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D O R G O N

Fan-Projekt des Perry Rhodan Online Clubs

 

MORDRED-ZYKLUS

Band 1

 

Nils Hirseland

Titelbild von Stefan Lechner

 

Geburtsstunde

Ein Sohn des Chaos wird geboren

 

Was bisher geschah

Im Jahre 1264 NGZ befindet sich eine kleine Forschungsgruppe der Organisation der Unsterblichen, Camelot, nahe des Planeten Neles und beobachtet die Entwicklung des aufstrebenden Volkes.

Das Wissenschaftlerehepaar Ivan und Selina Despair hat die Leitung dieses Unter-nehmens mit dem Ziel, einen friedlichen Erstkontakt zu den Nelesern herzustellen.

Das Ehepaar ist in freudiger Erwartung auf Nachwuchs. Sie ahnen nicht, dass ihr ungeborenes Kind in den Fokus unbekannter Mächte gerät. Der Sohn des Chaos Cau Thon wird mit einem speziellen Auftrag in die Milchstraße geschickt.

Er soll über die GEBURTSSTUNDE eines weiteren Sohnes des Chaos wachen.

Hauptpersonen

Cau Thon – Ein unheimliches Wesen beeinflusst maßgeblich die Entwicklung des Kindes von Ivan und Selina Despair.

Ivan Despair – Ein schüchterner Wissen-schaftler.

Selina Despair – Die Frau des Expedi-tionsleiters ist in freudiger Erwartung.

Arib’Dar und Prot’Gar – Zwei Ritter der Tiefe aus Shagor.

Ron Horace, Darvynia, Eddie Alaban und Honorius Breank – Mitglieder des Forschungsteams der HAWKING.

 

 

 

 

Prolog

Wer niemals geliebt wird, wird auf immer hassen.

Dieser Spruch geisterte seit jener seltsamen Vision in meinem Kopf herum. Was bedeutete er?

Der Beginn einer neuen Geschichte war nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Sie war individuell und trug ihre Anfänge für jenen meist zu der Zeit, in der eine Person zum ersten Mal mit einem besonderen Ereignis in Berührung kam. Es war der Anfang eines persönlichen Abenteuers für jeden Einzelnen.

Ich hatte viele Geschichten erlebt und die anderer Wesen niedergeschrieben. So nannten sie mich einen Chronisten. In meinen 78 Lebensjahren hatte ich mich meistens mit der Historie der Linguiden beschäftigt, einem Volk, welches erst in jüngerer Zeit auf die galaktische Bühne getreten war und für eine kurze Weile als Nachfolger der Terraner gegolten hatte.

Es war eine Ironie des Schicksals, dass dies nur einer vorübergehend verwirrten Superintelligenz ES zu verdanken gewesen war.

In meinem Buch »Eines Linguiden ES« hatte ich über die Ära der Friedensstifter auf großer kosmischer Bühne und ihren traurigen Niedergang geschrieben.

Das Blut der Linguiden floss durch meine Adern, auch wenn meine Eltern zu einem Teil Terraner, zum anderen Teil Arkoniden waren.

Ach, und meine Geburt war eine Geschichte für sich. Doch das führte jetzt zu weit.

Meine Großeltern waren jedoch noch zur Hälfte Linguiden. Unsere Vorfahren lebten seit Generationen auf Lingora. Freilich stieß unsere Immigrantenfamilie mit unserer moderaten Behaarung und höherer Lebenserwartung immer wieder auf Unverständnis bei konservativen Linguiden.

Doch Lingora war meine Heimat, auch wenn es mich irgendwann vermutlich nach Terra ziehen könnte. Die Geschichte der Vorfahren meiner Mutter hatte mich stets fasziniert.

Wie dem auch sei. Meine Geschichte begann offenbar an dieser Stelle im Jahre 1264 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. In einem Traum war mir ein alter Mann erschienen. Er hatte gesagt, er würde mir eines Tages das Geheimnis meiner Geburt offenbaren. Und dann hatte er mich freundlich, wenn auch mit ein wenig Nachdruck, gebeten, mich fortan um die Chronik der Milchstraße zu kümmern. Ich sollte meine Kontakte zur Organisation der Zellaktivatorträger, Camelot, pflegen.

Zum Abschluss hatte er mir gesagt, ich würde es eines Tages verstehen, auch wenn es vermutlich noch viele Jahre dauern würde.

Ob es nun ein törichter Traum gewesen war oder tatsächlich etwas dahinter steckte, war mir bisher noch schleierhaft, doch es konnte nicht schaden, etwas über den Zustand dieser Galaxis zu verfassen.

Es waren fast 120 Jahre vergangen, seitdem die Tyrannei durch Monos beendet worden war, doch noch heute bewirkte diese finstere Ära tiefe Risse in der politischen Organisation der Milchstraße. Die meisten Wesen kannten das Zeitalter vor Monos nicht aus eigener Anschauung. Nur die wenigen relativ Unsterblichen aus dem Kreis von Perry Rhodan und einige Haluter wiesen das nötige Alter auf.

Dem fast siebenhundertjährigen Dunklen Zeitalter der Milchstraße war eine Periode des Friedens vorausgegangen.

Im Jahre 1264 NGZ existierten drei wichtige Machtblöcke innerhalb der Milchstraße: die Liga Freier Terraner, das Kristallimperium Arkon und das Forum Raglund. In diesen waren die bedeutendsten und mächtigsten Völker der Galaxis vereint, zeigten jedoch wenig Einigkeit untereinander.

Die geschichtlich relevantesten Ereignisse in diesem Jahrhundert waren die Gründung des Kristallimperiums und der Organisation Camelot. Die Wiedereinführung der Monarchie in Arkon unterstrich die Ambitionen der Arkoniden, wieder ihre alte Vorreiterrolle in der Milchstraße einzunehmen. Nach dem Tod von Imperatrice Theta da Ariga schien der zuerst so schwächlich wirkende Bostich sich mehr und mehr zum machtbewussten Staatsmann zu entwickeln.

Die Abkapselung der Zellaktivatorträger um Perry Rhodan zeigte, dass die relativ Unsterblichen offenbar vorerst von der politischen Bühne abtraten und die Geschicke der LFT nicht mehr lenkten. Waren die Terraner erwachsen geworden und konnten einen Weg ohne Perry Rhodan bestreiten?

Dies waren die Ereignisse in unserer Milchstraße, von denen wir wussten. Doch die Geschichte lehrte uns stets eines: Es gingen Dinge in unserer Heimatgalaxis vor, von denen wir nichts ahnten. Vielleicht auch in diesem Moment. Möglicherweise hatte meine Vision auch eine zeitliche Bedeutung …

Jaaron Jargon, im Januar 1264 NGZ

 

1. Der Sohn des Chaos

Möge ein Licht aus dem grenzenlosen Meer der Sterne ihm den rechten Pfad weisen.

Er blickte auf die goldene Klinge seines Stabes und sah, wie sich die zahllosen leuchtenden Gestirne des Himmels darin widerspiegelten. Langsam wischte er das gelbe Blut von der Spitze.

Wieder hörte er das Knurren seines Widersachers. Cau Thon hockte auf den Knien, seinen Stab aus Carit in den Händen und wartete auf das Ende. Der Kampf hatte lange gedauert und nun waren seine Kräfte erschöpft. Es war ein ungleiches Duell gewesen. Sein Gegner war getarnt und somit immer einen Schritt voraus.

Dieser Titan von Gah’Wesh war der stärkste Krieger dieser Welt. Cau Thon hatte ihn herausgefordert, doch nun wurde ihm seine Überheblichkeit womöglich zum Verhängnis. Das Grollen des Feindes war das einzige Indiz auf dessen Nähe, denn das Wesen schwebte lautlos zu seiner nächsten Attacke.

Cau Thon verharrte kniend und starrte auf die Spitze seines Stabes.

Mochten die Sterne ihm den Weg weisen. Sie verschwammen auf dem reflektierenden Carit. Cau Thon rollte sich zur Seite, drehte sich dabei und wuchtete die Spitze seiner Waffe empor. Ein lautes Kreischen. Das schmatzende Geräusch von durchbohrtem Fleisch und geborstenen Knochen erfüllten ihn mit Genugtuung.

Das Tarnfeld seines Gegners hatte das Spiegelbild der Sterne für einen kurzen Moment verwischen lassen, als er hinter Cau Thon stand, bereit seinen letzten tödlichen Schlag auszuführen. Doch der Sohn des Chaos war schneller gewesen. Er hatte auf diesen Moment gewartet und wieder einmal gewonnen.

Feine Energieblitze zuckten über den Körper seines sechsarmigen Gegners, ehe das Tarnfeld endgültig erlosch. Für einen kleinen Moment empfand Cau Thon Mitleid mit diesem sterbenden Wesen. Es war ein würdiger Opponent gewesen und hatte ihm einiges abverlangt. Cau Thon zog seinen Caritstab aus dem zuckenden Kugelkörper und stach ein weiteres Mal zu, um das Leben des Kriegers endgültig zu beenden.

Du bist viel zu gnädig zu ihm gewesen. Ich hätte seinen Todeskampf länger ausgekostet, wisperte eine mentale Stimme in seinem Kopf.

»Er hat tapfer gekämpft und Respekt verdient«, sagte Cau Thon. »Zeige dich, Rodrom!«

Unweit von ihm entfernt schälte sich eine flammende Gestalt aus der Dunkelheit. Sie war vollkommen rot und von einer feurigen Aura umgeben. Selbst der Kopf war von einem roten Helm bedeckt. Nur ein Sichtschlitz ließ erahnen, dass dort vermutlich Rodroms Augen lagen. Cau Thon wusste, wie sehr es Rodrom hasste, einen Körper zu benutzen. Er verachtete zutiefst alle stofflichen Kreaturen. Immerhin akzeptierte er Cau Thon aufgrund seiner Verdienste.

Der Sohn des Chaos verneigte sich vor seinem Herrn und Meister.

»Womit kann ich Euch zu Diensten sein?«

»Ich habe einen Auftrag für dich. Begib dich in eine Galaxis mit dem Namen Milchstraße. Auf der Welt Neles sollst du über das Schicksal eines noch ungeborenen Kindes wachen.«

»Ein Kind?«

Cau Thon war erstaunt.

»Er wird uns früher oder später nützlich sein. Dieses Kind soll eines Tages über die Zukunft dieses Universums bestimmen. Ich habe weitere Informationen in den Speicher der KARAN übertragen«, erklärte Rodrom kühl.

»Zu Befehl«, erwiderte Cau Thon.

»Du musst und kannst nicht die Beweggründe einer Entität verstehen. Ich mache dir das nicht zum Vorwurf. Dieses Kind, sofern es denn nach unserem Willen heranwächst und zu einem Sohn des Chaos wird, soll uns einen zukünftigen Widersacher vom Leib halten.«

»Und wie lautet der Name dieses Feindes?«

»Perry Rhodan!«

 

2. 1264 NGZ

Der Anblick einer unbekannten Galaxis war schon immer ein besonderer Augenblick für Cau Thon gewesen. Das war also die Milchstraße. Eine Spiralgalaxis von durchschnittlicher Größe und doch von einer anmutenden Schönheit.

Es gab für ihn kaum etwas Vergleichbares wie die Ankunft im intergalaktischen Raum einer fremden Galaxie, der erste Anblick, die Details des neuen Sternensystems in sich aufzusaugen, während sein Raumschiff langsam näher flog und in die nächste Etappe des Hyperraumfluges eintauchte.

Rodrom schien alles zeitgenau geplant zu haben. Im Datenspeicher seines Raumschiffes KARAN fand Cau Thon detaillierte Anweisungen, was er zu tun hatte. Ebenfalls war dort beschrieben, welche Personen – es waren sogenannte Terraner, humanoide Wesen, wie er – auf welchem Planeten anzutreffen waren.

Sein Ziel hieß Neles. Es war eine unbedeutende Welt mit primitiven Einwohnern. Die Zielpersonen waren jedoch höher entwickelt. Sie gehörten der sogenannten Organisation Camelot an, die von dem zukünftigen Feind Perry Rhodan angeführt wurde.

Was Cau Thon überraschte, war, dass Rhodan ein Zellaktivatorträger war. Immerhin hatten sie somit eine Gemeinsamkeit, auch wenn Rhodan offenbar ein paar Tausend Jahre jünger war. Immerhin hatte Rhodan mit seinen ebenfalls relativ unsterblichen Gefährten schon einigen Superintelligenzen und sogar Kosmokraten und Chaotarchen getrotzt.

Rhodan hatte sich einst geweigert, die Antwort auf die Dritte Ultimate Frage am Berg der Schöpfung zu erhalten. Das bewies eindeutig, dass dieser Perry Rhodan eine komische Größe war, die nicht zu unterschätzen war. Die restlichen spärlichen Informationen hierzu drohten sein rationales Denken in blanker Wut zu ersticken. Kahaba, die alte Feindin seines Meisters, hatte ihre Pfoten dabei im Spiel gehabt.

Was Rodrom mit diesem ungeborenen Kind genau bezweckte, war Cau Thon nicht klar. Ob dieses Kind es irgendwann mit Perry Rhodan aufnehmen sollte? Immerhin hatte Rodrom von der Geburt eines neuen Sohnes des Chaos gesprochen.

Rodrom begann ebenfalls, seine Fühler in diese Region des Universums auszustrecken. Er forcierte den Ausbau einer alten Station in einer Galaxis mit dem Namen Saggittor, die jedoch für Cau Thons Geschmack zu weit vom Geschehen entfernt war. Offensichtlich war ihr Feind selbst in diesem Teil des Weltalls aktiv und schien etwas vorzubereiten. Rodrom wollte offenbar unbemerkt bleiben und aus der Distanz beobachten. Vermutlich erkannte sein Meister die Ereignisse längst bevor sie eintraten.

*

Nach einigen Stunden im Hyperraumflug tauchte die KARAN in das Normaluniversum ein und erreichte den Rand eines Sonnensystems. Der Planet Neles war die vierte von siebzehn Welten, welche eine gelbe Sonne umkreisten. Neles hatte einen Durchmesser von 9.467 Kilometern und eine Schwerkraft von 0,98 Gravos. Das kam Cau Thon entgegen, denn es entsprach den Normalwerten seiner Rasse. Acht eher kleine Kontinente erstreckten sich auf der Welt, die reich an Wasser war. Fast fünf Milliarden Wesen bevölkerten Neles.

In diesem System gab es keine nennenswerte Raumfahrt. Primitive Satelliten kreisten im Orbit von Neles. Archaisch wirkende Sonden flogen durch das System, offenbar dazu gedacht, den Nelesern mehr Informationen über ihr eigenes Sonnensystem zu geben.

Ein nur einhundert Meter durchmessender Kugelraumer der Organisation Camelot befand sich ebenfalls im Orbit um Neles und führte wissenschaftliche Untersuchungen durch. Sie verwendeten eine simple Tarntechnologie, die zwar die Teleskope und Satelliten der Neleser in die Irre führte, jedoch nicht die Ortung der KARAN. Cau Thon schmunzelte. War das der technologische Standard in dieser Galaxie? – Lachhaft!

In diesem Moment bedauerte er es, dass er ziemlich allein an Bord der KARAN war. Die 120 stumpfsinnigen, grauen Zievohnen waren keine guten Gesprächspartner. Sie waren zwar biologisch gesehen Lebewesen, doch sie agierten eher wie Roboter.

Auf eine Garnison Skuritsoldaten hatte Cau Thon verzichtet. Er wollte diese Operationen diskret durchführen. Und selbst wenn die Skurit mit an Bord gewesen wären, so würden sie ebenfalls schweigen.

Nein, er hätte gerne einen Bruder im Geiste gehabt, denn während den Reisen kam viel Langeweile auf. Doch bisher hatte Cau Thon auf all seinen Missionen nie ein Wesen getroffen, welches sich als würdig erwiesen hätte, ein neuer Sohn des Chaos zu werden. Vielleicht war in einigen Jahren das ungeborene Kind tatsächlich ein würdiger neuer Sohn des Chaos?

Cau Thon ließ eine Abtastung des terranischen Raumschiffes durchführen und verglich die Ergebnisse mit den Daten, die Rodrom ihm geliefert hatte.

Demnach handelte es sich um einen VESTA-Kreuzer, Typ Labor-Modul.

Die Bewaffnung dieses Kreuzers bestand nur aus diversen Schirmfeldern und einem mittleren Impulsgeschütz. Das Raumschiff war für reine Forschungsaufgaben ausgelegt, die Ausrüstung umfasste hauptsächlich diverse Radioteleskope, Sensorpaddel und Strukturanalysatoren.

Die Besatzung umfasste sechs humanoide und zwei fremdartigere Lebensformen, die nicht dem Genom der Menschen zuzuordnen waren. An zwei der Menschen war Cau Thon besonderes interessiert. Es waren die Terraner Ivan und Selina Despair, ein Ehepaar, die beide als Wissenschaftler für Camelot tätig waren.

Die Eltern des ungeborenen Kindes …

Nach einer umfangreichen Analyse des Raumschiffes mit dem Namen HAWKING war es an der Zeit, den nächsten Schritt durchzuführen.

Durch einen kurzen Hyperfunkimpuls übertrug er einen Virus, der das syntronische Rechnernetz des Kugelraumers infizierte. Auch hier primitivste Technik. Der Virus spionierte unbemerkt Daten aus und übertrug diese an das Zentralmodul der KARAN. Cau Thon interessierte sich vor allem für die Logbücher von Ivan und Selina Despair. Sie würden ihm Ansatzpunkte für einen Kontakt liefern.

Die Terraner waren ihm nicht unähnlich, doch sie besaßen Haare und ihre Haut war nicht rot. Selina Despair war für Cau Thons Geschmack, trotz der blonden Haare auf dem Kopf, ein attraktives Weibchen, zwar primitiv, aber …

Nein, was er da dachte, war bestimmt nicht im Sinne seines Meisters. Er konzentrierte sich und begann, die übertragenen Daten zu sichten.

Die Despairs waren gewöhnliche Menschen und auch als Wissenschaftler ohne besondere Verdienste. Sie hatten sich während ihrer Studienzeit an der Waringer-Akademie auf Terra kennengelernt. Terra war demnach die Hauptwelt des Volkes der Terraner, dem auch Perry Rhodan angehörte. Offenbar hatte es jedoch Differenzen zwischen den Unsterblichen und dem normalen Volk gegeben, weswegen Rhodan mit seinen Gefährten eine Organisation mit dem Namen Camelot gegründet hatte. Ivan und Selina waren Rhodan aus Überzeugung gefolgt und arbeiteten nun in der Entwicklungshilfe für prästellare Völker.

Die Welt Neles gehörte dazu. Die humanoide Bevölkerung kannte noch keine Raumfahrt zwischen den Sonnensystemen. Es war ihnen zwar gelungen, ein paar primitive Satelliten in die Umlaufbahn des blauen Planeten mit seinen acht Kontinenten zu schicken, aber Cau Thon fand diese Technik einfach nur lachhaft. Er war versucht, die ganzen primitiven Satelliten einfach abzuschießen. Es wäre ein Vergnügen gewesen, die Panik und Ratlosigkeit der Neleser zu beobachten. Doch seiner Mission wäre diese Aktion nicht dienlich gewesen.

Cau Thon durchsuchte weiter die Aufzeichnungen. Demnach hatten die Neleser sogar die bemannte Raumfahrt bereits entdeckt und standen angeblich vor der bahnbrechenden Erfindung eines Triebwerkes mit einfacher Lichtgeschwindigkeit. Die acht Wissenschaftler von Camelot sollten diese Entwicklung beobachten und offensichtlich einen Erstkontakt herstellen. Cau Thon verstand schnell die Zusammenhänge. Es gab eine Vielzahl rivalisierender Mächte in der Galaxis. Camelot wollte verhindern, dass das arkonidische Kristallimperium oder das Forum Raglund auf die Neleser aufmerksam wurde und sie vor einer möglichen Ausbeutung bewahren. Selbst dem eigenen Machtblock, der Liga Freier Terraner, schienen diese relativ Unsterblichen nicht mehr zu vertrauen.

Der Sohn des Chaos empfand diesen Versuch als äußerst naiv. Selbst wenn Neles nicht Teil eines Imperiums werden würde, so war es doch der natürliche Lauf der Dinge, dass irgendwelche wirtschaftlichen Interessengruppen auf »legale« Art und Weise diese Welt ausbeuteten. Die Neleser würden aus der eigenen Habsucht heraus zustimmen und vermutlich nicht in Wohlstand und Freiheit leben, sondern in Abhängigkeit von extraterrestrischen Unternehmen oder Nationen.

Cau Thon bevorzugte die direkte Unterwerfung von Kulturen. Es war eine bloße Heuchelei, den Zivilisationen Rechte vorzugaukeln, die doch nur wenige Eliten besaßen. Doch eines Tages würde das ganze Konstrukt dieser Ordnung wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen. Dann würde das Chaos regieren. Und daraus eine neue Ordnung der Gerechtigkeit entstehen.

Das war seine Vision.

Das war seine Philosophie.

Und der Spross dieses terranischen Wissenschaftlerpärchens sollte eines Tages diese Pläne forcieren.

Die achtköpfige Crew wurde von 15 Robotern unterstützt, um das Raumschiff zu steuern. Darunter waren drei Kampfroboter der sogenannten MODULA-Serie und zwei Kampfroboter der TARA V UH – Baureihe. Die restlichen zehn Droiden waren Medo-, Service- oder Bauroboter.

Cau Thon sah sich die Akten der übrigen Besatzungsmitglieder an.

Der Terraner Eddie Alaban war Kosmopsychologe und galt als konservativer Christ. Das war offenbar eine Religion. Die blauhäutige Ferronin Darvynia war sowohl Astronomin als auch Entwicklungshelferin. Ron Horace, ein kantiger Plophoser, welches ein Kolonialvolk der Terraner war, war für die Sicherheit zuständig. Auf ihn musste Thon aufpassen. Der Gäaner Honorius Breank war Mediziner. Möglich, dass er noch eine Rolle in seinem Plan spielte.

Die anderen beiden Crewmitglieder waren unwichtig. Sie waren für den Betrieb des Raumschiffes zuständig. Ein Unither mit dem Namen Dytch und ein Jülziish. Während das Rüsselwesen für den Maschinenraum zuständig war, steuerte der tellerköpfige Gataser Vülitaar Öckgüühn das Raumschiff.

