige Spezies stellvertretend für die Hohen Mächte austragen mussten? War es nur, damit sie etwas zu tun hatten und einen Sinn in ihren kurzen Existenzen sahen?

Natürlich gab es im Universum das Böse und es ruhte selten. Dieses zu bekämpfen, die Schwachen und Armen zu beschützen, das empfand ich als Ehre. Doch ein Krieg für übergeordnete Wesen zu führen, denen das Leben an sich eigentlich zuwider war, nein, das war nicht mein Traum von der Berufung zum Ritter der Tiefe. Je älter ich wurde, desto abstruser empfand ich die Kriege. Es gab kaum noch Ritter, die Verluste waren enorm und der Orden verlor auch offenbar an Gunst bei den Kosmokraten. Wir waren über Jahrmillionen geopfert worden.

Gut, ich selbst war nur einige Tausend Jahre ein Diener der Kosmokraten gewesen, doch es hatte ausgereicht. Mein Leben wurde auf magische 55.000 Jahre künstlich verlängert. Doch nun hatten sie mich gefunden und meinen Zellaktivator deaktiviert. Gnädigerweise hatten sie mir eine Frist gegeben, um nicht sofort dem raschen Zellzerfall zu erliegen. Der Abgesandte des Kosmokraten hatte mir klar gemacht, dass mein Lebenswerk den Kosmokraten ein Dorn im Auge sei, doch mit meinem Tode würden die Mächte der Ordnung erst einmal zufrieden sein und die Galaxie Shagor in Ruhe und Frieden lassen. Ich opferte mich für meine Brüder und Schwestern in dieser schönen Galaxie.

Der Status als Ritters der Tiefe war inzwischen etwas, was mich mit Scham und Trauer erfüllte. Ein Ritter der Tiefe sollte Leben beschützen und nicht vernichten, selbst wenn angeblich der Zweck die Mittel heiligte. Deshalb war ich meinen eigenen Weg gegangen und fand in der Galaxis Shagor eine neue Aufgabe. Eine interessante Galaxie, die jedoch viel Unterstützung gebraucht hatte.

Vor fast 50.000 Jahren war ich auf dem Planeten Elaran gelandet, auf dem Wesen lebten, die so aussahen wie ich. Auch sie waren Menschen, die dem geheimnisumwitterten Genpool der Hominini zu entstammen schienen. In fast allen Galaxien, die ich oder meine Brüder während unserer Missionen für den Ritterorden besucht hatten, waren wir auf menschenähnliche Wesen gestoßen, die, das hatten unsere Forschungen bewiesen, genetisch kompatibel waren, innerhalb des Ritterordens stellten sie sogar die Mehrheit. Alle anderen Wesen, egal ob es sich um Insektoiden, Feliden, Ornithoiden, Reptiloiden oder völlig anders gebaute Lebewesen handelte, waren zwar ebenfalls in vielen Galaxien anzutreffen, aber, und das unterschied sie grundlegend von den Hominini, sie waren genetisch absolut inkompatibel. Der Ritterorden hatte kurz vor seinem endgültigen Niedergang begonnen, Informationen über dieses Rätsel zu sammeln. Doch blieben die Forschungen ohne Ergebnis, da die letzten seiner Brüder in aussichtslosen Missionen verheizt wurden.

Ich hatte mich dann nach Shagor zurückgezogen und damit faktisch den Dienst der Kosmokraten aufgekündigt. In meiner neuen Heimat existierten neben den Elaren noch viele andere Völker und Lebewesen. Ich hatte mich in den Tiefschlaf begeben, bis der junge Elare Alar Ben-Kan Duril mich für einige Hundert Jahren aufgeweckt hatte. Genauer gesagt hatte er meinen getreuen Roboter Vergana reaktiviert, der mich aus dem Tiefschlaf geweckt hatte.

Die Galaxis Shagor wurde damals von dem Volk der Utonak bereits seit 4.000 Jahren unterjocht. Der junge Elare hatte mich um Hilfe gebeten. Da ich immer noch ein Ritter der Tiefe war, obwohl ich mich von den Kosmokraten losgesagt hatte, musste ich helfen. In meinem Herzen war ich nach wie vor den Idealen des Ritterordens verpflichtet, denn meinen Status konnte mir keine Entität entziehen. Ich fühlte mich immer noch, selbst vor dem nahenden Tode, berufen, allen Wesen zu helfen, so gut ich es eben konnte. Ich schaffte es, den Elanen und den anderen unterdrückten Völkern Shagors zu helfen und die Utonak zu vertreiben.

Die Galaxis Shagor lag mir am Herzen. Warum durften nur Kosmokraten Ritter der Tiefe ernennen? Welches Recht hatten sie dazu? Keines!

So hatte ich mich entschlossen, selbst einen Ritterorden zu gründen und ließ auf Elaran ein Gebäude errichten, welches dem Dom Kesdschan nachempfunden war. Mein erster Schüler war natürlich Alar Ben-Kan Duril gewesen. Er war weise und hatte das Nötige im Herz, um ein Verfechter des Guten zu werden. Sicherlich würden die Geschichtsschreiber streiten, ob ich ein Dieb war oder mir nur etwas holte, was mir zustand, als ich etwas vom Ultimaten Stoff mitgenommen hatte, nachdem ich mich von den Kosmokraten verabschiedet hatte.

Niemand hatte einst etwas bemerkt, als ich auf der Station gewesen war, wo nur wenige Milligramm des geheimnisvollen Stoffes gelagert waren. Der wachhabende Kommandant hatte mir vertraut. Es tat mir noch heute leid, dass ich ihn enttäuschen musste. Nachdem ich eine kleine Menge des Stoffes entwendet hatte, war ich mit meinem Raumschiff weit, weit weggeflogen. Ich war zwei Jahre lang gereist, bis ich Shagor erreicht hatte. Ich hatte illusorisch gehofft, so meine Spuren verwischt zu haben. Die darauffolgenden 50.000 Jahre Tiefschlaf würden, so hoffte ich wenigstens, wahrscheinlich ein Übriges getan haben.

Ich hatte den Stoff im neuen Dom aufbewahren und Schwerter aus Metall anfertigen lassen. Die Außenlegierung bestand aus kleinsten Teilen des Ultimativen Stoffes. Diese Schwerter, stärker und effektiver als jede Energiewaffe, sollten zum Symbol der neuen Ritter der Tiefe werden. Schließlich brauchten Ritter ihre Schwerter ...

Duril hatte schnell alles erlernt und wurde, allerdings ohne psionischen Schlag, von mir selbst zum Ritter der Tiefe ernannt.

Mein Ziel war es gewesen, in der Galaxis Shagor eine Truppe von Rechtshütern aufzubauen und so meinen Anteil dazu beizutragen, den Namen der Ritter der Tiefe wieder reinzuwaschen. Doch intergalaktisch konnten dies nur die Kosmokraten machen, die sich jedoch an vielen Verbrechen im Namen der Gerechtigkeit schuldig gemacht hatten.

Jetzt war Ben-Kan Duril der Meister, meine Zeit war abgelaufen. An ihm lag es, das zu vollenden, was ich begonnen hatte. Nur der oberste Meister durfte von der wahren Geschichte der Ritter der Tiefe erfahren, nie ein anderer Ritter aus Shagor.

Ich betete, dass die Kosmokraten ihr Wort halten würden und mit meinem Tod die Galaxis Shagor in Ruhe lassen. Ich betete, dass diese Galaxie in Frieden leben würde und stets von den Rittern der Tiefe behütet sein würde.

Der Schleier der Nacht legte sich um meine Augen. Die ewige Ruhe wartete auf mich. Ob mein Geist nun zum Dom Kesdschan zurückkehren würde? Ich blicke auf ein erfülltes Leben zurück und konnte nun beruhigt sterben, denn ich wusste, zuletzt hatte ich etwas Reines und Gutes vollbracht.

Jedar Balar am Tag seines Todes, 39.800 v. Chr. in der Galaxis Shagor

 

»SI KITU ist eine Art Joker für beide Spieler. Gleichzeitig ist sie auch die Spielverderberin, denn sie sorgt ja dafür, dass nie jemand den Jackpot bekommt, wenn ich es so terranisch ausdrücken darf.«

Sato Ambush dachte über die Worte von Alysker nach. Die fünf Jahre – nach terranischen Maßstäben – bei dem geheimnisvollen Alysker, dessen wahren Namen Ambush noch immer nicht kannte, waren interessant gewesen. Sie hatten sich in Abenteuer gestürzt, um selbst kleinen Kindern aus der Bredouille zu helfen. Doch sie hatten niemals den Blick auf die kosmischen Machtkämpfe verloren.

Ambush hatte in den letzten fünf Jahren viele wundervolle Orte im Universum kennengelernt, viel gelernt, meditiert und mit Alysker philosophiert.

Sie waren Freunde geworden. Dabei umgab Alysker immer noch ein großes Mysterium. Woher kam er? Wie hieß er wirklich? Was waren seine wirklichen Absichten? Was hatte es mit diesen Entitäten DORGON und MODROR auf sich. Immer wenn Sato ihm solche Fragen stellte, wurde Alysker müde und schlief ein. Irgendwann hatte Sato aufgehört, mehr über diese Themen in Erfahrung bringen zu wollen.

Sato fragte sich oft, wann er endlich wieder nach Terra zurückkehren konnte. Wann durfte er wieder mit Perry Rhodan in Kontakt treten? Vielleicht benötigten Perry, Bully und Atlan seine Hilfe.

Schließlich kämpften sie in einem verworrenen kosmischen Schachspiel gegen Kosmokratendiener, machthungrige Superintelligenzen und deren Vasallen. Und abseits dieser offen geführten Auseinandersetzungen agierte der Sohn des Chaos Cau Thon, dessen Auftraggeber Rodrom und deren Meister MODROR aus dem Dunkel, um die Milchstraße und ihre Verbündeten zu schwächen. Wieso wusste Ambush nicht. Ihm fehlte wahrlich der Überblick in diesem kosmischen Krieg. Alysker wollte ihm auch nicht weiterhelfen. Immerhin hatten sie vor einigen Monaten geholfen, die LONDON II zu retten und Joak Cascal und Sandal Tolk aus ihrem Gefängnis in der Raumzeitfalte der Casaro befreit.

Sie waren jedoch nicht die einzigen Überlebenden aus der Raumzeitfalte der Casaro. Kurz vor deren Vernichtung war ein Transporter mit fünf Lebensformen in das Normaluniversum geflogen. Er trieb nun irgendwo im Leerraum zwischen Andromeda und der Milchstraße. Offenbar sollte er zu einer anderen Raumzeitfalte gebracht werden, doch anscheinend war die Besatzung der Casaro aus ungeklärten Gründen gestorben oder hatte das Raumschiff verlassen.

Ambush und der Alysker waren der Auffassung, diese Wesen aus ihrer Stase zu befreien. Immerhin waren es vier Terraner, wenngleich sie auch offenbar aus Zeiten stammten, die vor der Dritten Macht lagen. Das fünfte Wesen jedoch war ein Zweitkonditionierter, eine sogenannte Bestie, die mit den Halutern verwandt war und einst künstlich erschaffen worden waren, um als Zeitpolizisten gegen jedwede Erforschung von alternativen Zeitsträngen vorzugehen. Die Zweitkonditionierten waren während des Krieges gegen das Solare Imperium wegen angeblicher Zeitverbrechen vor knapp 2.500 Jahren vollständig ausgelöscht worden.

Ambush war sich nicht sicher, ob es klug war, ein solches Geschöpf zu erwecken. Sie beschränkten sich darauf, vorerst den Transporter zu observieren.

Sato hatte sich an das Leben auf der DONGJI gewöhnt. Es war ein interessantes Raumschiff, dessen Technologie er bis heute nicht verstand. Das Schiff musste uralt sein. Die DONGJI war ein Raumschiff, welches seine äußere Form, aber auch das innere Design immer wieder veränderte und anpasste. Es hatte den Anschein, als ob es lebendig wäre und doch war es aus starren Verbundwerkstoffen gefertigt. Alysker machte auch keine Anstalten, Sato die Technologie näher zu erklären.

An jenem Tage geschah nun etwas, was bisher noch nie passierte. Die DONGJI wurde angefunkt. Alysker starrte mit seinen großen, violettfarbenen Augen ungläubig auf das Display, welches ihn mit einer Textnachricht über den Eingang eines Hyperfunkspruches informierte. Er kratzte sich am wirren Haarschopf und zuckte mit dem Mund. Mal ein irres Lächeln, dann ein trauriger Blick.

»Wollen wir nicht rangehen?«, wollte Ambush wissen.

»Ran gehen? Woran? Ach ja, sicher. Wohlan!«

Zögerlich und dann doch am Ende ruckartig drückte er auf dem altertümlichen Touchpad, das er gegenüber der Akkustichsteuerung bevorzugte, das für die Annahme des Hyperfunkspruches zuständige Matrixfeld. Ein Projektor in der Konsole drehte sich nach oben und erzeugte das Hologramm einer wunderschönen Frau. Sato Ambush verschlug es die Sprache. Soviel Anmut und Schönheit hatte er selten gesehen. Die Frau mit der weißen, blassen Haut besaß wie Alysker große, violettfarbene Augen. Ihr Gesicht war eben geschnitten, mit sinnlichen Lippen und einer Güte in den Augen, die Ambush sofort in den Bann zog. Auch sie hatte spitze Ohren. Ambush folgerte daraus, dass diese Frau vom selben Volk wie Alysker stammen musste.

»Elyn! Das ist …«, stammelte Alysker.

Sie schenkte ihm ein Lächeln und spielte kurz an ihren langen, schwarzen Haaren. Bevor sie ein Wort sagte, fiel ihr Blick auf Sato Ambush. Es war kein abwertender Blick. Nicht so, als würde sie in ihm einen Störenfried sehen.

»Es ist lange her, mein lieber …«

»Psst!«, unterbrach sie der Alysker. »Ich bin der Alysker!«, fügte er gackernd hinzu und warf einen Blick auf Sato Ambush.

Elyn verzog das Gesicht verwundert und schüttelte den Kopf. Dann nickte sie langsam und sagte mit einem zauberhaften Lächeln:

»Verstehe, dann bin ich Alyske und dein Freund vermutlich Terraner?«

Sato räusperte sich.

»Mein Name lautet Sato Ambush. Ich bin erfreut, deine Bekanntschaft zu machen, schöne Alyske Elyn!«

»Es freut mich ebenso. Du bist der erste Vertreter der Terraner, den ich kennenlerne. Jedoch habe ich in letzter Zeit viel von euch gehört«, erwiderte die Alyske.

Ambush wurde neugierig. Doch der Alysker unterbrach das Gespräch rüde. Offenbar wollte er nicht, dass Elyn zu viele Informationen preisgab. Allerdings war diese junge Frau – Sato schätzte sie nach terranischen Maßstäben vielleicht auf Mitte dreißig – nicht von dem heute sehr herrisch aufgelegten Artgenossen zu beeindrucken.

»Wenn du nicht willst, dass ich dem freundlichen Sato Ambush deinen Namen verrate, solltest du etwas höflicher sein. Ich bin mit der RIVEDELL in diese Region aufgebrochen, weil ich dunkle Wolken über diesen Teil des Universums erkenne. DORGONs Projekt schreitet voran und bald werden die Galaktiker und viele andere Völker damit konfrontiert. Rodrom und Cau Thon hingegen, stellen ihre Weichen auch in anderen Teilen des Universums, um den Kampf gegen DORGON aufzunehmen. Und wir Zwei, mein Freund, sind die Einzigen aus unserem Volke, die sich um die Folgen für die betroffenen Wesen in vielen Galaxien scheren.«

Der Alysker schwieg. Ihm war es wahrscheinlich unangenehm, dass Elyn so viel Informationen preisgab. Sato konnte sich jedoch noch keinen Reim darauf machen. Von welchem Projekt DORGONs sprach die Alyske? Welche Auswirkungen würde es auf die Galaktiker haben?

Nun schwiegen sich die Drei an. Es war eine unangenehme, peinliche Stille, die nur durch das nervöse Tippen von Alyskers Fingern auf der Konsole unterbrochen wurde.

»Der Alte wird bestimmt nicht glücklich sein, dass du seine Anweisungen missachtest und dich einmischst«, meinte der Alysker schließlich.

»Das muss ich riskieren«, antwortete Elyn gelassen.

Wieder sprachen die beiden in Rätseln.

»Die ferne Galaxie Shagor besitzt ein Sternenportal. Cau Thon befindet sich dort. Auf dem Planeten Elaran existiert ein Orden der Ritter der Tiefe. Sie haben zwar keinen offiziell anerkannten Status, sind jedoch ehrenwerte Geschöpfe«, erklärte Elyn.

Der Alysker zuckte mit den Schultern und machte einen gelangweilten Eindruck.

»Mitglieder dieses Ordens waren vor knapp 30 Jahren in der Milchstraße. Zu der Zeit, als der neue Sohn des Chaos, Cauthon Despair das Licht der Welt erblickte.«

»Nun wird die Geschichte doch interessant«, meinte der Alysker und erhob sich von seinem Sitzplatz. Er wanderte grübelnd, diskutierend und wild gestikulierend durch die Kommandozentrale, wenn sie diesen Ort zu bezeichnen wollten.

»Es gibt demnach eine Verbindung zwischen alldem und den Möchtegern Rittern der Tiefe in Shagor. Und wenn Cau Thon dort ist, ist das kein gutes Zeichen. Was schlägst du vor, Kleines?«

»Kleines? Spiel dich in Gegenwart von Sato Ambush nicht so auf. Du imponierst ihm mit solchen Phrasen bestimmt nicht. Ich fliege nach Shagor und werde die Situation beobachten. Leider müssen wir wohl alle im Hintergrund agieren …«

Elyn schien diese Tatsache aufrichtig zu bedauern. Doch offenbar waren sie alle an gewisse Regeln der Entitäten gebunden. Sie mussten sich dieser Geheimniskrämerei leider beugen und konnten nicht zugunsten ihrer Favoriten eingreifen. Hierbei ging es bei dem Alysker, Sato Ambush und wohl auch bei Elyn vor allem darum, dass sie nicht von den Feinden entdeckt wurden. Cau Thon und Rodrom durften nicht wissen, dass sie observiert wurden. Denn damit wäre ein wichtiger Vorteil dahin. Allerdings bezweifelte Ambush, dass dieses Versteckspiel ewig andauern konnte. Irgendwann mussten sie öffentlich in Erscheinung treten.

Elyn überspielte ein paar Daten über die Galaxis Shagor an die Beiden.

Die Galaxis Shagor war demnach 325 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Die Spiralgalaxie besaß eine Länge von etwa 51.000 Lichtjahren und eine Breite von knapp 20.000 Lichtjahren. Damit war sie fast halb so groß wie die Milchstraße.

Im Zentrum befand sich ein schwarzes Loch, welches für die Shagoer von historischer Bedeutung war.

Damals waren die Scharen eines tyrannischen Volkes namens Utonak wohl vor vielen Jahrtausenden dank dem abtrünnigen Ritter der Tiefe Jedar Balar an diesem Schwarzen Loch geschlagen worden.

Die Völker Shagors lebten heute friedlich in einer Republik zusammen, über die der Orden der Ritter der Tiefe als eine Art galaktische Polizei wachte. Allerdings hielten sich die Ritter der Tiefe aus der Politik und dem Militär heraus. Sie waren keine Soldaten und unabhängig von jeglicher Regierung. Die Ritter der Tiefe schienen nur ihrer eigenen hohen Moral verpflichtet zu sein. Der Planet Elaran war das Zentrum der Galaxis. Hier befand sich der Sitz der Republik Shagor und in einem Tal eines tiefen, ursprünglichen Waldgebietes der Dom der Ritter.

Sato Ambush wurden Bilder des grünen Planeten Elaran gezeigt. Für die wichtigste Welt in der Galaxis Shagor war Elaran relativ dünn besiedelt und zeigte viel Natur. Die größte Stadt befand sich nicht auf dem Planeten, sondern in dessen Atmosphäre. Mehrere Flugscheiben von einem Kilometer Durchmesser waren in wenigen Kilometern Höhe zu der Hauptstadt Shagoran verbunden. Siedlungen auf dem Planeten selbst waren zumeist nur naturbewussten Elaren vorbehalten.

Die Elaren ähnelten stark den Terranern. Das zweitwichtigste Volk in der Galaxie waren die ebenso menschenähnlichen Pontanaren mit ihrem kegelförmigen, haarlosen Köpfen. Die Ghannakken dagegen ähnelten aufrecht gehenden Pferden, Zebras oder Eseln. Ein weiteres sehr bedeutendes Volk waren die Katronen. Sie ähnelten auf dem ersten Blick einem Unither. Doch der Rüssel eines Katronen war weitaus länger, er war größer, kräftiger und besaß lange, spitze Stoßzähne. Was auch immer sich die Natur bei den Katronen gedacht hatte, sie wirkten fremdartig und bedrohlich. Die Beine waren zwar stark, aber keinesfalls klobig, wie man es bei einem – zumindest dem Oberteil nach – elefantenähnlichen Wesen erwarten würde. Statt Füße besaß dieses Wesen Hufe.

Sato beneidete Elyn darum, dass sie nach Shagor flog. Er wäre gerne mitgekommen. Doch Elyn hatte gute Gründe, wieso sie Alysker und Ambush riet, in der Lokalen Gruppe zu bleiben.

»Rodroms WORDON befindet sich in dieser Galaxiengruppe. Er plant sicherlich etwas. Seid wachsam.«

Sie blickte zu Sato Ambush und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln.

»Es war mir eine Freude, dich kennenzulernen, Sato, der Terraner! Unsere Wege werden sich eines Tages erneut kreuzen. Bis dahin, Gute Reise!«

Das Hologramm der Alyske erlosch. Sato Ambush blickte eine Weile fragend zum Alysker herüber, doch der ignorierte das gekonnt. Sato beschloss, ihm nicht die vielen Fragen zu stellen, die ihm nun auf der Seele brannten. Er lehnte sich zurück und dachte an die Galaxis Shagor und war fasziniert von dem Gedanken, dass ein Ritter der Tiefe sich von den Kosmokraten losgesagt und einen eigenen Ritterorden gegründet hatte …

 

Rodrom hob ihn empor. Der Schweiß rann dem jungen Zechonen von der Stirn. Rodrom sog die Angst des Getiers in sich auf, genoss jede Millisekunde der tosenden, inneren Furcht dieser Kreatur. Telekinetisch drehte er den Zechonen um dessen eigene Achse.

Rodrom war kein Telepath. Im Laufe der Jahrmillionen hatte er dennoch empathische und suggestive Fähigkeiten entwickelt. So war es ihm vergönnt, zumindest den Gefühlszustand des Primitivlings mitzuerleben. Was sich dieser Bauerntölpel wohl dachte, dessen größte Wissenschaft es war, eine Sonnenuhr zu lesen oder den Pflug richtig hinter das Nutztier zu spannen?