Der Sohn des Chaos öffnete einen Logbucheintrag von Ivan Despair. Der Bericht war mit der Notiz »Privat« klassifiziert. Was hatte der Wissenschaftler von der Welt Nosmon, einer terranischen Kolonialwelt, wohl zu erzählen? Woran dachte er? Welche Schwächen besaß er?

Logbucheintrag Ivan Despair

23. März 1264 NGZ

Wir beobachten den Planeten Neles inzwischen seit 68 Tagen. Unser Team hat in dieser Zeit einige wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Wir haben viel über die Infrastruktur, die Gesellschaft und die Politik als auch den technischen Fortschritt in Erfahrung gebracht.

Die Kultur und Gesellschaft der stark menschenähnlichen Bevölkerung erinnerte an das 20. Jahrhundert Terras. Durch viele Kriege waren sie jedoch sensibler, was den Umgang miteinander anging. So brauchten sie keinen Perry Rhodan, um sich zu vereinigen. Der Prozess war noch nicht abgeschlossen, doch sie befanden sich auf gutem Weg.

Die meisten Staaten waren demokratisch organisiert. Die Religionsformen waren nur schwach ausgeprägt. Alle Nationen von Neles verband der Wunsch, das Weltall zu erkunden, um einer Ressourcenknappheit auf ihrem Planeten zu entgehen. Sie wussten offenbar, dass der Kampf um Süßwasser, Öl und Nahrung sie irgendwann wieder in den Krieg gegeneinander führen würde. Sie waren durchaus reif genug, um der Völkergemeinschaft der Milchstraße vorgestellt zu werden.

Aufgrund unserer Analysen legte ich heute den Termin für den Erstkontakt fest: Dieser sollte am 01. Mai 1264 NGZ erfolgen.

Es war mir nur recht, wenn wir früher als geplant nach Camelot zurückkehren würden. Die Nachricht von der Schwangerschaft von Selina vor einem Monat hatte mich überrascht.

Oh, meine geliebte Selina. Du warst schon immer für Überraschungen gut. Ausgerechnet während unserer Expedition waren wir plötzlich in freudiger Erwartung. Gut, ich war an diesem Umstand nicht unbeteiligt und ich freute mich von ganzem Herzen auf unser erstes Kind.

Ich liebte Selina und es war eigentlich egal, wo wir uns in der Milchstraße befanden. Wo sie war, war meine Heimat. Wo sie war, war ich glücklich. Und dieses Gefühl würde nur noch viel intensiver werden, wenn wir zu dritt waren. Ich konnte mein Glück schwerlich fassen. Sie war doch die einzige, die so einen schüchternen Wissenschaftler wie mich überhaupt nehmen wollte. Ausgerechnet so eine tolle Frau wie Selina. Das Leben war gut zu mir gewesen. Und es wurde Zeit, davon etwas zurückzuzahlen.

Die Bewohner des Planeten Neles hatten eine gute Zukunft verdient. Sie sollten wissen, was sie erwartete, wenn sie ihren ersten Flug mit Lichtgeschwindigkeit durchführten. Es war nur fair, sie vor den Gefahren des Weltalls zu warnen und über die Vorzüge und Möglichkeiten zu informieren.

Die Neleser sollten die Terraner, Arkoniden, Blues, Topsider und anderen Völker kennenlernen, jedoch ohne von ihnen okkupiert und ausgenutzt zu werden. Das Klima in der Milchstraße war für meinen Geschmack viel zu angespannt.

Die grigorische Doktrin und unsere verblendeten Ersten Terraner hatten mich schließlich nach Camelot gebracht. Ich hatte vor fünf Jahren riesige Angst. Zwar war ich auf Nosmo geboren, doch als Student auf Terra hatte ich mich an das Leben dort gewöhnt. Ich hatte Selina kennen und lieben gelernt. Wäre sie nicht mitgekommen, hätte ich mich niemals zu diesem Schritt durchgerungen. Doch die letzten fünf Jahre auf Camelot waren gute Jahre gewesen. Es herrschte kein aufgeheiztes Klima und keine Rivalitäten zwischen den Völkergruppen. Außerdem waren die Zellaktivatorträger sehr umgängliche Lebewesen und keine arroganten Halbgötter, wie uns auf Terra weisgemacht wurde.

Bei meiner ersten Begegnung mit Perry Rhodan hatte ich weiche Knie bekommen, doch er war so freundlich und umgänglich gewesen. Alle Zellaktivatorträger waren es, obwohl ich längst nicht jeden kennengelernt hatte. Reginald Bull und Atlan sowie den kleinen, putzigen Gucky und seinen mächtigen Freund Icho Tolot. Der Anblick von Halutern war immer etwas Besonderes. Dabei war dieses Exemplar friedfertig und höflich, obgleich ich damals tierische Angst vor ihm hatte. Die Zellaktivatorträger gaben uns das Gefühl, an ihrem Schaffen teilzuhaben und ein wichtiger Bestandteil von Camelot zu sein.

Ich hatte das Gefühl, Teil von etwas Bedeutendem zu sein. Meine Arbeit wurde gewürdigt und ich leistete einen sinnvollen Beitrag als Beobachter von präinterstellaren Zivilisationen.

Was wollte ich mehr?

*

Rührend! Despair war ein schwächlicher, romantischer Idealist. Cau Thon realisierte nun, dass er sich wohl eine ganze Weile in diesem öden Sonnensystem aufhalten musste.

Es dauerte neun Monate, ehe die Frau gebar. Er konnte jetzt noch nicht tätig werden. Die erste Phase seines Plans konnte der Sohn des Chaos also erst nach dem 1. Mai der hiesigen Zeitrechnung durchführen. Auf dem Raumschiff der Cameloter war eine Kontaktaufnahme nicht ratsam.

Es musste auf Neles geschehen.

*

Am Abend des 30. März saßen die acht Wissenschaftler in trauter Runde im Gemeinschaftsraum der HAWKING und speisten. Cau Thon beobachtete sie über die Kameras. Niemand von den Beteiligten ahnte, dass die Kameras aktiv waren.

»Angedünsteter Muurtwurm in Magenspeichel. Lecker, lecker!«, freute sich der so genannte Blue über seine noch lebende Mahlzeit. Was sollte Cau Thon dazu sagen? Immerhin verzogen auch die anderen das Gesicht.

»Ich bevorzuge ein Schnitzel plophosischer Art«, erwiderte Ron Horace und rieb sich über seinem großen Teller die Hände.

Offenbar ließ sich jedes Crewmitglied eine eigene Mahlzeit zubereiten. Augenscheinlich ging es den Wissenschaftlern von Camelot sehr gut an Bord ihres kleinen Forschungsraumschiffes.

Selina fütterte fürsorglich ihren Mann mit einem Happen ihres Nudelauflaufes. Die Ferronin Darvynia quittierte das mit einem lauten Kichern.

Eddie Alaban hingegen betete, bevor er anfing zu essen. Der Unither packte die Nahrung mit seinem Rüssel und stopfte sie sich dann in seinen großen Mund.

Der Bordarzt Honorius Breank lächelte mal hier und da, sprach aber wenig. Er wirkte schüchtern und zurückhaltend. Je mehr Wein er jedoch trank, desto gesprächiger wurde der Mediziner.

Ivan Despair stand auf und erhob sein Glas. Cau Thon hatte gelernt, dass es sich um einen sogenannten Toast handelte, ein Trinkspruch, der bei besonderen Anlässen ein terranischer Brauch war.

»Wir werden in drei Tagen mit der Errichtung der provisorischen Station beginnen. Die Konstruktion wird vermutlich zwei Wochen dauern. Damit machen wir den nächsten wichtigen Schritt«, verkündete der Expeditionsleiter.

»Auf Neles!«, sagte Eddie Alaban und hob sein Glas.

Die anderen wiederholten den wenig kreativen Trinkspruch.

»Ich habe den Tarngenerator überprüft und noch einmal getestet«, erklärte der Unither Dytch. »Sofern die Neleser nicht direkt über unsere Station stolpern, wird sie niemanden sehen oder orten.«

Ivan Despair bedankte sich bei seinem Techniker und bat die anderen, sich nun den Magen vollzuschlagen.

»Habt ihr schon einen Namen?«, fragte die blauhäutige Frau mit der unattraktiv gewölbten Stirn. Sie war Ferronin. Die Ferronen gehörten zu den ältesten Verbündeten der Terraner.

 In den Pionierzeiten war Perry Rhodan in das benachbarte Wegasystem vorgedrungen, als er auf der Suche nach der regionalen Superintelligenz war.

»Geoffrey Abel oder Arno«, antwortete Ivan.

Selina gab ihm einen Klaps auf die Schulter.

»Und wenn es ein Mädchen wird? Außerdem gefallen mir die ganzen Wissenschaftlernamen nicht. Arno oder Geoffrey Abel klingt so alt …«

Sie machte einen Schmollmund und rührte mit der Gabel in ihrem Nudelauflauf.

»Albert oder Steven wäre auch eine Möglichkeit«, meinte Ivan mit einem süffisanten Lächeln.

Beide lachten herzlich und gaben sich einen Kuss. Die anderen sechs betrachteten das mit einem Hauch peinlicher Berührung. Darvynia seufzte.

»Hach, ich hätte auch gerne wieder eine Lebenspartnerin oder zur Not auch einen Lebenspartner. Und ein Kind wäre auch mein Traum …«

Sie schielte zu Ron Horace herüber, der sich verlegen räusperte. Ihm war anzuerkennen, dass ihm dieses Thema unangenehm war und er kein Interesse an der Ferronin hatte. Das war nachvollziehbar. Obgleich sie anatomisch sicher kompatibel waren, war das Schönheitsempfinden selbst unter den Humanoiden sehr unterschiedlich ausgeprägt.

»Ach, ich bin mal froh, einige Monate Abstand von meinen 27 Kindern zu haben. Immer das Geschrei und Gezänk«, erklärte Vülitaar Öckgüühn, dann blickte er den zappelnden Muurtwurm an.

»Doch, mein kleiner Leckerbissen, ich verspachtle dich jetzt!« Dann stopfte er sich das zuckende Gewürm in die Mundöffnung an seinem Stielhals. Dabei tropfte die Soße herab.

»Du musst noch etwas an deinen Tischmanieren arbeiten, mein Freund«, mahnte Eddie Alaban.

»Wieso denn?«, piepste der Blue, während noch immer ein Stück Muurtwurm aus dem Mund hing.

Die anderen lachten herzlich. Die Stimmung unter der Crew war hervorragend. Sie hatten Spaß miteinander und mochten sich offenbar sehr.

»Wie sieht es eigentlich mit deinem Nachwuchs aus, Dytch?«, fragte Alaban.

»Ach«, der Unither winkte ab. »Meine Farytha ist doch erst im 32. Monat schwanger. Das dauert noch. Die Geburt bekomme ich bestimmt mit. Bis dahin haben wir die Mission beendet.«

Cau Thon fürchtete, dass das klobige Rüsselwesen einem Irrtum unterlag. Vermutlich würde er niemals sein Kind sehen. Der Sohn des Chaos hatte genug von der unbeschwerten Heiterkeit.

Es war Zeit für etwas Kampftraining und anschließender Meditation.

 

3. Die Vorbereitungen

Logbucheintrag Selina Despair

18. April 1264 NGZ

Unsere kleine Geheimbasis auf Neles war errichtet. Zwar war die nebelige und karge Landschaft alles andere als ein Paradies, doch wir wollten vorerst auch unentdeckt bleiben und uns in den letzten Tagen eingehend auf den Erstkontakt mit den Nelesern vorbereiten.

Dytch hatte recht behalten. Das Tarnfeld machte uns für die Neleser unsichtbar. Die Space-Jet war nicht geortet worden und brachte ungehindert die Bauteile für den Transmitter zum ausgewählten Platz. Nach der Installation des Transmitters verlief der Verkehr zwischen Schiff und Station nur noch darüber.

Vielleicht hatten wir auch Glück, dass niemand zufällig über unsere Station stolperte, doch wir hatten auch lange Zeit nach einem geeigneten Plätzchen gesucht und es gefunden.

Zwei Mitglieder unserer Expedition blieben auf unserem Raumschiff HAWKING, während die anderen sechs in der Station verweilten.

Dytch und Vülitaar Öckgüühn durften nicht mit auf den Planeten. Zum einen waren sie für den Betrieb der HAWKING vorgesehen, zum anderen befürchteten wir, dass die Neleser geschockt auf das Aussehen von Unithern oder Blues reagierten.

Natürlich tat es mir ein wenig leid, dass meine zwei sympathischen Kollegen nicht an den besonderen Momenten unserer Expedition teilhaben konnten, doch die Neleser kannten die galaktische Vielfalt nicht. Irgendwann würde sich das ändern.

Die Neleser waren in einige Staaten und Nationen unterteilt, strebten jedoch mehr und mehr eine Weltregierung an, die sich teilweise bereits kontinental durchsetzte.

Ivan schätzte, die Neleser wären in zwei Jahren in der Lage, ihr System zu verlassen. Ob sie dann bereits auf Völker der Milchstraße treffen würden, stand im wahrsten Sinne des Wortes in den Sternen. Das Sonnensystem lag abgelegen von bewohnten Welten und stark frequentierten Handelsrouten.

Dennoch wollten die Cameloter die ersten Außerirdischen sein, die die Neleser zu Gesicht bekamen.

Luratz Jomahr war der Präsident der Weltorganisation. Dieses Gefüge war eine Art lockerer Staatenverbund, der die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Mitgliedsstaaten vertrat.

Wir hatten lange überlegt. Es schien uns am sinnvollsten, mit Jomahr als erstem in Kontakt zu treten. Er hatte Zugang zu allen wichtigen Nelesern auf diesem Planeten.

Von den Nelesern vermochten wir einiges zu lernen. Nach einem Jahrhundert der Kriege waren die Völker in sich gekehrt und hatten sich von Territorialansprüchen und Ausbeutung ihrer eigenen Bevölkerung losgesagt. Die sogenannte Weltorganisation war gegründet worden und forcierte die Weltraumtechnologie. Die Technik aus den Kriegen wurde nun genutzt, um Raumschiffe und Raketen zu entwerfen. So wurde ein Triebwerk entwickelt, welches die Lichtgeschwindigkeit erreichte. Zumindest der Theorie nach.

Unser Team hatte die Muster untersucht. In der Tat bestand die große Chance, dass das im Bau befindliche Raumschiff der Neleser relativistische Geschwindigkeit erreichte und somit einer Kolonisierung des Heimatsystems nichts mehr im Wege stand.

Die Neleser wussten, dass Überbevölkerung und mangelnde Ressourcen sie irgendwann entweder erneut in den Krieg treiben würden oder dazu zwangen, das Weltall zu erforschen. Sie hatten sich, nachdem sie sich beinahe selbst ausgelöscht hatten, für den Weg der Wissenschaft und Forschung entschieden.

Ich begrüßte diesen Weg. Dieses Projekt faszinierte mich von Anfang an. Wir hatten nur aus Schulbüchern gelernt, was es hieß, ein Pionier der Raumfahrt zu sein: Perry Rhodans Reise zum Mond, zur Venus und zum Wegasystem.

Durch die Neleser konnte ich diese aufregendste Phase der Entwicklung einer Zivilisation miterleben.

Es gab nur eines in meinem Leben, was mich mehr mit Glück erfüllte. Dieses kleine Geschöpf, welches in meinem Bauch langsam wuchs.

Mein Baby!

Es war mir beinahe unheimlich, wie viel Glück Ivan und ich hatten. Wir liebten uns, hatten einen interessanten Beruf, der uns ausfüllte, und erwarteten unser erstes Kind.

Hach, ich konnte es kaum erwarten. Noch sechs Monate, ehe ich mein kleines Baby das erste Mal in den Armen hielt. Ivan war manchmal besorgt um mich. Er hatte Angst, es könnte mir und unserem Kind etwas zustoßen.

Doch was sollte uns hier schon geschehen?

Logbucheintrag Selina Despair

29. April 1264 NGZ

Das Wetter hatte sich in den letzten Tagen schlagartig verändert. Die Feuchtigkeit und der Nebel waren verflogen und nun schien die Sonne. Es war ziemlich heiß und ich nutzte meine freie Zeit mit ausgiebigem Sonnenbaden.

Ich beneidete Darvynia. Ferronen schwitzten nicht, während meine terranischen Poren jede Menge Schweiß in der Gluthitze absonderten. Es fehlte eigentlich nur ein Strand, doch schon bald würden wir uns vermutlich frei auf Neles bewegen. Es gab viele schöne Regionen auf diesem Planeten.

Am Abend kühlte es sich ein wenig ab. Die Vorbereitungen für den Erstkontakt mit Luratz Jomahr waren bis in das letzte Detail durchgeplant. Ivan, meine Freundin Darvynia, der Kosmopsychologe und Ethiker Eddie Alaban und auch unser Sicherheitsexperte Ron Horace saßen mit mir vor dem Eingang unserer Station, genossen die Wärme und dachten über den entscheidenden morgigen Tag nach.

Morgen früh würde Ivan eine Funkbotschaft an Jomahr senden und um ein Treffen bitten. Um unsere Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, sollte die HAWKING für einen kurzen Moment ihr Tarnfeld deaktivieren und somit den Nelesern unsere Existenz beweisen.

Jedoch erfuhr nur Jomahr die Koordinaten und den Zeitpunkt der Enttarnung des Raumschiffes. Es war jedoch auch gut möglich, dass andere Astronomen die HAWKING zufällig entdeckten. Doch wenn alles nach Plan verlief, würden wir ohnehin bald die ganze Bevölkerung dieses Planeten über unsere Existenz informieren.

Darvynia war an diesem Abend recht überdreht. Sie sprach immer wieder von meinem Baby und freute sich darauf, Patentante zu werden. Sie ging Quadratzentimeter für Quadratzentimeter ihre Vorstellung für das Zimmer des kleinen Babys durch.

Ich wusste, dass Darvynia sich selbst ein Kind wünschte, doch sie hatte kein Glück mit Männern und Frauen. Ihre letzte Liebesbeziehung mit einer glosnekischen Kauffrau endete damit, dass sie sich über den Finanzierungsplan eines gemeinsamen Kindes sowie die Kosten für die künstliche Befruchtung nicht einigen konnten. So hatten sie sich getrennt und Darvynia hatte lange Zeit darunter gelitten. Darvynia war einsam und manchmal machte ich mir Sorge um ihre psychische Stabilität. Ivan befürchtete, sie würde in ihrer Rolle als Patentante zu sehr aufgehen. Vielleicht hatte er recht, doch bis dahin war es ja doch noch eine Weile.

Eddie Alaban philosophierte über die Religion von Neles. Der gläubige Christ hoffte wohl insgeheim, dass sich eine christliche Mission auf Neles niederlassen könnte.

Ich hatte mit Religionen wenig am Hut. Es gab so viele davon. Zwar war das Christentum neben dem Islam und Buddhismus auf Terra und dessen engsten Kolonialwelten vorherrschend, doch es gab so viele Facetten und Abspaltungen davon. Es gab Kolonien, auf denen Staat und Religion nicht getrennt waren. Dazu kamen neue Theologien von den Arkoniden, Blues, Topsidern und all ihren Kolonialvölkern.

Ich erinnerte mich an eine neue Bewegung, die »Kinder der Materiequelle« von einem Pater Dannos. Sie sahen in den Kosmokraten Vorboten zu Gott und in den Materiequellen den Einstieg in das Paradies. Und solche Sekten und Gruppierungen gab es überall in der Milchstraße.

Irgendwie bewunderte ich den guten Eddie für seine Ausdauer und seine Glaubensstärke. Ich hätte diese Geduld nicht. Immerhin war Eddie zwar gläubig, aber moderat in seiner Weltanschauung. Sonst wäre er auch nicht Kosmopsychologe geworden, sondern würde wie ultrakonservative Christen oder Muslime auf einer abgeschiedenen Welt leben und nach antiquierten und unmenschlichen Gesetzen leben, die lange Zeit geschrieben wurden, bevor ein Perry Rhodan die Menschheit in eine neue Ära katapultierte.

Wie wohl mein Kind aufwachsen würde? Würde sich mein kleines Baby einer Religion zugehörig fühlen? Was würden seine Interessen und Vorlieben werden? Welchen Beruf würde er oder sie erlernen? Es war wohl sinnlos, sich darüber Gedanken zu machen.

Ich würde es ja irgendwann herausfinden und mein kleines Baby durch sein Leben begleiten.

 

4. Der erste Kontakt

Logbucheintrag Ivan Despair

1. Mai 1264 NGZ

Ich fragte mich, wer wohl aufgeregter war. Luratz Jomahr oder mein Team und ich? Ich fühlte mich, als würde mir Perry Rhodan höchstpersönlich über die Schultern schauen.

Ich wollte keinen Fehler begehen. Wenn ich unseren Auftritt vermasselte, was würde das für die Zukunft dieser Welt bedeuten? Sie waren nun kurz davor, mit ihren eigenen Augen zu sehen, dass sie nicht einzigartig im Universum waren.

Falsche Worte oder verkehrt interpretierte Gesten konnten zu einer Eskalation führen. Mein Herz pochte bis zum Hals. Nur der zarte Händedruck von Selina beruhigte mich etwas.

Wir hatten einen schönen Nationalpark als Treffpunkt gewählt. Da diese Region als Naturschutzgebiet galt, lebten hier keine Neleser. Die offenen, weiten Steppen boten jedoch Platz zur Landung der Space-Jet. Wir wollten jedoch nicht mit der Space-Jet vor ihrer Nase landen, sondern benutzten für den restlichen Weg unseren Gleiter.

Wir wollten den Nelesern zeigen, dass wir nichts zu verbergen hatten und auf der anderen Seite auch gewarnt sein, wenn sie mit ihrem Militär anrückten.

Doch die militärische Präsenz war überschaubar und angemessen an jenem sonnigen Tag. Neben Selina waren Eddie Alaban, Ron Horace und Darvynia meine Begleiter. Ich war kein exzellenter Redner. Meine Schüchternheit stand mir immer irgendwie im Weg. Oh, wenn ich nur daran zurückdachte, wie sehr ich gestottert hatte, um Selina zu einem ersten Date zu überreden. Sie hatte – so wie heute – einfach meine Hand genommen, gelächelt und mich ermuntert.