Dieses primitive unwichtige Leben ödete Rodrom nun an. Mittels seiner Geisteskraft erhitzte er seinen Körper und entzündete sich selbst. Er ballte die lodernden Flammen und schob sie zu dem Zechonen, der kreischend in Flammen aufging, wild mit seinen Gliedmaßen fuchtelte, ehe nur noch ein verkohltes, übel riechendes Stück Fleisch von ihm übrig war.

Rodrom ließ die Überreste fallen.

»Wo waren wir stehen geblieben?«

»Wie sollen wir mit dem verwaisten Transporter der Casaro verfahren? Diese antiken Terraner scheinen wichtig für Euch«, erwiderte Zukkth, der Kommandant der WORDON.

Als Oberbefehlshaber von Rodroms Raumschiff durfte sich Zukkth diese Impertinenz ausnahmsweise herausnehmen, denn der Zievohne maßte sich an, eine Mutmaßung über Rodroms Absichten anzustellen.

Allerdings lag der Bewohner aus der Galaxie Barym richtig. Auf eine perfide Weise faszinierten die Terraner Rodrom. Er hatte sogar einiges ihrer Literatur gelesen und sich anhand von Trividaufzeichnungen informiert. Die Terraner als Volk waren voller Widersprüche. Weitverbreiteter Idiotie und selbstlosem Gutmenschentum standen geradezu bestialische Brutalität und ein ausgeprägter Egoismus entgegen, wobei gerade die beiden letztgenannten Eigenschaften dem Roten imponierten.

Jüngst hatten ihm die Werke eines depressiven Autoren mit dem Namen Edgar Allen Poe ein kurzweiliges Vergnügen bereitet. Die Ängste der Menschen waren darin so herrlich beschrieben. Besonders angetan war er von der Kurzgeschichte »The pit and the pendulum«, wo eine wirklich fantasievolle Hinrichtungsart in allen Einzelheiten beschrieben wurde. Voller Vorfreude gedachte er, diese Anregung bei Gelegenheit selbst aufzugreifen.

Doch noch interessanter war für ihn das Trividmaterial gewesen. Neben dem offiziellen Angebot, das geradezu belanglos und verblödend war, existierte eine inoffizielle Szene, die vieles über die wahre Natur der Terraner aussagte. Es gab da keine Perversion, keine Grausamkeit, deren Holodarstellung nicht für einige Galax über dunkle Kanäle zu erwerben war. Und für viele, viele Galax mehr war es auch möglich, diese Fantasien in Wirklichkeit auszuleben.

Brüder und Schwestern im Geiste, dachte er kurz. Allerdings verwarf er diesen Gedanken wieder. Er war Rodrom. Den Geist der Terraner mit dem seinen zu vergleichen, war eine demütigende Beleidigung an seinen eigenen Intellekt.

Die Terraner – wie alle stinkenden fleischlichen Lebensformen – standen weit, weit unter Rodrom.

*

»Nun Zukkth, wir bringen ein terranisches Raumschiff vom Kurs ab und führen es zum Transporter. Sie kehren …«

Rodrom unterbrach seinen Befehl und betrachtete das rauchende Grillfleisch auf dem Metallboden. Sein genialer Geist arbeitete plötzlich auf Hochtouren. Er hatte Pläne mit der Welt Zechon. Ebenso genossen jene antiken Terraner – wie es Zukthh ausdrückte – erhöhte Aufmerksamkeit. Seinem unvergleichlichen Genie entsprang ein Plan. Er bedachte dabei alle Variablen, alle Möglichkeiten und alle jene, die anschickten, sich einzumischen. Als ob er diese beiden infantilen Narren und die Missgeburt des Eorthor nicht längst bemerkt hätte. Das Balg reiste nun offensichtlich nach Shagor. Aber sie würde sich nicht einmischen. Oder vielleicht doch?

Sollten sie nur! Rodrom würde es genießen und sich über sie amüsieren, sollten sie einen heimlichen Sieg feiern.

Rodrom weihte Zukthh nicht komplett in die Details seines Planes ein. Er bekam nur soviel Informationen, wie er benötigte, um Rodroms nächsten Schritt vorzubereiten.

Die Weichen waren gestellt. In der Lokalen Gruppe, in der Galaxie Shagor und in der Galaxie Zerachon. Die Bauern brachten sich in Position. Hätte Rodrom auf derlei Dekadenz wert gelegt, hätte er sich nun zurücklehnen können, doch solch physischen Luxus widerte ihn nur an.

Dennoch war er gespannt auf den ersten Teil des Plans. Cau Thon befand sich auf dem Weg zu den abtrünnigen Rittern der Tiefe in Shagor.

 

Gal’Arn schloss die Augen. Der Elare genoss das Rauschen der Blätter unter dem sanften Nordwind aus dem wispernden Gebirge, welcher über den Wald von Eldervest zog. Der Ritter der Tiefe trabte gemächlich auf dem Nyvarg über den schmalen Pfad, welcher ihn in zum Dom von Elaran, dem Sitz der einhundert Ritter der Tiefe, führte.

Aus Rücksicht auf die Natur verzichtete der Ritter der Tiefe auf einen lauten Gleiter, der die Tiere im Wald verschreckt hätte. Stattdessen entschied er sich für einen Ausritt auf dem sechsbeinigen Reittier mit den zwei gewundenen Hörnern auf dem runden Kopf.

Trotz der geschlossenen Augen sah Gal’Arn die Bäume mit ihren rotgoldenen Blättern, das saftige gelbe und grüne Gras und er ordnete die Laute der Tiere den bekannten Gattungen zu. Gal’Arn kannte den Elderverstwald seit seinen Kindheitstagen. Jeder Pfad war ihm bekannt. Unzählige Male hatte er hier während seiner Ausbildung Prüfungen verrichten müssen.

Und ebenso oft hatte es den Ritter der Tiefe in die Abgeschiedenheit und Harmonie des Waldes geführt, um zu meditieren und die Natur zu genießen.

Elaran war eine sehr grüne Welt, mit vielen tiefen und großen Wäldern, saftigen Wiesen und Weiden. Die Natur wurde gehegt und gepflegt. Das war der Hauptgrund, wieso sich elarische Städte im Himmel befanden und nicht auf dem Erdboden.

Der Dom der Ritter befand sich in einem Tal, umgeben von dem wispernden Gebirge. Am anderen Ende des Eldervestwaldes befand sich der große Cienzasee, welcher in den Ozean mündete. Diese Region Elarans wies alle Schönheiten des Planeten auf. Wasser und Strand, ein tiefer gesunder Wald und ein majestätisches Gebirge hinter dem Dom der Ritter der Tiefe.

Gal'Arn trug langes braunes Haar, welches glatt zu einem Zopf zusammengeflochten war. Sein markantes Gesicht wurde durch einen Oberlippen- und Kinnbart verfeinert. Seine braunen Augen strahlten Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Ruhe aus.

Er trug ein ockerfarbenes Gewand unter seinem braunschwarzen Umhang. Links an seinem Gürtel baumelte das goldfarbene Schwert aus molekular verdichtetem Stahl, welcher mit einer Nuance des geheimnisvollen ultimatem Stoff legiert war. Carit, so wurde dieses Material der Hohen Mächte bezeichnet. Vor knapp 25.000 Jahren waren die mikroskopischen Vorräte der unendlich wertvollen Vakuum-Energiequanten ausgegangen. Mehr als hundert Schwerter konnten nicht produziert werden. Da jedoch das Caritschwert das Machtsymbol eines Ritters war, beschloss der damalige Meister die Anzahl der Ritter der Tiefe auf genau Einhundert festzulegen.

Neben Gal'Arn ritt ein Ghannakke. Es war sein Orbiter Jaktar, der stolz und mit erhobenem Kopf auf dem Muny saß.

»Wem gibst du die meisten Chancen?«, wollte das eselsähnliche Wesen mit der lang gezogenen Schnauze und den spitzen, in die Höhe ragenden Ohren in Anbetracht auf die bevorstehende Prüfung wissen.

Jaktar war ein gutmütiger und loyaler Freund. Die Ghannakken an sich galten als die Gute Seele Shagors. Allerdings eigneten sie sich deshalb auch nur bedingt für die Berufung zu Rittern der Tiefe. Denn im Notfall musste ein Ritter als letzten Ausweg auch Gewalt anwenden. Gal’Arn war nicht stolz darauf, denn er löste Konflikte lieber ohne das Schwert oder den Energiestrahler. Doch es gab Situationen, da gab es keine andere Möglichkeit mehr, um das Leben anderer oder das eigene zu schützen. Einem Wesen das Leben zu nehmen war und durfte niemals eine leichtfertige Angelegenheit sein. Die Ritter waren die besten Kämpfer in der Galaxis, doch sie durften niemals dieses Potenzial misbrauchen. Es hatte natürlich regelmäßig Versuche gegeben.

Machthungrige Politiker, gewissenlose Geschäftsmänner oder einfach nur engstirnige Machtwesen hatten im Laufe der Jahrtausende immer wieder versucht, den Ritterorden für sich einzuspannen.

Auch der Ritterorden war nicht perfekt. Einige Male war es jenen Machthabern auch gelungen, die Ritter in den Taumel eines »notwendigen Krieges« zu ziehen, um die Ordnung in der Galaxis »sicherzustellen«. Allerdings war dies stets die Ausnahme gewesen, denn der Ritterorden fühlte sich nur an grundlegende Prinzipien gebunden.

Der Zeitgeist befand sich immer im Wandel. Administrationen, Regierungen und Sternenreiche kamen und gingen. Die Wünsche von Machthabern änderten sich regelmäßig. Die Bevölkerung schwamm oft im Strom mit.

Doch der Ritterorden musste stete Wachsamkeit aufbringen, um sich nicht politisieren zu lassen. Er musste sich für das Wohl der einzelnen Wesen einsetzen und hier gab es Rechte und Bedürfnisse, die seit jeher von wichtigster Bedeutung waren.

Ein Lebewesen durfte nicht hungern, nicht dursten, nicht ohne Wohnung sein, nicht in Sklaverei und Unterdrückung leben, nicht um seine Existenz fürchten müssen, seinen Gedanken freien Lauf lassen können und jenes Leben anstreben, welches es als Bestes für sich erachtete, sofern es andere damit nicht schädigte.

Das waren die Leitsätze, an die sich die Ritter halten mussten, um wirklich für Ordnung und Frieden in Shagor zu sorgen. Entsprechende Anforderungen gab es an die Auserwählten.

Schon im frühen Kindesalter wurden die angehenden Ritter der Tiefe ausgesucht. Es mussten besondere Kinder und Jugendliche sein, dessen moralisches und ethisches Empfinden weit über dem Durchschnitt liegen musste. Allerdings wurde auch in letzter Zeit – in Ermangelung an qualitativen Nachfolgern – das Augenmerk verstärkt auf mächtige Krieger gelegt, deren Moralvorstellungen Gal’Arn nicht teilte. Der Rittermeister Arib’Dar schien offenbar einen drohenden Krieg zu befürchten. Er tat dies schon seit vielen Jahren. Seit seiner Rückkehr von der Mission in der fernen Galaxie namens Milchstraße, bei dem ein Ritter der Tiefe und zwei Orbiter den Tod gefunden hatten.

Alle vier Jahre wurden Prüfungen durchgeführt, in dem ein Schüler sein Erlerntes zeigen musste. War er erfolgreich, wurde er in den Kreis der Ritter aufgenommen, sofern Platz vorhanden war. Jedoch galt es stets die konstante Zahl von einhundert Rittern der Tiefe zu halten. Sie durfte weder über- noch unterschritten werden. Deshalb bestand der Status als Schüler und Anwärter oft eine sehr lange Zeit, ehe ein Ritter den natürlichen Weg des Lebens in eine andere Daseinsform ging. Selbst wenn ein Schüler mit Bravour die Prüfungen bestand, so war das keine Garantie dafür, dass er die Ritterweihe erhalten würde. Gal’Arn zweifelte an diesem System der Einhundert. In guten Zeiten gingen fähige Ritter dadurch verloren, die sich oftmals auch enttäuscht von dem Orden abwendeten. In schlechten Zeiten wurden Ritter aufgenommen, die nicht über die ethische Integrität verfügten.

An diesem Morgen waren es noch drei Tage bis zur alles entscheidenden Prüfung, an der vier Schüler teilnehmen würden. Gal'Arn hatte beschlossen, sie noch einmal hart anzupacken und sie so auf die schwere Prüfung vorzubereiten. Gal'Arn blickte seinen Weggefährten und Freund mit einem Schmunzeln an, der noch auf eine Antwort wartete.

»Du verlangst doch nicht, dass ich mich für einen festlege und gar parteiisch werde?«

Jaktar verdrehte die Augen. Manchmal war sein Meister seiner Ansicht nach zu ehrlich und Recht liebend. Der Ghannakke hatte Gal'Arn noch niemals über jemanden lästern hören. Ebenso wollte er seine Schüler stets gleich behandeln. Anscheinend war dem Ritter der Tiefe eine Festlegung, wer es schaffen könnte, nicht zu entlocken. Er hielt dies für eine Art Unfairness den Schülern gegenüber, denen er ein Versagen vorhersagen würde.

»Aber Meister, nimm doch einmal an, nur vom reinen neutralen Standpunkt aus ...«, versuchte ihn Jaktar zu überzeugen.

Gal'Arn schüttelte nur amüsiert den Kopf. Sein Orbiter wieherte wütend, was auch das Muny dazu veranlasste einen Laut abzugeben.

»Nehmen wir einmal an, alle schaffen die Prüfung und alle machen eine glänzende Karriere, wer von ihnen wäre denn da am besten, deiner Meinung nach?«, stichelte der Ghannakke weiter, doch sein Meister ging nicht darauf ein.

»Dort ist der Dom«, sprach er und deutete auf das beeindruckende Gebäude.

Das Tal hatte einen Durchmesser von knapp 800 Metern. In der Mitte stand der Ritterdom. Das kuppelförmige Gebäude durchmaß zweihundert Meter und war einhundert Meter hoch. Der Dom wurde von einer hohen Mauer umfasst, einige Ställe und das Haus des obersten Ritters der Tiefe Arib'Dar befanden sich zusätzlich innerhalb des Walls.

Der Dom und die darum befindlichen Anlagen waren nicht nur die Weihestätte zur Ernennung eines neuen Ritters, sondern auch Schule und Wohnort zugleich. Auf neutrale Beobachter mochte das Ritterareal wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit wirken. Doch Gal’Arn schätzte genau das. Die Gebäude waren aus Stein und Holz gefertigt, ebenso der Wall. Natürlich gab es auch Technologie. Der Komplex konnte von einem Schutzschirm gesichert werden. Unterhalb des Doms befanden sich Schutzräume, Kontrollstationen und eine Waffenkammer, die hoffentlich nie genutzt werden würde.

Im Bergmassiv des wispernden Gebirges befand sich ein kleiner Raumhafen. Dort ruhte die TERSAL, jenes 110 Meter durchmessende Raumschiff, welches einst Jedar Balar gehört hatte. Die Raumschiffe der Ritter jedoch waren auf einer Plattform vor dem Wald und wurden natürlich bewacht. Es gab Sicherheitsvorkehrungen um den Wald herum, wie weitere Schutzschirmanlagen, befestigte Geschützstürme und Raketenstellungen, um einen möglichen Angriff abzuwehren. Doch die Ritter waren eben keine Soldaten Shagors. Sie waren Friedenshüter und in den Jahrzehntausenden hatte es niemals einen Angriff auf den Dom gegeben. Die Ritter genossen den höchsten Respekt in der Galaxie Shagor.

Der weise dunkelhäutige Pontanare Arib’Dar erwartete bereits seinen besten Ritter, der – das war kein Geheimnis – eines Tages seine Nachfolge antreten würde.

Die beiden Ankömmlinge stellten die Auslaufdistanz für ihre Munys an deren Sattel ein. Das verhinderte, dass ein Reittier sich zu weit vom Areal entfernte, und ermöglichte ihm doch, sich zu bewegen. Gal’Arn und Jaktar schritten auf Arib’Dar zu. Sie kamen an der Übungsarena vorbei.

Gal'Arn richtete seine Aufmerksamkeit auf ein Schwertduell zwischen den beiden Schülern Goshkan und Krassasus. Der riesige Goshkan, welcher zum Volk der Katronen gehörte, setzte das Sorgenkind Gal'Arns kräftig unter Druck. Krassasus konnte den mächtigen Schlägen des drei Zentner schweren Wesens nicht standhalten und verlor den Kampf.

Erschöpft sank er unter dem Dach eines Waffenstandes zusammen.

Goshkan lachte überlegen. Die Katronen gehörten zu den kriegerischsten Völkern in der Galaxis, die leider auch oft zu den Unruhestiftern gehörten.

Kaum ein Katrone hatte die Prüfung zum Ritter der Tiefe geschafft, sie waren viel zu aggressiv und neigten dazu, jedes Problem mit Gewalt lösen zu wollen.

Die Elefantenwesen sahen selbst für einen Elanen befremdlich aus. Auf dem mächtigen Oberkörper thronte ein Kopf mit einem etwa 70 Zentimeter langen Rüssel. Etwa ein Meter lange, gebogene Stoßzähne verliehen ihm einen imposanten Eindruck. Dieses Volk besaß keine Ohrmuscheln, stattdessen sechs Hörner, die auf dem Haupt verteilt waren und drei Augen. Der Unterkörper schien nicht zum Gesamtbild zu passen. Behaarte Pferdebeine mit Hufen und ein ledriger Schwanz verliehen dieser Spezies eine wahrlich einmalige Erscheinung.

Dennoch waren die Wesen mit der grauen Haut gewaltige Kampfmaschinen, die nicht zu unterschätzen waren. Natürlich gab es auch friedlichere Katronen, die zumeist als Orbiter dienten, doch alle Katronen hatten den Hang zu einem aufbrausenden Temperament und einer gewissen Kampfeslust.

Gal'Arn half dem niedergeschlagenen Krassasus wieder auf.

»Alles in Ordnung?«, fragte er fürsorglich.

Der Pontanare nickte bedrückt, während Goshkan immer noch hämisch lachte. Der Ritter der Tiefe blickte vorwurfsvoll zu dem Riesen.

»Ein angehender Ritter der Tiefe lacht nicht über einen Geschlagenen«, sprach der Elare belehrend. »Du darfst niemals Freude fühlen, wenn du jemanden besiegst oder gar getötet hast, nur um deiner eigenen Herrlichkeit wegen!«

Goshkan grunzte unfreundlich und schwang mit dem Schwert hin und her.

»Ich bin eben ein perfekter Kämpfer. Krassasus ist eine Niete! Ich werde der neue Ritter der Tiefe werden!«

Zum Zeichen seiner Überlegenheit schlug er sich zweimal auf die Brust. Gal'Arn zückte sein Schwert und nahm eine Kampfposition ein. Grinsend wollte Goshkan auf die Herausforderung eingehen, da schlug Gal'Arn den Pfosten des Waffenstandes durch und das Dach krachte auf den Katronen. Er platschte zu Boden. Schreiend und voller Wut sprang er auf, da spürte er bereits das Schwert des Meisters an seiner Halsschlagader. Goshkan ließ das Schwert fallen. Gal'Arn zog seines zurück und schüttelte den Kopf.

»Nein, Goshkan, du bist noch lange nicht soweit, die Prüfung zu bestehen. Strenge dich mehr an!«

Nach diesem unerfreulichen aber hoffentlich für Goshkan lehrreichen Intermezzo, wandte sich Gal'Arn wieder Arib'Dar zu, der zusammen mit Jaktar das Geschehen beobachtet hatte.

»Sehr gut gelöst, mein Freund«, sprach der dunkelhäutige Pontanare ruhig. Beide begrüßten sich danach und gingen in Dars Haus, wo bereits das Essen auf sie wartete.

*

Der oberste Meister der Ritter der Tiefe wohnte recht spartanisch. Er verzichtete freiwillig auf den technischen Komfort und wollte lieber in Bescheidenheit wohnen. Er lebte eigentlich nur das vor, wofür der Orden stand. Eine bescheidene Existenz in Demut vor dem Leben, der Natur und dem Kosmos.

Auf dem Feuer brutzelte eine Suppe vor sich hin, die als Stärkung für Gal'Arn und Jaktar gedacht war. Die beiden Ankömmlinge setzen sich bereits an den an den Ecken mit Drachenköpfen verzierten Holztisch, während der Kegelköpfige die Suppe auftischte.

»Lasst es euch schmecken«, wünschte der Rittermeister.

Gal'Arn schmunzelte. Der Elare blickte zu seinem Orbiter, der die Suppe regelrecht verschlang. Überrascht sah sich der Ghannakke um und nickte hastig mit dem Kopf.

Arib'Dar wurde wieder ernst.

»Ich spüre viel zu viel Zorn und Arroganz in Goshkan. Er mag ein fähiger Krieger sein, doch ihm fehlt das, was ein Ritter der Tiefe ausmacht.«

Gal'Arn nickte zustimmend. Er bedauerte Goshkans Einstellung. Im Laufe der letzten sieben Jahre hatte er alles versucht, um den Katronen die richtigen Ansichten zu vermitteln, jedoch mit nur mäßigem Erfolg.

»Allerdings ist Goshkan ein fähiger Krieger. Vielleicht brauchen wie diese Eigenschaften irgendwann«, murmelte Arib’Dar.

Gal’Arn seufzte leise. Draußen wurde es dunkel und windiger. Offenbar zog ein Gewitter heran. Erste Regentropfen prasselten nieder. Gal’Arn dachte erneut an Arib’Dars Mission vor vielen Jahren. Prot’Gar war damals gestorben. Der Rittermeister selbst brauchte viele Jahre, um die Ereignisse zu verarbeiten. Gal’Arn glaubte jedoch, dass ihm dies bis heute noch nicht gelungen war.

Der beißende Duft der Wurzelsuppe stieg in seine Nase. Der Elare musste sich beherrschen. Eigentlich wusste Arib’Dar, dass Gal’Arn keine Suppe aus Eldervestwald-Wurzeln mochte, aber Gal’Arn wusste, dass Arib’Dar diese Wurzeln liebte und er nahm Rücksicht darauf und aß ohne zu Murren.

Der Elare dachte zurück an die Zeit der seltsamen Mission. Der Kosmokrat SIPUSTOV war damals persönlich erschienen und hatte den Ritterorden vor die Wahl gestellt – entweder die Bestrafung aufgrund ihrer Abtrünnigkeit oder die Geburt eines sogenannten Sohnes des Chaos zu verhindern. Der Auftrag war jedoch nichts weiter als Kindermord gewesen. Arib’Dar hatte wohl gewusst, wieso er Gal’Arn nicht mitgenommen hatte. Doch am Ende hatte sich der Rittermeister auch für das Leben des Kindes entschieden. Alles andere wäre feiger Mord gewesen. Gal’Arn glaubte nicht daran, dass der Weg eines Individuums bereits von Geburt an in Stein gemeißelt war. Sicherlich glaubte er an Vorbestimmung und Schicksal, doch auch daran, dieses verändern zu können.