Eddie war der beste Redner von uns. Als Pfarrer war er es gewohnt, vor Menschen und Wesen zu sprechen.

Ron Horace hingegen war ein wortkarger Draufgänger, der überall Gefahren sah und den Helden spielte. Er redete nicht viel. Nicht, weil er Angst vor der Konversation mit anderen Menschen hatte, wie in meinem Fall, sondern weil er keine Lust verspürte, mit anderen Wesen viel zu reden. Das war ein gewaltiger Unterschied.

Darvynia hatte insgeheim ein Auge auf Ron geworfen, doch der wollte nichts von der Ferronin wissen. Er hatte einmal angedeutet, dass die hervorstehende Stirnwulst ihn abstieß. Dabei wünschte sie sich so sehr ein Kind, doch ihre Träume würden wohl vorerst unerfüllt bleiben.

Ich hatte Selina meine Bedenken geäußert, dass Darvynia in unserem Baby vielleicht eine Art Ersatz sah, doch Selina meinte, das wäre nicht der Fall und ich sollte Verständnis für ihre einsame Freundin zeigen.

Es dauerte noch einige Monate bis zur Geburt unseres Kindes. Vorrang hatte jetzt der Erstkontakt. Die Weltorganisation der Neleser arrangierte dieses Treffen unter strengster Geheimhaltung.

Die Delegation der Neleser erwartete uns.

Der Zeitpunkt war gekommen. Wir parkten unseren Gleiter rund einhundert Meter vor den Kraftfahrzeugen der Neleser.

Ich und Selina gingen als Erste auf die Bewohner der Welt zu. Der Wind strich sanft durch Selinas blondes, seidiges Haar. Sie schenkte mir ein Lächeln und gab mir die Kraft und den Willen, nicht wie ein Vollidiot vor den Einwohnern dieses Planeten aufzutreten.

Horace, Alaban und Darvynia folgten uns mit einigen Metern Abstand.

Auch Luratz Jomahr setzte sich in Bewegung und ging mit vier Nelesern auf unsere Gruppe zu.

Die Sprache der Neleser hatten wir bereits vor langer Zeit gelernt, daher war eine Konversation kein Problem.

Ich atmete tief durch und streckte meine Hand aus. Lomahr sah mich entgeistert an, dann ergriff er sie. Ich schüttelte vorsichtig seine Hand. Er schien zu verstehen und gab ein Schnurren von sich. Er griff sich an die Brust und verbeugte sich drei Mal hastig. Ich wusste, das war die nelesische Begrüßungsformel, und erwiderte sie, auch wenn mir dabei etwas schwindelig wurde.

»Guten Tag! Mein Name ist Ivan Despair. Ich bin Abgesandter der Welt Camelot und stamme vom Volk der Terraner. Wir sind in friedlicher Absicht hier«.

Die erste Ansprache war vollbracht.

Jomahr und die anderen Neleser ließen die Worte erst einmal auf sich einwirken. In offenkundiger Irritation starrte er unsere Delegation an.

»Ihr sprecht meine Sprache!«, stellte er als erstes fest.

Ich lächelte.

»Wir haben deine Sprache studiert. Mein Team und ich sind seit rund einem Jahr eurer Zeitrechnung auf Neles«.

Die Welt Neles brauchte zur Umrundung ihrer Sonne zehneinhalb Monate und war daher erdähnlich. Auch die Gravitation war fast identisch.

Jomahr sah zu seinen Leuten. Sie signalisierten ihm Zustimmung.

»Ich heiße euch herzlich auf Neles willkommen. Mein Name ist Luratz Jomahr. Ich bin der Präsident unserer Weltorganisation von Neles. Sagt, warum seid ihr hier?«

»Können wir das nicht irgendwo anders besprechen?«, schlug Selina vor.

Meine Frau hatte Recht. Diese grüne Wiese war zwar schön, aber vielleicht nicht der geeignete Ort.

»Oh, natürlich. Wo bleiben meine Manieren? Kommt bitte mit!«

Jomahr geleitete uns und die anderen drei zu einem dieser primitiven Automobile, das uns zu einem Containercamp brachte, welches das Militär und die Sicherheitskräfte der Weltorganisation offenbar eilig errichtet hatten.

Uns wurde ein festliches Bankett aufgetischt. Die nelesische Küche war vorzüglich und schmeckte uns allen sehr gut. Wir unterhielten uns viele Stunden und es gelang meinem Team, das Eis zu brechen. So sprach ich zu Jomahr: »Da dein Volk bald in der Lage sein wird, andere Welten anzufliegen, wollten wir euch zuerst über die Verhältnisse in der Galaxis aufklären und euch auf die verschiedenen Völker vorbereiten.«

Jomahr wirkte verwundert.

»Deine Geste ist sehr edel, doch es klingt so, als gäbe es Gefahren dort draußen?«

»Dem ist auch so. Es gibt Völker, die eure Autarkie unterdrücken würden. Damit Neles dieses Schicksal erspart bleibt, haben wir uns entschlossen, zuerst Kontakt mit euch aufzunehmen.«

»Woher wissen wir, ob nicht gerade ihr uns okkupieren wollt?«, fragte der Sicherheitschef misstrauisch.

»Ihr müsst uns vertrauen. Doch wären wir in feindlicher Absicht gekommen, dann hätten wir es bei unserem technologischen Stand nicht nötig, mit euch zu reden.«

Diese Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Sehr schnell zeigten wir den Nelesern auf, dass sie nur ein kleines Rad in der Milchstraße waren. Daher bot eine Zusammenarbeit mit Camelot für diese Welt nur Vorteile.

»Ich vertraue euch«, sprach Jomahr stellvertretend für sein Volk.

Mir war ein Stein vom Herzen gefallen. Der Erstkontakt war gelungen!

 

5. Die nächste Phase des Plans

Cau Thon rieb sich die Augen. Er war müde und entnervt von diesem endlosen Geschreibsel dieses debilen, schwächlichen Ivan Despair. Die Eintragungen seiner Frau waren keineswegs spannender.

»Alles ist so toll. Die Sonne scheint, die Blümchen blühen und alle Neleser haben uns lieb«, murmelte Cau Thon zu sich selbst.

Dann seufzte er und vergrub das Gesicht zwischen den Händen. Lange ertrug er diese langweiligen, schnulzigen und endlos fröhlichen Logbücher nicht mehr.

Es war Zeit zu handeln!

Die Cameloter bekamen einige Häuser am Rand der Hauptstadt Wrongton zur Verfügung gestellt, wo sie zusammen mit den führenden Wissenschaftlern von Neles an der Entwicklung des Antriebs arbeiteten.

Die Neleser nutzten die Kernspaltung zur Energieerzeugung. Sie glaubten, in der Atomenergie eine saubere Energieform gefunden zu haben und die Radioaktivität der Abfallprodukte würde durch die natürliche Erosion wieder abgebaut werden. Was für Idioten!

Die Cameloter versprachen den Nelesern, ihnen bei der Weiterentwicklung ihrer Energieerzeugung zu helfen.

Und genau hier sah Cau Thon einen wunderbaren Ansatzpunkt.

Logbucheintrag Ivan Despair

17. Juli 1264 NGZ

Mir fehlten die Worte!

Schier eine Ewigkeit lang saß ich stumm und regungslos vor dem Eingabegerät zu diesem Logbuch.

Was sollte ich nur schreiben?

Die Sorge um Selina war zu groß. Wieso war das nur geschehen? Warum hatte ihr Schutzschirm versagt? Wie konnte das passieren?

Es gab einen Zwischenfall in einem Reaktorblock eines Atomkraftwerkes. Selina hatte sich dort befunden, um den Wissenschaftlern aufzuzeigen, wie sie die Effizienz und Sicherheit der Reaktoren verbessern könnten.

Zu spät!

Offenbar handelte es sich um ein technisches Versagen, für das es keine Erklärung gab. Die Wissenschaftler waren ratlos und die Betreiber des Atomkraftwerks ebenso unwissend. Sie spielten den Vorfall in den Medien herunter, dabei war eine Kernschmelze eingetreten. Wir boten an, dass die HAWKING einen Schutzschirm um das Areal des Atomkraftwerkes spannte, doch Jomahr wies uns an, uns nicht in interne Angelegenheiten einzumischen. Die Betreiberfirma genieße sein vollstes Vertrauen.

Selina wurde der weit überhöhten radioaktiven Strahlung ausgesetzt, als sie versuchte, das Leck zu schließen. Immerhin dachte sie, sie wäre durch den Schutzschirm vor der Radioaktivität geschützt, doch dieser fiel aus und nun machte ich mir große Sorgen über dauerhafte Schäden für sie und unser ungeborenes Kind.

Unser Bordarzt Doktor Breank hatte Selina eingehend untersucht und Gegenmaßnahmen eingeleitet, um eine Zellschädigung zu verhindern. Er sagte mir, alles sei im Rahmen und ich müsse mir keine Sorgen machen.

Breank hatte gut reden. Es waren ja nicht seine Frau und Kind.

Ich wollte am liebsten die Expedition abbrechen, doch Selina war wieder einmal stärker als ich und überzeugte mich vom Gegenteil. Es ginge ihr und dem Ungeborenen gut.

*

Der nächste Schritt war getan. Cau Thon amüsierte sich köstlich über das verzweifelte Geschreibsel von Despair. Inzwischen war es dem Sohn des Chaos gelungen, seinen Virus zu modifizieren. Er hatte nun die Roboter an Bord der HAWKING infiziert und übernahm mehr und mehr auch die Systemsteuerung des Raumschiffes.

 

6. Die Ritter aus Shagor

Die lange Reise fand ein Ende.

Arib’Dar strich über sein haarloses Haupt und blickte zu seinem Rittergefährten Port’Gar, der wieder einmal mit essen beschäftigt war. Sein einstiger Schüler achtete nicht auf seine Linie und sein Aussehen. Doch für seine Leibesfülle war er erstaunlich behände.

Arib’Dar hingegen hatte Zeit seines Lebens auf seine Gesundheit und seinen Körper geachtet. Trotz einiger kleiner Gebrechen wie schmerzender Knie und Verspannungen im Nacken und Rücken war er für seine über zweihundert Jahre in guter Verfassung. Ob das Prot’Gar auch einmal sagen konnte, wenn er so alt war wie sein Rittermeister?

»Was ist, Meister? Ich bin ein kräftiger Bursche und muss mein Gewicht halten«, sagte der Elare, als konnte er die Gedanken des Ritters erraten.

Sie hatten seit Beginn ihrer Reise mehr als fünf Millionen Lichtjahre zurückgelegt. Ohne das Sternenportal hätten sie die gigantische Distanz von 325 Millionen Lichtjahren zu dieser Galaxis niemals überbrückt.

Arib’Dar dachte über ihre Mission nach. Was erwartete sie in der Milchstraße? Welche Gefahren lauerten auf die beiden Ritter der Tiefe?

Die Worte des Kosmokraten waren diffus gewesen, wie es bei höheren Wesen üblich war.

Begebt euch in die Galaxis Milchstraße zu einem unbedeutenden Planeten. Verhindert die Geburt des Sohnes des Chaos mit allen Mitteln. Wenn eure Mission von Erfolg gekrönt ist, werden die Kosmokraten euren abtrünnigen Orden akzeptieren.

Dem Pontanaren Arib’Dar war nicht wohl bei dieser Mission. Es widersprach dem Kodex von Jedar Balar, sich in Angelegenheiten außerhalb von Shagor einzumischen. Sie waren die Wächter von Shagor und nicht des Universums. Doch auf der anderen Seite waren die Ritter der Tiefe im ganzen Universum aktiv und unterstanden den Kosmokraten. Auch wenn der Gründer des Ordens von Shagor, Jedar Balar, sich von den Hohen Mächte abgewandt hatte, wem waren die einhundert Ritter aus Shagor zu mehr Treue verpflichtet?

Als Jedar Balar den Orden der Ritter der Tiefe in Shagor gegründet hatte, war er davon ausgegangen, sie würden bis in alle Ewigkeiten unentdeckt bleiben. 90.000 Jahre hatte sein Plan funktioniert, bis der Kosmokrat SIPUSTOV erschienen war und seinen Auftrag erteilt hatte.

Der Kosmokrat hatte dem Rittergroßmeister Arib’Dar unmissverständlich klar gemacht, dass die Ritter für die Taten ihres Ordensgründers zur Verantwortung gezogen würden, sollten sie nicht kooperativ sein.

Als Ordensanführer hatte sich Arib’Dar selbst für diese Mission gemeldet. SIPUSTOV hatte ihm versprochen, aus Dank vorerst die Ritter aus Shagor in Ruhe zu lassen.

Prot’Gar als Begleiter auszuwählen, war Arib’Dar nicht schwer gefallen. Der beleibte und beherzte Ritter war vor nicht langer Zeit sein Schüler gewesen und er war ein Draufgänger und Abenteurer.

Gal’Arn hatte mit Unverständnis darauf reagiert. Der junge Ritter hatte sie begleiten wollen, doch Arib’Dar war der Überzeugung, Gal’Arn war noch nicht reif genug, zu tun, was getan werden musste. Gal’Arn würde eines Tages die Zukunft des Ritterordens gehören, dessen war sich Arib’Dar jedoch sicher.

Prot’Gar war unbedarft und dachte nicht so viel nach, wie es Gal’Arn gerne tat.

Verhindert die Geburt des Sohnes des Chaos mit allen Mitteln.

Arib’Dar wusste, was dieser Befehl bedeutete. Für eine solche Mission war der junge Gal’Arn ungeeignet. Prot’Gar war kein gefühlloser Assassine, doch er würde im richtigen Moment nicht zögern, das Richtige für ihre Mission zu tun.

Mehr Sorgen bereiteten ihm die beiden Orbiter. Jedem Ritter der Tiefe von Shagor stand in Anlehnung an den alten Orden ein Knappe zu. Meist waren es Wesen, die selbst nicht Ritter werden durften. Die Anzahl der Gerechtigkeitskämpfer war auf einhundert begrenzt. So hatte es Jedar Balar gewollt und so wurde es seit 90.000 Jahren befolgt.

Die Auswahl zum Ritterschüler war bereits sehr streng. Und nur wer die Ritterprüfungen bestand, erhielt die Weihe zu einem echten Ritter von Shagor.

Der Ghannakke Ifrukar und der Katrone Ribwan waren zweifellos loyale und kompetente Orbiter, doch würden sie den Anweisungen von Arib’Dar bedingungslos folgen?

Im Moment waren die beiden Wesen damit beschäftigt, den Antrieb der TERSAL zu warten. Arib hoffte, sie zerstörten nichts aus Versehen. Die TERSAL war das wichtigste und heiligste Raumschiff in Shagor. Es war einst der Raumer des Gründers Jedar Balar gewesen. Sein treuer Orbiter Vergana, ein Roboter, kümmerte sich auch nach dessen Ableben um das Raumschiff. Es wurde über Generationen immer wieder erneuert.

Vergana und die einhundertzehn Meter lange TERSAL waren greifbare Relikte aus der Gründungszeit des Ordens. Nur die Rittermeister durften mit Vergana sprechen und um einen Einsatz mit der TERSAL bitten. Arib’Dar war dieser Wunsch nicht verwehrt worden.

Intergalaktische Reisen wurden von Shagor aus nicht mehr unternommen. Die einzelnen Völker der Galaxis blieben unter sich. Es gab keine Fernraumschiffe mehr. Einzig die TERSAL verfügte mit ihrer Technologie der Kosmokraten über die nötige Reichweite andere Sterneninseln zu erreichen.

Und doch hätte die TERSAL den weiten Flug wohl auch nicht geschafft. SIPUSTOV hatte sie über ein sogenanntes Sternenportal in einem entlegenen Sektor von Shagor informiert. Dieses gigantische ringförmige Portal war eine Art Transmitter.

Die Dimensionen dieser unbekannten Technologie waren gewaltig. Innerhalb weniger Sekunden hatten sie 320 Millionen Lichtjahre zurückgelegt und hatten sich am Rande der hiesigen Lokalen Gruppe befunden, wo sich ebenfalls ein Sternenportal befand. Offenbar war den Bewohnern dieser Galaxiengruppe nichts von der Existenz des Transmitterportals bekannt.

Der Weg zur Milchstraße dauerte seine Zeit, doch nun hatten sie den Außenbezirk der Galaxis erreicht. SIPUSTOV hatte die Daten der Galaxie von Vergana in den Zentralrechner der TERSAL einspielen lassen. Demnach wusste der Ritter der Tiefe, welche Sektoren er meiden sollte. Es war SIPUSTOV wichtig, dass kein Kontakt zu den Terranern, Arkoniden oder anderen Völkern hergestellt wurde.

Ein Kontakt mit den Nelesern und der Mutter des Sohnes des Chaos war jedoch unvermeidbar.

Neles lag im Süden der Galaxis in einem Außenarm. Der Ritter der Tiefe erwartete die schlimmsten Höllengeschöpfe dort.

*

»Das sollen die Bestien sein? Sehen relativ friedlich aus«, meinte Prot’Gar und rieb sich den Bauch.

Arib’Dar war überrascht. Er fand auf Neles eine ausgebaute Infrastruktur und eine zivilisierte Bevölkerung vor. Sie beherrschten die Anfänge der Raumfahrt. Ihre Funk- und Videosignale waren aufschlussreich über ihre Gesellschaft.

Doch wo verbarg sich die Trägerin des Sohnes des Chaos? Arib’Dar hatte an eine Lavawelt gedacht. Er hatte sich auf einen Kampf gegen finstere Horden des Bösen vorbereitet, doch das Unheil trug viele Gesichter. Die gefährlichsten waren die der Anmut.

Die Nelser waren humanoid und ähnelten mehr den Elaren als den Pontanaren. Das war ein Vorteil, denn so konnten sie sich frei zwischen ihnen bewegen, ohne aufzufallen. Arib’Dar machte sich etwas Sorgen um seinen spitzen Kopf, doch den konnte er mit einer Kutte verdecken. Die Mode auf Neles schien vielfältig zu sein.

Die Orbiter mussten auf der TERSAL bleiben. Der Anblick eines Ghannakken oder eines Katronen sorgte sicherlich für Entsetzen unter der Bevölkerung.

»Wir haben da etwas«, rief Ifrukar aufgeregt und schlackerte mit seinen großen Ohren.

»Was habt ihr?«, fragte Arib’Dar.

»Wir haben etwas Sonderbares geortet«, antwortete der Katrone Ribwan und deutete mit seinem Rüssel auf ein Hologramm.

Arib’Dar und Prot’Gar standen auf und begaben sich in den hinteren Bereich der Kommandozentrale. Im Orbit von Neles befand sich ein kugelförmiges Raumschiff mit einem Durchmesser von 100 Metern. Es war deutlich weiter entwickelt, als die nelesische Technologie.

»Offenbar verwendet es eine einfache Tarnung«, erklärte Ribwan.

»Für Neles ausreichend, für die Taster der TERSAL nicht«, murmelte Prot’Gar. Dann deutete er auf ein schwaches, flackerndes Signal auf dem Hologramm. »Was ist das?«

»Das wissen wir nicht so genau. Vielleicht nur eine Störung. Es hat eine schwache Energiesignatur, die jedoch schwer auszumachen ist.«

»Ein zweites Raumschiff.«

Arib’Dar war sicher, dass es unbemerkt bleiben wollte. Offenbar hatten beide Raumer nichts miteinander zu tun. Vielleicht gehörten sie sogar zu rivalisierenden Mächten.

»Die TERSAL bleibt vorerst am Rand des Systems. Wir beobachten die Aktivitäten aus der Distanz. Bringt so viel wie möglich über die Raumschiffe in Erfahrung«, forderte der Ritter.

Prot’Gar sah seinen Rittermeister vielsagend an.

»Die beiden Raumschiffe haben sicher etwas mit dem Sohn des Chaos zu tun.«

»Wir werden sehen …«

Arib’Dar war nun nicht zum Reden zumute. Er musste nachdenken.

*

Die Beobachtungen durch die beiden Orbiter brachten neue, wichtige Erkenntnisse. Das Kugelraumschiff mit der geringen Tarnung hieß HAWKING und gehörte einer Organisation Camelot an. Sie bestand nur aus einigen Terranern und einigen Vertretern deren Kolonialvölker. Eine Wissenschaftlergruppe hatte vor einiger Zeit Kontakt mit den Nelesern aufgenommen, um sie in die Völkergemeinschaft der Milchstraße einzuführen.

Über das andere Raumschiff gab es keinerlei Informationen. Mehr als ein unregelmäßiges Signal war nicht zu erkennen.

Arib’Dar dachte an die mahnenden Worte von SIPUSTOV. Sie sollten in keinerlei Kontakt mit Terranern treten.

Ribwan spielte ein Video über die Cameloter ab, zu denen offensichtlich auch Terraner gehörten. Die nelesische Presse berichtete euphorisch über die Besucher aus dem Weltall. Ivan und Selina Despair waren das »Paar aus den Sternen« für die Neleser.

Ivan war ein leicht untersetzter Mann mit dunklem Haar. Er wirkte unscheinbar. Seine Frau hingegen war eine Schönheit. Langes, blondes Haar, blaue Augen und eine ansehnliche Figur.

»Mir ist etwas aufgefallen«, sagte Prot’Gar, der sich offenbar ebenfalls Selina Despair genauer angesehen hatte.

Arib’Dar sah den Elaren fragend an. Prot’Gar stopfte sich erst einmal ein belegtes Brot in den Mund.

»Nun sprich endlich!«

Genüsslich kaute der Ritter erst einmal zu Ende, nahm einen Schluck Tervi und stieß auf.

»So, nun geht es mir besser. Mit vollem Mund soll man nicht sprechen. Die Anatomie der Terraner ähnelt sehr stark der von Elaren und Pontanaren. Und nun sieh dir ihren Bauch an.«

»Was ist damit?«

»Er ist gewölbt.«

»Gewölbt«, flüsterten Ifrukar und Ribwan ehrfürchtig nach und sahen sich fragend an.

»Und?«, wollte der Katrone wissen. »Isst sie zu viel, so wie du, mein geliebter Meister?«

»Nein«, stellte Arib’Dar fest.

Ihm war klar, worauf Prot’Gar hinaus wollte.

»Sie ist schwanger.«

Die beiden Orbiter verstanden offenbar immer noch nicht. Doch Prot’Gar schien das Gleiche zu befürchten, wie Arib’Dar.