Jedenfalls hatten damals die beiden Ritter und ihre Orbiter die Geburt eines Kindes verhindern sollen. Sie hatten es nicht getan und versucht die Eltern und deren Freund zu schützen. Doch ein offensichtlicher Diener des Chaos hatte anscheinend die DNS des Kindes verändert und nach der Geburt seine Eltern und deren Mitstreiter ermordet. Dieser Assassine hatte auch die zwei Orbiter und Prot’Gar getötet. Nur Arib’Dar hatte er verschont und ihm damit wohl die schlimmste Strafe zuteilwerden lassen. Gal’Arn fühlte bei jeder Begegnung aufs Neue, dass der Rittermeister sich die Schuld am eigenen Versagen und dem Tod seiner drei Begleiter gab. Arib’Dar fürchtete die Rache der Kosmokraten. Er fürchtete den anderen Sohn des Chaos namens Cau Thon und er fürchtete, durch seine Handlungen das Schicksal vieler anderer besiegelt zu haben.

Wie viel Schaden hätte er verhindern können, wenn er den ungeborenen Sohn des Chaos mit dem Namen Cauthon Despair getötet hätte?

Sie wussten es nicht. Denn seit diesen 26 Jahren hatten sie weder etwas aus der Milchstraße noch von Söhnen des Chaos oder den Kosmokraten gehört. Das Leben in Shagor war ganz normal verlaufen ohne weitere Einmischungen von außen.

Vielleicht hatte sich dieser Cauthon Despair auch zu einem ganz normalen Menschen entwickelt oder sogar zu einem Helden? Doch diese Ungewissheit plagte Arib’Dar. Natürlich hätte er mit der TERSAL durch dieses Sternenportal fliegen können, um die 325 Millionen Lichtjahre zur Milchstraße zu überbrücken, doch er hatte Angst davor. Arib’Dar glaubte fest, dass jegliche Unternehmung in dieser Richtung nur die Aufmerksamkeit der Hohen Mächte wecken würde.

»Wann reist der Rat an?«, wollte Gal’Arn nun wissen.

»In zwei Tagen ist er auf Elaran. Der alte Uwakor wird sein Amt niederlegen, was bedeutet, dass einer der Schüler die tatsächliche Möglichkeit hat, ein Ritter der Tiefe zu werden«, erklärte Arib'Dar.

Der Rat bestand aus insgesamt dreizehn Rittern der Tiefe, auch Arib'Dar und Gal'Arn gehörten zu ihm. Arib’Dar war der Vorsitzende. Die anderen kamen aus allen Teilen der Galaxis, sei es aus Pontanar oder Ghannakon oder irgendeinem anderen Sternensystem. Diese Jury entschied dann nach den Prüfungen, wem der Ritterstatus verliehen wurde.

Nachdem Gal'Arn mit Mühe und einigen unterdrückten Würgereizen die Suppe verzehrt hatte, stand er auf und verabschiedete sich von Arib'Dar. Er musste noch einiges mit den Schülern üben, deshalb wollte er keine Zeit verlieren.

 

In dem großen runden Gebäude erwarteten ihn bereits die vier Schüler. Neben Goshkan und Krassasus waren es der Pontanare Irasuul und die Elarin Nirisar, die Anwärter auf den Ritterstatus waren.

Der Dom war ihr Heiligtum, ihre Kapelle. Gemälde von ehemaligen Rittern, Symbole und Statuen zierten den Unterrichtssaal.

Gal'Arn legte seinen Umhang ab. Sein Poncho ähnliches Oberteil hing bis zu seinen Oberschenkeln. Darunter trug er eine schwarze Hose und schwarzbraune Stiefel.

Er setzte sich zu den anderen und ließ seinen Blick um die Beteiligten schweifen. Als er sich auf die Holzbank setzte, knirschte sie leise.

Irasuul war ein stolzer Pontanare mit außerordentlichen Fähigkeiten. Irasuul wurde vor 28 Jahren auf der pontanarischen Kolonialwelt Tuh geboren. Schon in jungen Jahren hatte er sich für das galaktische Geschehen interessiert. Der Pontanare war durchtrainiert und hatte auch seine langen schwarzen Haare, die ihm vom unteren Dritte des Kegelkopfes bis zum Steißbein gingen, zu einem Zopf zusammengebunden.

Irasuul verfügte über hervorragende Kampftechniken und war ein Ausnahmeschüler. Moralisch und ethisch war Irsuul trotz seiner noch relativ jungen Jahre reif. Auch wenn es Gal’Arn öffentlich niemals zugeben würde, so war Irasuul sicherlich der viel versprechendste Anwärter auf die vakante Ritterstelle.

Zu seiner rechten Seite saß Nirisar. Die Elarin war hübsch, aber nicht von auffälliger Natur. Sie trug lange, braune Haare und braungrüne Augen. Nirisar war eine recht emanzipierte Frau. Dies war mit ein Grund dafür, dass sie sich zur Ritterin der Tiefe ausbilden lassen wollte. Sie war der Meinung, es wäre einfach dafür an der Zeit. Sie fühlte sich auserwählt der Galaxis zu helfen und ihr zu dienen. Und in der Tat: Der Ritterorden war stets eine von Männern dominierte Domäne gewesen. Zwar hatte es immer wieder Anwärterinnen gegeben, doch zumeist konnten sie nur als Orbiterinnen fungieren. Gal’Arn hatte nichts gegen Ritterinnen der Tiefe einzuwenden. Allerdings gab es viele Ritter, die das ganz anders sahen und glaubten, dass eine Frau nicht das mitbrachte, was es zu dieser Berufung benötigte.

Krassasus war Sohn reicher Politiker auf Elaran. Sie wollten aus ihrem Sohn etwas Besonderes machen, doch oft war Gal'Arn der Meinung, dass der Junge einfach überfordert war. Er wirkte nicht reif für diese Aufgabe, die so viel Entbehrung und Disziplin erforderte.

Über Goshkan brauchte man nicht viele Worte zu verlieren. Goshkan stammte vom Planeten Katron und war Sohn eines mächtigen Kriegers gewesen. Seine Sippschaft regierte über weite Teile des katronischen Reiches. Auch hier gab es einen politischen Grund, denn es war der Wunsch jenes Kriegsklans der Katronen gewesen, dass Goshkan ausgebildet werden würde. Vielleicht erhofften sie davon, dass der Katrone ruhiger wurde. Allerdings glaubte Gal’Arn, dass es noch Jahre benötigen würde, ehe Goshkan so weit wäre. Goshkan war zwar ein begnadeter Kämpfer, doch dieses Attribut hatte ihn überheblich und streitlustig gemacht. Er fühlte sich den anderen Anwärtern überlegen. Gal’Arn war oft damit beschäftigt, den Katronen auf den Boden der Tatsachen zu holen.

»Meine Schüler«, begann der Lehrmeister, »in drei Tagen wird der vielleicht wichtigste Moment eures Lebens anbrechen, denn es wird entschieden werden, ob ihr zu Rittern der Tiefe werdet oder nicht.«

Gal'Arn machte eine Kunstpause, damit sie die Chance hatten, seine Worte zu verinnerlichen. Dann fuhr er mit seiner ruhigen Stimme fort.

»Vergesst nicht, dass ein Ritter der Tiefe nicht nur ein guter Athlet und Kämpfer ist, er muss rein im Herzen sein, jedes Leben achten und beschützen. Er kämpft nur, um sich und andere zu verteidigen. Ein Ritter der Tiefe ist nicht abfällig, arrogant oder übt diese Berufung des Prestiges wegen aus. Er muss weise handeln, frei von Angst, Gier und Vorurteilen sein. Wenn ihr diese Eigenschaften umsetzt, könnt ihr gute Friedensstreiter werden.«

Die Schüler blickten verlegen auf den Boden oder sahen sich gegenseitig an. Besonders Goshkan und Krassasus mieden den Blickkontakt zu ihrem Lehrer. Schließlich stand Irasuul auf und hielt den Griff seines Schwertes fest in der rechten Hand.

»Ich werde euch nicht enttäuschen, Meister! All diese Eigenschaften sind in mir. Ich werde die Prüfung bestehen, um Verfechter des Guten zu werden und das Böse bekämpfen.«

Goshkan grunzte laut. Ihm gefiel das Imponiergehabe des Pontanaren nicht sonderlich. Irasuul war der Beste der vier, daran bestand kein Zweifel. Deshalb erntete der leicht eingebildete Pontanare auch viel Neid.

Irasuul war von sich selbst sehr überzeugt. Für ihn stand der Ausgang der Prüfung zweifelsfrei fest; die anderen würden versagen und er würde den Ritterstatus erlangen. Sicherlich tat es ihm leid, besonders für Nirisar, die immer nett und freundlich war und auch durchaus talentiert. Für Krassasus, der in Irasuuls seinen Augen ein Taugenichts war und besonders für den brutalen Goshkan hatte der Pontanare jedoch keinerlei Mitleid übrig.

Goshkan gab ein Knurren von sich.

»In einem echten Duell würde ich deine Kegelbirne in den Boden rammen«, meinte Goshkan und lachte schallend.

»Lasst uns weiter üben«, beschloss Gal'Arn genervt und unterband damit jegliche Diskussion oder Streit.

Das Training war hart. Nicht nur was das Körperliche anbelangte, sondern auch das Geistige. Beides wurde im Training geübt. Nirisar verfügte, wie alle Elaren, über parapsychologische Fähigkeiten in der Suggestion und Telekinese, die jedoch nur schwach ausgeprägt waren.

Gal'Arn selbst war in der Lage, geistig Schwächere zu beeinflussen, für kurze Momente die Telekinese anzuwenden. Ebenfalls besaß er einen ausgeprägten Spürsinn.

Nach dem Training hatten die Schüler frei und konnten tun, was sie wollten – innerhalb des Eldervestwaldes.

Goshkan ging auf die Jagd und erlegte ein großes Wildschwein, welches er auch anschließend laut schmatzend in sich hineinstopfte. Krassasus zog es vor, im Wald mit seiner Freundin aus der Hauptstadt spazieren zu gehen.

Nirisar übte noch etwas an ihren Kampffähigkeiten, während Irasuul in den Bergen meditierte. Oft suchte der Pontanare die Berge auf, vielleicht auch, um dem Raumschiff TERSAL und dem Leichnam des Begründers des Ordens nahe zu sein, denn das Raumschiff Jedar Balars stand in einer Grotte, welche im Massiv des Berges lag. Ben-Kan Duril hatte einst seinen Mentor dort begraben und jedes Wesen respektierte das Grab. Die TERSAL war den Ratsmitgliedern als Raumschiff vorbehalten und wurde nur zu besonders wichtigen Missionen ausgewählt. Die Letzte, eben solch eine wichtige Mission, war die Reise zur Milchstraße vor 26 Jahren gewesen. Seitdem ruhte die TERSAL unter der Obhut seines uralten Bewachers in dem wispernden Gebirge.

Die Technologie des Raumschiffes überstieg den Erfindungsgeist der Shagorer um Weiten. Es war zwar eine Technik, die knapp 100.000 Jahre alt war und dennoch allem, was den Rittern zur Verfügung stand, weit überlegen war. Die TERSAL war von Dienern der Kosmokraten entwickelt worden, deren Geist und Verstand über Jahrmillionen gereift war.

Während Irasuul also die Abgeschiedenheit und geistige Balance suchte, versuchte sich Nirisar in der physischen Stärke. Allerdings hatte Nirisar bei ihren weiteren Schwertübungen sichtlich Mühe, dem holografischen Gegner standzuhalten. Frustriert deaktivierte sie das Programm. Sie erschrak, als sie bemerkte, dass Gal'Arn sie die ganze Zeit beobachtet hatte.

Die Elarin sank traurig auf die Knie und durchfuhr ihr brünettes Haar.

»Ich schaffe es nicht ...«

Gal'Arn schritt auf sie zu und setzte sich neben seine Schülerin.

»Wer sagt das?«

»Ich weiß es ... ich bin nicht würdig ...!«

»Du hast Angst zu versagen«, stellte ihr Meister fest.

»Ja«, gab Nirisar zu und wischte sich die Tränen vom Gesicht.

»Du brauchst keine Angst zu haben. Du willst Ritterin der Tiefe werden? Dann tue es einfach. Versuche es nicht, tue es! Wenn du an dich glaubst, bist du stark. Aber wenn du an dir zweifelst, bist du schwach und angreifbar.«

Nirisar runzelte die Stirn.

»Aber ist der Pfad zwischen gesundem Selbstbewusstsein und Arroganz nicht sehr schmal?«

Gal'Arn legte seinen Arm auf ihre Schulter und lächelte warm. Diese Geste beruhigte die Schülerin sehr.

»Ja, du hast recht. Dieser Balanceakt zwischen den beiden Extremen gehört zu den Dingen, die nur schwer zu lehren sind. Jedes Wesen muss selbst in der Lage sein diesen Konflikt für sich zu meistern. Wenn es nicht gelingt, kann es zu unsäglichem Leid führen.«

Die Elarin nickte schwach. Sie wusste, was ihr Lehrmeister ausdrücken wollte, doch zweifelte sie an der Umsetzbarkeit. Sowohl Goshkan als auch Irasuul waren jeder auf seine eigene Weise arrogant. Goshkan war brutal und plump, während Irasuul eben narzisstisch veranlagt war und mit einem Lächeln seine eigene Überlegenheit in den Vordergrund stellte.

Nirisar war da anders. Sie hatte es als Frau ohnehin schwer. Es war nicht so, dass Frauen in Shagor wirklich benachteiligt wurden. Gerade in der Wirtschaft und in der Politik bestimmten viele Frauen das Geschehen.

Der Orden der Ritter der Tiefe bildete eine Ausnahme. Umso mehr galt es für Nirisar, sich zu beweisen, ohne jedoch solche Eigenschaften wie Irasuul oder Goshkan anzunehmen. Sie musste und wollte sich nicht übertrieben selbst vermarkten und jedem auf die Nase binden, was für eine tolle Superfrau sie doch war. Nirisar glaubte, dass dies auch den Prinzipien des Ritterordens widersprach. Sie wollte mit Leistungen, Verstand und Herz überzeugen. Allerdings war sie nicht sicher, ob das wirklich ausreichen würde.

Gal’Arn legte seine Hand auf Nirisars Schulter.

»Bei dir habe ich keinerlei Bedenken, dass du auf den falschen Weg gerätst. Wenn du an dich glaubst, wirst du die Prüfung bestehen. Jetzt gehe am besten schlafen.«

Nirisar atmete tief durch und rang sich zu einem Lächeln durch, auch wenn ihr Herz schwer war. Die beiden verabschiedeten sich voneinander.

Für die Schüler brach nun eine wichtige Zeit an.

 

In den zwei Tagen vor den Prüfungen hatte Gal'Arn noch einmal alles von seinen Lehrlingen gefordert. Er war insgesamt mit ihnen zufrieden. Selbst Goshkan und Krassasus hatten sich zusammengerissen.

Die anderen elf Mitglieder des Rates waren angereist. Die meisten von ihnen waren Elaren und Pontanaren, es waren aber auch zwei Zifisar und ein Katrone mit dabei.

Gal'Arn und Arib'Dar begrüßten ihre Kollegen und Freunde herzlich. Nach einem gemeinsamen Essen – zu Gal’Arns Erleichterung gab es keine Wurzelsuppe – begab sich der Rat zu den Räumen, wo der Wettkampf stattfand.

Die vier Schüler traten nach wenigen Minuten hervor und mussten die ersten Tests über sich ergehen lassen. Zuerst wurden allgemeine Fragen zur Ethik gestellt. Die einzelnen Ritter der Tiefe versuchten die moralischen Werte der Anwärter herauszufinden. Bei diesen Prüfungen schnitten Irasuul und Nirisar am besten ab. Krassasus lag knapp dahinter, während die Einstellung von Goshkan oft zu radikal und exzentrisch für den Rat war, doch noch ließ sich niemand etwas anmerken.

Gal'Arn und Arib'Dar litten mit ihren Schülern.

Die zweite Prüfung brach an, es ging um die Kampftechniken und das Handeln in gefährlichen Situationen. Dazu wurden zwei Teams gebildet.

Zuerst sollte Irasuul seine Fähigkeiten in einem Zweikampf gegen Nirisar unter Beweis stellen. Ein heftiger Schwertkampf auf einer Brücke entbrannte, den Irasuul dank eines überraschenden Saltos über Nirisar für sich entscheiden konnte.

Anschließend wurden beide in einer simulierten Situation getestet. Ein Verbrecher war auf der Flucht und wurde von Nirisar und Irasuul entdeckt. Der ballförmige, ein Meter durchmessende Zifisar erklärte, dass er arm war und nur deshalb raubte. Nirisar schenkte ihm Glauben und versuchte den weinenden Dieb zu trösten, während Irasuul auf Distanz blieb, was sich auch als richtig bewies. Obwohl Nirisar menschlicher handelte, wurde sie vom Hologramm des Verbrechers getötet. Irasuul ergriff sofort sein Schwert und erlangte den Sieg.

Als dritte Aufgabe wurden beide in eine fiktive Mission geschickt, die sie lösen mussten. Sowohl der Pontanare als auch die Elarin konnten die Aufgabe zufriedenstellend bewältigen.

Damit war die Prüfung für die beiden beendet. Siegessicher und überlegen verließ Irasuul den Raum, während Nirisar an sich zweifelte, da sie zweimal versagt hatte.

Dennoch war Gal'Arn mit seinen beiden Schülern zufrieden, die ihr Möglichstes gegeben hatten. Er wandte sich Arib'Dar zu, dessen Miene wenig verriet. Gespannt wartete er auf die anderen beiden Anwärter. Aus den Gesichtern der anderen Ritter konnte er teils Bewunderung, teils aber auch Unzufriedenheit erkennen.

Als Nächstes waren Goshkan und Krassasus an der Reihe. Sie betraten die Hologramm Arena. Eine Wüste wurde mit einer Holografie erstellt. Hier gab es weite, offene Flächen aber auch ockerfarbene Felsbrocken und Gesteinsformationen.

Beide begannen mit einem Schwertduell gegeneinander. Goshkan ging wie üblich ungestüm und brutal vor, während Krassasus eher die Taktik von Gal'Arn anwendete und klug und geschickt vorging.

Beide kämpften mit echten Schwertern, wie auch beim Training. Dies sollte ihnen bereits das ernste Gefühl vermitteln. Der Rat setzte voraus, dass die Schüler reif genug waren, um sich gegenseitig nicht zu verletzen.

Krassasus entwaffnete Goshkan geschickt und konnte somit den Sieg erringen. Gal'Arn war sehr erbaut über den Gewinn seines Schützlings. Er hoffte insgeheim, dass Krassasus, der so unsicher war, es nun geschafft hatte. Aufrichtiges Mitleid fühlte Gal'Arn aber auch für Goshkan, der sich damit wohl alle Chancen verbaut hatte, ein Ritter der Tiefe zu werden. Der Elare bezweifelte stark, dass der Katrone in der Lage war, bei den geistigen Prüfungen seine Niederlage wieder wettzumachen.

Plötzlich griff Goshkan zu seinem Schwert.

»Ein zweites Mal gebe mich nicht geschlagen. Nicht gegen ein verzogenes Politikerbübchen!«, brüllte das Wesen.

Krassasus wusste offenbar nicht, was er machen sollte, da stürmte Goshkan bereits auf ihn zu und bohrte dem Elaren das Schwert durch den Bauch. Krassasus schrie laut auf.

Entsetzen brach unter den anwesenden Rittern aus. Es war ein Schock! Noch niemals hatte ein Ritterlehrling so etwas getan. Es hatte Verletzungen gegeben, doch niemals einen vorsätzlichen Angriff nach einem Kampf.

Gal'Arn zögerte keine Sekunde und rannte sofort zu dem schwer verletzten Elaren. Krassasus brach zusammen und fiel in die Arme seines Meisters.

Goshkan hatte erst jetzt begriffen, was er getan hatte. Der Riese ließ das Schwert fallen und wurde sofort in Gewahrsam genommen.

Blut floss aus den Mundwinkeln von Krassasus. Wichtige Organe waren zerstört. Gal'Arn wusste, dass man ihn nicht mehr retten konnte.

»Habe ... habe ich es geschafft?«, fragte der Schüler mit schwacher Stimme.

Gal'Arn nickte lächelnd.

»Ja, du bist ein wahrer Ritter der Tiefe«, sprach er beruhigend.

Krassasus Lächeln fror ein, als der letzte Lebenshauch aus seinem Körper gewichen war. Etwas, was noch niemals passierte, war geschehen, ein Schüler starb im Dom.

*

Der Rat hatte sich zurückgezogen. Die Ratsmitglieder standen unter Schock. Sie waren über den Tod von Krassasus entsetzt aber einige wohl vielmehr über die Tat an sich. Goshkan hatte die heiligsten Regeln des Ritterordens gebrochen. Dass ein Ritterschüler nach sieben Jahren Training und Ausbildung zu so etwas fähig war, damit hatte keiner der Ritter aus Shagor gerechnet.

Gal'Arn und Jaktar kümmerten sich um den toten Körper Krassasus. Die sterblichen Überreste wurden von dem Ritter und seinem Orbiter mit einem Transmitter in ein Leichenschauhaus gebracht, wo sie bis zur Beerdigung ruhen sollten.

Arib'Dar übernahm die traurige Aufgabe, die Angehörigen des jungen Elaren zu informieren.

Goshkan, der seine Schandtat nicht zu bereuen schien, wurde mit Einverständnis der elarischen Polizei im Dom inhaftiert.

Gal'Arn und Jaktar saßen still im Holoraum, in dem Krassasus gestorben war. Der Ritter der Tiefe war sichtlich angeschlagen. Er litt sehr unter diesem schrecklichen Ereignis. Er hatte zwei Schüler verloren, die ihm am Herzen lagen.

Krassasus war tot und Goshkan würde wahrscheinlich viele Jahre ins Gefängnis kommen, denn der Mord an einem Ritter der Tiefe oder einem Anwärter gehörte zu den schlimmsten Verbrechen in Shagor.

»Ich habe versagt«, flüsterte Gal’Arn kaum hörbar. Doch der Ghannakke Jaktar hatte große Ohren und hörte generell besser als Elaren, Pontanaren und andere Spezies aus Shagor.

»Wir alle haben versagt und hätten die Anzeichen besser deuten müssen«, meinte Jaktar.

Gal’Arn nickte schwach. Er wusste, dass er zu sehr an das Gute in Goshkan geglaubt hatte. Viele große Ritter der Tiefe waren auch Exzentriker gewesen und es war das Vorrecht eines lebenden, denkenden Individuums sich von anderen zu unterscheiden. Doch der Elare hatte die Gewaltbereitschaft und die Unberechenbarkeit des Katronen unterschätzt.

Der Tod von Krassasus würde einen großen Aufruhr in Shagor verursachen. Kritiker und offene Feinde der Ritter der Tiefe würden diesen Vorfall ausnutzen, um ein Verbot des Ordens vorzuschlagen. Es gab durchaus Politiker und Geschäftsleute, denen der Ritterorden ein Dorn im Auge war, weil sie ihn eben nicht kontrollieren konnten.

Unzählige Male hatten sie schon versucht, Gal’Arn in Misskredit zu bringen. Erinnerungen an Bestechungsversuche, Liebschaften und fingierten Anklagen kamen in ihm hoch. Doch Gal’Arn hatte den Feinden des Ordens nie Futter für ihre Verschwörung gegeben. Ritter der Tiefe lebten in materieller Bescheidenheit und Demut. So gesehen war Gal’Arn arm. Er hatte sein Raumschiff, welches auch seine Wohnung war und seinen Platz im Dom. Er wurde vom Ritterorden mit Nahrung, Kleidung und anderem versorgt. Wieso sollte er sich Reichtum anhäufen, wenn er es nicht benötigte? Nur, um vor der Masse als einflussreich und mächtig zu gelten? Das hatte ihn nie gekümmert. Im Gegenteil, er wusste so die normalen Dinge des Lebens sehr zu schätzen. Wenn man etwas nicht im Überfluss besaß, bekam man eine ganz andere Beziehung zu so etwas und freute sich, wenn man in den Genuss einer Sache kam. Die sicherlich schwerste Verpflichtung war jedoch die Keuschheit. Ein Ritter der Tiefe durfte sich nicht binden. Es hatte vor Jahrtausenden auch eine Ära gegeben, in der diese Vorsätze nicht galten. So hatten einige Ritter auf ihren Burgen in Saus und Braus gelebt und ihre eigentliche Aufgabe vergessen. Sie waren die Stars von Shagor gewesen und beinahe an ihrer eigenen Dekadenz zugrunde gegangen.

Der Weg des Ruhms war zu verführerisch, als dass ein Ritter der Tiefe ihn gehen durfte. Die Möglichkeit, von seinen Prinzipien abzufallen, war zu groß. Macht korrumpierte leider viel zu oft. Um nicht vor die Wahl gestellt zu werden, verzichteten eben die Ritter auf materielle Macht.

Sicherlich war es auch für Gal’Arn und vermutlich für die meisten Ritter schwer, in ständiger Einsamkeit zu leben, der Liebe zu entsagen. Natürlich wurde auch dem Elaren schwer ums Herz, wenn er jede Nacht allein einschlief und jeden Morgen allein aufwachte. Zu wissen, dass er nie wieder die Liebe einer Frau spüren würde oder niemals ein Heim mit Familie haben würde, nagte an jedem Ritter der Tiefe. Sie setzten sich für Liebe ein und durften sie nicht selbst erleben. Das Zölibat wurde sehr ernst genommen. Verstieß ein Ritter dagegen, wurde er vom Orden bestraft. Wiederholte er das Vergehen, drohte sogar der Ausschluss. Feinde der Ritter hatten oft mit leichten Mädchen oder weiblichen Agentinnen versucht, die Ritter in Versuchung zu führen. Nicht jeder Ritter war standhaft geblieben. Gal’Arn konnte sich in dieser Hinsicht nichts vorwerfen. Er wahrte den Abstand zum anderen Geschlecht. Generell durften Freundschaften nur bedingt gepflegt werden. Ausnahmen bildeten Freundschaften unter den Rittern und Orbitern.

Wer sich den Rittern der Tiefe von Shagor verschrieb, der schloss mit seinem alten Leben ab. Gal’Arn hatte niemals diese Wahl gehabt. Als Sohn eines einfachen Bauers war er bereits mit fünf Jahren Vollwaise. Die reptiloiden Wakaden hatten sich darauf spezialisiert, Siedlungen auf Elaran anzugreifen und auszuplündern, da diese ungeschützt und abgelegen waren. Gal’Arns Eltern hatten bei dem Überfall den Tod gefunden, doch er selbst war von Arib’Dar gerettet worden und zum Ritter der Tiefe ausgebildet worden. Als Ritterschüler hatte er durchaus seine rebellische Phase gehabt und wäre fünfzehn Jahre später fast mit der wunderschönen Melara durchgebrannt, die er innig geliebt hatte. So paradox es auch war, doch er hatte sich trotz aller Entbehrungen für den Ritterorden entschieden. Es war die schwerste Entscheidung seines Lebens gewesen. Niemals würde er den traurigen und enttäuschten Gesichtsausdruck von Melara vergessen. Danach hatten sie sich nie wieder gesehen. Zu dieser Zeit hatte er mit dem Kodex der Ritter von Shagor gehadert und die Richtigkeit des Keuschheitsgelübdes infrage gestellt. Doch schließlich hatte seine Pflichterfüllung und die Verbundenheit mit seinem Mentor Arib’Dar, den er nicht enttäuschen wollte, über seine Gefühle für Melara gesiegt.

Nachdem Gal’Arn das Ausbildungsalter erreicht hatte, hatte er vor 43 Jahren die Prüfung bestanden. Doch es hatte weitere acht lange Jahre gedauert, ehe er die Ritterweihe erhalten hatte, nachdem der alternde Ritter Karon sich zurückgezogen hatte.

Seit 35 Jahren war Gal’Arn nun ein stolzer Ritter der Tiefe. Der Tod von Krassasus war nicht der einzige Schicksalsschlag, den er hatte hinnehmen müssen. Der Tod seines ersten Orbiters und besten Freundes Wilsus während eines Einsatzes vor 20 Jahren hatte ihn sehr mitgenommen. Es hatte lange Zeit gebraucht und es war wohl Jaktars sympathischen und beharrlichen Gemüt zu verdanken, dass Gal’Arn nicht in Selbstvorwürfen zerflossen war. In Jaktar hatte er einen neuen Freund gefunden. Einen besseren konnte er sich gar nicht wünschen. Der Ghannakke war loyal, hilfsbereit und selbstlos.

Als Ritter der Tiefe war er öfters mit dem Tod konfrontiert, als ein normales Wesen, da er ja stets an vorderster Front in vielen Konfliktherden operierte. Doch das Gefühl, ein Leben gerettet, etwas Gutes getan zu haben, für Gerechtigkeit gesorgt zu haben, das Glück zu einem oder viele Leben zurückzubringen, das war all die Entbehrungen und Strapazen wert.

Gal’Arn reiste mit Jaktar durch die Galaxie, lernte viele Planeten kennen, traf neue Völker, die noch nie in Erscheinung getreten waren, vertrat Gerechtigkeit und diente den Schwachen. Es war eine Ehre den Lebensformen Shagors zu dienen und sie zu beschützen.

Heute wäre eigentlich ein Tag, um sich zum Wasserfall im wispernden Gebirge zurückzuziehen und zu meditieren. Gal’Arn hatte eine kleine Hütte dort. Wenn es ihm schlecht ging, zog es ihn oft dahin. Er betrachtete, wie das Wasser in den See fiel, und hatte einen hervorragenden Überblick über das benachbarte Tal. Doch nicht heute. Jaktar erhielt soeben eine Interkomnachricht von Arib’Dar. Der Rat der Ritter tagte wieder. Gal’Arn wurde erwartet. Müde erhob sich der Elare.

»Ich kümmere mich um die Beerdigungsformalitäten«, sagte Jaktar und nahm Gal’Arn damit eine Bürde ab. Jaktar musste ausloten, ob Krassasus nach Familientradition oder Rittertradition beerdigt werden sollte. Außerdem würde er sich vermutlich Beschuldigungen der Familie von Krassasus stellen müssen. Gal’Arn befürchtete, dass es zu einem Konflikt zwischen Elaren und Katron kommen würde, denn immerhin hatte ein einflussreicher katronischer Klansohn den Sprössling eines mächtigen elarischen Politikers ermordet.

Gal’Arn machte sich auf den Weg zum Domsaal, um die anderen Ritter zu treffen.

*

Im Kamin loderte ein warmes Feuer, während es draußen in Strömen regnete und donnerte.

Gal’Arn war fast allein in dem Raum. Nur Nirisar und Irasuul standen vor dem Feuer und starrten hinein. Jetzt begriff der Elare. Offenbar tagte der Ritterrat nicht, um über Goshkan zu debattieren, sondern um eine Ritterweihe durchzuführen.

Trotz dieses grauenvollen Ereignisses wurde ein neuer Ritter der Tiefe bestimmt. Der Rat trat wieder in den Saal ein. Die Anspannung des Pontanaren und der Elarin waren merklich. Vermutlich kreisten ihre Gedanken eher um den Tod von Krassasus. Nirisar hatte geweint. Ihre Augen waren gerötet und sie war bleich. Irasuul hingegen behielt Haltung.

Arib'Dar stellte sich vor den beiden Anwärtern und sah sie beide eindringlich an.

»Junge Schüler, der Rat hat entschieden. Leider kann nur einer von euch Ritter der Tiefe werden. Die Entscheidung fiel schwer, da ihr beide exzellente Anwärter auf den Status seid. Die Wahl fällt auf Irasuul.«

Gal'Arn blickte lächelnd seinem Schüler entgegen. Sein nächster Blick war eher traurig gestimmt, denn er galt Nirisar, die erneut wässrige Augen bekam.

Der Pontanare ging auf die Knie und erwartete den Ritterschlag. Arib'Dar sprach ein paar feierliche Worte und schlug mit einem goldenen Schwert des ehemaligen Ritters der Tiefe Irasuul zum Ritter.

Trotz dieses feierlichen Anlasses überschattete der Tod Krassasus die gesamte Zeremonie.

Gal'Arn war froh, als sie endlich vorbei war. Er beglückwünschte noch Irasuul und sprach tröstende Worte zu Nirisar. Nun brauchte er selbst eine Pause und ritt den schmalen Pfad zum Wasserfall, um einige Stunden in der Einsamkeit und Schönheit der Natur neue Kraft zu finden.

 

In den darauffolgenden zwei Tagen herrschte immer noch eine gedrückte Stimmung. Niemand vermochte über den Tod Krassasus zu sprechen.

Nach seiner Rückkehr aus dem wispernden Gebirge war Gal'Arn der Erste, der von dem Thema anfing. Doch hauptsächlich kümmerte er sich um Nirisar und Irasuul. Der Pontanare bedurfte keines Trostes, eher einer führenden Hand, während Nirisar entmutigt und traurig war.

Gal’Arn blickte in den grauen, wolkenverhangenen Himmel. Das Wetter entsprach seinen Gefühlen. Nirisar lehnte an der Wand eines Nahrungsdepots, welches sich auf einer Anhöhe befand. Von dort konnte sie in den Eldervestwald blicken. Gal’Arn stellte sich zu ihr.

»Nirisar, es wird noch andere Prüfungen geben. Das nächste Mal wirst du es schaffen«, versuchte Gal'Arn sie wieder aufzubauen, doch die Elarin war zu deprimiert, um sofort wieder neuen Mut zu schaffen.

»Selbst ich musste acht Jahre warten, ehe ich nach erfolgreicher Prüfung Ritter wurde. Auch der Status des Anwärters ist viel wert.«

»Wir werden sehen«, wich sie dem Gespräch aus und lief in den Wald, um alleine zu sein. Gal'Arn seufzte laut und beobachtete Irasuul, der seinen Orbiter einwies.

Die Wahl fiel dabei auf den Ghannakken Thobenar.

Gal'Arn war darüber amüsiert, denn anscheinend hatte der Vetter von Jaktar etwas Hilfestellung bei der Bewerbung von seinem Verwandten bekommen.

Thobenar war, so hatte Jaktar oft erzählt, ein Sorgenkind der Familie. Der gutgläubige und friedliche, aber tollpatschige und leider auch leicht einfältige Ghannakke hatte es schwer gehabt, einen Beruf zu finden.

Gal'Arn hoffte, dass er seiner Aufgabe als Orbiter gerecht werden konnte. Thobenar schlenderte durch den Innenhof der Anlage. Dabei musterte er dies und das und tatschte alles an, was er noch nicht kannte. Als er ein Werkzeug aus einem Schrank holen wollte, riss er dabei einige Holzlatten mit sich, die ihm auf den Kopf prasselten. Jaktar ging kopfschüttelnd an seinem Vetter vorbei. Gal'Arn lachte das erste Mal wieder seit dem tragischen Unglück.

»Ich weiß es zu schätzen, dass du und Irasuul ihm eine Chance gebt«, meinte Jaktar etwas frustriert, als er sah, wie sein Vetter versuchte das Chaos wieder ungeschehen zu machen.

Der Rittermeister machte eine verständnisvolle Geste.

»Jeder, der eine Chance verdient, bekommt sie bei uns. Ich bin sicher, dass Thobenar ein gewissenhafter und liebenswerter Gefährte für Irasuul werden wird.«

»Oder eine Nervensäge«, wieherte Jaktar gespielt zynisch.

Dann wurde der Ghannakke wieder ernst. Sein Blick schweifte zu dem kleinen Inhaftierungsblock, in dem noch Goshkan saß, bis ihm der Prozess gemacht wurde.

»Er war mir eigentlich nie richtig sympathisch, aber das hätte ich ihm nicht zugetraut«, erklärte er mit leiser Stimme.

Gal'Arn nickte schweigend. Der Ritter der Tiefe war tief enttäuscht. Er hatte in den vergangenen Jahren Goshkan viel Zeit geopfert und sicher nicht beabsichtigt, einen Killer auszubilden. Nirisar war inzwischen wieder zurückgekehrt, während Irasuul versuchte Thobenar etwas mehr Feingefühl in aller Hinsicht beizubringen.

Wie aus dem Nichts erschien ein alter, rundlicher Mann mit einem friedlichen Lächeln und einer freundlichen Ausstrahlung. Eine blau glimmernde Aura umgab den Menschen mit dem weißen Haar, der sich langsam Gal'Arn näherte.

»Sei gegrüßt, Ritter der Tiefe«, sprach der dicke Mann freundlich.

Gal'Arn nickte zur Begrüßung leicht mit dem Kopf.

»Wer bist du, Fremder?«

»Ein Freund.«

»Du bist kein Elare?«

»Nein.«

Hastig eilte Arib'Dar aus seinem Haus und blieb entsetzt stehen, als er das Wesen vor sich sah, als hätte er einen Geist gesehen. Vorsichtig schritt der Rittermeister näher und musterte den Fremden voller Ehrfurcht.

Irasuul hatte seine Hand am Schwert, während Thobenar vor sich hin stierte. Jaktar und Nirisar hielten sich zurück. Der Ghannakke wurde misstrauisch.

»Dieses Wesen scheint aus Energie zu bestehen, so wie es leuchtet«, flüsterte er zu Nirisar, die dieselbe Feststellung machte.

Inzwischen hatte Arib'Dar den Fremden erreicht, der sich nun auch zu Dar hinwandte.

»Du? Ich hatte befürchtet, dass du zurückkehren würdest.«

Gal’Arn verstand nicht so recht. Woher kannte Arib’Dar das Energiewesen, welches nun einen bekümmerten Eindruck erweckte. Die Hände hinter den Rücken verschränkt, verzog der Fremde die Mundwinkel und blickte auf den Erdboden.

»Nun, für euch sind viele Jahre vergangen. Doch ich komme nicht, um dich zur Rechenschaft zu ziehen, noch um den Ritterorden von Shagor zu bestrafen. Allerdings wäre es das gute Recht der Kosmokraten!«

Gal’Arn verstand nun langsam. Während Arib’Dar wie versteinert wirkte, schritt Gal’Arn auf das fremde Energiewesen in Menschenform hin.

»Nun sei willkommen Fremder. Bitte sage uns doch, wer du bist«, wollte der Elare wissen.

»So sei es, ich bin SIPUSTOV, ein Kosmokrat!«

Schweiß lief Arib’Dar von der Stirn. Ratlos sah er zu Gal'Arn hinüber, der nun endgültig verstand. Als Ratsmitglied des Ritterordens wusste er Bescheid über die Hohen Mächte und kannte die persönlichen Aufzeichnungen von Jedar Balar. Jedoch war es nur den Ratsmitgliedern vorbehalten. Früher war dieses Geheimnis sogar nur von Rittergroßmeister zu Rittergroßmeister weiter gegeben worden. Dennoch, 87 Ritter der Tiefe wussten nicht, dass der Gründer ihres Ordens ein Abtrünniger der originalen Ritter der Tiefe war, die im Dienste der Kosmokraten im ewigen Kampf gegen die Mächte des Chaos gestanden hatten.

Gal’Arn wusste auch, dass SIPUSTOV es gewesen war, der vor 26 Jahren Arib’Dar zur Killermission in die Milchstraße geschickt hatte. Damals hatte der Kosmokrat unmissverständlich ausgedrückt, dass eine Zuwiderhandlung furchtbare Konsequenzen hätte – auch für den so gesehen abtrünnigen Ritterorden.

Doch nichts war geschehen. Die Sterne leuchteten immer noch. Gal’Arn glaubte auch nicht, dass nun der Tag der Abrechnung für die Kosmokraten gekommen war. Dann hätten sie mächtige Raumschiffe entsandt und nicht SIPUSTOV zu einem Gespräch.

»Ich kenne kein Volk der Kosmokraten, woher stammst du?« forschte Irasuul selbstbewusst nach. Gal’Arn verübelte es ihm nicht.

SIPUSTOV begann zu lachen. Es war teils amüsiertes, teils arrogantes Lachen, welches Gal'Arn sehr verwunderte.

Noch nie hatte der Ritter der Tiefe ein Geisteswesen gesehen. Er kannte Superintelligenzen und Kosmokraten nur aus den Berichten Jedar Balars.

»Weiß denn niemand von euch Einfältigen, wer wir Kosmokraten sind?«, fragte der dicke Mann mit der leuchtenden Aura herausfordernd.

Da meldete sich Arib'Dar.

»Es wissen nur die Ratsmitglieder des Ordens«, erklärte der Rittermeister. »Es war der Wunsch unseres ehrwürdigen Ordensgründer Jedar Balar, dieses Geheimnis zu hüten.«

SIPUSTOV rümpfte die Nase.

»Der ehrwürdige Jedar Balar«, äffte die Entität nach. »Ein Dieb war er, nicht mehr!«

Diese Anschuldigung war hart. Irasuul zog sofort sein Schwert und streckte es dem Kosmokraten entgegen.

»Jedar Balar war ein großer Mann! Dir Fettwanst steht es nicht zu, ihn zu beleidigen. Ich fordere dich zum Duell!«, schrie der junge Pontanare aufgebracht und nahm eine Kampfhaltung ein. Gal'Arn näherte sich seinem ehemaligen Schüler, um rechtzeitig eingreifen zu können.

»Ich sehe nun, was er mit dem wertvollen Material gemacht hat. Eine Verschwendung!«, sagte SIPUSTOV unbeeindruckt.

Arib'Dar ordnete an, dass Irasuul die Waffe senken sollte. Widerwillig befolgte der frischgebackene Ritter der Tiefe die Anweisung.

»Sag mir, SIPUSTOV, warum bist du hier? Etwa um uns zu bestrafen, wie du es vor 26 Jahren angedroht hast?«

Ein Hauch von Verzweiflung lag in Dars Stimme. Gal'Arn verstand immer noch nicht, um wen es sich bei dem Kosmokraten handelte.

»Nun, sicher würde eine Strafe angemessen sein, doch diese hätte Jedar Balar treffen müssen, da er jedoch nicht mehr unter den Lebenden weilt, dürft ihr die grenzenlose Großzügigkeit der Kosmokraten erfahren«, erklärte er gönnerhaft. »Dennoch will ich auch festhalten, dass diese Bruderschaft kein offiziell anerkannter Orden der Ritter der Tiefe ist. Keiner von euch hat jemals den psionischen Schlag erhalten. Aber wieder sind wir sehr großzügig und sehen eure Bemühungen. Um es einfach für euch zu machen: Wir brauchen eure ..., nein, lasst es mich anders ausdrücken, wir haben einen Auftrag für euch.«

Irasuul strafte SIPUSTOV mit einem abfälligen Lächeln. Der junge Ritter der Tiefe war über die letzte Aussage empört. Gal'Arn hingegen blieb ruhig und beobachtete den Rittermeister, der mit dunkler Miene den Worten des Fremden folgte.

»Sollen wir wieder Kinder töten?«, fragte Arib’Dar mit einer Mischung aus Wut und Widerspenstigkeit.

»Nein! Dazu seid ihr zu weich. Doch sei euch verraten, dass der Sohn des Chaos Cauthon Despair in der Milchstraße mitgeholfen hat, einen Planeten mit zwei Milliarden Wesen zu vernichten. Das wäre wohl nicht passiert, wenn du meinen Auftrag damals erfüllt hättest …«

Die Zustände in dieser Milchstraße mussten grauenvoll sein, wenn ganze Welten vernichtet wurden. Arib’Dar ließ die Schultern zusammensacken. Gal’Arn merkte, wie tief ihn das berührte. Doch rechtfertigte das Kindermord? Man durfte doch nicht auf Verdacht, dass jemand einmal Verbrechen begehen würde, diese Personen schon bei der Geburt umbringen? Das war unvorstellbar für Gal’Arn! Welche Moral hatten diese Kosmokraten, wenn sie das forderten? Welchen Respekt besaßen sie vor dem Leben? Allmählich verstand Gal’Arn, wieso sich Jedar Balar einst von den Hohen Mächten der Ordnung abgewandt hatte.

»Was für ein Auftrag soll das nun sein?« forschte Gal'Arn nach und stellte sich demonstrativ vor das Energiewesen.

»Es gibt in der Galaxie Milchstraße ein Volk namens Terraner. Das dürfte Arib’Dar ja bekannt sein. Die Söhne des Chaos sind in der Galaxis aktiv. Ein anderer Sohn des Chaos namens Cau Thon hat das Sternenreich der Dorgonen ermuntert, eine Invasion in die Milchstraße vorzubereiten. Wir wünschen dies nicht«, erklärte das Geisteswesen langsam.

Gal'Arn runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor seinen Bauch.

»Wie sollen wir bei deinem Problem helfen können? Und warum ausgerechnet wir?«

SIPUSTOV machte eine ratlose Geste. Es dauerte eine Weile, bis er wieder anfing zu sprechen.

»Nun, wir haben zurzeit einen Engpass an fähigem Personal. Da ihr, wenn man beide Augen zudrückt, ein guter Abklatsch von Rittern der Tiefe seid, glauben wir, dass ihr in der Lage sein müsstet, den Terranern zu helfen.«

Irasuul schüttelte über so viel Arroganz den Kopf. Am liebsten wäre er wohl diesem Kosmokraten an die Gurgel gegangen.