War diese Selina Despair die Mutter des Sohnes des Chaos?

Es war kein Zufall, dass sich vermutlich zwei fremde Raumschiffe im Orbit von Neles befanden.

»Meister!«, schrie Ifrukar und zeigte auf das Ortungssystem.

Aus dem schwachen Signal wurde plötzlich ein rund fünfhundert Meter großes Raumschiff. Die Mitte bestand aus einer Kugel. Rechts und links an den Seiten waren Erweiterungen in Form von Flügeln und Waffen angebracht. Das h-förmige Raumschiff hatte sich also doch die ganze Zeit versteckt. Wieso gab es nun plötzlich seine Tarnung auf?

»Alarmbereitschaft. Bring uns näher an den Planeten heran«, entschied Arib’Dar.

 

7. Die Ankunft von Cau Thon

Die Zeit des Handelns war gekommen. Cau Thon wies den Zievohnen Preschtar an, die Deflektorschirme der KARAN zu deaktivieren. Es war ein stolzes Raumschiff. Einst hatte es dem Ritter der Tiefe Myron Reburs gehört, ehe Cau Thon in getötet hatte.

Nun gehörte es ihm und stand im Dienste einer anderen, chaotischeren Macht.

Die Aufregung an Bord der HAWKING musste groß sein. Urplötzlich tauchte vor ihrer Nase ein Raumer mit fünfach so großem Durchmesser auf. Das musste die Wissenschaftler beunruhigen.

Cau Thon genoss es, sich die Furcht der Wissenschaftler auszumalen. Die Angst war sein mächtigster Verbündeter. Zwar war die Distanz zu groß, um ihre Gefühle tatsächlich empathisch wahrnehmen zu können, aber das würde sich bald ändern.

»Preschtar, bereite meine Raumfähre vor! Wir wollen die Primitivlinge nicht völlig erschrecken.«

Die Kuttengestalt verneigte sich wortlos. Das war auch nicht anders zu erwarten.

Cau Thon setzte sich an das Kommunikationsterminal und schickte eine knappe Nachricht.

»Ich komme in Frieden.«

Dieser Spruch funktionierte doch eigentlich immer.

Die Raumfähre war bereit. Cau Thon freute sich auf die Begegnung mit den Despairs. Er sendete eine zweite Botschaft. Darin bat er um ein Treffen mit den Camelotern und gab Koordinaten durch. Cau Thon wählte die kleine Stadt Effysit, in der die Cameloter mit dem Bau ihrer zweiten, offiziellen Station begonnen hatten.

Die Neleser riegelten zur ihrer eigenen Sicherheit das Landegebiet ab und boten ein großes Polizeikontingent auf.

Cau Thon überlegte, ob es sinnvoll war, dass es so viele Zeugen gab. Nun, darüber würde er später entscheiden. Zuerst musste er seine Landefähre sicher auf dem Planeten landen.

Nachdem dies mühelos gelang, stieg er aus und ließ die Sonne und die verdutzten Gesichter auf sich einwirken.

Er blickte von der Luke auf die Neleser und Cameloter herab, während die Rampe sich langsam auf den Boden senkte. Die Neleser starrten ihn an, als hätten sie das erste Mal einen Außerirdischen gesehen. Sie mussten sich doch langsam an den Anblick fremder Wesen gewöhnen.

Während der Sohn des Chaos die Gangway hinunter schritt, erkannte er Selina und Ivan Despair sowie Ron Horace und diesen Weltorganisationsvorsteher Luratz Jomahr.

Die Sicherheitskräfte richteten ihre harmlosen Projektilwaffen auf ihn, während Cau Thon langsam zur Gruppe ging. Als er vor den Despairs stand, nahm er seine Kutte ab.

Er registrierte, dass sie seinem Caritstab mit den Knochenverzierungen besondere Aufmerksamkeit schenkten. Sanft legte Cau Thon den Stab gegen eines der Fortbewegungsvehikel und fuhr mit der Hand darüber.

Cau Thon schwieg. Offenbar war es seinen Gegenübern peinlich. Schließlich brach Luratz Jomahr die Stille.

»Sei willkommen, Fremder! Wer bist du?«

»Ein Reisender«, antwortete Cau Thon mit seiner heiseren Stimme. »Mein Name ist Cau Thon. Ich bin Forscher, der die Wunder des Universums erkundet.«

»Von welchem Volk stammst du? Du kommst nicht aus der Milchstraße?«, fragte Selina Despair.

Ihr Mann blickte sie säuerlich an. Offensichtlich wollte er dieselbe Frage stellen.

Da war sie also! Die Mutter eines zukünftigen Sohnes des Chaos. Cau Thon musterte sie, blickte tief in ihre blauen Augen. Er spürte nun ihr Unbehagen. Doch die Angst ihres Mannes war weitaus größer. Ein erbärmliches Abbild eines Mannes.

Sie alle strotzten nur so vor Furcht. Selina auch, doch sie ließ es sich zumindest nicht so offenkundig anmerken.

»Ihr kennt mein Volk nicht, denn es stammt nicht aus dieser Galaxie.«

Ron Horace musterte Cau Thon eindringlich. Er schien ihm sehr zu misstrauen. Der hochgewachsene Terraner mit dem Stoppelbart tat recht daran, doch er würde ihn auch nicht aufhalten können.

»Doch warum bist du hier? Dieser Planet liegt abgelegen. Für einen Reisenden gibt es sicher lukrativere Orte in der Milchstraße «, meinte Ivan Despair leicht provokant.

Soviel Mut hatte er ihm nicht zugetraut.

»Es kommt immer darauf an, was man sucht  ...«

Nun mischte sich wieder Jomahr ein, dem dieses Gespräch offenkundig unangenehm war.

»Cau Thon, sei unser Gast. Es werden immer mehr Außerirdische, die unseren Planeten beehren. Wenn das so weiter geht, werden wir eine bedeutende Rolle in der Milchstraße erlangen«, scherzte der Präsident und deutete in Richtung eines ihrer archaischen Fortbewegungsmittel.

Cau Thon nickte langsam und nahm seinen Stab wieder an sich. Auch die Despairs und Ron Horace gingen zu dem Auto.

»Neles ist von kosmischer Bedeutung  ...«, murmelte Cau Thon zu sich selbst, bevor er in das Fahrzeug stieg.

*

Die Fahrt mit so einem Vehikel war unbequem und langsam, aber auf eine gewisse Art und Weise interessant. Die Berührung mit dem Boden durch die Räder gefiel Cau Thon.

Sie erreichten ein Hotel. Dort gab es ein Willkommensbankett für ihn. Der Sohn des Chaos ließ es sich schmecken und genoss die Gastfreundschaft und Zerstreuung. Bald war er wieder alleine mit den schweigenden Zievohnen auf der KARAN, die kaum redeten und erst recht keine Geselligkeit kannten.

Die Presse war bei diesem Dinner nicht zugelassen. Nur einige ranghohe Politiker, Wissenschaftler und die Cameloter natürlich. Darvynia, Eddie Alaban und Doktor Honorius Breank gesellten sich zu ihnen. Die anderen beiden Cameloter befanden sich demnach auf der HAWKING.

Der alte Alaban starrte Cau Thon seltsam an. Bei ihm spürte der Sohn des Chaos besonders viel Furcht. Alaban hielt ein Buch dicht an sich gepresst und starrte immer wieder auf die Tätowierungen auf Cau Thons Stirn.

»Aus welcher Galaxis kommst du?«, wollte Horace wissen.

»Meine Heimatgalaxis ist sehr weit entfernt. Ihr könntet die Entfernung nicht verstehen.«

»Willst du damit sagen, wir sind zu dumm?«

Horace blickte Thon verständnislos an.

»Nein! Vom technologischen Stand seid ihr meiner Gesellschaft untergeordnet. Behauptet ihr, die Neleser wären dümmer, nur weil ihr ihnen technisch überlegen seid?«

Jomahr verfolgte das Gespräch interessiert und wartete in offensichtlicher Neugierde auf eine Antwort.

»Natürlich nicht!«, sagte der Plophoser leise.

»Dann wäre das geklärt.«

Cau Thon spürte nicht mehr das Bedürfnis, sich mit Ron Horace weiter zu unterhalten.

Ivan und Selina Despair wollten jedoch mehr über ihn erfahren.

»Erzähle uns von deinen Reisen«, schlug Ivan vor. »Wir Galaktiker sind auch weit herumgekommen. Vielleicht können wir unser Wissen ergänzen.«

Cau Thon sah zu ihm herüber.

»Wenn die Zeit dazu reif ist  ...« Sein Augenmerk fiel nun auf Selina, die immer unruhiger wurde. »Fehlt dir etwas, Selina Despair?«

Selina war bleich im Gesicht.

»Ich fühle mich nicht so gut«, erklärte sie.

»Schatz, ich bringe dich nach Hause«, sagte ihr Mann fürsorglich.

Er erklärte, es könne sich um Nachwirkungen des Strahlungsunfalls handeln.

Cau Thon stand auf und schritt auf das Ehepaar zu.

»Habt keine Furcht, sie unterliegt einem natürlichen Prozess!«

Er legte seine Hand auf ihren Bauch und schloss die Augen.

»Ja, ich bin im sechsten Monat schwanger. Tragen die Frauen deines Volkes auch ihre Kinder auf diesem Weg aus?«

Cau Thon lächelte und nickte.

»Doch dein Kind ist gefährdet. Du wurdest einer hohen Dosis Radioaktivität ausgesetzt. Ich fühle, dass etwas nicht stimmt.«

Selina und Ivan blickten sich entsetzt an.

»Doktor Breank hat gesagt, alles wäre in Ordnung.«

»Mein Volk hat den nuklearen Holocaust erlebt. Wir wissen nur zu gut von versteckten Langzeitschäden und haben Technologien entwickelt, um das Zellgewebe und die DNS zu reparieren. Wir haben diese Technik an Bord meines Raumschiffes. Erlaubt ihr eine Untersuchung?«

Selina und Ivan wirkten ratlos. Sie blickten zu Doktor Breank.

»Ich habe keine Mutationen festgestellt. Aber eine zweite Diagnose kann nicht schaden. Die Medostation der HAWKING ist nicht Mimas.«

Der Terraner mit dem lockigem, kurzem Haar und den Tränensäcken unter den Augen zuckte hin und wieder mit seinen Sehorganen. Cau Thon fand das amüsant, doch er lachte natürlich nicht. Ernst blickte er Selina an.

»Ich weiß nicht so recht. Was meinst du, Ivan? Es kann doch nicht schaden? Unser Kind soll doch gesund aufwachsen.«

Ivan Despair schien mit sich zu kämpfen. Er misstraute Cau Thon natürlich.

»Ich bin dagegen«, mischte sich Eddie Alaban ein. »Wenn es Gottes Wille ist, wird der kleine Despair gesund zur Welt kommen. Außerdem …«

»Ja?«, fragte Cau Thon erwartungsvoll.

»Sie tragen das Mal des Teufels. In meiner Religion bedeutet die Zahl 666 großes Unheil.«

»Sie haben viel Fantasie, Eddie Alaban.«

»Ich glaube nicht an diesen Mumpitz«, sprach Ron Horace und stellte sich demonstrativ vor Cau Thon. »Doch ich traue Ihnen nicht, Rothaut! Sie wird nicht auf Ihr Raumschiff gehen. Das ist zu gefährlich.«

Cau Thon lachte.

»Wir könnten ein Labor auch in diesem Hotel einrichten. Es bedarf nur Ihrer Erlaubnis, werter Jomahr und natürlich Ihres Einverständnisses, Selina. Ihr Arzt kann der Untersuchung beiwohnen.«

Selina sah zu Horace. Dieser verschränkte die Arme vor seiner Brust, musterte Cau Thon einen Moment und gab schließlich seinen Segen. Auch Doktor Breank hatte nichts dagegen. Nun musste die kleine Selina nur noch ihren trostlosen Ehemann überzeugen.

»Wenn es gut läuft, wird Ihr Kind ein Telepath oder Telekinet. Wenn es schlecht läuft, hat er einen Arm, wo andere Menschen ihre Genitalien tragen«, lautete Cau Thons Entscheidungshilfe.

»Also gut«, sagte Ivan Despair schließlich.

»Eine weise Entscheidung«, ermutigte Cau Thon die besorgten Eltern. Denn dadurch hatten alle Beteiligten noch etwas mehr von ihrem Leben. Natürlich sagte er ihnen das nicht.

Die nächste Phase seines Plans hatte begonnen.

*

Vier Zievohnen hatten mit der zweiten Raumfähre die Apparaturen der Medolabors nach Neles gebracht und eingerichtet. Sie wirkten unheimlich auf die Neleser und Cameloter.

Eddie Alaban murmelte ständig irgendwelche Gebete vor sich hin. Er glaubte offenbar, Thon sei ein Abgesandter des Teufels. Der Gute hatte Menschenkenntnis.

Selina Despair legte sich in eine Röhre. Die Zievohnen begannen ihre Untersuchungen. Doktor Breank assistierte ihnen dabei. Er war vollauf begeistert von der Technologie und stellte unzählige Fragen, welche der zievohnische Arzt einsilbig beantwortete. Die Zievohnen waren nach ihrer Musterung auf Lehr’Ar’Modror nicht gewohnt, viel zu reden.

Sie waren jedoch von Cau Thon bestens instruiert worden. So hielt der Zievohne Pykal einen für ihn ungewöhnlichen Monolog.

»Teile der DNS des Ungeborenen sind durch die radioaktive Strahlung beschädigt. Von einer gefahrlosen Geburt ist nicht mehr auszugehen. Das Kind wird missgebildet zur Welt kommen. Die Sterbewahrscheinlichkeit nach der Geburt ist hoch. Die Trägerin wird nur geringfügige dauerhafte Beeinträchtigungen erleiden. Die Behandlung des Arztes hatte hier Erfolg.«

Ein Hologramm der Untersuchung verdeutlichte die Ausführungen von Pykal. Natürlich war das Kind gesund. Doch die Cameloter kauften die Inszenierung ab.

Doktor Breank tat so, als würde er die Ergebnisse nachvollziehen können. Cau Thon bezweifelte, dass er der barymischen Schrift mächtig war. Doch offenbar wollte er nicht als Laie dastehen. Das spielte ihm in die Karten.

»Der Eingriff zur Rekonstruierung und Reparatur des Zellmaterials dauert nicht lange. Es ist ein Routineeingriff«, erklärte Pykal.

Ivan Despair befand sich ebenfalls in der Medostation. In einer rührenden Geste nahm er Selinas Hand. Beide weinten und hatten große Angst um ihr Kind.

»Doktor?«, fragte Ivan.

Breank setzte nun seine terranische Medizintechnik ein. Offenbar wollte er eine zweite Untersuchung durchführen. Sollte er nur. Seine Geräte waren manipuliert. Cau Thons Virus an Bord der HAWKING hatte auch die Apparaturen der Medostation befallen. Der Sohn des Chaos hatte daran gedacht, dass Breank die Ergebnisse noch einmal bestätigen wollte. Die Diagnose stand im Voraus fest. Sein Untersuchungsgerät war von dem Virus darauf programmiert, die Zievohnen zu bestätigen.

Zwar schätzte Cau Thon die Despairs und auch Breank so ein, dass sie letztlich den Zievohnen vertrauten, weil ihre Unsicherheit zu groß war, doch eine Bestätigung sorgte für weniger Misstrauen.

»Die Analyse ergibt tatsächlich Schäden in der Genetik des Kindes. Das war vor einem Monat noch nicht festzustellen. Es hat sich rasant verschlechtert. Die Zievohnen haben recht. Euer Kind ist stark gefährdet«, erklärte Breank.

Ivan blickte zu seiner Frau. Tränen kullerten über ihre Wangen. Dann nickte sie.

»Er soll mein Baby retten!«

 Despair ging zu Cau Thon.

»Ich freue mich seit Monaten auf die Geburt unseres Kindes. Ich will es aufwachsen sehen. Mit ihm spielen, bei den Hausaufgaben helfen, ihn bei seinem ersten Flug in den Weltraum begleiten.«

Er weinte.

»Ich … kenne …«

Despair wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und atmete tief durch. Cau Thon fand das Gehabe dieses Menschen erbärmlich.

»Ich kenne Sie erst ein paar Stunden, doch wenn Sie mein Baby gesund machen, haben Sie einen Freund fürs Leben. Ich wäre Ihnen ewig dankbar! Bitte, retten Sie unser Kind!«

Mühsam zwang sich Cau Thon, beruhigend zu lächeln.

»Aber natürlich. Pykal, hilf ihnen!«

Der Zievohne ging zum Interface der Röhre und begann nun mit dem eigentlichen Prozess der DNS-Veränderung. Diese Narren ahnten nicht, dass nun die wichtigste Phase begann.

Rodrom hatte Cau Thon das Erbgut gegeben. Anhand dieser Vorlage wurde die Zellstruktur des Kindes nach dem Befehl von Rodrom verändert. Die Weichen für den neuen Sohn des Chaos waren gestellt.

»Es ist vollbracht«, sagte Pykal knapp.

Ivan und Selina lachten laut und umarmten sich. Auch Doktor Breank stimmte herzlich ein. Alle waren sie glücklich, obwohl sie nichts weiter als unwissende Narren waren.

»Oh, seht doch die Diagnose«, rief Cau Thon in gespielter Überraschung. »Darf ich Ihnen das Geschlecht mitteilen?«

»Ja, natürlich!«

»Es wird ein Junge.«

Selina flüsterte ihrem Ehemann etwas ins Ohr. Er sah sie kurz überrascht an, dann nickte er.

»Mister Thon, wir haben einen Namen für unseren Sohn. Sie haben sein Leben gerettet. Er soll Cauthon heißen,

Cauthon Despair

 

8. Familienglück

Logbucheintrag Selina Despair

30. August 1264 NGZ

Ich erholte mich gut von dem Unfall und dem Eingriff durch die Zievohnen. Um ehrlich zu sein, spürte ich überhaupt keine Beeinträchtigungen. Es machte mich überglücklich zu sehen, wie mein kleiner Cauthi in meinem Buch wuchs, strampelte und vor allem zu wissen, er würde gesund zur Welt kommen.

Die Anwesenheit von Cau Thon war seltsam, doch ein Segen Gottes, wenn es denn einen gab. Wäre der Fremde nicht gewesen …

Darüber wollte ich nicht mehr nachdenken. Ich verstand das Misstrauen von Eddie und Ron überhaupt nicht. Wir waren zivilisierte Völker. Es war doch nichts Ungewöhnliches, dass wir auf fremde Intelligenzen stießen. Cau Thon hatte sich in den drei Wochen seines Aufenthaltes als hilfsbereit und harmlos erwiesen.

Er hatte mir erklärt, dass sein Volk über eine Art empathische Wahrnehmung verfügte, weshalb er gespürt hatte, dass mit meinem Baby etwas nicht stimmte. Auch wenn sein Aussehen unheimlich auf uns wirkte und diese Zievohnen genauso unnahbar waren, sollten wir doch nicht nur über das Äußere und die Gewohnheiten urteilen.

Dazu gab es zu viele unterschiedliche Völker. Vielleicht waren unsere Redseligkeit und unser Lachen für die Zievohnen völlig fremd?

Ich war jedenfalls froh und glücklich, dass der Weg des Fremden nach Neles geführt hatte.

Darvynia und ich suchten bereits die Einrichtung für das Kinderzimmer aus. Da wir noch einige Zeit auf Neles blieben, sollte es Cauthi schön haben. Eddie Alaban betete jeden Tag für das Kind. Horace machte sich wie immer über den alten Terraner lustig, doch Eddie ignorierte die Häme und betete weiter für unser Baby.

Mir blieb die Veränderung von Eddies Gemüt seit der Ankunft von Cau Thon jedoch nicht verborgen. Er zitierte Verse aus der Bibel, die aus der Offenbarung des Johannes stammten.

Augenscheinlich war Eddie völlig besessen von der Tätowierung auf Cau Thons Stirn. Zugegeben, es sah aus, wie drei in sich gewundene Sechsen, doch ihn deshalb gleich als Vorboten der Apokalypse anzuprangern, war doch wohl reichlich übertrieben.

Doch immer wieder sprach Eddie davon, dass die Zahl 666 das Zeichen des Teufels und seiner Anhänger sei. Für Eddie war Cau Thon ein Abgesandter aus der Hölle.

Ich wollte von diesem Quatsch nichts mehr hören. Cau Thon erforschte den Planeten und die Bewohner. Er verbrachte viel Zeit mit den Nelesern, um sie besser kennenzulernen. Insbesondere interessierte er sich für die Jugend.

Was war daran denn satanisch?

Ivan und Ron arbeiteten zusammen mit Dytch und Vülitaar an unserer Station am Rande von Effysit, bis ihnen die Idee kam, ein eigenes Camelotbüro daraus zu machen.

Die Neleser waren reif und alle Parteien würden davon profitieren. Mein Schatz holte sich die Erlaubnis von Camelot. Dabei hatte er mit Reginald Bull höchstpersönlich gesprochen. Ivan war so stolz, mit dem beleibten und beliebten Zellaktivatorträger sprechen zu dürfen.

Er hatte ihm berichtet, wie schön es auf Neles war und dass wir nun offiziell ein Camelotbüro errichten wollten. Bully hatte keine Einwände gehabt und uns zu dieser Entscheidung gratuliert.

Wir machten uns ernsthafte Gedanken darüber, auf Neles sesshaft zu werden. Ich konnte es mir durchaus vorstellen.

Für Cauthon würde es eine schöne Heimat werden.

Logbucheintrag Ivan Despair

September 1264 NGZ

Selina war nun im achten Monat. Nur noch knapp vier Wochen, dann war es endlich soweit. Ich konnte es kaum erwarten. Ich wurde Vater!

Nachdem Reginald Bull uns das Einverständnis für den Bau einer Camelotniederlassung gegeben hatte, schien es so, als würde der kleine Cauthon auf Neles aufwachsen.

Bull hatte uns dennoch für den Rest des Jahres freigegeben. Wir sollten die Gründung langsam angehen und dann zusammen mit den Nelesern mit dem Bau beginnen und ihnen auch bei der Entwicklung ihres ersten echten Raumschiffes helfen.