»Wenn wir nur ein Abklatsch der Ritter der Tiefe sind, warum beauftragt Ihr dann nicht die wahren Ritter?«, hakte Gal’Arn nach.

Gal'Arn verwendete mit Absicht die dritte Form Singular, da die Bewohner der Galaxis Shagor meist nur Personen duzten, denen sie vertrauten. Gal'Arn traute diesem Kosmokraten auf alle Fälle nicht.

»Es gibt inzwischen nicht mehr so viele Ritter der Tiefe. Unsere anderen Hilfsvölker sind mit anderen Aufgaben beschäftigt. Es liegt in unserem Interesse, dass ihr die Aufgabe übernehmt.«

»Warum sollten wir das tun?«

»Weil ihr einen Ehrenkodex habt. In Dorgon braut sich etwas zusammen, was Milliarden von Lebewesen, vielleicht sogar Billionen vernichten könnte. Das könnt ihr nicht zulassen. Ein gefürchteter und mächtiger Feind der Kosmokraten ist wieder aktiv. Seine Pläne sind grausam, sie könnten das Ende des Universums bedeuten!«

Es herrschte nun eine Weile Stille. Die Worte wirkten auf Gal'Arn und die anderen beiden Ritter der Tiefe.

Thobenar wackelte auf Irasuul zu.

»Herr, Herr, wir dürfen nicht zusehen, wie viele, viele Männer und Frauen sterben. Wir müssen helfen!«

Jaktar stieß seinen Vetter an und legte seinen Finger auf die Lippen. Selbst Thobenar wusste, dass er nun zu schweigen hatte.

Gal'Arn ging wieder einige Schritte auf den Kosmokraten zu.

»Wir brauchen etwas Bedenkzeit. Viel zu viele Fragen sind ungeklärt. Wie können wir etwas retten, wozu ihr mächtigen Wesen nicht einmal in der Lage seid?«

SIPUSTOV neigte den Kopf für eine Weile, dann blickte er wieder zu dem Ritter der Tiefe hoch. Seine grauen Augen glänzten seltsam.

»Ihr werdet es schon sehen, wenn ihr Dorgon erreicht habt. Hier habt ihr einen Memowürfel mit den Koordinaten Dorgons. Seid ihr dort erst einmal angekommen, werde ich mich wieder mit euch in Verbindung setzen.

Von euch hängt nun das Schicksal des Universums ab. Ich hoffe, ihr seid wirkliche Ritter der Tiefe!«

Mit diesen Worten verschwand das Geisteswesen und seine beklemmende Aura einfach. Alles war ruhig und wirkte wie vorher. Niemand wagte ein Wort zu sagen. Nur das Gezwitscher der Vögel verlieh der düsteren Atmosphäre einen friedlichen Kontrast.

Gal'Arn blickte zu Arib'Dar, der sichtlich bedrückt wirkte.

»Ich wusste, dass eines Tages dieser Moment kommen würde. Informiert die anderen Ritter der Tiefe. Morgen müssen alle hier sein, denn ich habe etwas Wichtiges zu berichten.«

 

Innerhalb von einem Tag schafften es wirklich alle einhundert Ritter der Tiefe sich auf Elaran zu versammeln. Weder Gal'Arn, Irasuul noch Arib'Dar hatten den anderen Rittern etwas von der Begegnung mit dem Kosmokraten erzählt.

Gegen Abend, die Sonne stand bereits am Firmament und verlieh dem Himmel einen orangefarbenen Ton, hatten sich die einhundert Shagorer im Dom versammelt.

Arib'Dar hatte den großen Saal nur mit einigen Energiefackeln erhellen lassen, als er sich vor seinen Artgenossen stellte und seinen Blick über die einhundert Wesen schweifen ließ. Er sah Pontanaren, Elaren, Katronen und einige andere Völker.

Der Rittermeister wusste, dass sie alle hervorragende Ritter der Tiefe waren. Und er wusste, dass sie alle darüber entsetzt sein werden, was sie gleich erfahren würden.

Ohne etwas zu sagen, aktivierte er ein Hologramm. Ein Humanoide erschien in der Mitte des Saals. Er wirkte imposant, war völlig in Schwarz gekleidet und hatte lange schwarze Haare. Sein Gesicht war vom Leben gekennzeichnet.

»Seid gegrüßt, Ritter der Tiefe. Dies ist ein Notfallprogramm, welches nur in Kraft tritt, wenn ein Kosmokrat erschienen ist«, begann das Hologramm.

Die Anwesenden erkannten sofort den Mann, der zu ihnen sprach. Auf fast jedem Planeten stand eine Statue von ihm, so auch auf Elaran, ja sogar im Dom.

»Ihr alle kennt mich«, fuhr der erste Ritter der Tiefe fort. »Ich bin Jedar Balar, der erste Ritter der Tiefe in Shagor. Die Betonung liegt auf Shagor, denn es gab bereits Ritter der Tiefe vor mir. Es ist sicherlich für euch schwer zu glauben, doch die Wahrheit ist, dass die Ritter der Tiefe ein Orden sind, die dem Volk der Kosmokraten unterstehen. Vor unzähligen Äonen wurden die Ritter der Tiefe die Nachfolger des Volkes der Porleyter, die auch den Kosmokraten dienten.«

Gal'Arn, aber auch die anderen hörten gespannt den Worten ihres großen Vorbildes zu.

»Die Kosmokraten sind mächtige Geisteswesen, die jenseits der sogenannten Materiequellen leben. Noch nie hat ein Normalsterblicher diese Gefilde betreten. Die Kosmokraten sehen sich selbst als Mächte der Ordnung. Sie versuchen eine permanente Ruhe und Ordnung in das Universum zu bringen. Ihr Gegenpart stellen dabei die Mächte des Chaos, die versuchen gerade diese Ordnung zu vernichten.

Seit Millionen von Jahren bekämpfen sich diese beiden Parteien. Doch auch die Kosmokraten sind an Regeln gebunden, die für uns nur schwer nachzuvollziehen sind. So können sie nicht im normalen Universum frei agieren. Sie brauchen Hilfsvölker oder Hilfsorganisationen wie die Ritter der Tiefe. Die Ritter wurden mit besonderen Privilegien ausgestattet und erhielten im wahren Dom Kesdschan auf Khrat in der Galaxie Norgan-Tur den psionischen Ritterschlag.

Was an sich alles edel und ehrenvoll klingt, entpuppt sich allerdings als ein starres und dummes System. Die Kosmokraten wollen ihre Ordnung um jeden Preis durchsetzen und gleichen bei den Methoden oft den dämonischen Chaotarchen. Ich konnte es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, für den Frieden zu streiten und doch unschuldige Wesen auf Geheiß der Kosmokraten zu ermorden. Diese Entitäten haben den Überblick verloren und den Sinn für das Leben. Für sie zählt nur noch der Erfolg.

Um es simpel zu erläutern: Es herrscht Krieg. Die eine Partei liegt jenseits einer Brücke. Die andere muss nur noch die Brücke passieren, um die erste Partei zu erreichen. Die Brücke wird gesprengt. Auf der Brücke lebten viele kleine Insekten, Milliarden und Abermilliarden von ihnen. Die Insekten sind in der Realität jedoch denkende Lebewesen aus ungezählten Galaxien.«

Balar machte eine Kunstpause. Alle Ritter waren tief beeindruckt und schockiert zugleich. Gal'Arn wirkte sehr in sich gekehrt, wie die meisten. Für viele brach sicherlich jetzt eine Welt zusammen.

»Deshalb wandte ich mich von den Kosmokraten ab und floh! Lange Zeit war ich auf der Flucht, denn sie verfolgten mich. Ich hatte mir etwas von dem wertvollen und geheimnisvollen Ultimaten Stoff mitgenommen, den die Kosmokraten ihr Eigen nannten und den sie besonders ausgewählten Hilfsvölkern zur Verfügung stellten. Widerspruch wurde nicht geduldet. Der Pakt mit den Kosmokraten war ein Pakt auf Lebenszeit. Genauso wie bei den Chaotarchen sahen die Kosmokraten Neutrale automatisch als Feinde an.

Dann strandete ich auf Elaran, wo ich knapp 50.000 Jahre im Tiefschlaf überdauerte. Eine Zeit, die zwar den Kosmokraten wenig erscheint, jedoch ausreichte, um die Suche nach mir zu beenden. Ich wollte weiterhin Gutes tun und entschloss mich Shagor zu helfen, ja sogar den Orden der Ritter der Tiefe hier aufleben zu lassen.

Die edlen Motive sollten dabei aber im Vordergrund stehen. Jeder Ritter der Tiefe sollte sich mit Leib und Seele dem Frieden, der Gerechtigkeit und der Harmonie widmen.

Es sollte eine Ehre für den Ritter der Tiefe sein, sich für den Schutz der Bevölkerung einzusetzen. Jederzeit sollte er bereit sein, zu helfen, ohne Kompromisse oder Bedingungen.

Ich bin sicher, ihr seid diesen Ansprüchen gerecht geworden und, wann immer ihr diese Nachricht hört, so bin ich davon überzeugt, dass der Name der Ritter der Tiefe reingewaschen ist und ihr Shagor zu einem friedlichen Hort gemacht habt.

Jetzt ist ein Kosmokrat aufgetaucht und hat euch verunsichert. Ich weiß nicht, was er von euch verlangt hat. In seiner Arroganz wird er unseren Orden geschmäht haben, doch vergesst nicht, ihr seid die wahren Ritter der Tiefe, denn euer Herz ist rein und gut ...«

Das Hologramm erlosch. Nach einer kurzen Stille brach eine heftige Diskussion unter den Rittern aus.

Arib'Dar ergriff sofort die Initiative und begann von dem unverhofften Besuch des Kosmokraten SIPUSTOV zu sprechen. Ebenso erzählte er ihnen von seiner ersten Begegnung mit SIPUSTOV vor 26 Jahren und von seiner Geheimmission in die Milchstraße. Nur jene 13 Ratsmitglieder kannten diese Geschichte. So war es für den Rest eine völlige Überraschung und der Tod ihres geehrten Gefährten Prot’Gar erschien in einem anderen Licht.

Die Meinungen zu den Kosmokraten waren unterschiedlich. Die meisten Ritter der Tiefe sahen das Ende von Shagor und des Ordens gekommen.

»Wir können diesem Kosmokraten nicht trauen, vielleicht ist alles eine Falle«, meinte der Pontanare Jovkos Tarson.

Sein Gegenüber schüttelte heftig den Kopf.

»Wenn die Kosmokraten so mächtig sind, dann können wir uns ihnen nicht widersetzen, denn das würde den Untergang Shagors nach sich ziehen!«, erklärte der alte Elare Jinnus Farn.

Arib'Dar lauschte der Beratung und wagte kein Wort zu sagen. Das Auftauchen des Kosmokraten hatte ihn schwer getroffen.

»Warum haben wir niemals von den Kosmokraten erfahren?«, warf Irasuul ein.

Der jüngste Ritter der Tiefe hatte eine provokative Frage gestellt. Arib'Dar ging auf den Pontanaren zu.

»Weil es Jedar Balars Wunsch war. Er wollte, dass nur der jeweilige Rittermeister das Geheimnis mit sich trägt. Unsere Vorfahren haben das Geheimnis schließlich mit dem Rat geteilt. Ich war einst genauso schockiert wie ihr, doch wir müssen damit umgehen. Auch wenn wir stets der Meinung waren, dass der Orden hier in Shagor entstanden war, so sind wir wahre Ritter der Tiefe!«

Wieder entbrannte eine heftige Diskussion. Dar versuchte vergeblich für Ruhe zu sorgen, doch niemand schien auf ihn zu hören. Resignierend ließ er die Arme herunter sacken und setzte sich auf einen Sessel.

Tarson und Farn begannen sich zu streiten, so wie auch viele andere Ritter. Sie waren sich uneins und zerstritten. So etwas hatte es in dieser Form noch nie in der Geschichte der Ritter der Tiefe aus Shagor gegeben. Gal'Arn schritt um die Streithähne herum und stellte sich neben seinen Meister.

»Wir sind Ritter der Tiefe und keine zänkischen Waschweiber«, begann er mit harter Stimme. Sofort verlagerte sich die Aufmerksamkeit auf ihn.

»Wir können jetzt über die Vergangenheit streiten oder philosophieren. Wir können aber auch an die Zukunft denken. Warum sollte uns so ein arroganter und mächtiger Kosmokrat um Hilfe bitten? Dies kann nur der Fall sein, wenn er uns wirklich braucht.

Wir haben einen Eid auf den Frieden und die Gerechtigkeit geschworen. Wir müssen ihn erfüllen. Der Eid bindet uns nicht allein an Shagor.«

»Doch, das tut er. Wir können uns doch nicht um alles kümmern?«, warf der Katrone Upnam Waq ein.

Er wedelte dabei heftig mit seinem Rüssel, was ein Zeichen der Aufregung war.

»Vielleicht können einige von euch die Augen verschließen, ich kann es jedenfalls nicht. Ich werde nach Dorgon fliegen!«

Jeder sah überrascht Gal'Arn an, selbst Arib'Dar.

»Du rennst geradewegs in dein Verderben, Gal'Arn!«, rief Tarson dazwischen.

»Mag sein, aber ich will nicht mit dem schlechten Gewissen leben, dass ich untätig hier herumsaß, während gegen eine kosmische Bedrohung angekämpft werden muss«, verteidigte sich der Ritter.

Die Worte trafen einige Rechtstreiter hart. Sie fühlten sich von Gal'Arn beleidigt und verließen erbost den Saal.

»Wer sagt denn, dass es nicht wieder eine Killermission ist, wie jene vor 26 Jahren? Das hat nichts mit Ehre zu tun«, wandte ein anderer Ritter berechtigt ein.

»Das müssen wir herausfinden. Doch wir können das Universum um Shagor herum nicht ignorieren. Es muss den Kosmokraten viel Überwindung gekostet haben, uns um Hilfe zu bitten. Das sagt doch viel über den Ernst der Lage aus«, erwiderte Gal’Arn.

»Gal'Arn war schon immer ein Querdenker, soll er doch hingehen, wo immer er hin will!« fauchte Tarson abwertend.

»Ich finde, er hat recht. Wir dürfen uns nicht durch Nichtstun strafen«, erklärte Jinnus Farn.

Die Debatte schien endlos lange anzudauern.

Die Ritter der Tiefe kamen zu keiner Einigung. Die Mehrzahl war dafür, das Auftauchen des Kosmokraten zu ignorieren und sich weiter um Shagor zu kümmern.

Gal'Arn vertrat jedoch die Meinung, man müsse nach Dorgon fliegen, um für den Frieden zu streiten. Der Elare spürte, dass irgendeine große Gefahr über dem Universum lag und unzählige von Intelligenzen bedrohte.

Arib'Dar schlug eine Abstimmung vor, die mit 46 Stimmen gegen einen Flug nach Dorgon sprach, 15 Enthaltungen – darunter jene, die einfach den Dom verlassen hatten - und 39 Prostimmen.

Damit wurde Gal'Arns Antrag knapp abgelehnt. Der Ritter zeigte sich jedoch unbeeindruckt.

»Dann werde ich ohne eure Genehmigung fliegen!«

Ein Raunen hallte durch den Raum. Wieder standen einige Ritter der Tiefe, Tarson allen voran, erbost auf und taten ihren Unmut kund. Noch nie hatte es ein Ritter gewagt, sich einer Abstimmung des Rates zu widersetzen.

Arib'Dar versuchte sie zu beruhigen.

»Ich gehe auch mit«, warf nun Irasuul ein und stellte sich demonstrativ neben seinen ehemaligen Lehrer.

Nirisar, Jaktar und Thobenar, die das Geschehen von außen beobachteten, meldeten sich ebenfalls leise, doch niemand konnte das bemerken.

Arib'Dar hob beschwörend die Hände.

»Meine Freunde, unsere Gemüter sind erhitzt. Es ist besser, wir brechen heute ab und beraten uns morgen weiter. Das ist mein letztes Wort.«

Jeder befolgte den Rat des Rittermeisters und begab sich in sein Quartier. Gal'Arn suchte kopfschüttelnd das Weite, gefolgt von Irasuul. Arib'Dar rief beiden mehrmals hinterher, doch sie gingen weiter. Zu enttäuscht waren die beiden Ritter der Tiefe über das Verhalten ihrer Mitstreiter.

 

Inzwischen war es Nacht. Die drei Monde hingen sichelförmig über Elaran und bildeten ein Dreieck. An den Toren des Anwesens brannten noch einige Energiefackeln und spendeten Licht.

Zwei Roboter hielten an jedem Tor Wache.

Gal'Arn, Irasuul, die beiden Ghannakken und Nirisar hatten sich in das Haus des Ritters der Tiefe zurückgezogen.

»Du hast auf jeden Fall unsere Unterstützung«, sagte Nirisar selbstbewusst.

Gal'Arn nickte nur schwach mit dem Kopf. Der Ritter hatte sich auf sehr brüchiges Eis begeben. Die Ritter der Tiefe konnten ihn wegen seiner Missachtung des Ratsbeschlusses ausstoßen, doch er musste so handeln. Gal'Arn spürte deutlich die Gefahr. Er glaubte dem Kosmokraten. Solch ein Wesen war nur einigermaßen freundlich, wenn es etwas brauchte.

Und dies war die Hilfe der Ritter der Tiefe, dessen war er sich sicher.

»Sollte der Rat morgen immer noch derselben Meinung sein, werden wir ohne ihre Erlaubnis mit der TERSAL aufbrechen«, erklärte Arn.

»Mit der TERSAL? Das wäre der nächste Tabubruch. Du weißt, dass die TERSAL nur mit der Genehmigung des Rates im Notfall geflogen werden darf«, wandte Jaktar ein.

Gal’Arn blickte mit einem Schmunzeln zu dem Ghannakken herüber.

»Wenn ich mich dem Rat widersetze, dann richtig. Wir müssen Vorbereitungen treffen. Komm mit, mein Freund!«

Jaktar und Gal’Arn standen auf und befahlen den drei anderen, im Haus zu bleiben. Es war besser, wenn Irasuul, Nirisar und Thobenar nicht daran beteiligt waren. So konnte er eine Strafe vielleicht von ihm abwenden.

»Wo gehen wir hin?« forschte Jaktar nach, während er seine Montur anlegte.

Gal'Arn streifte seinen Poncho über.

»Wir gehen ins wispernde Gebirge zur TERSAL. Wir müssen das Raumschiff startklar machen und mit dem Wächter sprechen.«

»Oje, oje, wir brechen auch wirklich alle Regeln ...«, seufzte Jaktar und schwang sich auf das Muny, doch Gal'Arn zog es diesmal vor, einen Gleiter zu benutzen. Der Ghannakke musste sich beeilen, um noch in das Fluggefährt zu springen.

Nachdem Gal'Arn die Sicherheitsschaltung kurz deaktiviert hatte, verschwanden beide in der Dunkelheit des Waldes.

*

Der Gleiter hatte innerhalb von wenigen Minuten die Bergkette hinter dem Wald erreicht. Auf einem der höchsten Berge befand sich die Grotte mit dem Grab Jedar Balars und dem Hangar mit der TERSAL.

Gal'Arn landete den Gleiter nahe bei dem silbernen Raumschiff. Das pfeilförmige Schiff schimmerte edel. Es war 110 Meter lang. Am hinteren Drittel des Raumers ragten die Flügel mit einer Spannweite von sechzig Metern zur Seite. Am Heck befanden sich die Felddüsen der Triebwerke.

Gal’Arn atmete tief durch, bevor er mit der Hand über die Außenhülle der TERSAL fuhr. Das war materielle Geschichte! Die TERSAL war älter als der Ritterorden von Shagor. Es war ein Raumschiff, welches mindestens 93.000 Jahre alt sein musste. Mit diesem Raumer hatte Jedar Balar vor eben knapp 93.000 Jahren Shagor erreicht.

Die Technologie der TERSAL war der Shagors weit überlegen. Es musste sich um Kosmokratentechnik handeln.

Gal’Arn las die Worte, die auf dem Schiff unter der Namensbezeichnung standen. Sie waren in einer fremden Sprache und bedeuteten so viel wie »Frieden und Freiheit«.

»Meister, bist du sicher, dass wir hier herein müssen? Mir kommt das vor, wie die Entweihung eines Gottestempels«, wandte Jaktar ängstlich ein.

Gal'Arn drehte sich zu dem eselsähnlichen Lebewesen um und legte ihm seine Hand auf die Schulter.

»Jedar Balar war ein Mensch, wie du und ich. Er war kein Gott, sondern ein sehr guter Mensch und Ritter der Tiefe. Sicherlich würde er unseren Schritt begrüßen. Glaube mir, an unserer Stelle hätte er genauso gehandelt.«

»Na gut, wenn du meinst. Dann mal rein!«

Beide gingen zur Einstiegsluke, die bereits ausgefahren war. Sie gingen den kleinen Steg hoch. Kaum bei der Tür angekommen, öffnete sich das Schott auch bereits.

Die Wände des Innenraums waren in einem sanften, leuchtenden weiß. Die Wände spendeten sogleich auch das Licht. Der Boden war aus demselben Material. Ihre Körper spiegelten sich darin. Der Innenbereich der TERSAL wirkte bestens gepflegt.

»Sei willkommen, Ritter der Tiefe«, erklang eine mechanische Stimme. Die beiden sahen sich verwundert um.

»Eine Positronik?«, fragte Jaktar ahnungslos.

»Nein, weder eine Syntronik und eine Positronik schon gar nicht. Ich bin Vergana, der Orbiter Jedar Balars.«

Ein goldener Roboter in humanoider Form trat hervor. Gal'Arn wusste für den ersten Moment nichts zu sagen. Das hatte selbst ihn überrascht. Der musste beinahe 100.000 Jahre alt sein.

»Es tut mir leid, Vergana, das wir gestört haben ... wir ...«, stammelte der Ritter der Tiefe ratlos herum.

Der Android winkte ab, offenbar eine Geste, die er von seinem früheren Meister abgeschaut hatte, und näherte sich den beiden Besuchern.

»Keine Sorge, ihr habt nicht gestört. Mein Meister hatte mir aufgetragen, jeden Ritter der Tiefe willkommen zu heißen. Oh, du willst wissen, woher ich weiß, dass du ein Ritter bist? Nun, dein Schwert hat eine Caritlegierung. Ein gutes Erkennungszeichen. Außerdem beobachte ich natürlich den Ritterorden. Ich weiß, dass du Gal’Arn bist und dieser Ghannakke dein Orbiter Jaktar. Folgt mir!«

Der Roboter wanderte in staksigen Schritten durch die Korridore des Schiffes. Gal'Arn und Jaktar folgten wortlos. Sie nutzten die Zeit, um sich umzusehen. Alles wirkte peinlich genau sortiert und gesäubert. Selbst die Betten in den Quartieren waren gemacht. Die Küche war gefüllt mit frischem Proviant.

Vergana erklärte, dass er der Wächter des Schiffes sei und sich niemals gezeigt hatte, da sein Meister von ihm verlangte, immer im Schiff zu bleiben und es zu bewachen. Er sollte, falls ein Ritter der Tiefe Hilfe brauchte, ihm diese zukommen lassen.

»Die letzten Ritter der Tiefe, die mich aufgesucht hatten, waren Arib’Dar und Prot’Gar vor 26 Jahren. Seitdem hat auch die TERSAL diese Welt nicht mehr verlassen.«

»Wir brauchen Hilfe, Vergana«, erklärte Gal'Arn. »Ein Kosmokrat ist uns erschienen und hat uns den Auftrag gegeben in eine Galaxis namens Dorgon zu fliegen. Von dort soll eine Gefahr ausgehen, die sich auf das ganze Universum auswirken könnte.«

»Soso, ein Kosmokrat ist aufgetaucht. Die wird man wohl nie los. Eure Hilfe haben sie gefordert? Da kann man wohl schlecht Nein sagen ...«

Jaktar kam der Android sehr wunderlich vor.

»Kannst du uns helfen?«, fragte er sichtlich ungeduldig.

»Nun, ich habe eure Ankunft erwartet, denn mir sind die Ereignisse nicht verborgen geblieben. Wie ihr seht, befindet sich die TERSAL in bestem Zustand. Ich warte das Raumschiff regelmäßig und innerhalb des Wartungskomplexes im Bergmassiv hinter dem Mausoleum von Jedar Balar befindet sich meine Station, die einst auch Jedar Balar während seines Tiefschlafes genutzt hatte. Ich gehe davon aus, dass ihr mit der TERSAL reisen wollt?«

Gal’Arn bestätigte die Vermutung des Roboters.

»Und es liegt keine Genehmigung des Rates vor?«

Der Elare druckste herum. Aber er konnte dem Orbiter Jedar Balars nichts vormachen. Dieser schien wenig beeindruckt.

»Insubordination war die Grundlage des Ritterordens in dieser Galaxis. Ich denke, es ist im Sinne meines verblichenen Meisters, dass ihr das Raumschiff benutzt. Es muss sowieso wieder mal geflogen werden.«

Der Roboter schwieg und widmete sich Wartungsaufgaben in der Kommandozentrale der TERSAL. Gal’Arn blickte Jaktar überrascht an.

»Das war ja einfach«, meinte der Ghannakke.

Nun erhob Vergana erneut die Stimme.

»Es ist nur für jene einfach, die sich als würdig erweisen. Gal’Arn, Jaktar, es ist eure Bestimmung mit der TERSAL durch das Sternenportal in die Galaxis Dorgon zu reisen. Doch dieses Abenteuer wird nicht einfach werden …«

 

Cau Thon empfand Vorfreude auf die kommende Mission. Er war es leid, nur zu konspirieren und zu beobachten. Er wollte selbst zur Tat schreiten und sah seine Mission in Shagor als perfekte Gelegenheit. Während Rodrom mit seiner WORDON in der Lokalen Gruppe geblieben war, um sich potenzieller Verbündeter anzunehmen, durfte Cau Thon die Pläne der Kosmokraten und DORGONs in dieser Galaxie vereiteln. Es war vorhersehbar gewesen, dass SIPUSTOV und DORGON eine Allianz eingehen würden. Cau Thon fragte sich nur, welche Rolle AMUN spielen würde. Möglicherweise würde er sich weiter im Hintergrund halten. Cau Thon hatte für SIPUSTOV nichts übrig. Niemals würde er diesem Kosmokraten vergeben, was er Cau Thons Volk der Xamouri angetan hatte.

Die KARAN hatte vor einigen Stunden den Flug durch das Sternenportal beendet und nahm Kurs auf den Planeten Elaran, der 13.730 Lichtjahre vom Standort des Sternenportals befand. Elaran umkreiste die gelbe Sonne Elora. Die 7.900 Kilometer durchmessende Welt war das reinste Paradies für Naturliebhaber. Die zwei Milliarden Elaren lebten vornehmlich auf fliegenden Städten in der Atmosphäre des Planeten. Rund 300 Millionen Elaren zogen es jedoch vor, in kleinen Ortschaften oder einzelnen Farmen und Bauernhöfen auf einem der sieben Kontinente zu siedeln. Dort befand sich auch der Sitz der sogenannten Ritter der Tiefe. Einer Horde Abtrünniger. Cau Thon hatte bei der Geburt seines Protegés Cauthon Despair Bekanntschaft mit zwei dieser Ritter gemacht. Den einen hatte er umgebracht. Das Leben des Anderen hatte er geschont. Ob sich Arib’Dar jemals von dieser Schmach erholt hatte?

Schon damals waren diese Ritter als Diener für die Kosmokraten rekrutiert worden. Offenbar hatten die Mächte der Ordnung großen Personalmangel, denn selten gaben sie Versagern eine zweite Chance. Vielleicht war es auch der Einfluss von DORGON. Was auch immer der Grund war, Rodrom wusste von den Versuchen, die Ritter aus Shagor als Verbündete der Galaktiker einzuspannen. Deshalb war Cau Thon hier. Er sollte das verhindern.

»Meister?«

Das fahle Gesicht des Zievohnen Preschtar blickte Cau Thon erwartungsvoll aus der Kutte an.

»Was ist?«

Cau Thon hatte wenig für die Zievohnen übrig. Sie waren so unscheinbar und devot. Sie waren keine Krieger, sondern trostlose Gestalten in ihren grauen Kutten, die monoton ihre Arbeit verrichteten.

»Ich habe die Ankunft eines weiteren Raumschiffes aus dem Sternenportal registriert.«

Immerhin brachte Preschtar nützliche Informationen. Cau Thon sah sich die Ortungsergebnisse an. Sie wurden in dreidimensionaler Form in seiner Kopfhöhe projiziert.

Das fremde, sternenförmig gezackte Raumschiff war bedeutend kleiner als die KARAN. Es war wohl nur für eine Person ausgerichtet. Dennoch schien es über eine hoch entwickelte Technologie zu verfügen, wenn es in der Lage war, solche Distanzen zurückzulegen.

»Identifikation?«

»Wir vermuten, es ist ein alyskisches Raumschiff. Allerdings verfügt der Raumer über Störfelder, die eine Analyse der Technik unmöglich machen, um eine stichhaltige ...«

Cau Thon winkte unwillig ab.

»Schon verstanden!«

Die Alysker waren seit langer Zeit nicht mehr in Erscheinung getreten. Was hatte ein Raumschiff von denen hier zu suchen? Nahmen sie nun einen aktiven Part in der Allianz gegen MODROR ein?

»Beobachtet das Raumschiff. Es wird uns folgen, denn ich gehe davon aus, dass der Pilot auch nach Elaran will. Bevor wir jedoch das System erreichen, versucht es mit den Beibooten abzufangen. Ich will zuerst auf Elaran sein.«

Cau Thon erhob sich und würdigte Preschtar keines weiteren Blickes. Er begab sich im Antigravschacht drei Decks tiefer zu den Mannschaftsquartieren der Skurit-Soldaten. Zweitausend der Elitesoldaten aus Barym befanden sich auf der KARAN. Waffenführer Shelvehr trat auf den Sohn des Chaos zu und schien weitere Befehle zu erwarten.

»Bereite deine Truppen vor. Das Ziel ist der Dom der Ritter der Tiefe. Ich will einen kurzen, heftigen und präzisen Angriff. Keiner der Ritter soll überleben.«

Der Skurit verneigte sich schweigend. Cau Thon musterte das Wesen in seinem verstärkten, schwarzen Exoskelett. Aufgrund ihres martialischen Aussehens wurden sie oft von ihren Feinden als Skelettsoldaten bezeichnet. Furcht vor dem Feind war eine effektive Waffe, denn der Gegner wurde somit schon im Kopf besiegt, bevor der erste Schuss fiel.

Cau Thon kehrte in seine Kabine zurück und überprüfte die Nachrichten von Elaran. Dort wurde über einen neuen Konflikt berichtet. Ein Ritterschüler hatte einen anderen ermordet. Das schien ein echter Skandal in dieser Galaxis zu sein. Der Mörder mit dem Namen Goshkan befand sich in Gewahrsam auf dem Ritterkomplex. Der Vater des Getöteten forderte Genugtuung. Offenbar war es ein hochrangiger Politiker des Planeten. Der Klan des Mörders hingegen forderte die Freilassung. So schien es zu einem Konflikt zwischen beiden Spezies zu kommen.

Die elarische Boulevardpresse berichtete von der Tötungskampfmaschine Goshkan und stellte das Konzept der Ritter der Tiefe infrage. Sie titelte ihre Schlagzeilen mit den Worten:

»Wie viele Mörder bilden die Ritter noch aus?«

Die Katronen waren ein Volk von interessanter Erscheinung. Cau Thon hatte den Artgenossen von Goshkan noch in Erinnerung, der vor 26 Jahren auf Neles sein Leben verloren hatte. Der damalige Orbiter war jedoch keineswegs eine Kampfmaschine gewesen. Dieser Goshkan schien da anders zu sein. Er entstammte einem mächtigen Klan des Planeten Katron. Im Gegensatz zu den modernen Katronen waren diese Klans große Kriegerfamilien und waren Stolz auf Jagd und Kämpfe. Dieser Goshkan hatte vielleicht Potenzial. Es wäre schade, wenn er in seiner Zelle versauern würde.

Cau Thon rief Preschtar zu sich.

»Ich begebe mich vorher zum Ritterdom. Vergiss nicht, das alyskische Raumschiff unter Kontrolle zu halten. Wartet auf mein Signal und beginnt dann mit dem Ablenkungsangriff auf die elarischen Städte, ehe das Landungskommando der Skurits das Ritterareal attackiert.«

Preschtar verneigte sich vor dem Xamouri. Cau Thon fuhr mit der Hand über seinen neuen Gürtel. Es war ein Geschenk seines Meisters und Cau Thon war stolz über dieses technologische Schmuckstück. Er aktivierte den dritten Schalter von links. Der eingebaute Fiktivtransmitter strahlte Cau Thon direkt nach Elaran ab. Er befand sich in einem Wald. Zuerst aktivierte der Sohn des Chaos einen Ortungsstörer. Dann scannte er das Areal. Um den Wald herum befanden sich Schutzschirmgeneratoren und verschiedene Kampfstände der Raumabwehr. Cau Thon markierte die Geschütze und legte Sprengladungen an den Generatoren. Das würde den Skurit-Soldaten einige Zeit ersparen.

Die Ritter der Tiefe aus Shagor waren nicht auf einen Angriff einer fremden Macht vorbereitet. Die Abwehrmechanismen waren für Völker Shagors ausgerichtet, nicht für die Heerscharen MODRORs.

Er bahnte sich einen Weg durch das Dickicht und gelangte nach einer Stunde zu Fuß an das Tal, in dem sich die Anlage der Ritter der Tiefe befand. Es wirkte auf ihn, als befände er sich auf einer Welt, in der es noch nicht einmal das Dampfmaschinenzeitalter begonnen hatte. Die Mauer war aus roh zugehauenen Steinen erbaut. Die Häuser dahinter teilweise sogar aus Holz. Es wirkte primitiv, aber auf gewisse Weise auch romantisch. Cau Thon ließ sich jedoch von dem rustikalen Anblick nicht täuschen. Die Abtastung ergab, dass durchaus für Shagor modernste Technik verwendet wurde.

Er musste diese sabotieren, damit die Skurits mühelos den Dom angreifen konnten. Dazu brauchte er vielleicht Hilfe und er wusste, an wen er sich wenden würde. Thon aktivierte den Fiktivtransmitter und strahlte sich in das Innere des Ritterkomplexes ab. Sein Ziel war der Arrestkomplex.

*

Goshkan kauerte in seiner Zelle und sah seinem Schicksal entgegen. Je länger er in der Zelle verweilte, desto mehr Hass gegen Gal'Arn und die Ritter der Tiefe staute sich in dem Katronen auf. In seinen Augen hatte er nichts Falsches getan. Krassasus war ein schwacher Mensch gewesen, der den Tod verdient hatte. Ja, es war eine gute Tat gewesen, die er begangen hatte. Er hatte es genossen, Krassasus das Leben zu nehmen. Er fühlte sich mächtig und unbesiegbar. Es macht ihm Spaß.

Der Klan würde stolz auf ihn sein. Goshkan hatte nach der vermeintlichen Niederlage gegen Krassasus seine Ehre wiederhergestellt. Sonst hätte er sich selbst töten müssen, denn er hatte durch die Niederlage Schande über sich und seine Kriegerahnen gebracht. Es war nicht weiter schlimm, einen Kampf zu verlieren, wenn man diese Niederlage in kurzer Zeit wieder wettmachte.

Es war durch und durch katronisch, dabei von jedem denkbaren Vorteil Gebrauch zu machen. Auch wenn er den Siegestaumel von Krassasus ausgenutzt hatte, so schämte er sich dafür nicht. Dieser schwächliche Elare hätte sich vielleicht mehr mit der Ehre und den Kampfritualen der Katronen beschäftigen sollen. Goshkan hoffte, dass seine Familie zuhause stolz auf ihn war. Er dachte an die weiten Steppen von Katron. Die matschigen Sümpfe. Beides waren Jagdgebiete, an die Goshkan hervorragende Erinnerungen hatte. Doch nun war alles vorbei. Bald würde ein Gericht über ihn urteilen, dann würde er den Rest seines Lebens in einem Gefängnis verbringen. Keine Macht, kein Ruhm, kein Ansehen ...

»Wärter, ich habe Hunger!«, brüllte das Elefantenwesen laut durch die Korridore, doch niemand kam. Auch nach dem zweiten und dritten Ruf hielt es niemand für nötig, ihm zu antworten.

Plötzlich hörte er Schritte. Jemand bewegte sich langsam auf ihn zu. Unruhig zappelte Goshkan in seiner Zelle hin und her.

Ein orangefarbenes Licht erhellte die Korridore, langsam sah er den dunklen Schatten einer nahenden Person.

Da sah er die fremde Gestalt. Sie war völlig in schwarz gekleidet, schwarze Stiefel, Hose, Umhang, Handschuhe und Kutte. Das Gesicht unter der Kapuze war rot mit einem seltsamen Mal verziert. Die Augen glühten gelb. In ihnen standen Hass, Finsternis und Bosheit geschrieben. Goshkan fühlte sich unbehaglich.

»Wer bist du?«, wollte der Katrone von seinem Gegenüber wissen.

»Dein Retter, Goshkan!«

»Wieso willst du mich retten, Fremder?«

»Weil wir gemeinsame Feinde haben. Sie haben dich verschmäht und dich deiner Freiheit beraubt. Du hasst sie dafür und würdest sie alle vernichten, ist es nicht so?«

Die dunkle und heisere Stimme des Rothäutigen begann Goshkan zu gefallen. Sie wirkte zwar unheimlich, doch gerade dieses Detail zog den Katronen magisch an.

»Ja, ich würde sie alle grausam töten!«, schrie er und schlug sich dabei auf die Brust, dann begann er an den Gitterstäben zu rütteln.

»Lasse mich frei! Ich tue alles dafür!«, bettelte er.

Der Fremde hielt in der rechten Hand einen etwa zwei Meter hohen Stab, der am Ende mit einem Totenschädel verziert war. An den Seiten waren messerscharfe Klingen angebracht. Der Stab glänzte wie die Schwerter der Ritter der Tiefe.

»Ist der Stab auch aus ultimativem Stoff?«

»Ja, ist er. Gehe zur Seite!«

Der Fremde öffnete zuerst das Kraftfeld, dann die Gitter. Laut lachend rannte Goshkan heraus und suchte nach einer Waffe.

»Gib mir Gewehre, Schwerter, Strahler ...!«

»Eines nach dem anderen, ungestümer Katrone«, sprach das dunkle Wesen. »Etwa einhundert Ritter der Tiefe sind hier. Der Dom und seine Anlage machen einen harmlosen Eindruck, doch ich habe ein seltsames Gefühl ...«

Goshkan nickte verständnisvoll.

»Du hast recht. Sobald ein größerer Anstieg übergeordneter Energien angemessen wird, werden die Verteidigungssysteme aktiviert. Der gesamte Komplex ist durch automatische Verteidigungssysteme geschützt. Weder Raumschiffe, Bodenfahrzeuge oder Gleiter können sich unbemerkt nähern, ohne dass automatisch die Verteidigungsanlagen aktiviert werden.

»Gut, dann deaktiviere oder zerstöre sie, damit meine Truppen den Dom vernichten können.«

Goshkan machte eine Art Ehrenbezeugung und lief den Korridor entlang. Dabei stolperte er fast über die Leichen der Wächter. Beide schlichen sich zum Hauptgenerator. Dabei machte der Katrone beim Waffenlager halt. Er kannte noch den Code, jedoch war dieser geändert worden. Wütend trat er gegen die Konsole.

»Was machst du da?«, hörte er eine alte Stimme sagen.

Der Ritter der Tiefe Jinnus Farn hatte den Lärm gehört und rannte zu den beiden Gestalten. Goshkan wollte los rennen, doch der Fremde hielt ihn zurück.

»Wer seid ihr? Oh nein, du bist doch Goshkan! Ergib dich!«

Farn zog sein Schwert und richtete es gegen den Katronen. Der Fremde mit der roten Haut hatte sich inzwischen versteckt.

»So einfach kommst du nicht davon. Ich würde nur zu gern wissen, wie du dich befreit hast. Wachen!«

Farn drehte sich kurz um, da tauchte der Fremde bereits auf und ging in Kampfposition. Mit einem gewaltigen Satz sprang er zwischen den Ritter der Tiefe und den unbewaffneten Katronen. Dann griff der Unbekannte an. Der alte Ritter konnte nur die ersten beiden Schläge mit seinem golden schimmernden Schwert abwehren, doch dann machte der Fremde einen Salto über ihn und rammte dabei das untere Ende des spitzen Stabes in den Oberkörper seines Gegners.

Ächzend ließ Farn das Schwert fallen, welches sofort Goshkan ergriff und wieder zustach. Immer wieder und wieder bohrte er das Schwert in den Körper des sterbenden Ritters der Tiefe. Goshkan war in einem regelrechten Blutrausch. Er konnte nicht mehr aufhören, erst als der Fremde ihm das Schwert aus der Hand schlug.

»Wer bist du, dass du es wagst, mir Befehle zu erteilen?«, brüllte das Ungetüm.

»Ich bin Cau Thon, dein neuer Meister!«

 

Goshkan hatte den Energiegenerator deaktiviert. Kaum war das Verteidigungssystem zusammengebrochen, gab Cau Thon bereits ein Zeichen an die KARAN. Diverse Explosionen erschütterten das Waldgebiet. Das Trampeln und Gekreische der Tiere verlieh der Szene eine apokalyptische Atmosphäre. Die vorderen Verteidigungslinien waren zerstört. Den Rest besorgte die KARAN. Plötzlich tauchte das H-förmig Schiff am Himmel auf und eröffnete das Feuer auf die noch intakten Geschützanlagen. Dutzende Beiboote wurden ausgeschleust. Flugpanzer und Skurit-Soldaten in Fluganzügen landeten im unmittelbaren Umfeld des Doms. Danach kam die KARAN und ging neben der Lichtung nieder. Die Bäume, die im Weg standen, wurden einfach niedergebrannt.

»Was ist das?«, forschte der Katrone nach.

»Das ist die KARAN, mein Schiff«, sprach Cau Thon. In seiner Stimme lag viel Stolz, denn die KARAN war ein ganz besonderes Schiff.

Die Ladeluke öffnete sich und Hunderte der Skelettsoldaten marschierten hinaus. Sie schossen sofort. Goshkan konnte nicht erkennen, ob es Lebewesen oder Roboter waren.

In der Ritteranlage herrschte helle Aufregung. Die Ritter waren völlig überrascht worden, denn die ganze Aktion hatte nur knapp zwei Minuten gedauert. Weitere Beiboote der KARAN hatten derweil ihren Ablenkungsangriff auf die Schwebestädte gestartet, damit die elarische Heimatflotte nicht eingriff. Sie waren der KARAN technisch völlig unterlegen. Dennoch würde es akzeptable Verluste geben. Die ersten Ritter leisteten Widerstand gegen die heranstürmenden Skurit, welche die Mauer an mehreren Stellen durchbrachen.

Sofort eilte einer der Droiden zu Arib'Dar und informierte ihn. Schnell zog er sich ein Gewand an und bewaffnete sich. Die anderen Ritter wurden ebenfalls alarmiert.

Die dunklen Truppen Cau Thons erreichten das Tor zum Dom Areal. Cau Thon stellte sich vor seine Anhänger und schwang den Stab in die Höhe. Für einen kurzen Moment hielten die Skurits inne und stellten das Feuer ein.

»Soldaten, vernichtet sie im Namen MODRORs!«, rief er so gut er es konnte mit seiner heiseren Stimme. Sofort begannen die Truppen zu schießen. Gnadenlos wurden die Diener der Ritter niedergemetzelt. Ein Flugpanzer richtete das Geschütz auf den Dom und schleuderte eine tödliche Energiesalve auf das Kuppelgebäude.

Der Dom fing Feuer. Vier Ritter stürmten mit ihren goldenen Schwertern auf die Gegner zu und strecken etwa ein Dutzend nieder, bevor sie in einem Hagel aus Energiesalven ihr Leben ließen. Irasuul, Nirisar und Thobenar rannten zum Dom und verschanzten sich dort.

»Zu den Waffen, wir müssen Strahler nehmen!«, rief Arib'Dar und deutete auf die Waffenlager hin.

Die Ritter der Tiefe wurden an ihrer schwächsten Stelle, dem ehrwürdigen Ort des Doms – den sie als sichersten Ort in der Galaxie ansahen – erwischt und blutig für ihre Nachlässigkeit bestraft.

Cau Thon stürmte selbst in das Kampfgetümmel und duellierte sich mit einigen Rittern der Tiefe. Jovkos Tarson griff den dunklen Abgesandten von hinten an und streifte ihn mit seinem Schwert an der Schulter. Thon rannte nach vorn und machte eine Flugrolle. Kaum war er wieder oben, wirbelte er mit seinem Stab um 180 Grad und schlug gegen Tarsons Schwert.

»Wer zur Hölle bist du?«

»Der Teufel!«

Thon begann eine Angriffsserie und drängte den Pontanaren immer weiter zurück, der aus einer Drehung versuchte, mehr Schwung hinter seine Schwerthiebe zu bekommen, doch Cau Thon setzte beide Enden des Stabes geschickt ein. Schweiß lief von der Stirn des Ritters.