Bull sah davon ab, weitere Mitglieder Camelots nach Neles zu entsenden. Wir sollten behutsam vorgehen und die Neleser nicht gleich überfordern. Er zeigte Interesse an Cau Thon und schrieb gestern in einer Hyperbotschaft, dass er diesen rothäutigen Lebensretter gerne einmal kennenlernen würde.

Ich hatte noch keine Gelegenheit mit Cau Thon darüber zu sprechen. Er trieb sich in den extremsten Gebieten von Neles herum. Cau Thon war ein echter Naturbursche. Doch wir hatten in ihm einen neuen Freund gewonnen. Er war der Retter meines Jungen und dafür würde ich ihm bis an mein Lebensende dankbar sein.

Heute hatte ich ein seltsames Erlebnis mit zwei nelesischen Arbeitern, die beim Ausbau unserer Forschungsstation beschäftigt waren. Sie hießen Arib und Protgar.

Ihre Nachnamen nannten sie nicht.

Sie stellten mir viele Fragen und lauschten sehr aufmerksam, als ich ihnen von Cau Thon und dem Eingriff der Zievohnen an Selina erzählte.

Als Handwerker stellten sie sich ziemlich dümmlich an. Sie hatten mehr linke Hände als ich, doch zeigten sie sich sehr fähig, als es darum ging, die Rechner anzuschließen und  zu installieren. Für Neleser waren sie ziemlich intelligent. Damit meinte ich, dass sie mehr wussten, als sie eigentlich nach dem Stand ihrer Welt hätten wissen dürfen.

Sie hatten außerdem viel Interesse an Selina und der anstehenden Geburt gezeigt und mich außerdem gefragt, ob sie auf die HAWKING dürften. Natürlich ging das vorerst nicht. Bisher hatte ich nur Luratz Jomahr dieses Privileg zugestanden.

Ich wurde aus diesen beiden Nelesern nicht schlau. Das waren zwei komische Vögel …

 

9. Die Geburt

Arib’Dar und Prot’Gar kehrten zur TERSAL zurück. Der Rittermeister ließ sich ächzend auf seine Liege fallen. Alle Knochen schmerzten von der Arbeit. Ein normaler Pontanare war in seinem Alter schon längst im Ruhestand. Trotz des intensiven Trainings und der vielen Meditationsformen zur Stärkung von Psyche und Körper war Arib’Dar kein Jungspund mehr.

Und das merkte er heute deutlich. Er schloss die Augen und dachte über ihre Mission nach.

Noch immer war ihnen unklar, ob das h-förmige Raumschiff ihre Landung auf Neles bemerkt hatte oder nicht.

Die Neleser und Cameloter wussten auf jeden Fall nichts von ihrer Anwesenheit auf diesem Planeten. Sicherlich dachte Ivan Despair, die beiden wären exzentrische und wissbegierige Neleser, die einfach nur alles über ihre außerirdischen Vorbilder in Erfahrung bringen wollten. Arib’Dar rekapitulierte vor den Orbitern Ifrukar und Ribwan ihre neuen Erkenntnisse. Demnach spielte der Fremde Cau Thon offenbar eine Schlüsselrolle.

Die Cameloter machten nicht den Eindruck, als wüssten sie, was ein Sohn des Chaos war. Auch schienen sie nicht irgendeinem finsteren, chaotischen Kult zu huldigen. Arib’Dar gestand ein, dass sie eigentlich auch nicht wussten, was ein Sohn des Chaos nun war, doch SIPUSTOV hatte eindringlich von ihnen gefordert, die Geburt eines solchen zu verhindern. Vermutlich war dies ein zukünftiger Anhänger der Chaosmächte. Vielleicht waren die Söhne des Chaos sogar das Gegenstück zu den Rittern der Tiefe? Es wäre nur logisch, dass auch die Chaotarchen über eigene Eliteorganisationen verfügten.

Eines stand jedenfalls fest. Ivan und Selina Despair war es nicht bewusst, dass Selina offenbar einen Sohn des Chaos austrug. Es bestand für Arib’Dar auch nur wenig Zweifel daran, dass das Kind dieser beiden Menschen der vermeintliche Sohn des Chaos sein musste.

Wer sollte es sonst sein?

Natürlich hatten Ifrukar und Ribwan eine Reihe Untersuchungen durchgeführt. Es gab auf Neles Hunderttausende schwangere Frauen, die bald ihr Kind gebären würden.

Es konnte zwar möglich sein, dass der Sohn des Chaos darunter war, doch aufgrund der Tatsache, dass ausgerechnet eine Besucherin eines anderen Planeten schwanger war und dieser geheimnisvolle Fremde Cau Thon sichtbares Interesse an der Schwangerschaft zeigte, sprach für sich.

Was hatte Cau Thon wirklich getan, als Selina Despair von dessen Zievohnen medizinisch untersucht wurde?

Diese Frage mussten sie beantworten, um Gewissheit zu haben.

»Wir müssen in die Nähe der Frau«, stellte Prot’Gar fest.

Eine Untersuchung des Ungeborenen würde hoffentlich Aufschluss über ihre Theorie geben.

Obgleich ihnen weiterhin nicht bekannt war, wie sie einen Sohn des Chaos überhaupt erkannten. Doch Arib’Dar glaubte daran, dass er es wusste, wenn es soweit war.

*

Sie hatten zwei Gruppen gebildet. Arib’Dar und Prot’Gar arbeiteten weiter auf der Baustelle der Forschungsstation von Camelot, während die beiden Orbiter mit gebührendem Abstand Selina Despair folgten.

Als Arbeiter durften sie nicht fehlen und konnten sich nicht so frei bewegen, wie sie es wollten. Deshalb mussten der Ghannakke und der Katrone die Observation übernehmen. Wohl war dem Ritter der Tiefe bei dieser Entscheidung jedoch nicht. Das Risiko war hoch, dass die beiden Orbiter entdeckt wurden.

Er musste auf die Diskretion der beiden hoffen. Die beiden Ritter verrichteten ihre Arbeit und wurden dabei vom Sicherheitsleiter der Cameloter, einem Mann mit dem Namen Ron Horace, beobachtet.

Vermutlich hatte Ivan Despair Verdacht geschöpft. Obwohl das Ehepaar Arib’Dar durchaus sympathisch war, konnte er sich ihnen nicht offenbaren. Was sollte er ihnen auch sagen? Er wäre ein Ritter der Tiefe und von den Kosmokraten beauftragt, ihr Kind zu ermorden, weil dieses angeblich ein Sohn des Chaos war? Die Despairs würden das wohl kaum akzeptieren.

Das Interkom von Arib’Dar vibrierte an seinem Gürtel. Es war eine willkommende Unterbrechung der Arbeit. Er war schon wieder aus der Puste. Doch das wollte er sich nicht anmerken lassen. Der Ritter der Tiefe schob seinen Poncho an der Öffnung zur Seite, blickte sich um, dass auch niemand ihn sah, und nahm das Sprechgerät.

»Was?«

»Großes Problem, riesengroßes Problem!«, blökte Ifrukar aus dem Kommunikationsgerät. Im Hintergrund schnaubte und trötete Ribwan. Auch die Schreie einer Frau waren zu hören.

»Bei den Kosmokraten! Sie bringen Selina Despair um?«, vermutete Prot’Gar und wusste anscheinend nicht, ob er das mutig und grausam fand. Arib’Dar hatte eine andere Theorie. Er forderte Ifrukar auf, ruhig und besonnen zu bleiben.

»Besonnen? Wie denn? Sie läuft aus und schreit und brüllt. Oh nein, oh nein! Wir haben sie beschattet, kamen zu nahe, sie meckerte, fluchte, wollte wissen, von welchem Planeten wir kommen und dann – Schwupps …«

Arib’Dar stellte es sich bildlich vor. Er machte sich Vorwürfe. Hätte er doch nur nicht die beiden zur Beschattung eingesetzt.

»Die Frau bekommt ihr Kind«, antwortete der Ritter. »Wo genau befindet ihr euch?«

»Wir bringen sie in ein Krankenhaus. Sie hat starke Schmerzen. Wir müssen ihr helfen«, erklärte der Ghannakke außer Atem.

Arib’Dar hielt inne. Was sollte er jetzt tun? Erteilte er seinem Orbiter den Befehl, Mutter und Kind zu ermorden? Konnte er das wirklich verantworten?

Arib’Dar blickte seinen Weggefährten Prot’Gar an. Der Elare blickte verstohlen zu Boden, er wollte augenscheinlich ebenso wenig mit der Ermordung zu tun haben.

Doch sie hatten einen Auftrag! Was war das Leben eines Kindes im Vergleich zur Bewahrung der Ordnung des Universums? Sie hatten die direkte Order eines Kosmokraten. Wer waren sie, diese Anweisungen anzuzweifeln?

Und doch – waren das nicht die Beweggründe ihres Gründers Jedar Balar gewesen? Er hatte Zweifel an der Politik der Hohen Mächte gehabt. Er hatte sich widersetzt.

Nur dieser Insubordination hatten sie ihre Existenz als Ritter der Tiefe von Shagor zu verdanken. Hatte ihr Wunsch nach Akzeptanz durch die Kosmokraten nach 90.000 Jahre des Exils sie etwa blind und skrupellos gemacht?

»Wir kommen!«

Arib’Dar vertagte die Entscheidung. Als er sich mit Prot’Gar auf den Weg machte, rannte Ivan Despair sie beinahe um.

»Meine Frau bekommt ihr Kind. Darvynia hat eben angerufen. Zwei komische Außerirdische, offenbar ein Unither – ach, ihr wisst ja gar nicht, was das ist … ich muss sofort zu ihr!«

Die beiden Ritter sahen sich vielsagend an.

»Wir begleiten dich.«

*

Die Steuerung des umständlichen Automobils bereitete Arib’Dar immer noch Schwierigkeiten. Prot’Gars Kommentare auf dem Beifahrersitz und ein hysterischer werdender Vater auf dem Rücksitz erschwerten eine unfallfreie Fahrt. Nach einigen Nahtoderlebnissen erreichten sie das Krankenhaus.

Sie rannten hinein. Ribwan und Ifrukar fanden sie inmitten einer Menschentraube. Die Neleser starrten mit einer Mischung aus Ehrfurcht, Neugier und Abscheu die beiden Orbiter an.

Despair hatte keine Augen für die beiden. Darvynia rannte ihm entgegen und beruhigte ihn. Beide wurden von dem Personal zum Kreißsaal gebracht.

Arib’Dar wusste, dass sie ihre Chance vertan hatten, die Geburt zu verhindern. Natürlich konnten sie in dem Krankenhaus ein Massaker anrichten, doch ihr Ehrgefühl und ihre Prinzipien verboten einen solchen barbarischen Akt. Die Neleser waren unschuldige Menschen. Sie hatten nichts mit dem kosmischen Schachspiel der Hohen Mächte zu tun. Und im Grunde genommen hatten es die Despairs auch nicht. Die Cameloter waren eine sympathische Wissenschaftlerfamilie, die sich nur auf die Geburt ihres ersten Kindes freute.

Prot’Gar bahnte sich den Weg durch die erstaunten Neleser und erklärte, die beiden Orbiter wären neue Mitarbeiter der Cameloter. Er bat die Neleser, etwas Abstand zu halten.

Der Ghannakke und der Katrone lösten sich aus ihrer Schockstarre und folgten dem Ritter zu Arib’Dar.

»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte eine Krankenschwester verlegen.

»Nein, danke. Aber bringen Sie uns bitte in den Warteraum vor dem Kreißsaal. Wir möchten unseren Freunden nahe sein.«

Die Krankenschwester wusste natürlich nicht, dass die Cameloter nicht ihre Freunde waren. Sie brachte die vier zwei Etagen höher in einen Warteraum.

Darvynia saß dort. Sie blickte die beiden Orbiter finster an.

»Unsere sonderbaren Verfolger. Wer seid ihr? Spione vom Forum Raglund?«

Sie musterte den Katronen.

»Er sieht entfernt aus wie ein Unither. Aber er ist keiner. Woher kommt ihr?«

Eddie Alaban, Doktor Breank und Ron Horace eilten zu ihnen. Darvynia berichtete ihnen. Während der Doktor in den Kreißsaal lief, starrte der Sicherheitsmann der Cameloter die Ritter und ihre Orbiter finster an.

»Woher kommt ihr Witzfiguren?«

»Wir sind …«

»Diener der Kosmokraten ist ihre offizielle Version«, sagte eine raue Stimme hinter ihnen.

Arib’Dar drehte sich um. Automatisch starrte er auf die Tätowierung des kahlköpfigen, rothäutigen Mannes. Das war Cau Thon. Woher wusste er von ihrer Herkunft?

»Obgleich das unwahrscheinlich ist. Sie beobachten euch Cameloter. Ihr solltet ihnen nicht vertrauen. Möglicherweise sind es auch Spione eurer Feinde. Seid ihr Agenten des Kristallimperiums?«

Cau Thon schmunzelte überlegen. Arib’Dar fühlte sich ertappt. Woher dieser finstere Diener der Chaotarchen die Informationen hatte, wusste der Ritter nicht, doch die Gegenseite schlief nicht. So wie SIPUSTOV sie über die Ereignisse in der Milchstraße informiert hatte, so hatte ein Chaotarch wahrscheinlich Cau Thon instruiert. Doch offenbar wollte Cau Thon nicht die Cameloter über die Wahrheit informieren. Stattdessen legte er ihnen eine Ausrede direkt in den Mund. Cau Thon wusste genau, dass sie keine Agenten irgendeiner Macht aus der Milchstraße war, doch er wollte, dass die Cameloter genau das glaubten.

»Verschwindet hier«, rief Horace drohend.

Arib’Dar gab den anderen ein Zeichen. Sie verließen das Krankenhaus widerstandslos. Sie mussten sich einen neuen Plan ausdenken.

Logbucheintrag Ivan Despair

03. Oktober 1264 NGZ

Mein Sohn Cauthon war gestern auf die Welt gekommen! Die Geburt war der reinste Horror gewesen. Selina hatte wie am Spieß geschrien, überall das Blut – doch dann war all das vergessen, als der kleine Cauthi den ersten Laut von sich gegeben hatte und die Ärzte ihn mir gezeigt hatten.

Das war mein Sohn!

Dieses kleine Würmchen war mein Sohn! So stolz und glücklich war ich noch nie gewesen. Und Selina erst. Sie war so überglücklich.

Sie wollte den kleinen Cauthon gar nicht wieder loslassen. Die Ärzte erklärten mir, dass Cauthi und Selina drei Tage im Krankenhaus bleiben sollten, dann konnte ich die beiden abholen.

Oh, mein kleiner Cauthon! Falls du irgendwann die Logbücher lesen wirst, weil dein seniler Daddy sie ungeschützt in der Syntronik aufbewahrte, dann solltest du wissen, dass wir dich lieben und der Tag deiner Geburt der glücklichste Tag in unserem bisherigen Leben war.

Logbucheintrag Ivan Despair

05. Oktober 1264 NGZ

Erst jetzt hatte ich Gelegenheit, mir über die seltsamen Fremden Gedanken zu machen. Im Freudentaumel um die Geburt von Cauthon war das alles untergegangen. Selina und Darvynia hatten berichtet, dass diese zwei Wesen sie offenbar verfolgten. Als Selina sie zur Rede gestellt hatte, traten die Wehen ein und die zwei halfen Darvynia, meine Frau in das Krankenhaus zu bringen.

Offenbar stammten diese fremden Wesen nicht aus der Milchstraße. Obwohl eine der Kreaturen den Unithern stark ähnelte, wies sie doch gravierende Unterschiede auf. Die Unither besaßen keine Hörner und hatten weniger Augen. Das zweite Geschöpf erinnerte an einen Esel auf zwei Beinen mit großen Schlappohren.

Cau Thon berichtete, sie seien Agenten unbekannter Herkunft, die eifrig die Cameloter observierten, um Pluspunkte bei den Kosmokraten oder anderen Entitäten zu sammeln. Er riet mir, ich sollte sie meiden und versprach, Nachforschungen über sie anzustellen.

Und doch fragte ich mich, wieso sie ausgerechnet an uns Interesse hatten? Wieso spionierten sie nicht Perry Rhodan aus? Es gingen seltsame Dinge auf Neles vor. Obwohl Cau Thon so viel für uns getan hatte, hegte ich immer noch ein wenig Misstrauen gegen ihn.

Ich verstand einfach nicht, wieso uns das alles widerfuhr. Wir waren nur unbedeutende Wissenschaftler auf einer abgelegenen Welt in der großen Milchstraße. Wieso interessierten sich Sternenreisende wie Cau Thon oder die vier Fremden für uns?

Logbucheintrag Ivan Despair

25. Oktober 1264 NGZ

Selina und Cauthi waren wohlauf. Der Knirps hatte großen Hunger und war verspielt. Selina war überglücklich und ich war es auch. Einzig dieses Unbehagen bezüglich der Fremden bereitete mir Sorgen. Die vier angeblichen Kosmokratenanhänger oder Agenten einer geheimen Macht wurden nicht mehr gesehen.

Cau Thon hatte uns vor wenigen Tagen verlassen. Er versprach jedoch eine baldige Rückkehr.

Mir waren diese ganzen Wesen unheimlich. Ich hatte für meine Familie zu sorgen und zog ernsthaft in Erwägung, Neles zu verlassen, um nach Camelot zurückzukehren.

Diese Welt war schön, doch fühlte ich mich hier sicher? Ich wusste es nicht.

Eddie Alaban trieb mich mit seinen Thesen zu Cau Thon auch in den Wahnsinn und verunsicherte mich. Er sprach immer wieder davon, dass Cau Thon ein Abgesandter aus der Hölle sei. Er assoziierte die Tätowierung auf der Stirn von Cau Thon mit der Zahl des Teufels. 666!

Was für ein Schwachsinn. Und doch, auch das trug zu meinem Unwohlsein bei. Ich war verunsichert. Ich wünschte mir, niemanden von ihnen wiederzusehen, doch eine innere Stimme sagte mir, dass ich mich darauf nicht verlassen sollte.

 

10. Der Meister

Cau Thons Schiff verließ Neles und flog ein unbewohntes System am Rand der Milchstraße an. Das h-förmige Schiff landete auf der ungastlichen Methanwelt. Ein zweites Gebilde, von einer blauen Sphäre umgeben, befand sich auf dem Planeten.

Cau Thon streifte sich den Raumanzug über, stieg aus und ging langsam auf das weitaus größere Objekt zu. Eine Art Schleuse öffnete sich aus der wabernden Sphäre und ein Wesen, in einem schwarzen Gewand und mit einer schwarzen Kutte bedeckt, schwebte auf Cau Thon zu. Das Gesicht war nicht zu erkennen.

Cau Thon empfand Ehrfurcht vor seinem Meister, seinem Herren – seinem Gott! Sein Herz pochte wild und ein Schauer lief über seinen Rücken. Die negativen Emotionen, die sein Meister ausstrahlte, waren so gewaltig. Es erforderte größte Disziplin, die unversiegbaren, mentalen Schmerzschreie nicht an sich heranzulassen. Ein unvorbereitetes Wesen wäre vermutlich sofort daran zugrunde gegangen.

»Berichte!«, forderte das Wesen.

Cau Thon verbeugte sich kurz, dann ging er langsam weiter und folgte dem schwebenden Wesen.

»Es ist geschehen«, begann Cau Thon in einem hochtrabenden Tonfall, der jedoch immer noch ruhig und bedacht wirkte.

»Demnach ist der Sohn des Chaos geboren?«, wollte die düstere Entität wissen.

»Ja, mein Meister!«

Das schwarze Kuttenwesen sah zu Cau Thon.

»In nur zwanzig terranischen Jahren werden wir einen wertvollen Verbündeten haben. Bis dahin darf ihm nichts zustoßen. Niemand darf Cauthon Despairs Schicksal im Weg stehen. Lösche die Familie aus. Vernichte die Assassinen des SIPUSTOV!«

»Ich verstehe, mein Meister.«

»Cau Thon, bald wird es eine Neuordnung des Universums geben und dieser Junge wird dabei helfen, unsere gefährlichsten Widersacher zu vernichten, bevor er sein Schicksal an der Quelle des Universums erfüllen wird.«

Das waren die letzten Worte der Entität. Das dunkle Wesen schwebte wieder zu seiner Sphäre, die nur wenige Minuten danach von der Oberfläche abhob und in den Weiten des Weltalls verschwand.

Zurück blieb ein nachdenklicher Cau Thon. Die Anweisungen seines Herrn waren unmissverständlich. Jeder, der Cauthon Despairs Schicksal im Weg stand, musste beseitigt werden.

Cau Thon wusste, was er nun zu tun hatte.

 

11. Auge um Auge – Zahn um Zahn

Cau Thon bemerkte, dass Eddie Alaban ihm bereits seit Stunden durch die Stadt folgte. Der bibeltreue Terraner stellte sich recht ungeschickt an. Seine läppischen Versuche unentdeckt zu bleiben, amüsierten ihn. Langsam ging er zu einem verlassenen Bauernhof. Über ihm braute sich ein Unwetter zusammen. Dunkle Wolken zogen auf. Schließlich blieb er auf dem Hof stehen.

»Hast du mir etwas zu sagen, Eddie Alaban?«

Nun kam der alte Mann aus seiner Deckung hervor.

»Ich habe mit den Rittern der Tiefe gesprochen. Du bist ein Gesandter eines Sohnes des Chaos und willst den kleinen Cauthon auf den Pfad der Finsternis führen. Das lasse ich nicht zu«, sagte Alaban und schritt mutig auf Cau Thon zu.

»Tatsächlich? Haben dir diese Ritter auch gesagt, dass sie Cauthon töten wollen? Ein neuer Sohn des Chaos ist geboren. Er hat seinen Weg bereits beschritten. Und noch etwas, ich bin kein Anhänger eines Sohnes des Chaos. Ich bin einer!«

Der Wind steigerte sich in einen Sturm. Das Geäst der Bäume knirschte.

Eddie Alaban hielt Cau Thon das Kreuz entgegen und rief: »Weiche von mir, Anhänger der Bestie. Im Namen Jesu Christi, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Weiche!«

Cau Thon lachte. Er respektierte zwar den starken Glauben dieses Wichtes, doch mit frommen Sprüchen würde er ihn nicht aufhalten. Alaban wusste zu viel.

Es war Zeit aufzuräumen. Cau Thon versetzte dem Terraner einen Hieb in den Bauch. Alaban fiel auf seine Knie.