Mit dem unteren Ende des Stabes versetzte Cau Thon seinem Gegner einen Hieb gegen das linke Bein. Die messerscharfen Klingen schnitten eine tiefe Fleischwunde. Tarson schrie laut auf und fiel nach hinten. Auf dem Rücken liegend versuchte er die Schläge Thons abzuwehren, doch Cau Thon schlug ihm das Schwert aus der Hand.

»Ich ergebe mich, zeige Erbarmen!«

Thon grinste.

»Erbarmen ist etwas für Gute«, sagte er und stieß den Stab in den Bauch des Ritters der Tiefe, der noch etwas zuckte, bevor der letzte Hauch des Lebens aus ihm gewichen war.

»Vernichtet sie, jeden von ihnen!«, brüllte Cau Thon und spornte somit seine Soldaten an, das Massaker gründlich zu Ende zu bringen.

*

Vergana war damit beschäftigt, die letzten Wartungen an Bord der TERSAL durchzuführen.

Jaktar ging gelangweilt durch die Gegend und erkannte nach kurzer Zeit das Lodern am Himmel. Beim zweiten Blick begriff er, dass der Dom in Flammen stand!

»Meister, der Dom brennt, der Dom brennt!«, wieherte der Ghannakke aufgeregt und schlackerte heftig mit den Ohren.

Gal'Arn rannte zu dem Hügel, wo er den Angriff sehen konnte. Seinem Auge entging auch nicht das fremde Schiff, welches unweit von der Lichtung stand.

»Vergana beeile dich, wir kommen wieder!«, rief Gal'Arn.

Bevor der Roboter etwas antworten konnte, waren beide bereits mit dem Gleiter in Richtung Dom verschwunden.

Der Kampf tobte mit unverminderter Härte. Die Ritter der Tiefe kämpften um ihr Leben. Arib'Dar hatte sich Irasuul angeschlossen und im Inneren des Doms verschanzt.

Schnell griff er zu einem Interkomgerät und informierte die elarische Armee. Wenige Minuten später trafen die ersten Flugpanzer der Lokalverteidigung ein.

Cau Thon bemerkte dies und alarmierte die KARAN. Das H-förmige Schiff stieg auf und begann mit dem Feuer gegen die Streitkräfte Elarans. Die Geschütze und Panzer feuerten zurück, doch sie konnten nichts gegen die überlegene Technik des fremden Schiffes ausrichten.

»Sie kommen nicht bis zu uns durch«, stellte Irasuul bitter fest.

Arib'Dar fehlten die Worte. Plötzlich verstummte das Feuer. Der Dom brannte, langsam wurde es gefährlich für die Insassen.

»Kommt heraus, wir tun euch nichts«, hörten sie eine vertraute Stimme sagen. Der Rittermeister nahm allen Mut zusammen und ging zum Eingang. Je näher er kam, desto mehr schloss er mit dem Leben ab. Arib'Dar erkannte Goshkan.

»Goshkan, du hast nicht nur Krassasus ermordet, du hast uns alle verraten und bist verantwortlich für dieses Massaker. Ich hoffe, du wirst eines Tages dafür büßen.«

Der Katrone lachte verächtlich über die Worte des Rittermeisters. Cau Thon gesellte sich zu ihm. Arib’Dar erkannte den Sohn des Chaos sofort. Erst SIPUSTOV und nun auch noch der Mörder von Prot’Gar und den beiden Orbitern. Arib’Dar hätte es wissen müssen. Cau Thon war hier, um die Ritter der Tiefe aus Shagor zu vernichten. Offenbar stellten sie eine Gefahr für ihn da. Der Großmeister wusste, wie skrupellos und effizient Cau Thon bei der Eliminierung seiner Gegner vorging. Er hatte es am eigenen Leib erfahren. Cau Thon würde keine Gnade walten lassen.

Arib'Dar blickte um sich. Überall lagen die Leichen der Ritter der Tiefe. Viele Freunde hatten ihr Leben gelassen. Der Orden stand am Abgrund.

Wut und Hass überkamen den Rittermeister. Er zog sein Schwert und lief schreiend auf Goshkan zu, der ebenfalls sein Schwert zog und den ersten Schlag parierte. Ein Duell entbrannte zwischen den beiden.

Cau Thon sah interessiert zu, als plötzlich der Gleiter Gal'Arns in der Anlage landete. Irasuul und die anderen mussten ihrem Meister helfen und liefen feuernd aus dem Dom. Die restlichen Ritter nutzten ebenfalls die Gelegenheit und griffen erneut an.

Irritiert verfolgte Gal’Arn den Kampf zwischen Goshkan und Arib'Dar. Doch er bemerkte noch mehr, der Rittermeister wurde von Hieb zu Hieb schwächer. Gal'Arn zog sein Schwert und wollte Dar helfen, während Jaktar ihm Feuerschutz gab. Doch weit kam Arn nicht, denn Cau Thon stellte sich ihm entgegen.

»So, du Möchtegern-Ritter der Tiefe, jetzt wollen wir einmal sehen, wie gut deine Künste im Vergleich zu einem Kämpfer des Chaos wirklich sind«, sprach dieser herausfordernd und setzte bereits zum ersten Schlag an, den Gal'Arn konterte und Cau Thon in Verlegenheit brachte.

»Mit wem habe ich die Ehre?«, fragte Gal’Arn, während er den nächsten Hieb pariert.

Cau Thon machte einen Satz zurück und verbeugte sich knapp.

»Cau Thon, Sohn des Chaos und Totengräber eures Ordens.«

Der Sohn des Chaos tänzelte arrogant um Gal’Arn herum, der sofort wusste, mit wem er es zu tun hatte. Das war dieses grausame Wesen aus der Milchstraße, von dem Arib’Dar erzählt hatte. Cau Thon ging wieder in die Offensive.

Der Sohn des Chaos zeigte erst jetzt seine ganze Gefährlichkeit, indem er über Gal'Arn sprang und während des Saltos einen Schlag ansetzte, der den Ritter am Arm verletzte. Beim nächsten Hieb duckte sich Gal'Arn unter dem Kampfstab durch und schlug gegen das Bein Thons, der getroffen hinfiel.

»Jaktar hole Irasuul und die anderen. Flieht zur TERSAL. Wir treffen uns dort. Ich muss Arib'Dar retten!«, rief er seinem Orbiter zu.

Er versetzte Cau Thon einen weiteren Tritt, damit er vorerst am Boden blieb, doch Cau Thon kam schnell wieder auf die Beine und zwang Gal'Arn, das Duell weiterzuführen.

Währenddessen versuchte Arib'Dar seinem Gegner zu entkommen. Er rannte in den Dom, doch ein brennender Balken, der vor ihm herunterstürzte, blockierte den Weg. Entsetzt drehte sich der Rittermeister um, da stand bereits Goshkan vor ihm und schlug Arib das Schwert aus der Hand. Klirrend fiel es zu Boden.

Goshkan warf jedoch auch sein Schwert fort. Arib'Dar versuchte wegzulaufen, doch der Riese packte ihn und warf ihn gegen die Wand. Dann schlug er mit seinen Fäusten auf den wehrlosen Elaren ein. Jeglicher Versuch Arib'Dars sich zu verteidigen, war sinnlos. Ein Katrone war viel kräftiger als ein Pontanare.

Blutend sackte der Ritter der Tiefe zu Boden. Sein ganzer Körper schmerzte. Knochen waren gebrochen. Das Atmen fiel schwer.

»Du arrogantes Stück Dreck. Ich wäre der beste Ritter der Tiefe geworden. Jetzt zahlst du den Preis für deine Arroganz, Arib'Dar!«, fletschte der Katrone und bohrte seine Stoßzähne in den Brustkorb des Rittermeisters.

Gal'Arn beobachtete die Szene.

»Nein! «, schrie er laut und versuchte zu Arib'Dar zu eilen, der im Sterben lag.

Ein Fehler, denn Cau Thon setzte bereits zum tödlichen Schlag an, da schoss der Gleiter an ihm vorbei. Irasuul packte seinen Meister und zog ihn in das Fluggerät. Gal'Arn wehrte sich mit Händen und Füßen gegen diesen Rettungsversuch. Als er erkannte, dass Arib'Dar tot war, ließ er sich wehrlos in den Gleiter ziehen. Goshkan stand vor Freude brüllend vor der Leiche und riss ihr den Schädel samt Rückgrat heraus.

Noch nie hatte Gal'Arn für irgendein Wesen so viel Abscheu empfunden, wie für seinen ehemaligen Schüler Goshkan. Er schwor, diesen Katronen selbst zu richten!

Die Skuritsoldaten schossen einen Ritter der Tiefe nach dem anderen nieder. Es war ein Massaker. Sie rannten in die Wälder, doch der wurde kurzerhand von dem großen Raumschiff unter Feuer genommen. Sie konnten nichts unternehmen, sie konnten ihnen nicht helfen. Wenn sie zurückkehrten, würden sie das gleiche Schicksal teilen.

Dann konzentrierte er sich wieder zwangsläufig auf das Geschehen in und um den Gleiter. Jaktar, Nirisar, Irasuul und Thobenar waren an Bord.

Der Rest fiel dem Massaker zum Opfer. Gal’Arn hatte die Verantwortung für diese Leben. Er wollte sie nicht sinnlos opfern, auch wenn ihm danach war, sich selbst wieder in den Kampf zu werfen. Doch er musste jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Angesichts der Tatsache, dass Arib’Dar und 97 andere Ritter der Tiefe mit ihren Orbitern und Ritterschülern gerade niedergemetzelt wurden, war es jedoch sehr schwer.

Seine Freunde starben. Seine Familie starb. Und was würde aus der Galaxie werden? Würde Cau Thon wieder abziehen, wenn sein Werk des Grauens vollendet war, oder würde er auch die Elaren, Pontanaren, Ghannakken angreifen? Das war vorerst sekundär. Sie konnten ohnehin in einem Gleiter wenig ausrichten. Allerdings glaubte Gal’Arn nicht daran, dass Cau Thon die ganze Galaxie in den Krieg stürzen würde. Er war nur an den Rittern interessiert gewesen.

»Schnell zur TERSAL. Wir müssen fliehen. Wir müssen nach Dorgon«, entschied Gal'Arn.

»Nach Dorgon? Wir müssen Shagor vor den Invasoren verteidigen«, rief Irasuul dazwischen.

»Nein, die sind nicht an Shagor interessiert, sondern an uns. Dieser Rote in der schwarzen Kutte sagte, er sei ein Kämpfer des Chaos. SIPUSTOV hatte recht. Wir müssen nach Dorgon!«

*

Der Dom stand in Flammen, die letzten Ritter wurden geschlagen. Cau Thon sah den davonfliegenden Gleiter hinterher, dann blickte er zu Goshkan, der immer noch wie in Trance vor der verstümmelten Leiche seines ehemaligen Rittermeisters stand.

Während Cau Thon sich auf den Weg zum Katronen machte, durchsuchten die Skurits alle Häuser, Ställe und Keller, um auch wirklich sicher zu sein, dass niemand überlebt hatte.

Goshkan betrachtete fasziniert den Kopf Arib'Dars.

»Herr, siehst du? In seinen Augen steht das Entsetzen, es ist eingefroren und für immer festgehalten«, erklärte er voller Begeisterung.

Anschließend nahm er ein kleines Seil und band sich den Totenschädel an seinen Gürtel.

Thon blickte den Katronen verständnislos an. Dieses Ungetüm war noch perverser, als er angenommen hatte. Rodrom würde sicherlich seine Freude an der Brutalität und dem Sadismus von Goshkan haben.

»Wer waren die Ritter in dem Gleiter?«, wollte er wissen, ohne auf Goshkans Perversität einzugehen.

»Das war Gal'Arn und seine Brut. Die fähigsten und gefährlichsten Ritter der Tiefe.«

Cau Thon verstand schnell. Sofort rief er den Waffenführer Shelvehr zu sich und befahl ihm, die Verfolgung aufzunehmen. Angestrengt versuchte Goshkan ein Gesicht unter der Totenschädelmaske zu erkennen, jedoch vergeblich.

Kampfgleiter wurden aus der KARAN ausgeschleust und innerhalb von wenigen Sekunden bemannt, dann stiegen sie in den Himmel und begannen die Jagd auf die Shagoner.

Das Elefantenwesen hatte sich allmählich von seinem Blutrausch erholt. Goshkan säuberte sein Schwert, die Stoßzähne und blickte sich um. Die Kuppel des neuen Dom Kesdschan brach zusammen. Man konnte einige Schreie hören. Anscheinend hatten sich doch noch einige Diener oder gar Ritter in dem Gebäude aufgehalten.

Es war vollbracht. Der Orden der Ritter der Tiefe in Shagor war de facto ausgelöscht. Auch wenn mit Gal’Arn und Irasuul noch zwei Ritter am Leben waren, so war das Herz des Ordens vernichtet. Goshkan fühlte Genugtuung. Hätten sie ihn besser behandelt, so hätte er vermutlich heldenhaft an der Seite der Ritter gekämpft. Nun hatte er dem Sohn des Chaos bei der Zerstörung geholfen.

Der Katrone genoss diese Rache.

»Goshkan, du hast gute Arbeit geleistet. Doch der Kampf ist nicht vorbei. Ich kann einen Schüler wie dich gebrauchen. Schließe dich mir an«, schlug Cau Thon vor. Seine Augen funkelten diabolisch, als er dem Katronen das Angebot unterbreitete.

Ohne lange zu zögern, nahm Goshkan an. Er war voller Begeisterung. Das Töten hatte ihm gefallen, er war an keine lästigen Regeln gebunden und konnte handeln, wie er wollte. Jedem Wesen konnte er zeigen, dass er Macht besaß. Jedem außer Cau Thon. Dennoch brannte Goshkan noch eine Frage auf den Lippen.

»Herr, woher kommst du und warum hast du die Ritter vernichtet?«

»Ich komme von sehr weit her. Eines Tages wirst du sicherlich mehr erfahren. Die Ritter der Tiefe koalieren mit unseren ärgsten Feinden, dafür mussten sie vernichtet werden. Goshkan, du wirst bald Zeuge einer neuen Epoche werden. Niemand kann das Schicksal mehr aufhalten. Die Kosmokraten erleiden ihre größte Niederlage. Das Armageddon ist unaufhaltsam!«

Ohne weitere Fragen zu stellen, folgte Goshkan seinem neuen Meister zur KARAN. Aus der offenen Luke des kugelförmigen Mittelteils schimmerte ein rotes Licht. Cau Thon ging darauf zu. Goshkan zögerte kurz. Für einen Moment überkam ihm ein Gefühl wie Angst. Cau Thon schien das zu bemerken.

»Du fürchtest dich?«, stellte er leise fest.

Goshkan sagte nichts, stattdessen sah er verlegen auf den Boden.

»Du hast es nicht nötig, dich zu fürchten, denn von nun an ist die Angst dein Verbündeter!«

Goshkan folgte Cau Thon in das Raumschiff. Auf dem Weg durch die Korridore kam ihnen Preschtar entgegen.

»Eure Befehle?«

»Sobald die letzten beiden Ritter getötet sind, kehren wir in die Lokale Gruppe zurück. Was ist aus dem Raumschiff der Alysker geworden?«

»Nun, wir haben es abgelenkt, konnten es jedoch nicht vernichten«, antwortete der Zievohne.

»Wer immer es war. Diese Person hat ganz offensichtlich versagt. Unsere Aufgabe hier ist fast erledigt. Das Chaos hat erneut obsiegt. Und nun töten wir die letzten Ritter!«

 

»Schneller!«, riefen Thobenar und Nirisar zusammen.

Jaktar hatte jedoch den Gleiter bereits auf Höchstgeschwindigkeit gejagt. Die feindlichen Fluggeräte kamen immer näher.

»Flieg durch den Wald«, riet Gal'Arn.

»Da kann man sehr schlecht manövrieren«, warnte der Ghannakke.

»Eben!«

Jaktar verstand und verwünschte diesen Tag. Mit einem lauten Heulen tauchte er unter die Baumkronen ab.

»Oh nein, oh nein, viel zu viele Bäume!«, krächzte Thobenar ängstlich und klammerte sich an Nirisar. Zwei Gleiter der Skurits folgten den Shagonern. Aus vollen Rohren feuerten sie und trafen den Gleiter an der Seite, was die Insassen mit einem lauten Schrei kommentierten.

»Nach links!«, kommandierte Nirisar.

»Nein, nach rechts!«, wandte Irasuul ebenso laut ein.

Jaktar drehte sich erbost um.

»Haltet die Klappe, ihr seid nur die Beifahrer«, wieherte er zurück.

Der Gleiter machte eine scharfe Drehung nach links und schoss dann in einen Seitenarm des Waldes rechts herein. Der andere Gleiter schaffte noch die Linksdrehung, donnerte dann aber gegen einen dicken Baum.

Jaktar nutzt dies und schoss wieder nach oben. Der Gleiter war schnell über den Baumkronen, drehte sich und feuerte auf den zweiten feindlichen Gleiter, der kurz danach aus dem Wald hochstieg, um getroffen abzustürzen.

Mit Höchsttempo erreichten die fünf Insassen so auf Umwegen die TERSAL. Der Roboter Vergana erwartete sie bereits. Der goldene Roboter watschelte auf Gal'Arn und Jaktar zu.

»Gut, dass ihr wieder hier seid. Ihr habt keine Zeit mehr. Mit Bedauern habe ich festgestellt, dass das Erbe meines Meisters soeben ausgelöscht wurde. Ihr seid vermutlich die einzigen Überlebenden.«

Gal’Arn war sich dieser Tragödie bewusst. So wie auch die anderen vier. Gal’Arn warf noch einmal einen Blick auf die brennende Anlage und den zerstörten Dom. Sein Heim existierte nicht mehr. 65 Jahre lang waren der Dom und die Ritteranlage sein zuhause gewesen. Zum zweiten Mal in seinem Leben war ihm alles auf Elaran genommen worden.

Nicht alles. Er blickte sich um und sah die mächtige TERSAL. Er sah seine Freunde und Gefährten. Nein, er war nicht allein und hatte nicht alles verloren. Vermutlich würde dieses Raumschiff nun für eine lange Zeit ihre neue Heimat werden.

»Wir müssen aufbrechen, Vergana. Begleitest du uns?«

»Nein, ich werde meinen Meister nicht alleine lassen«, antwortete der Roboter. »Ich wünsche euch viel Glück. Doch ein Teil von mir wird mit euch fliegen. Es ist der Zentralrechner der TERSAL. Fliegt los und rettet das Universum. Wenn ich euch einen Rat geben darf, fliegt durch das Sternenportal, so könnt ihr eure Spur verwischen und kommt schneller ans Ziel.«

Gal'Arn wechselte kurz einen Blickkontakt mit Jaktar, dann rannten alle fünf in die TERSAL. Der Ghannakke schwang sich sofort an den Steuersessel, Gal'Arn setzte sich rechts neben ihn.

»Wow«, entfuhr es dem Orbiter, als er die ganzen Möglichkeiten des Raumschiffes entdeckte.

»Keine Zeit, um das alles erst auszuprobieren. Wir müssen los«, warf Gal'Arn ein und startete bereits die Maschinen.

Mit einem lauten Heulen hob die TERSAL von der Oberfläche ab. Kaum hatte sie genügend Höhe erreicht, starteten die Planetentriebwerke und katapultierten das Schiff in den Himmel.

Sieben Gleiter und vier Flugpanzer schossen kurz danach zur Ebene, wo sie Vergana empfing.

»Guten Tag, ihr düsteren Gesellen. Was kann ich für euch tun?«

Ein Flugpanzer richtete sein Geschütz auf die hochsteigende TERSAL. Die Soldaten ignorierten einfach den goldenen Roboter.

»Tja, dann lebt wohl!«, sprach er und aktivierte einen Impuls.

Die Grotte explodierte und die gewaltige Feuerwelle vernichtete nicht nur Vergana selbst, sondern löschte auch die Flugpanzer und Gleiter der Angreifer aus.

Die TERSAL hingegen konnte ungehindert Elaran verlassen und ging sofort danach auf Überlichtgeschwindigkeit.

Die TERSAL hatte innerhalb von zwei Stunden die Koordinaten des Sternenportals erreicht. Die Syntronik der TERSAL, die Gal’Arn Vergana taufte, informierte sie über die Vorgehensweise. Das Sternenportal bestand aus vier Stationen, die über eine spezielle Frequenz angewählt wurden. Sie schickten die Koordinaten über diese Frequenz an die Empfangsstation des Portals und schon begannen die Stationen ihren Dienst und errichteten diesen Dimensionstunnel. Je nach Größe und Anzahl von Raumschiffen war es ein großes oder kleines Portal.

Allerdings wurden sie bereits erwartet. Das feindliche Raumschiff von Cau Thon fiel kurz nach der TERSAL aus dem Hyperraum und eröffnete sofort das Feuer.

Die KARAN drängte die TERSAL vom Sternenportal weg und schleuste Beiboote aus.

»Wir werden sehr bald herausfinden, wie widerstandsfähig der alte Kahn ist«, meinte Jaktar.

Gal’Arn registrierte die Ankunft eines sternförmigen Raumschiffes. Auf der silbernen Außenhülle spiegelte sich der umgebende Weltraum.

»Wer ist das?«, fragte sich Nirisar.

»Ich glaube nicht, dass es zu Cau Thon gehört«, meinte Gal’Arn.

Sofort griffen die Beiboote der KARAN das Sternraumschiff an. Doch dieses antwortete mit einem wellenförmigen Waffenstrahl, der sich ringförmig um das unbekannte Schiff ausbreitete. Sobald die Energiewelle eines der Beiboote der KARAN erreichte, emittierte sie ein blaues Leuchten, das die Beiboote und auch die KARAN außer Gefecht setzte. Die Instrumente der TERSAL zeigten an, dass der KARAN und ihren Beibooten durch die unbekannte Waffe sämtliche Energie entzogen wurde.

»Das ist unsere Chance. Jetzt oder nie!«, rief Gal’Arn.

Jaktar reagierte sofort und brachte die TERSAL mit Höchstgeschwindigkeit durch das Sternenportal.

Gal’Arn atmete tief durch. Die Reise durch das Portal dauerte nur wenige Momente. Sie kamen irgendwo in einem völlig unbekannten Teil des Universums heraus. Der Ritter der Tiefe fragte sich, ob das die Galaxie Dorgon war?

 

Cau Thon war nicht amüsiert über die Einmischung dieses alyskischen Raumschiffes. Die KARAN und ihre Beiboote waren für kostbare Minuten außer Gefecht gesetzt worden. In dieser Zeit waren sowohl die TERSAL als auch das fremde alyskische Raumschiff durch das Sternenportal verschwunden.