Cau Thon beugte sich herab und packte das schüttere, fettige Haar Alabans an dessen Hinterkopf.

»Ich habe deine Bibel gelesen. Steht dort nicht geschrieben, liebe deine Feinde? Wieso hegst du dann einen solchen Groll gegen mich?«

»Oh Herr, verzeihe mir. Ich bin schwach. Doch kehre zurück in die Hölle! Lass die Despairs in Frieden!«

»Heißt es nicht, wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt«, zitierte Thon und gab Alaban eine Ohrfeige, »dann halte auch die andere Seite hin?«

Nun versetzte er dem schwachen Terraner einen Hieb auf die linke Wange.

Alaban weinte und betete weiter.

Cau Thon zog Alaban langsam hoch. Der alte Mann ließ es mit sich geschehen. Er starrte ihn mit entsetzten Augen an. Es fing an zu regnen. Blitze zuckten durch den Himmel.

Cau Thon zog einen kleinen Dolch.

»Mir gefällt eine andere Passage noch viel besser. Dort heißt es Auge um Auge …«

Nun stach er den Dolch in das rechte Auge. Der Terraner schrie vor Schmerz auf. Thon drehte den Dolch hin und her und zog das Auge heraus. Alaban Geschrei ging in ein leises Wimmern über, doch er hielt ihn weiter aufrecht.

»Und Zahn um Zahn …«

Thon stieß den Dolch in den Mund seines Opfers und benutzte ihn als Hebel, um einen Zahn aus dem Kiefer zu stemmen. Blut strömte aus der leeren Augenhöhle und dem zerstörten Kiefer. Er ließ das armselige Geschöpf fallen, das weiter vor sich hin wimmerte.

Der Sohn das Chaos blickte sich um. Er entdeckte eine verrostete Metallstange, die an der Wand des Gebäudes lehnte. Cau Thon nahm sie und richtete Alaban wieder auf. Dann ging er einen Schritt zurück, ließ die Stange in seiner Hand sich mehrmals drehen und rammte sie Alaban senkrecht in die  Schulter und trieb sie schräg durch den Körper. Die Stange durchbohrte ihn und trat an seinem linken Unterschenkel wieder aus. Doch Cau Thon drückte die Stange weiter, bis er sie in den Boden getrieben hatte.

Zufrieden betrachtete der Sohn des Chaos sein Werk. Die von der in den Boden gerammten Stange aufrecht gehaltene Leiche war ein gelungenes Kunstwerk.

Er war mit sich zufrieden. Nun war es Zeit, sich um die anderen zu kümmern.

Der Spaß hatte gerade erst begonnen.

*

Das Unwetter tobte weiter. Der Sturm peitschte den Regen in das Gesicht Cau Thons, doch er störte sich nicht daran. Die ungebändigte Natur empfand er als Ausdruck seines Glaubens an die Macht des Chaos, als Widerspiegelung der kommenden Weiterentwicklung des Universums. Versteckt kauerte er hinter einer Anhöhe im Gebüsch und lauerte auf sein nächstes Opfer. Er befand sich zwischen einem Schrebergarten und einer Bahnhofstation von Effysit-Süd. Den Hang hinab ging es zu den rostigen Gleisen.

Dann kam Ron Horace. Wie jeden Tag besuchte er die kleine Neleserin in dem heruntergekommenen Haus, die für Geld ihre Dienste anbot. Cau Thon amüsierte sich über die heimlichen Vorlieben des Cameloters. Schade, dass er so wenig Zeit hatte. Er hätte noch gerne mit dem Plophoser ein wenig gespielt, doch er musste an seinen Auftrag denken.

Offenbar waren Horace seine Bedürfnisse peinlich, da er dieses abgelegene Versteck wählte. Zu jeder vollen Stunde rauschte ein Güterzug vorbei. Und der Plophoser nahm wie jedes Mal die Abkürzung über die Schienen.

Lästige Angewohnheiten sollte man lieber rechtzeitig ablegen, bevor sie einen umbrachten.

Oh, und nun steckte der Gute plötzlich fest. Er fragte sich wohl, was passiert war? Er versuchte sein Bein aus dem unsichtbaren Fesselfeld zu ziehen, doch er wusste ja nicht einmal, wo sich die Falle befand. Sie war außer Reichweite.

Horace beugte sich herab und zu seiner offenkundigen Überraschend kam er nicht mehr hoch. Nun hatte er sich noch tiefer in das Fesselfeld verstrickt.

Er horchte auf. War das das Signal des Zuges? Cau Thon genoss den panischen Kampf. Horace war wie eine Fliege in einem Spinnennetz, je mehr er sich anstrengte, desto fester saß er in der Falle.

Horace schrie um Hilfe. Das Rattern der Räder war zu hören. Dann war der Zug in Sichtweite. Horace brüllte, lag seitlich und konnte sich kaum rühren. Mit dem linken Bein und dem linken Arm wedelte er in die Höhe.

Aus dem Haus stürmte das leichte Mädchen in ebenso luftiger Bekleidung. Entsetzt hielt sie die Hand vor den Mund. Sie blickte zum Zug, dann wieder zu Horace.

Spannend, fand Cau Thon! Was würde die Frau tun? Würde sie ihrem zahlenden Kunden helfen?

Der Zug rollte mit hohem Tempo immer näher. Die Frau blieb wie angewurzelt stehen. Horace erschlaffte, er hatte den Kampf aufgegeben.

Der Zug rauschte über den Cameloter hinweg und zerfetzte den Körper. Die Neleserin stand schreiend an ihrer Haustür.

Der zweite Feind war gefallen.

Logbuch Ivan Despair

12. November 1264 NGZ

Der Tod von Eddie Alaban und Ron Horace erschütterte uns zutiefst. Beide Freunde und Arbeitskollegen starben innerhalb eines Tages. Das war unfassbar.

Was war nur geschehen? Wieso mussten sie sterben? Während einiges auf einen Unfall als Todesursache von Ron deutete, wurde Eddie regelrecht abgeschlachtet. Ich hatte Selina und Darvynia nichts von diesen Grausamkeiten berichtet, doch musste ich sie hier niederschreiben. Schließlich hatte ich sie auch nach Camelot gemeldet.

Eddie fehlte ein Zahn. Er war ihm herausgerissen worden. Ein Auge war durchgestochen und befand sich nicht mehr in der Augenhöhle. Schließlich hatte eine Metallstange ihn von der Schulter bis zur Hüfte durchbohrt und regelrecht aufgespießt.

Wer war zu solch einer Barbarei fähig? Mein erster Verdacht fiel auf die vier sonderbaren Fremden.

Perry Rhodan forderte auf jeden Fall eine Untersuchung und hatte mir mitgeteilt, dass sich Atlan persönlich in wenigen Tagen auf den Weg nach Neles machen würde. Es war vielleicht besser so, denn die Situation wuchs über meinen Kopf. Ich hatte Angst und fürchtete um Selina und Cauthon. Hatten die Mörder von Eddie und Ron es vielleicht auch auf sie abgesehen?

 

12. Eine Entscheidung des Gewissens

Arib’Dar war der Mord an den beiden Camelotern nicht verborgen geblieben. Er wusste, dass dieser geheimnisvolle Cau Thon dahinter steckte. Nur er kam dafür infrage.

Vielleicht hätte Arib’Dar nicht Eddie Alaban aufsuchen sollen. Vermutlich wäre der Mann dann noch am Leben. Doch der Ritter hatte das Misstrauen von Alaban gegenüber Cau Thon bemerkt und ihn als empfänglich für ein Gespräch eingestuft. Alaban hatte ihnen zugehört, doch dann hatte er einen Fehler begangen und hatte Cau Thon offenbar mit seinen Verdacht konfrontiert.

Der Ritter der Tiefe hatte sich mit Prot’Gar und den beiden Orbitern beraten. Was sollten sie nun tun? Ihr Auftrag war die Liquidierung eines Babys. War das wirklich die einzige Möglichkeit? Sein Magen zog sich in Krämpfen zusammen, als er an die Ausführung dachte.

Der kleine Cauthon Despair war ein unschuldiges Kind. Was konnte er denn dafür, wenn er womöglich zum Spielball kosmischer Mächte wurde? Hatten die Ritter der Tiefe aus Shagor das Recht, eine Familie zu vernichten?

Das entsprach nicht ihrem Ehrenkodex. Auch wenn eine Bestrafung durch den Kosmokraten SIPUSTOV drohte, so fühlte sich Arib’Dar in diesen Tagen tiefer mit den Prinzipien von Jedar Balar verbunden, als es jemals zuvor der Fall gewesen war.

Ihre Aufgabe war es, für Frieden und Ordnung zu sorgen. Assassinen der Kosmokraten waren sie nicht. Deshalb hatte sich Jedar Balar vor 90.000 Jahren von den Rittern der Tiefe losgesagt. Er hatte kein Handlanger der Kosmokraten sein wollen.

»Was machen wir nun?«, fragte Prot’Gar schließlich und unterbrach die schier endlos andauernde Stille.

Arib’Dar seufzte. Die beiden Orbiter starrten auf den Boden und trauten sich nicht einmal, sich zu bewegen. Er wusste, was sie dachten. Sie hatten Angst, er ordnete nun die Eliminierung des Kindes an.

Arib’Dar hatte seine Entscheidung gefällt.

»Cau Thon will offenbar aufräumen. Das klingt logisch nach chaotischer Sichtweise. Wenn der Junge in einem behütetem Elternhaus mit Liebe aufwächst, wird er vermutlich nicht so empfänglich für die finstere Ideologie der Chaotarchen sein.«

»Also, was machen wir? Helfen wir Cau Thon und erledigen zum Schluss den Säugling oder …?«

Prot’Gar kaute auf seiner Lippe. Was hatten sie sich nur dabei gedacht, diese Mission anzunehmen?

»Nein, wir werden das Kind nicht töten. Der einzige, den wir töten, ist dieser Cau Thon. Wir reden mit den Despairs und überzeugen sie davon, dass wir auf ihrer Seite stehen.«

»Und wie, Herr Ritter? Wenn wir ihnen die Wahrheit sagen, vertrauen die uns bestimmt nicht«, wandte Ribwan ein und schüttelte sein mächtiges Haupt. Sein Rüssel schwankte dabei mehrmals von links nach rechts.

»Mein Orbiter hat recht. Wir sollten den Kontakt mit den Camelotern meiden. Entweder wir führen unseren Befehl aus und töten den kleinen Cauthon Despair oder wir erledigen Cau Thon und hoffen, dass damit die Gefahr abgewendet ist. Wofür wir jedoch keine Garantie haben.«

Niemand vermochte in die Zukunft zu blicken. Wer sagte denn, dass aus Cauthon ein Sohn des Chaos wurde? Und selbst wenn, es gab viele Anhänger des Chaos im Universum. Welche Rolle spielte da wohl einer mehr?

Am liebsten wäre Arib’Dar sofort nach Shagor zurückgekehrt, doch eines hielt ihn auf der Welt Neles.

Er konnte und wollte nicht zulassen, dass die unschuldigen Cameloter ihr Leben verloren.

Logbucheintrag Selina Despair

13. November 1264 NGZ

Cau Thon suchte uns in diesen traurigen Tagen auf und kondolierte zum Ableben von Eddie und Ron. Doch es war kein reiner Anstandsbesuch. Cau Thon berichtete, er hätte Nachforschungen über die vier Fremden angestellt.

Er legte uns Dokumente vor. Eine ganze Reihe an Daten, technische Messungen, Codierungen und so einen Kram. Ivan sah sie sich durch und konnte nicht fassen, was er da sah.

Diese vier Wesen waren offenbar Agenten des Kristallimperiums Arkon. Sie hatten chiffrierte Nachrichten versendet, deren Entschlüsselung in Satron erfolgte.

Ihr Anführer war ein Ara. Das passte zu dem spitzen Kopf. Der Elefantenmann gehörte einem umweltangepassten Kolonialvolk der Unither an. Es gab so viele Rassen in der Milchstraße und ich kannte sie natürlich nicht alle.

Cau Thon hatte mit seiner Technologie die Befehle des arkonidischen Geheimdienstes entschlüsselt. Sie lauteten simpel: Destabilisierung des Bündnisses zwischen Camelot und Neles – zur Not gewaltsame Terminierung der gegnerischen Wissenschaftler.

Cau Thon vermutete, dass Eddie und Ron die Fremden beobachtet hatten und auf ihr Treiben aufmerksam geworden waren. Das passte in das Verhalten der beiden vor ihrem Tod. Beide hatten sich bedeckt gegeben und Eddie hatte mir einen Tag vor seinem Tod selbst erklärt, dass er an etwas dran war. Was es war, wollte er mir erst sagen, wenn er Beweise hatte.

Ich hatte Angst! Was war, wenn diese Spione auch uns umbringen wollten? Wie lange waren wir auf Neles noch sicher? Wann endlich würde Atlan mit der RICO eintreffen?

Ich bat Cau Thon, uns zu beschützen. Ich wusste, dass Ivan damit nicht glücklich war, doch ich vertraute dem Rothäutigen. Er hatte mein Leben und das von Cauthi gerettet. Er war der Pate meines Kindes. Ja, ich vertraute ihm.

Darvynia bestärkte mich darin. Sie hatte regelrecht einen Narren an Cau Thon gefressen. Es überraschte und entsetzte mich ein wenig, dass sie so kurz nach dem Tod von Ron unverblümt über die Attraktivität von Cau sprach.

Vielleicht war es nur eine Abwehrreaktion, um den Tod von Ron nicht an sich heranzulassen.

Wir hielten uns ausschließlich in unserer Station auf. Ich hatte viel zu große Angst, mich in den Straßen der Stadt Effysit zu bewegen. Honorius und Ivan wollten später kurz in die Stadt, um Besorgungen zu erledigen. Ich vermutete, Breank brauchte eine Flasche Wein, denn er hatte seinen Vorrat bereits leer gesoffen. Wie konnte er angesichts dieser Ereignisse an so etwas profanes wie Alkohol denken? Ich hatte Ivan meine Bedenken geäußert, doch Ivan war der Ansicht, zu zweit würde ihnen nichts geschehen. Vielleicht fiel Honorius auch nur die Decke auf den Kopf. Jeder ging anders mit dem Tod unserer beiden Freunde um.

Am liebsten wäre ich mit Cauthon auf die HAWKING gegangen. Doch die HAWKING war ein Forschungsraumschiff und kein Kriegsschiff. Wenn diese arkonidischen Spione über die nötigen Waffen verfügten, konnten sie die HAWKING vermutlich zerstören.

Doch hätten sie es dann nicht schon längst getan? Ich wusste es nicht, war ratlos und unruhig. Wenn wir jetzt nach Camelot flohen, hatten die Arkoniden doch ihr Ziel erreicht. Sie destabilisierten dann in aller Ruhe das Vertrauen zwischen uns und den Nelesern.

Ich hatte Ivan gebeten, mit den Nelesern zu sprechen, doch er lehnte es kategorisch ab. Er wollte nicht, dass sie Machtkämpfe zwischen zwei rivalisierenden Machtblöcken der Milchstraße mitbekamen. Was hatten wir nur getan? Wir trugen die gegenseitigen Ressentiments auf dem Boden der Neleser aus. Genau das wollten wir doch vermeiden!

Was blieb uns also? Die Flucht oder das endlose Warten auf Entsatz von Camelot. Atlan und seine Spezialisten wussten besser mit solchen Situationen umzugehen. Der unsterbliche Arkonide war vor über 1.000 Jahren der Lordadmiral der USO gewesen.

Mein Herz sagte mir, wir sollten Neles verlassen, auch wenn womöglich unsere Arbeit dadurch umsonst gewesen war. Mein Verstand riet mir, abzuwarten.

Doch ich war eine Mutter. Ich sollte doch auf mein Herz hören, oder?

 

13. Beweise

Arib’Dar brauchte Beweise! Er musste sich selbst vergewissern und er suchte nach einem überzeugenden Argument, dass der kleine Cauthon Despair anders war. Eine Rechtfertigung dafür, dass er ein Sohn des Chaos sein sollte.

Er brauchte ebenso überzeugende Argumente für die Cameloter. Die Sache war verzwickt. Cau Thon einfach so umzubringen, war beinahe unmöglich, da er sich in der Nähe der Cameloter aufhielt. Und auf eine passende Gelegenheit zu warten, verringerte die Überlebenschance der Wissenschaftler drastisch.

Der Pontanare wanderte durch die Straßen der Stadt Effysit. Es herrschte trotz Einkehr der Nacht ein emsiger Betrieb auf den asphaltierten Fahrbahnen. Die Wege waren voller Neleser, die ausgelassen bei feuchtwarmen Temperaturen durch die geöffneten Geschäfte flanierten.

Honorius Breank und Ivan Despair erledigten zu so später Stunde ihre Besorgungen. Keiner der Cameloter verließ mehr alleine die Station auf dem Berg nahe von Effysit.

Dies wäre ein weiser Entschluss gewesen, würde ihr Feind nicht mitten unter ihnen sein. Der Ritter der Tiefe beobachtete die beiden Cameloter. Sie verließen ein Lebensmittelgeschäft und gingen in eine Nebenstraße. Doktor Breank wollte in den Weinladen, wie Arib’Dar es aus seinen Beobachtungen der Tage zuvor erwartet hatte.

Arib’Dar schob den Ärmel seiner Jacke ein Stück zurück und sprach in das Kommunikationsgerät an seinem Armband.

»Sie kommen.«

Der Pontanare folgte den beiden mit Abstand. Von der Seite kamen zwei nelesische Frauen, die sich Ivan Despair um den Hals warfen, während Breank schon auf dem Weg zum Weinladen war.

Das war seine Chance. Arib’Dar drängte sich an den Passanten vorbei, packte Breank und drückte ihn in eine Seitengasse.

Er wusste, dass Prot’Gar die beiden nelesischen Prostituierten entsprechend instruiert hatte, dass sie Ivan Despair für einige Momente ablenkten.

»Oh nein! Nun tötest du mich auch«, stöhnte Breank.

»Ich töte Sie nicht! Wir sind auch nicht für die Morde an Eddie Alaban und Ron Horace verantwortlich.«

Ungläubig starrte der Arzt den Ritter der Tiefe an.

»Wer dann?«

»Wir vermuten, dass Cau Thon dahinter steckt. Er hat etwas mit dem kleinen Cauthon angestellt. Untersuchen Sie ihn. Überprüfen Sie die DNS von Cauthon. Etwas stimmt mit dem Jungen nicht. Das ist die Schuld von Cau Thon.«

»Ich habe Cauthon nach der Geburt untersucht. Er ist völlig gesund … ich …«

Breank zögerte.

»Was?«, wollte Arib’Dar wissen und drückte den Doktor unsanft gegen die Mauer. Er wollte keine Gewalt anwenden, doch die Zeit drängte.

»Ich habe natürlich keine DNS-Analyse durchgeführt. Dazu waren die Mittel in dem nelesischen Krankenhaus auch nicht vorhanden. Ich habe vielmehr unsere moderne Medizin nur eingesetzt, um Cauthon vor Infektionen und Kinderkrankheiten zu impfen. Er wirkte ja kerngesund.«

»Untersuchen Sie ihn mit Ihren Apparaturen. Nicht mit den nelesischen und nicht mit denen von Cau Thon. Installieren Sie Ihr Programm zur Sicherheit neu, um Manipulationen an ihrem Gerät auszuschließen. Suchen Sie nach Abnormitäten. Von uns geht keine Gefahr aus, doch Ihr Feind nährt sich an Ihrem Busen!«

»Meinem Busen?«

Arib’Dar verdrehte die Augen. Das war doch eine terranische Metapher? Es führte zu weit.

»Informieren Sie sich. Dann kontaktieren Sie uns morgen Abend wieder an dieser Stelle. Und kein Wort zu Despair. Er würde es nicht verstehen. Noch nicht.«

Breank nickte. Arib’Dar ließ ihn los. Er wusste nicht, ob er überzeugend genug war.

»Gehen Sie zu Despair zurück«, sagte Arib’Dar knapp und drehte sich weg. Ohne zurückzublicken, eilte der Ritter in die entgegengesetzte Richtung und verschwand in einer weiteren Nebengasse. An der Seite türmten sich Plastikmüllsäcke. Sehr einladend sah es hier nicht aus. Er lehnte sich gegen eine Mauer und atmete, erschöpft von dem Sprint, tief durch.

Jetzt musste er abwarten, ob Breank auf ihn hören würde.

*

Doktor Honorius Breank machte Überstunden. Er hatte sich am Abend sehr komisch und zurückhaltend gegenüber Cau Thon verhalten. Selbst gegenüber den Kollegen war er wortkarg gewesen.

Noch am späten Abend hatte er eine Untersuchung an Cauthon vorgenommen. Er hatte Selina beruhigt und ihr erklärt, es handelte sich dabei um eine reine Routineuntersuchung. Er wollte nur sicher gehen, dass dem Baby die Umwelt von Neles gut bekam.

Dann hatte sich Breank mit seinen Ergebnissen verabschiedet und war über den Kurzstreckentransmitter auf die HAWKING gewechselt. Cau Thon beunruhigte die Tatsache, dass der Doktor zuvor seine Gerätschaft neu installiert hatte, wie er aus den Datenbankeintragungen der Syntronik erfuhr. Misstraute da jemand der Technik? Wusste er möglicherweise über den Virus Bescheid?

Arib’Dar musste ihn gewarnt haben. Ein kluger Schachzug dieses Möchtegernritters der Tiefe.

Dort saß er nun seit Stunden und brütete über irgendetwas. Cau Thon hatte ihn über die Kameras auf der HAWKING beobachtet. Die Syntronik wurde voll und ganz von seinem Virus kontrolliert und erstattete regelmäßig Meldung über die Aktivitäten des Mediziners.

Cau Thon hatte gewartet, bis die Despairs zu Bett gegangen waren. Nun befand er sich wieder auf der KARAN und beobachtete den Doktor.

Schnell wurde dem Sohn des Chaos klar, wonach Breank suchte. Er analysierte die DNS von Cauthon. Breank musste einen Hinweis von Arib’Dar bekommen haben, denn Cau Thon schätzte den Mann nicht so intelligent und gewissenhaft ein.

Breank stutzte, als er offenbar das Ausmaß begriff. Er rieb sich die Augen, lehnte sich auf seinem Formenergiesitz zurück und atmete schwer. Nun hatte er wohl verstanden, dass die DNS-Struktur des Kindes nicht gänzlich der eines nosmonisch-terranischen Kindes entsprach.

Was würde der gute Mediziner jetzt wohl tun? Brachte er es fertig, das liebende Ehepaar aus ihrem wohl verdienten Schlaf zu wecken, um sie aus ihren süßen Träumchen zu reissen und mit der bitteren Realität zu konfrontieren? Sprach er mit seinem Auftraggeber? Cau Thon war klar, dass die Ritter der Tiefe dahinter steckten.

Nein, der gute Breank sollte die Despairs nicht stören. Düstere Geheimnisse sollten auch solche bleiben. Cau Thon übernahm die Kontrolle der Syntronik an Bord der HAWKING. Zuerst drehte er die Temperatur in dem Raum hoch, stellte die Luftfeuchtigkeit niedrig und ließ den Arzt schwitzen.

Dieser versuchte nun manuell die Klimaanlage einzustellen. Als er bemerkte, dass das nicht funktionierte, hämmerte er wütend auf die Konsole. Er rief die Syntronik und beschwerte sich. Die Syntronik antwortete, dass alle Temperaturen in Ordnung seien.

Es war herrlich, dem verwirrten Mann zuzusehen. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, kopierte die Ergebnisse auf einen Datenspeicher und verließ das Labor.

Sein Weg führte ihn direkt zum Antigrav, dessen Steuerung nun Cau Thon übernahm. Zuerst ließ er Breank in die Nähe des Transmitterraumes schweben, dann stellte er die Gravitation auf normal ein. Schreiend fiel Breank hinab. Cau Thon deaktivierte die Fangnetze und Prallfelder. Unsanft knallte Breank auf den Boden der untersten Etage. Knochen brachen, doch Breank lebte noch. Cau Thon hätte ihn nicht so zäh eingestuft.

Cau Thon übernahm die Kontrolle über einen Roboter und befahl ihm zum Antigravschacht zu fliegen. Cau Thon stellte die Schwerkraft auf Maximum. Der Roboter deaktivierte seinen Antrieb und ließ sich in den Schacht fallen.

Noch einmal schrie Doktor Breank auf, eher er vom aufschlagenden Roboter zerquetscht wurde.

Damit waren es nur noch fünf Cameloter.

 

14. Konfrontation

Logbuch Ivan Despair

14. November 1264 NGZ

Honorius Breank war tot! Ein schrecklicher Unfall hatte sich ereignet. Ein Defekt im Antigravschacht hatte ihn getötet.

War es eine Fehlfunktion gewesen oder steckten möglicherweise die arkonidischen Agenten dahinter?

Wir wussten es nicht und fühlten uns auf Neles nicht mehr sicher. Auf der HAWKING waren wir vielleicht auch nicht sicher. Doch sie brachte uns immerhin Camelot näher. Wir mussten vorsichtig vorgehen und die Kampfroboter einsetzen, damit wir den Flug unbeschadet überstehen würden.

Selina drängte mich dazu – und ich hatte ebenso Angst um sie und unser Kind. Die Arkoniden wollten uns ermorden. Wir mussten hier weg und konnten nicht mehr auf die Ankunft von Atlan warten.

Die Entscheidung stand fest: Wir reisten noch heute ab. Vülitaar Öckgüühn und Dytch waren informiert. Sie sollten noch einmal alle Einstellungen an Bord überprüfen, während wir die Camelotniederlassung räumten.

Drei MODULA War-Type Roboter sicherten unsere Arbeit, während vier weitere Arbeitsroboter die Station ausräumten. Mir tat der Abschied weh, doch wir hatten keine andere Wahl.

Ich informierte den Präsidenten der Weltorganisation telefonisch über unsere Abreise und mahnte zur Vorsicht vor anderen Außerirdischen. Wir hatten komplett versagt und ich spürte die Überraschung und Enttäuschung seitens der Neleser. Wir ließen sie im Stich, ebneten womöglich den Weg für die Arkoniden oder das Forum Raglund. Vielleicht steckte auch die LFT dahinter? Wer wusste das schon? Schon unter Buddcio Grigor und seinem Nachfolger Medros Eavan hatte sich die LFT sehr zum Nachteil verändert.

Die LFT musste stärker und besser dastehen, als das Kristallimperium. Der im Jahre 1262 NGZ unter Eavan gegründete Terranische Ligadienst war vermutlich die gelbrotblaue Fassung der arkonidischen Tu-Ra-Cel und pfiff genauso auf die Rechte der Wesen der Milchstraße.

Doch was konnten wir gegen solch eine rücksichtslose Gewalt tun? Hätten wir Spezialagenten und bewaffnete Truppen nach Neles schicken sollen? Wir wollten sie doch nicht besetzen. Die Gewalt der ach so hoch zivilisierten Mächte der Milchstraße hatte gewonnen.

Chapeau, du totes Galaktikum! Ein Hoch auf die Rücksichtslosigkeit der galaktischen Völkergemeinschaft. Schon bald würden skrupellose Geschäftsmänner der LFT, Geheimagenten des Forum Raglund und Soldaten des Kristallimperiums über Neles herfallen und den Nelesern ihre Freiheit und Unabhängigkeit nehmen.

Wir hatten versagt. Wie konnte ich Perry Rhodan nur unter die Augen treten? Ich wusste, dass ich auch Neles niemals wiedersah. Zu groß war die Scham. Doch ich musste an meine Familie denken und durfte Selina und Cauthon keiner weiteren Gefahr mehr aussetzen.

Das war eine Nummer zu groß für mich.

*

Breank war tot. Ribwan hatte ein Funkspruch der HAWKING an die Station auf Neles abgefangen. Cau Thon hatte den nächsten Cameloter erledigt. Nun wollten die Wissenschaftler abreisen, doch Arib’Dar befürchtete, dass der Sohn des Chaos das nicht zuließ.

Prot’Gar überprüfte stumm seine Ausrüstung. Arib’Dar hatte seinen Freund selten so schweigsam, wie in diesen Tagen erlebt. Wie alle an Bord der TERSAL quälte sich sein elarischer Mistreiter mit den Konsequenzen ihres Handelns.

Sie ignorierten ihren Auftrag, Cauthon Despair zu ermorden. Sie brachten damit ihren Ritterorden und auch die Völker der Galaxis Shagor in große Gefahr – und wer wusste schon, welche Auswirkungen ihre Befehlsverweigerung für die Milchstraße hatte?

Doch sie waren keine Assassinen, die stur einen Tötungsbefehl ausführten. Schon gar nicht, da es sich um ein Kind handelte. Sie hatten den Zeitpunkt längst verpasst. Vor der Geburt wäre es vielleicht möglich gewesen, sich selbst moralisch glaubwürdige Ausreden einzureden. Doch nun, wo sie das lebende, atmende kleine Wesen gesehen hatten, war es unmöglich, es zu töten.

Damit schadeten sie ihrem eigenen Orden, glaubten jedoch richtig zu handeln. Ein Mord an einem unschuldigen Baby war nicht zu rechtfertigen. Es musste eine andere Lösung geben.

Sie hatten diese auch gefunden. Cau Thon! Er hatte vermutlich eine genetische Manipulation an dem Kind durchgeführt. Er hockte wie eine Glucke über den Despairs und war körperlich und mental stark genug, um Eddie Alaban und Ron Horace zu liquidieren.

Und doch wussten sie nicht, was seine Absichten waren. Wer war sein Auftraggeber? War Cau Thon eine Art Geburtshelfer für die Söhne des Chaos? Und noch immer wussten sie nicht, was überhaupt ein Sohn des Chaos war.

Cau Thon hatte vermutlich die Antworten. Setzten sie Cau Thon fest, war das Problem gelöst.

Die Cameloter würden ihn jedoch nicht freiwillig ausliefern. Sie würden Arib’Dar, Prot’Gar und den beiden Orbitern keinen Glauben schenken. Cau Thon befand sich jedoch ständig in der Nähe der Cameloter. Sie mussten auf Konfrontation gehen.

»Ribwan, Ifrukar, kommt einmal her!«, bat Prot’Gar, während er seinen Gürtel zurechtrückte und die technischen Einstellungen daran überprüfte.

Der Ghannakke und der Katrone folgten der Bitte des Ritters. Sie setzten sich neben Prot’Gar und Arib’Dar.

»Wir wissen viel zu wenig über Cau Thon, doch ich weiß, dass wir ihn nicht unterschätzen dürfen. Deshalb müssen wir alle vier gegen ihn kämpfen. Wenn alles glatt läuft, schnappen wir ihn und verhören ihn. Wenn alles schief geht, dann …«

Prot’Gar schwieg betreten.

»Dann haben wir die Cameloter und Cau Thon als Feind«, folgerte Ribwan.

»Wir haben alle Möglichkeiten bereits durchgesprochen. Überprüft eure Waffen, dann brechen wir auf.«

Die Zeit des Redens war vorbei, fand Arib’Dar. Sie mussten handeln. Er wollte es so. Je eher das vorbei war, desto besser. Er sehnte sich nach dem Dom der Ritter der Tiefe zurück. Er vermisste sein Haus auf dem Berg, von wo aus er in das Tal mit dem Dom blicken konnte. Ihm fehlte das Rauschen des Baches, der friedlich zu dem kleinen See neben dem Dom den Abhang hinunter plätscherte.

Möglich, dass diese Sentimentalität daher rührte, dass er sich so unwohl in dieser Situation auf Neles fühlte.

Nachdem seine drei Mitstreiter ihre Ausrüstung überprüft hatten, verließen sie die TERSAL.

Ihr Ziel war die Station der Cameloter.

*

Die Nacht war schwül.

Ifrukar und Ribwan stöhnten unter dem unangenehmen Wetter. Arib’Dar schossen andere Gedanken durch den Kopf. Sie parkten den Gleiter abseits an einer Lichtung.

Es waren zweihundert Meter Fußweg zum Gebäude der Cameloter. Auf dem Ortungsgerät wurden die Impulse von drei Lebewesen sowie die Energiesignaturen von sieben Robotern angezeigt.

Cau Thon war offenbar nicht unter ihnen, sofern er kein Tarnfeld aktiviert hatte. Dann rechnete er mit der Ankunft der Ritter und ihrer Orbiter. Sie mussten vorsichtig sein.

»Ihr bleibt zurück«, entschied Arib’Dar.

Langsam ging er den sandigen Weg zur Niederlassung der Cameloter hinauf. Die leuchtenden Roboter waren bereits von weitem zu erkennen. Ein Kampfroboter bemerkte Arib’Dar und schwebte auf ihn zu.

»Ich komme in Frieden und wünsche Ivan und Selina Despair zu sprechen«, bat Arib’Dar und hob die Hände.

Da erkannte er, dass der Roboter bereits seinen Waffenarm hob. Ohne zu zögern, aktivierte Arib’Dar seinen Individualschutzschirm. Da traf ihn schon eine Salve. Der Schutzschirm absorbierte den Schuss. Der Ritter zog sein Caritschwert und schlug auf den Waffenarm, doch der Schutzschirm verhinderte einen Schaden. Arib’Dar zückte seinen Strahler und brachte durch Dauerbeschuss den Schutzschirm zum Erliegen. Der nächste Schuss vernichtete den Kampfroboter.

Zwei weitere Roboter dieser Serie schwebten an. Arib’Dar rief um Hilfe. Innerhalb weniger Sekunden tauchten Prot’Gar, Ribwan und Ifrukar auf. Sie feuerten auf die zwei Kampfroboter der Cameloter.

Es führte kein Weg vorbei, sie zu zerstören. Wieso sie erst schossen und dann fragten, wusste Arib’Dar nicht. Hatten die Cameloter solche Angst vor ihnen? Gab es keine Robotergesetze, die die Ermordung von Lebewesen verbot? Natürlich gab es Programmierungen gegen solche Einstellungen. Und Kampfroboter wurden natürlich auch in der Regel zum kämpfen eingesetzt. Aber das passte doch nicht zu den angeblich so friedlichen Einstellung der Wissenschaftler von Camelot.

Nach wenigen Sekunden des Gefechts, hatten sich die Kampfroboter zurückgezogen. Es herrschte Waffenruhe.

Arib’Dar schlich sich in Richtung des Gebäudes. Er wusste, dass der Transmitter im Nebengebäude links von ihm stand. Die Cameloter mussten also durch den Hof. Deshalb sicherten die Kampfroboter offenbar den Weg.

»Despair, ich will mit Ihnen reden. Wir wollen euch nichts tun, doch der Roboter hat zuerst das Feuer eröffnet. Ihr befindet euch in großer Gefahr. Cau Thon ist euer Feind!«

»Du lügst! Ich seid unsere Feinde, Arkoniden oder woher auch immer ihr kommt.«

»Wir kommen nicht aus eurer Galaxis. Wir arbeiten für die Kosmokraten. Wir sollen die Ankunft und das Wirken eines Sohnes des Chaos verhindern. Leider … leider hat das etwas mit euch zu tun.«

Stille.

»Wir glauben euch nicht. Verschwindet!«, rief Ivan Despair. Arib’Dar hatte die Stimme inzwischen erkannt.

»Das tun wir, jedoch erst, wenn ihr auf eurem Raumschiff seid. Wir wissen, dass ihr misstrauisch seid, doch wir können euch nicht Cau Thon überlassen. Er will euch alle töten.«

»Lachhaft! Er wusste, dass ihr heute angreift. Deshalb haben wir die Roboter auch in Alarmbereitschaft versetzt.«

Wieso waren die Cameloter nur so verbohrt? Wie konnte Arib’Dar sie nur überzeugen? Er wechselte einen Blick mit Prot’Gar. Der Elare schien ebenso ratlos zu sein.

»Wo ist Cau Thon?«, wollte Prot’Gar wissen.

»Hier!«

Instinktiv drehte sich Arib’Dar um. Hinter Ifrukar tauchte ein blaugraues Flimmern auf. Es formte sich in Bruchteilen einer Sekunde zu Cau Thon zusammen. Bevor Arib’Dar seinen Orbiter warnen konnte, wuchtete Cau Thon seinen Caritstab durch den Rücken des Ghannakken. Die Spitze bohrte sich durch die Brust.

Arib’Dar war hilflos. Er musste zusehen, wie sein Orbiter starb.

»Vorsicht«, brüllte Prot’Gar.

Nun griffen die beiden Kampfroboter wieder an. Arib’Dar kümmerte das nicht, er stürzte sich auf Cau Thon. Dieser zog seinen Caritstab hoch und halbierte den Ghannakken. Arib’Dar blickte angewidert weg – ein grober Fehler, denn Cau Thon huschte an ihm vorbei und schlug zu. Der Ritter parierte mit Mühe.

Prot’Gar und Ribwan waren mit den Robotern beschäftigt, während Arib’Dar über die Wucht und das Geschick von Cau Thons Attacken überrascht war. Er war zu schnell außer Atem. Schweiß ronn über seine Stirn, die Knie wurden zittrig. Der Sohn des Chaos drängte ihn mehr und mehr zurück. Endlich gelang Arib’Dar ein Konter. Er duckte sich unter einem Hieb weg und wirbelte das Schwert umher. Dabei traf er Cau Thon an der Seite. Der Rote fiel zu Boden und rollte sich behände weg.

Arib’Dar sah nun, dass die Despairs und Darvynia in den Transmitterraum eilten. Möglich, dass sie in ihr Verderben rannten.

Wo war Cau Thon? Er war im Dunkel der Nacht verschwunden. Arib’Dar half Prot’Gar.

Gemeinsam zerstörten sie einen der Kampfroboter. Der zweite schoss aus einer Deckung in der Nähe des Transmittergebäudes auf sie.

»Wir kesseln ihn ein. Ribwan, du schießt von hier aus. Prot‘Gar geht links, ich rechts.«

Der Orbiter gab ihnen Feuerschutz. Arib’Dar wählte die rechte Seite, weil er dort Cau Thon vermutete. Er lief so schnell er konnte und erreichte die Hausmauer der Camelotniederlassung. Er war völlig außer Atem und zitterte. Er musste sich jetzt zusammenreißen! Sein Körper musste seinem Willen gehorchen. Nur so hatten sie eine Chance.

Da hörte er schon einen Schrei. Er blickte zurück.

Cau Thon war bei Ribwan. Immer wieder stach er auf den Katronen ein.

»Nein«, brüllte Prot’Gar und schnellte aus seiner Deckung.

Er wollte Ribwan retten, doch es war zu spät.

Der Kampfroboter!

Arib’Dar zog seinen Strahler und feuerte, doch schon prasselten die Energiesalven in Richtung Prot’Gar. Sein Freund und Rittergefährte brach zusammen. Arib’Dar stürmte auf den Kampfroboter zu. Endlich flackerte der Schutzschirm, dann erlosch das Schild. Nach dem nächsten Schuss zerbarst das Metall in gleißendem Licht.

Arib’Dar hatte keine Zeit, um sich auszuruhen. Er rannte zu Prot’Gar. Der Elare lag mit dem Gesicht auf dem Boden. Aus dem Hinterkopf qualmte es leicht. Arib’Dar wurde übel bei dem Geruch von verbranntem Fleisch. Der Anblick des versengten Kopfes, von verschmortem Haar und das kauterisierte Loch im Hinterkopf würde Arib’Dar niemals in seinem Leben vergessen.

Prot’Gar war tot!

Arib’Dar sackte auf die Knie und war verzweifelt. Was war nur geschehen? Wieso war alles schief gelaufen?

Warum hatte Ifrukar nicht seinen Individualschutzschirm aktiviert?

Weshalb hatte er selbst nicht mit der Rückkehr Cau Thons bei Ribwan gerechnet?

Und wieso war Prot’Gar so ungestüm zur Rettung seines Orbiters gelaufen?

»Dieser Katrone war ein imposantes Geschöpf. Doch er war kein Krieger. Du hast eine Armee von Schwächlingen gegen mich ins Feld geschickt. Wahrlich, ihr seid keine echten Ritter der Tiefe«, sagte Cau Thon ruhig.

»Ich habe einmal einen echten Ritter der Tiefe getroffen. Er war ein guter Gegner. Nun ist er tot und ich habe sein Raumschiff. Vielleicht sollte ich dein Schiff meiner Sammlung hinzufügen?«

Arib’Dar stand mechanisch auf und umklammerte den Knauf seines Caritschwertes.

»Niemals!«, sagte er, obwohl er im Moment eigentlich gar nichts fühlte. Er war leer. Nicht einmal Wut verspürte er auf Cau Thon. Dazu war er zu schwach. Ausgebrannt!

Sollte Cau Thon ihn doch töten!

Er hatte versagt. Arib’Dar hatte den Kosmokraten SIPUSTOV enttäuscht und seine Freunde sterben lassen. Er hatte Schande über den Ritterorden von Shagor gebracht. Sein Tod war nur die gerechte Strafe. Cau Thon zückte einen Strahler und feuerte. Arib’Dar ließ es mit sich geschehen. Der Energiestrahl umhüllte ihn. Die Beine wurden schwach und er fiel zu Boden.

Aber er lebte.

Paralyse! Cau Thon hatte ihn gelähmt.

»Nun, mein lieber Möchtegernritter der Tiefe, auf mich warten andere Aufgaben. Wir sehen uns bestimmt wieder. Ich lasse dich allein mit deiner Trauer und den Vorwürfen. Der Schmach … und viel Spaß, das den Kosmokraten zu erklären. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie verständnisvoll die sind …«

Cau Thon tätschelte Arib’Dars Kopf, dann ging er fort. Cau Thon hatte die schlimmste Strafe für Arib’Dar gewählt.

Er hatte ihn am Leben gelassen.

 

15. Die Jagd

Ivan und Selina Despair waren mit ihrem Kind und Darvynia auf die HAWKING geflohen. Der Blue mit dem unaussprechlichen Namen und der Unither Dytch nahmen sie in Empfang.

Cau Thon war zur KARAN zurückgekehrt und verfolgte über die Kameras an Bord der HAWKING das Szenario. Er fühlte sich wie ein Regisseur. Das Theaterstück hieß »Die Jagd« und die Protagonisten befanden sich auf der HAWKING.

Cau Thon lehnte sich tief in seinen Kommandosessel zurück und beobachtete die verschiedenen Livebilder auf dem großen, dreidimensionalen Hologramm.

Der Unither Dtych befand sich im Maschinenraum, während Ivan Despair und der Blue Vülitaar Öckgüühn in der Kommandozentrale saßen und den Start vorbereiteten.

Darvynia und Selina Despair hielten sich im Gemeinschaftsraum auf, welches ein Deck tiefer lag. Die besorgte Mutter hielt ihr Baby beschützend im Arm.

»Wie konnte das alles nur passieren?«, fragte Selina.

»Keine Sorge, Schätzchen! Wir sind in Sicherheit. Cau Thon hat die arkonidischen Agenten vermutlich schon erledigt.«

»Wieso meldet er sich nicht? Und ich will sowieso nicht darauf warten. Wir starten jetzt und verlassen dieses System. Wir gehen auf direkten Kurs nach Camelot.«

Darvynia starrte zu Cauthon. In ihren Augen stand ein Verlangen nach dem Kind.

»Darf ich ihn halten?«

Selina drückte das Baby dichter an sich und schüttelte den Kopf.

»Nur einen kurzen Moment«, bat die Ferronin.

»Nein! Wir haben jetzt andere Probleme!«

Selina stand auf und ging unruhig in der Kabine umher. Der kleine Cauthon wimmerte leise. Sie schaukelte ihn in ihren Armen und gab ihm ein Küsschen.

Welch rührende Szene.

Cau Thon wechselte den »Sender« und vergrößerte die Anzeige vom Maschinenraum. Dort saß das Rüsselwesen und überprüfte die Funktionen des Antriebs.

Cau Thon überlegte und tippte dabei mit den Fingern auf der Armlehne herum. Dytch informierte Despair und Öckgüühn, dass der Antrieb bereit war. Es wurde Zeit, das Kapitel zu Ende zu führen. Cau Thon erteilte der Bordsyntronik den Befehl, den Antrieb zu deaktivieren. Nun gab er den beiden TARA-V-UH Kampfrobotern die Order, die restlichen Besatzungsmitglieder zu liquidieren.

*

»Diener, bring mir etwas zu trinken und eine kleine Mahlzeit. Beeile dich, das Unterhaltsprogramm beginnt«, sagte Cau Thon zu seiner zievohnischen Ordonnanz.