Sei unbekümmert. Du hast trotzdem gute Arbeit geleistet, hörte Cau Thon eine mentale Stimme sprechen. Es war Rodrom.

Das Balg des Eorthor, Elyn, war diejenige, die euch an der Vernichtung der TERSAL gehindert hat. Wir werden sehen, inwiefern die Alysker gedenken, sich einzumischen. Doch die TERSAL ist nicht nach Dorgon gelangt. Dafür habe ich gesorgt. Begebe dich in die Galaxie Zerachon. Dort wirst du die Ritter finden.

Ein Lächeln huschte über die Lippen Cau Thons. Er blickte entschlossen zu Goshkan, Preschtar und Shelvehr.

»Nehmt Kurs auf die Galaxis Zerachon. Die Jagd auf die TERSAL hat erst begonnen!«

 

ENDE

 

 

 

 

 

 

Der vorliegende Roman stellt die Neufassung des gleichnamigen Romans der alten Serie dar, der damals ebenfalls von Nils geschrieben wurde.

Nils hat die Handlung hauptsächlich um Aspekte erweitert, die erst in den späteren Romanen des Quarterium-Zyklus eine herausragende Rolle spielen werden.

Für die unmittelbar anschließende Handlung ist vor allem die Person von Gal’Arn von großer Bedeutung, der in den folgenden Romanen eine wichtige Rolle spielen wird. Auch die geheimnisvolle Alyske Elyn hat ihren ersten Auftritt, die erst viel später zu einer der weiblichen Hauptpersonen werden wird.

*

Doch zurück zum vorliegenden Roman.

Interessant finde ich, dass mit den Elaren eine weitere menschliche Rasse auftaucht, die anscheinend den Hominini zugeordnet werden kann. In den vorherigen Bänden haben wir bereits die Dorgonen kennengelernt, die der gleichen Kategorie zugeordnet werden müssen.

Bereits in der Mutterserie wurde die Geschichte des Menschen zuerst über Jahrhunderttausende und inzwischen sogar über Jahrmillionen zurückverfolgt.

In der Dorgon-Serie werden wir an diese Fragen anknüpfen:

Was ist der Mensch und welche Rolle spielt er in den gnadenlosen Machtspielen, die auf der Ebene der Hohen Mächte ablaufen?

Ist er in diesem Schachspiel nur ein Bauer, der von den Spielern jederzeit geopfert werden kann, oder wird er irgendwann zum Spieler auf dem kosmischen Spielfeld werden?

Nun, ich will hier nicht zu viel verraten, wir werden sehen …

 

 

 

Ritter der Tiefe von Shagor

Die Ritter der Tiefe von Shagor waren ein Orden zum Schutz der Galaxie Shagor, welche 325 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt ist. Sie wurden vor rund 40.000 Jahren von dem ehemaligen Ritter der Tiefe Jedar Balar gegründet, der sich von dem originalen Ritterorden in Norgan-Tur und somit den Kosmokraten lossagte.

Knapp 40.000 Jahre sorgte ein Ritterorden – immer mit der Stärke von 100 Rittern – für Frieden und Gerechtigkeit in Shagor. Sitz des Ritterordens war ihr Dom auf dem Planeten Elaran.

Der Ritterorden bestand aus 13 Ratsmitgliedern. Den letzten Vorsitz hatte der Ritter Arib’Dar bis 1290 NGZ inne. Diese Ratsmitglieder waren über die Kosmologie der Hohen Mächte und über die Aufzeichnungen von Jedar Balar informiert.

Die anderen Ritter wussten nichts davon, dass sie nur eine Kopie des originalen kosmokratischen Ritterordens waren.

Im Jahre 1264 NGZ sollten Rittergroßmeister Arib’Dar und der Ritter Prot’Gar die Geburt von Cauthon Despair auf Neles verhindern. Der Kosmokrat SIPUSTOV erteilte persönlich den Auftrag und drohte dem abtrünnigen Orden mit Bestrafung, sollten sie sich weigern. Doch letztlich weigerte sich Arib’Dar ein Baby zu ermorden. Allerdings starben seine beiden Orbiter und Prot’Gar durch Cau Thon.

Ende 1290 NGZ wurde der Ritterorden erneut von SIPUSTOV aufgesucht. Der Kosmokrat forderte, dass die Ritter sich in die Galaxie Dorgon begeben sollten, um den Terranern später dort zu helfen.

Die Ritter zauderten jedoch, was die Entscheidung über eine Expedition anging. Ferner stand der Orden unter Schock, da der Ritteranwärter Goshkan den Mitschüler Krassasus ermordet hatte. Letztlich setzte sich Gal’Arn über die Köpfe des Rates hinweg und bereitete eine Expedition vor.

Zur selben Zeit starte der Sohn des Chaos Cau Thon einen vernichtenden Angriff auf den Ritterorden. Er befreite den Mörder Goshkan, der sich Cau Thon anschloss und Arib’Dar tötete.

Nur Gal’Arn, Irasuul, die Anwärterin Nirisar sowie die beiden Orbiter Jaktar und Thobenar überlebten das Massaker an dem Orden und flohen auf der TERSAL aus Shagor.

Gal’Arn

Elare, geboren 1220 NGZ auf Elaran. Gal’Arn ist ein mächtiger Ritter der Tiefe von Shagor. Er ist auf Elaran als Sohn eines Bauern geboren und im Alter von 5 Jahren zum Ritterorden gestoßen. Seine Eltern wurden von einer marodierenden Bande der Wakaden ermordet. Gal’Arn wurde von Arib’Dar gerettet und aufgezogen.

Etwa um 1240 NGZ verliebte sich Gal’Arn in die wunderschöne Melara und wollte mit ihr durchbrennen. Doch er wählte am Ende den Weg des Ritters der Tiefe und absolvierte die Hauptausbildung erfolgreich. Die Entscheidung Melara zu verlassen, bezeichnet Gal’Arn als schwerste seines Lebens.

Acht Jahre musste er noch warten, eher die Zahl der Ritter auf 99 geschrumpft war und so Gal’Arn die Ritterweihe im Jahre 1255 NGZ erhielt. Er wählte seinen langjährigen Freund und Weggefährten Wilsus zu seinem Orbiter und bestritt viele Abenteuer mit ihm.

1270 NGZ jedoch starb Wilsus bei einem Einsatz. In dem Ghannakken Jaktar fand Gal’Arn schließlich einen neuen Freund und Orbiter.

1290 NGZ war Gal’Arn mit der Ausbildung der Ritteranwärter Irasuul, Nirisar, Krassasus und Goshkan beschäftigt. Während der Prüfungen drehte der Katrone Goshkan durch und tötete Krassasus. Gal’Arn gab sich die Schuld dafür. Lange konnte er jedoch nicht trauern, denn schon zwei Tage später erschien der Kosmokrat SIPUSTOV und forderte die Ritter auf, eine Expedition in die Galaxie Dorgon zu starten.

Nur wenige Tage später wurde der Orden von Cau Thon und seinen Skuritsoldaten angegriffen und vernichtet. Nur Gal’Arn entkam auf dem Raumschiff TERSAL zusammen mit Jaktar, dem Ghannakken Thobenar, dem Ritter Irasuul sowie der Anwärterin Nirisar.

Steckbrief

Geboren: ca. 1220 NGZ; Geburtsort: Elaran, Shagor; Größe: 1,82 Meter; Gewicht: 79 Kilogramm

Augenfarbe: braun; Haarfarbe: braun

Bemerkungen: Mensch, Kinnbart, lange glatte Haare, die hinten zu einem Zopf zusammengeflochten sind, spricht weise und bedacht, hervorragende Schwertkünste, hohe Moralvorstellungen.

Jaktar

Jaktar entstammt dem Volk der eselsähnlichen Ghannakken. Er ist der Orbiter des Ritters der Tiefe Gal’Arn. Jaktar ist von sympathischer, freundlicher Natur und hat oft einen lockeren Spruch auf den Lippen.

Er ist Gal’Arn ein treuer und zuverlässiger Freund und Orbiter.

1290 NGZ entkommt Jaktar zusammen mit Gal’Arn sowie Jaktars Vetter Thobenar und dem Ritter Irasuul sowie der Anwärterin Nirisar vor dem Massaker an dem Ritterorden. Auf der TERSAL, dessen Navigator Jaktar wird, fliegen sie durch das Sternenportal und verlassen Shagor.

Goshkan

Goshkan entstammt vom Volk der Katronen. Er ist zwei Meter groß, hat graue Haut, einen elefantenähnlichen gehörnten Kopf, mit drei schwarzroten Augen und zwei langen in sich gewundenen Stoßzähnen. Der Rest des Körpers ist sehr muskulös. Die Beine sind pferdeähnlich und ein ledriger Schwanz ziert das Hinterteil.

Der Riese wuchs in einer Kriegerfamilie (einem mächtigen Klan) auf, die sich entschloss, ihren Sohn als Anwärter für den Orden der Ritter der Tiefe zu bestimmen.

Obwohl Goshkan moralisch nicht tauglich gewesen ist, wurde er – aufgrund starker Intervention des katronischen Ritters der Tiefe Zurkahn – als Schüler ausgebildet.

Die Ausbildung wird von Gal'Arn übernommen. Auch wenn Goshkan ein hervorragender Krieger ist, so ist er viel zu ungestüm und brutal. Er liebt es anderen Schmerz zuzufügen. Dies wird ihm bei den Prüfungen zum Verhängnis, als er in einem Duell rücksichtslos einen Mitprüfling tötet. Goshkan wird vom Orden ausgeschlossen und arrestiert. Da erscheint ihm Cau Thon und bietet ihm an, sein Schüler zu werden. Der Katrone stimmt sofort zu und unterstützt Cau Thon bei der Auslöschung des gesamten Ritter Ordens in Shagor.

Steckbrief

Geboren: 1251 NGZ; Geburtsort: Katron, Shagor; Größe: ca. 2 Meter; Gewicht: 149 Kilogramm

Augenfarbe: schwarzrot; Haarfarbe: keine

Bemerkungen: Kräftig gebaut, skrupellos, ungestüm, brutal und moralisch verkommen.

TERSAL

Die TERSAL ist ein rund 100.000 Jahre altes Raumschiff des ehemaligen Ritters der Tiefe Jedar Balar. Seit dessen Landung auf Elaran in der Galaxis Shagor und der späteren Gründung des Ritterordens steht die TERSAL dem Rittergroßmeister für besondere Unternehmungen zur Verfügung.

Da die TERSAL eine Art Heiligtum für die Ritter der Tiefe aus Shagor darstellt, wird sie nur relativ selten benutzt.

Die Wartung der TERSAL übernimmt der Roboter Vergana – einst Orbiter Balars.

Zwei Einsätze in jüngster Geschichte sind bekannt:

1264 NGZ fliegt der Rittergroßmeister Arib’Dar zusammen mit dem Ritter Prot’Gar und zwei Orbitern auf der TERSAL in die Milchstraße.

1290 NGZ fliehen Gal’Arn, Jaktar, Irasuul, Thobenar und Nirisar auf der TERSAL von Elaran und entkommen damit dem sicheren Tod. Es gelingt ihnen mit der TERSAL Shagor zu verlassen.

Technische Daten

Länge: 110 Meter

Spannweite der Flügel: 60 Meter

Form: V-Förmig

Bewaffnung

Offensiv: 4 transformähnliche Geschütze, 4 überlichtschnelle Strahlgeschütze (ähnlich KNK-Geschützen, wobei allerdings als Waffenstrahl das Impulsprinzip zum Einsatz kommt)

Defensiv: 5-fache pedogepolte Schutzschirmstaffel

Die offensiven und defensiven Waffensysteme der TERSAL arbeiten, im Gegensatz zu den terranischen Entsprechungen, auf der Hypersexta-Halbspur und dem Sextaraum.

Durch entsprechende Deflektorschirme, die ebenfalls Hypersextabereich arbeiteten, war die TERSAL faktisch nicht zu orten.

Sowohl die offensive, als auch die defensive Bewaffnung ist für ein Schiff, das der Klasse eines Leichten Kreuzers entspricht, äußerst stark. Durch die Verwendung der höherfrequenten Hypertechnik hat die TERSAL eine Kampfkraft, die selbst einem Ultra-Schlachtschiff überlegen ist.

Triebwerke

Überlicht: Intermitter-Hypertakttriebwerk (Kosmokratentechnik). Dieses Triebwerk stellte eine Weiterentwicklung des Hypertakttriebwerkes, wie es auf der SOL eingebaut wurde, dar. Der Hauptunterschied zum Triebwerk der SOL liegt darin, dass durch die Intermittertechnik sehr kurze Transmissionen in äußerst kurzen Abständen (im Milli(licht)sekundenbereich) ausgeführt werden können. Das ermöglicht den Einsatz im interplanetaren Raum, selbst Flüge innerhalb des Schwerefeldes von Planeten sind (allerdings mit erhöhtem Risiko) möglich. Das Triebwerk kann quasi aus dem Stand benutzt werden (keine Mindestgeschwindigkeit erforderlich).

Unterlicht: Leistungsfähiges Feldtriebwerk, das dem Gravo-Pulsantrieb der Terraner entspricht.

Beschleunigung: 2312 km/sec ²

Überlichtfaktor: bis zu 250 Millionen Lichtjahre

Energieversorgung: permanenter Hypertrop

Besatzung: Zwei bis drei Personen Minimum. Platz für bis zu 15 Personen.

 

Shagor – Heimatgalaxis der Elaren

Die Galaxis Shagor ist 325 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Die Spiralgalaxis ist mit einer Länge von 51.000 Lichtjahren und eine Breite von knapp 20.000 Lichtjahren fast halb so groß wie die Milchstraße. Im Zentrum befindet sich ein schwarzes Loch. Die Völker Shagors leben friedlich in einer Republik zusammen, über die der Orden der Ritter der Tiefe wacht, bis er von Cau Thon vollständig vernichtet wird.

Die wichtigsten Völker sind die Elaren, Pontanaren, Ghannakken, Katronen, Wakaden und Zifis.

Geschichte

Ca. 750.000 v. Chr.: Das Insektenvolk der Pudados entwickelt sich als erste Intelligenz in der Galaxis und durchlebt die üblichen Evolutionsschritte.

Ca. 600.000 v. Chr.: Die Pudados beginnen unter der Führung der Fürstin Cheebona die Erforschung der Heimatgalaxis und bevölkern 2000 Jahre später knapp 27 Systeme in einem Radius von knapp 1500 Lichtjahren. Sie stoßen nun auch auf andere Völker, wie das der Zakonen – einem amphibischen Volk, die sie jedoch versklaven. Immer mehr primitive Völker werden entdeckt und unterdrückt. Knapp 700 Jahre später wird die große Zeit der Pudados eingeleitet, als ein Wissenschaftler ein Lineartriebwerk entdeckt und damit die gesamte Beherrschung der Galaxis angestrebt wird. Unter der Herrschaft des Königs Isokta werden innerhalb von 200 Jahren etwa 50.000 Systeme besiedelt.

Ca. 580.000 v. Chr.: Aufstand der Zakonen unter der Führung von Baros. Die Zakonen erbeuten einige Raumschiffe und beginnen einen blutigen Krieg. Andere Völker fassen nun auch den Mut und revoltieren. Baros kann 10 Systeme unter seiner Kontrolle bringen und lehrt die Völker die Technik anzuwenden. Doch die Revolte wird blutig niedergeschlagen.

Ca. 575.000 v. Chr.: Das Echsenvolk der Aratonen hat sich in einem Seitenarm entwickelt und startet eine gewaltige Offensive gegen die Pudados. Es entbrennt ein langer und grausamer Krieg zwischen beiden Völkern.

Ca. 571.000 v. Chr.: Die Aratonen können 40.000 Systeme der Pudados erobern und nehmen die Vorherrschaft in der Galaxis ein. Es kommt zu einem Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien. Einige Völker, wie die der Zakonen streben nun die Unabhängigkeit an. Es wird ein erster innergalaktischer Rat gegründet, der aus sieben Völkern besteht.

Ca. 565.300 v. Chr.: Die Pudados haben knapp 5.000 Jahre aufgerüstet und schlagen nun zurück. In einem knapp tausendjährigen Krieg gewinnen sie ihre Systeme zurück und rotten die Aratonen aus. Der galaktische Rat wird aufgelöst und sämtliche Völker wieder versklavt. Das 100.000 jährige Reich beginnt.

Ca. 464.000 v. Chr.: Die Dekadenz ist über das Insektenvolk gekommen. Aufstrebende Völker, wie das der Subtonen und Kalsonen, zwei pferdeähnliche Völker, streben die Autarkie an und beginnen aufzurüsten.

Ca. 460.000 v. Chr.: Subtonen und Kalsonen beginnen nun Systeme der Pusados anzugreifen. Diese sind kämpferisch schwach und beginnen einen biologischen Krieg. Sie entwickeln eine tödliche Waffe und vernichten somit das gesamte Volk der Subtonen und Kalsonen.

Ca. 450.000 v. Chr.: Die glorreichen Zeiten der Pusados sind vorbei. Immer mehr Kolonien splittern sich ab, da fällt ein mutierter Virus über die Galaxis her und beginnt jedes Leben auszulöschen. Man kann kein Gegenmittel gegen den Virus entwickeln. Der sichere Exodus steht bevor.

Ca. 440.000 v. Chr.: Shagor, der letzte König der Pudados beginnt mit der Errichtung von Tempeln auf allen Planeten. Dort wird ein Hologramm von ihm abgebildet, in der er die Nachfahren aller Völker vor dem Krieg und deren Folgen warnt. Er predigt von einer Einheit, von Grundgesetzen und moralischen und ethischen Pflichten gegenüber jedem Wesen. Er ruft die Nachfahren auf, in Einheit und Frieden in dieser Galaxis zu leben, die er Shagor – nach sich selbst – benennt. Dann stirbt auch er.

Ca. 438.000 v. Chr.: Jegliches hoch entwickelte Leben in der Galaxis ist ausgestorben.

Ca. 127.000 v. Chr.: In großen Teilen der Galaxis hat sich inzwischen das Leben wieder einen Weg gebahnt und verschiedene Völker hervorgebracht, wie das der Elaren, Ghannaker, Pontanaren, Zifanis und Katronen. Alle Völker entdeckten den Tempel Shagors und verehrten ihn als Gott. Dennoch kam es immer wieder zu kleinen Kriegen zwischen den einzelnen Völkern.

Ca. 98.000 v. Chr.: Die Pontanaren, ein im weiteren Sinn humanoides Volk, beginnen mit der Erforschung ihres Heimatsystems und besiedeln die verschiedenen Planeten.

Ca. 91.000 v. Chr.: Der Ritter der Tiefe Jedar Balar strandet auf Elaran und begibt sich in Tiefschlaf.

Ca. 49.000 v. Chr.: Auch die Elaren entdecken die Raumfahrt und stoßen auf das Volk der eselähnlichen Ghannaker.

Ca. 47.000 v. Chr.: Die Pontanaren sind inzwischen degeneriert und haben sich aus den galaktischen Geschehen zurückgezogen.

Ca. 45.000 v. Chr.: Ein Konflikt zwischen den Elaren und Katronen bahnt sich an.

Ca. 44.000 v. Chr.: Kleine und vereinzelte Kriege zwischen den Elaren und Katronen können beigelegt werden. Die Pontanaren erholen sich von ihrer Dekadenz. Auch die friedlichen Ghannakke und die Zifanis entdecken die Raumfahrt. Die Bedrohung durch das außergalaktische Kriegervolk der Utonak überschattet die Galaxis. Es entbrennt ein Krieg zwischen den Shagonern und den Utonak.

Ca. 43.700 v. Chr.: Die Kriege dauern immer noch an und die Utonak gewinnen an Macht. Die Galaxis wird in den folgenden Jahren erobert und die Völker unterworfen.

Ca. 40.000 v. Chr.: Jedar Balars Raumschiff wird von dem jungen Elaren Alar Ben-Kan Duril entdeckt, der den Roboter Vergana aufweckt. Dieser Roboter, der Orbiter von Balar, erweckt den Ritter der Tiefe, der sofort die Initiative ergreift und die Shagoner im Kampf gegen die Utonak unterstützt.

Ca. 39.890 v. Chr.: Die Utonak werden aus der Galaxis verdrängt und in einer Finalschlacht am schwarzen Loch geschlagen. Eine Republik wird gegründet. Jedar Balar lässt den Dom Kesdschan verkleinert nachbauen und beginnt mit der Ausbildung von Rittern der Tiefe. Ben-Kan Duril wird sein erster Schüler.

Ca. 39.800 v. Chr.: Der steinalte Jedar Balar liegt im Sterben. Er ernennt Ben-Kan Duril zu seinem Nachfolger und übergibt ihm zwanzig Schwerter mit einer Legierung des ultimaten Stoffes, die eine Art Machtsymbol der Ritter der Tiefe darstellen soll. Er erklärt ihm seine Motive, warum er einst nach Shagor aufbrach. Balar erzählt von den Kosmokraten und ihrer rücksichtslosen Vorgehensweise, um die Ordnung herzustellen. Ben-Kan Duril verspricht, dass nur der oberste der Ritter der Tiefe von diesem Geheimnis erfährt. Balar stirbt und wird im Dom bestattet. Sein Raumschiff TERSAL und Vergana werden zu einem Mausoleum.

Ca. 15.700 v. Chr.: Die Republik wird von einer ersten Krise erschüttert, als eine alte Station mit in Stase gehüllten Pudados entdeckt wird, die mit Hilfe von Klonen die Herrschaft an sich reißen wollen. Dank des Ritter der Tiefe Zubron Arnon wird dieser Versuch jedoch niedergeschlagen.

Ca. 13.000 v. Chr.: Es wird nun bestimmt, dass genau 100 Ritter der Tiefe stets für Ordnung in Shagor sorgen sollen.

Seit 12.999 v. Chr.: In der Republik leben friedlich alle Völkern zusammen.

Ende 1290 NGZ: Der Kosmokrat SIPUSTOV bittet die abtrünnigen Ritter um Hilfe. Nur der selbstlose Ritter Gal'Arn erklärt sich bereit, aufzubrechen. Derweil erreicht Cau Thon Elaran und vernichtet mithilfe des verräterischen Katronen Goshkan den Ritter Orden. Nur Gal'Arn und sein ehemaliger Schüler Irasuul können entkommen und sind somit die letzten Ritter dieses Ordens.

Das DORGON-Projekt – Mordred-Zyklus – ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e. V.

Special-Edition Band 15, veröffentlicht am 2.9.2012 • Autor: Nils Hirseland • Titelillustration: Rüdiger W. Wick • Lektorat: Jürgen Freier und Jürgen Seel • Layout: Jürgen Seel • Internet: www.proc-community.de • E-Mail: info@proc-community.de • Postanschrift: PROC e. V.; z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf • Copyright © 1999-2012 • Alle Rechte vorbehalten