Das Kuttenwesen servierte ihm ein heißes Getränk und Gebäck. Die Kampfroboter schwebten in die Kommandozentrale der HAWKING.

Despair und der Blue korrespondierten via Funk mit Dytch. Sie rätselten über die Ursache des Energieausfalls. Cau Thon biss herzhaft in die leckere Teigtasche, während die TARA-V-UH Roboter ihre Waffenarme auf Despair und Öckgüühn richteten.

Der Blue schrie auf. Nun drehte sich auch Despair um. Er schubste Öckgüühn zur Seite und sprang selbst hinter ein Pult. Die Roboter eröffneten das Feuer. Panisch schreckte der Blue hoch, fand keinen richtigen Schutz und wurde von den Energiesalven zerfetzt.

Despair erwiderte mit seinem Thermostrahler das Feuer. Er informierte aus der Sicherheit seiner Deckung heraus Selina und Dytch.

»Geht in den Sicherheitsraum. Beeilt euch!«

Cau Thon befahl einem der Kampfroboter, sofort die anderen abzufangen. Dytch sprang in den Antigravschacht und hatte schon den Gemeinschaftsraum erreicht. Er packte Selina und Darvynia, die hysterisch kreischte und rannte mit ihnen zum kugelförmigen Sicherheitsraum.

»Schnell hinein!«

Der TARA-Roboter hatte sie nun erreicht. Todesmutig und ebenso dümmlich warf sich der Unither in den Weg. Der Roboter aktivierte sein Vibratormesser. Dytch lief direkt hinein. Ohne zu stoppen bahnte sich der Roboter seinen Weg durch den mit unithischem Blut bespritzten Korridor.

Schreiend und in Panik rannten die beiden Frauen zu dem Raum. So nah und doch so fern. Der TARA hatte sie schon fast eingeholt, doch er feuerte nicht. Das war zu gefährlich. Sie durften Cauthon nicht treffen.

Dem Kind durfte nichts geschehen. Selbst Paralyse war zu gefährlich für den jungen Sprössling.

So erreichten die zwei Frauen mit dem Baby den Sicherheitsraum und verriegelten ihn hermetisch. Ein Schutzschirm und dicker Stahl sicherte die Kabine. Hier waren sie vor dem TARA-V-UH Roboter sicher. Wie bedauerlich!

Der Schutzraum war ebenso als Rettungskapsel angelegt worden. Er verfügte über eine eigene Energieversorgung, eine abgeschottete Syntronik, Sauerstoffbehälter, Nahrung und Wasser sowie ein Steuerungsmodul. Die Kamera in dem Raum war das einzige, worüber Cau Thon Kontrolle hatte.

Selina atmete tief durch.

»Schatz?«, hallte es aus ihrem Kommunikationsarmband. »Schatz, lebst du? Melde dich!«

»Ivan«, rief Selina in den Kommunikator. »Wir sind im Sicherheitsraum. Uns geht es gut. Wo bist du?«

»Ich habe ein Notsignal an Atlan geschickt, doch der Roboter blockiert den Weg. Ich fürchte, ich muss ihn vernichten. Ihr seid sicher. Ich komme zu euch!«

»Versteck dich, bis Atlan da ist!«

»Das wird nicht funktionieren. Die Roboter wissen, wo ich bin. Ich versuche an meinen SERUN zu kommen.«

Cau Thon legte die Hologramme aus der Kommandozentrale und dem Sicherheitsraum nebeneinander. Selina weinte, während Ivan zögerlich hinter dem Pult hervor kroch.

»Ich liebe dich«, flüsterte Selina und klammerte sich an Cauthon. Für Ivan waren es drei Meter bis zur Nebenkabine, in der sich der Serun befand.

Ivan Despair zögerte. Er rechnete sich tatsächlich Chancen aus. Dieser Narr! Der TARA V UH verfügte über ein umfassendes Waffenarsenal. Ja, dieses klitzekleine Fünkchen Hoffnung amüsierte Cau Thon. Immer wieder sah es so aus, als wollte Ivan Despair aus seiner Deckung springen, doch im letzten Moment hielt er inne.

Der Schweiß rann von seiner Stirn, die Augen verkniffen, das Gesicht angespannt. Dann sprang er auf.

Einen Meter.

Zwei Meter.

Schuss!

Ivan Despair war desintegriert.

*

In offenkundiger Verzweiflung tippte Selina Despair immer wieder auf das Touchpad ihres Kommunikationsgerätes. Tränen kullerten über ihre Wangen, als sie Ivan rief, doch er nicht antwortete. Sie wusste nicht, dass ihr Ehemann zerstrahlt wurde, doch sie ahnte, dass er nicht mehr am Leben war.

»Nur noch wir drei sind übrig«, stellte Darvynia fest und streichelte Cauthon. Er lag nun auf einer der Notpritschen und schlief. Darvynia lächelte. Sie wirkte aufrichtig glücklich. Im Gegensatz dazu schluchzte Selina um ihren gefallenen Mann.

»Schlaf Kindchen, schlaf«, hauchte die Ferronin mit sanfter Stimme. Dann wandte sie sich Selina zu.

»Wir warten einfach ab, bis Atlan eintrifft. Dann wird alles gut, Süße!«

»Alles gut?«, begehrte Selina Despair auf.

Verständnislos blickte sie ihre Freundin an.

»Ivan ist vermutlich tot. Alle anderen sind tot. Nichts wird wieder gut werden. Wie kannst du nur so naiv sein?«

Wütend sprang Selina auf und ging wieder unruhig in dem Quartier umher.

Sie fuhr sich mit beiden Händen durch ihre blonde Mähne. Es wirkte so, als wollte sie ihre Haare ausreißen. Darvynia ging in die Kochnische der Kabine. Offenbar machte sie sich ein Bild von den Kochutensilien. Sie spielte mit den Messern.

»Ich mache uns jetzt erst einmal etwas Leckeres zu essen. Ob die auch frisches Obst in der Notration haben?«

»Bestimmt nicht. Außerdem habe ich keinen Hunger. Wie kannst du so gelassen sein?«

Selina war offenkundig verärgert über die Ferronin. Sie warf einen Blick auf den schlafenden Cauthon.

»Panik hilft uns nicht weiter. Kommst du bitte mal kurz?«

Selina seufzte.

»Was ist denn?«

Darvynia drehte sich und rammte der Terranerin zwei Messer in den Bauch. Selina gurgelte und starrte ihre Freundin mit weit aufgerissenen Augen an.

»Cauthilein gehört jetzt mir. Er hat mir das versprochen.«

Selina wankte nach hinten. Darvynia nahm ein weiteres Messer. Selina war zu schwach, um sich zu wehren. Sie stach der Mutter von Cauthon in den Hals. Wieder und wieder.

Der kleine Cauthon fing laut an zu weinen. Möglich, dass er den Tod seiner Mama spürte.

Darvynia – vom Blut ihrer besten Freundin übersät – erhob sich, reckte die Arme in die Höhe und rief: »Cau Thon!«

Er lachte. Sie hatte es tatsächlich durchgezogen. All die schönen Worte zu diesem labilen Frauenzimmer hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Cau Thon wählte sich in die interne Bordkommunikation ein und antwortete Darvynia.

»Das hast du exzellent gemacht. Geht es dem Jungen gut?«

Sie blickte zu Cauthon, der immer noch weinte. Sie wollte ihn in den Arm nehmen, doch da bemerkte sie, dass sie voller Blut war.

»Ich komme gleich, mein lieber, kleiner Cauthi. Mami muss sich erst einmal waschen.«

»Öffne den Sicherheitsraum. Das ganze Raumschiff steht dir nun zur Verfügung«, erklärte Cau Thon seiner Gehilfin.

Sie nickte hastig und deaktivierte die Sicherheitsmechanismen. Sie eilte hinaus, vorbei am TARA-V UH Kampfroboter und suchte offenbar eine Nasszelle.

»Hörst du mich, oh Cau Thon? Hörst du mich?«

»Ich höre und sehe dich.«

Sie kicherte, als sie im Bad war und sich entblätterte. Der Sohn des Chaos wollte sich das nicht genauer ansehen. Sie stieg in die Dusche und wusch ihren blauen Körper in Unschuld.

Doch Cau Thon hatte keine Verwendung mehr für diese Kreatur. Sie hatte ihren Zweck erfüllt. Er wies den TARA-V UH Kampfroboter an, die Ferronin zu entsorgen.

Das Metallgeschöpf drang in die enge Nasszelle ein, aktivierte seine Vibratormesser und beendete in einem unappetitlichen Augenblick das Leben von Darvynia.

Am wenigsten konnte Cau Thon lästige Zeugen gebrauchen. Es war vollbracht. Er gab der Syntronik einen Kurs Richtung Camelot. Dann begann er mit der Formatierung der Speichermedien und dem Löschen aller relevanten Daten.

Die Logbücher der Despairs. Die Videoaufzeichnungen. Der Virus beseitigte alle Spuren. Die Leichen oder ihre Überreste wurden desintegriert. Die Servodroiden reinigten die Korridore und Quartiere. Sobald die HAWKING Camelot erreichte, würde sie sich selbst zerstören.

Cau Thon warf einen letzten Blick auf die Übertragung aus der Sicherheitskammer. Ein Servoroboter kümmerte sich um den kleinen Cauthon Despair.

»Leb wohl, mein Bruder des Chaos. Unsere Wege werden sich in einigen Jahren wieder kreuzen. Ich wache über dich«, versprach Cau Thon und beendete die Verbindung zur HAWKING.

Wenige Momente später führte die Syntronik seinen Befehl aus und ging in den Hyperraum.

 

16. Die Geburtsstunde des neuen Chaos

Die KARAN verließ das Sonnensystem des Planeten Neles. Diese Welt hatte ihre kosmische Rolle ausgespielt. Vermutlich würde es noch Untersuchungen von den Agenten Camelots geben. Doch sie würden nichts herausfinden.

Sein Name würde fallen, doch den kannten die Cameloter bereits durch die Communiqués von Ivan Despair. Perry Rhodan sollte auch ruhig den Namen Cau Thon kennen und sich nicht im Klaren sein, ob es sich dabei um einen Freund oder Feind handelte. Irgendwann würde er darüber Gewissheit erlangen.

Leise wie ein Schatten huschte ein Zievohne zum Sohn des Chaos und flüsterte ihm in das Ohr, dass Rodrom ihn sprechen wollte.

Cau Thon ging in einen leeren Raum, in dem sich nur ein Hologrammprojektor befand.

Wie es zu Rodrom passte, flackerte sein Abbild rötlich.

»Unser Meister ist zufrieden. Ich persönlich bin angetan von dem Massaker, auch wenn du viel zu rücksichtsvoll vorgegangen bist.«

Cau Thon verneigte sich schweigend. Rodrom hätte vermutlich die ganzen Planeten ausgelöscht, wobei er die Vernichtung allen Lebens auf Neles in einer Gewaltorgie zelebriert hätte.

Doch das entsprach nicht der Mentalität Cau Thons. Er war ein Jäger. Es war eine Herausforderung gewesen, einen Plan auszuarbeiten und Schritt für Schritt die camelotischen Wissenschaftler aus dem Weg zu räumen.

Sicherlich waren sie keine ebenbürtige Gegner, doch ihr Ableben notwendig gewesen. Und ja, im Vergleich zu Rodrom war er – wie würden es die Cameloter selbst ausdrücken? – human mit ihnen umgesprungen.

»Was wird aus dem jungen Cauthon Despair?«

»Er wird seinen Weg gehen, Cau Thon! Du wirst aus der Ferne über ihn wachen und Helfer für unsere Sache in dieser Galaxis gewinnen. Du wirst viele machthungrige und korrupte Wesen in der Milchstraße finden und für unsere Zwecke einsetzen können.«

Neben Rodrom flackerte eine andere Spiralgalaxis auf.

»Auch das Kaiserreich Dorgon wird zu unseren Verbündeten zählen.«

Dorgon – DORGON?

Rodroms Sichtschlitz leuchtete nun grüngelb. Ein Zeichen dafür, dass er amüsiert war. So etwas kam nur sehr selten vor.

»Welch eine Genugtuung, ein Hilfsvolk unseres Feindes für uns zu gewinnen, nicht wahr? Du wirst in einigen Jahren nach Dorgon reisen und mit dem Kaiser sprechen. Er wird uns in unseren Plänen in der Milchstraße unterstützen.«

»Wie Ihr meint, mein Meister!«

»Wir setzen jetzt die Saat für einen Sturm, der diesen Perry Rhodan eines Tages hinweg fegen wird. Und auch damit kommen wir unserem Widersacher zuvor. Bevor er Rhodan um Hilfe bitten kann, wird dieser Emporkömmling bereits zu Asche zerfallen sein.«

Das Hologramm von Rodrom erlosch.

Seine Instruktionen waren eindeutig gewesen. Bevor er in die ferne Galaxis Dorgon aufbrach, hatte er in der Milchstraße einiges zu erledigen. Es galt eine Organisation aufzubauen und willige Werkzeuge zu finden, die dem zukünftigen Sohn des Chaos Cauthon Despair in seinem Kampf gegen Perry Rhodan zur Seite stehen würden.

 

Epilog

Am 23. November 1264 NGZ erreichte ein Geisterraumschiff den Orbit von Camelot, der ehemaligen Freihändlerwelt Phoenix.

Perry Rhodan wusste sofort, als er den Namen des Raumschiffes erfuhr, worum es sich handelte. Es war die HAWKING. Jenes seit einigen Tagen vermisste Raumschiff von der Welt Neles.

Das Schicksal der restlichen Crew war ungewiss. Es fehlte jede Spur von Ivan und Selina Despair, der Ferronin Darvynia, dem Blue Vülitaar Öckgüühn und dem Unither Dytch.

Und doch gab es ein Wunder an Bord. Inmitten der unheimlichen Stille hörten die Männer und Frauen von Camelot, während sie das Raumschiff durchsuchten, das leise Wimmern eines Kindes.

In dem Sicherheitsraum der HAWKING fanden sie ein nicht einmal zwei Monate altes Baby, welches von einem Medoroboter und einem Servodroiden umsorgt worden war.

Der Medeoroboter berichtete, es handele sich um Cauthon Despair, den Sprössling von Selina und Ivan Despair. Dieses Kind war offenbar der einzige Überlebende.

Die Datenbank der Syntronik der HAWKING war leer. Der Rechner selbst hatte einen irreparablen Schaden genommen und bis auf die zwei Roboter, die sich um den kleinen Cauthon gekümmert hatten, waren auch alle anderen künstlichen Wesen vernichtet.

Was war nur geschehen? Aufgrund der letzten Meldungen vor dem Kontaktabbruch vermuteten die Cameloter, dass Agenten des Kristallimperiums für das Verschwinden der Wissenschaftler verantwortlich waren.

Da bereits vier Todesfälle von Ivan Despair gemeldet worden waren, machte sich niemand in der Unsterblichenorganisation Hoffnung auf ein Überleben der Verschollenen.

Doch es blieb die Frage nach dem Grund. Und was war aus dem Freund der Despairs, dem fremden Cau Thon geworden?

Vielleicht konnten diese Fragen niemals beantwortet werden. Vordringlicher war es, zumindest für Perry Rhodan, den kleinen Cauthon Despair zu versorgen.

Die Schwester von Selina Despair wohnte mit ihrem Ehegatten ebenfalls auf Camelot. Während Selina von Idealismus motiviert den Unsterblichen gefolgt war, hatte reiner Pragmatismus Ivy und Tuzz Genero nach Camelot geführt. Sie waren die nächsten Verwandten des Waisenkindes.

Perry Rhodan gab Cauthon Despair in die Obhut seines Onkels und seiner Tante und versprach, dem Jungen später eine Ausbildung an der Raumflottenakademie von Port Arthur zu ermöglichen. Möglicherweise fühlte sich der Unsterbliche für das weitere Schicksal Cauthon Despairs mit verantwortlich.

*

Ich bekam, über meine Kontakte nach Camelot, Kenntnis von diesem Ereignis. War es nur ein gescheiterter, trauriger Versuch, ein unbedarftes Volk in die Gemeinschaft der Milchstraße einzuführen? War die Machtbesessenheit der führenden Mächte, der LFT, dem Kristallimperium und dem Forum Raglund so stark, dass eine achtköpfige Gruppe an Wissenschaftlern dafür sterben und ein kleines Kind ohne Eltern aufwachsen musste?

Oder steckte vielleicht mehr dahinter?

Wer war dieser geheimnisvolle Cau Thon, der offenbar der Retter und Namensgeber von Cauthon Despair war?

War er ein Freund oder ein Feind?

Jaaron Jargon

November 1264 NGZ

ENDE

 

Mit der Geburt von Cauthon Despair wurde ein neuer Sohn des Chaos in die Welt gesetzt. Doch noch ahnt der kleine Cauthon nichts von seiner unfreiwilligen Berufung und seinem künftigen Weg.

In Band 2 schildert Nils Hirseland das weitere Schicksal des Heranwachsenden unter folgendem Titel: »EIN JUNGE NAMENS CAUTHON DESPAIR«

 

 

 

Kommentar

In eigener Sache

Am 20. Juni 2011 veröffentlichte Nils Hirseland, der »Erfinder« und Chefautor der Dorgon-Serie auf den neu gestalteten Seiten des PROC, folgende Meldung:

»Es gibt Neuigkeiten zur DORGON-Serie. Wie bereits angekündigt, wird derzeit an einer Special-Edition der Serie von Heft 1 an gearbeitet. Mit den ersten Romanen bin ich inhaltlich als auch stilistisch nicht zufrieden. Deshalb nutze ich die Chance, die Serie von Anfang an noch einmal zu überarbeiten«, begründet Nils Hirseland, der Erfinder der DORGON-Serie. Bei den Änderungen sollen jedoch nicht Romane aller Autoren vollständig verändert werden, sodass es z. B. kein echter "Ralf König" Roman mehr wäre. Vielmehr werden Szenen gestrafft und lektoriert. Bei einigen Romanen von Nils Hirseland selbst, werden jedoch auch Veränderungen in der Handlung vorgenommen, da der Autor hier die Chance sieht, sein eigenes Werk zu überarbeiten.

Der Anfang wird mit Band 1 gemacht. Der Arbeitstitel lautet "Geburtsstunde". Er wird diesmal ausschließlich von den Ereignissen des Jahres 1264 NGZ handeln, als der Sohn des Chaos Cau Thon auf die Welt Neles kommt, um die Geburt eines weiteren Sohnes des Chaos, Cauthon Despair, sicherzustellen. Hierbei wird es zusätzliche Szenen geben, es wird sich mehr um die Charaktere auf Neles drehen und auch einige neue Personen eingeschrieben werden. Der Band dreht sich um die Geburt Cauthon Despairs, während der Folgeband sich dann ausschließlich den Jugendjahren Despairs widmet.

Die Meldung in den News der PROC-Seite stellt quasi die "Geburtsstunde" der DORGON Special-Edition dar. Der vorliegende Roman von Nils Hirseland stellt nun den ersten überarbeiteten Roman des DORGON-Projektes dar.

*

Nachfolgend möchte ich noch einige Hintergrundinformationen geben, was uns bewogen hat, diesen Weg zu gehen.

Inzwischen umfasst das DORGON-Projekt genau 180 Romane (nach alter Nummerierung), die über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren verfasst wurden. Über den gesamten Zeitraum ist DORGON ein reines Fan-Projekt geblieben, d. h. jeder Mitarbeiter, egal ob als Autor, Grafiker oder Lektor, hat in seiner Freizeit an dem Projekt mitgearbeitet. Für den „roten Faden“ war über den gesamten Zeitraum allein Nils verantwortlich, der sein „Herzblut“ in die Weiterführung des Projektes investiert hat.

An dieser Stelle möchte ich Nils auch einmal meine Anerkennung aussprechen, ohne ihn wäre das für den Fan-Bereich einmalige Projekt längst gestorben.

Aber wieder zurück zu DORGON.

Wir haben uns entschlossen, den Versuch zu wagen, die ersten fünf Zyklen zu überarbeiten. Dabei werden auch völlig neue Romane am Anfang eingearbeitet, um spätere Entwicklungen vorzubereiten. Die meisten Änderungen werden den Mordred-Handlungsstrang und später den Insel-Zyklus sowie den Söhne des Chaos Zyklus betreffen. Die Handlungsstränge in M100 und die Hefte ab dem Osiris-Zyklus werden zum aktuellen Planungszeitpunkt inhaltlich kaum überarbeitet.

*

Wie geht es mit "neuen" Romanen weiter?

Hier kann ich die eindeutige Aussage treffen, dass neue Romane bereits geschrieben, bzw. in der Bearbeitung sind. Die auf die "alte 180" folgenden Romane bilden dabei den Übergang zum Abschlusszyklus.

Es ist geplant, nach der Überarbeitung und Veröffentlichung der Special-Edition bzw. der Neufassungen im Oktober 2012 den Riff-Zyklus fortzusetzen.

Zum Abschluss will ich noch alle Leserinnen und Leser dazu aufrufen: bleibt dem Dorgon-Projekt treu, alte und neue Abenteuer unserer "Heldinnen und Helden" erwarten Euch, folgt Cauthon Despair, Sam, Aurec, Rosan, Joak Cascal, den de la Siniestros, Will Dean, Jonathan Andrews, Kathy Scolar, Eorthor und Elyn und vielen anderen alten und neuen Charakteren auf ihrem beschwerlichen Weg, das Mysterium der Kosmotarchen und die finsteren Machenschaften von Chaotarchen und Kosmokraten zu ergründen. Neue und uralte Geheimnisse warten darauf, von unseren Heldinnen und Helden aufgedeckt zu werden.

Thema der nächsten "neu verfassten" Bände wird zuerst die Rückkehr eines alten Bekannten sein, der auf Teufel (oder MODROR) komm raus, seinen Freunden auf dem Riff zu Hilfe kommen will. Danach beschäftigt uns in den nächsten Bänden ein uralter Mythos aus der Frühzeit der Menschheit, die Seele oder die ÜBSEF-Konstante Liliths, der geheimnisvollen Göttin der Weiblichkeit und Mutter der Lilim hat durch das Opfer Maya ki Toushis das Gefängnis der Jahrmillionen gesprengt und will nur eines: Rache nehmen an jenen, die zuerst ihren Körper geschändet und dann ihren Geist über die Äonen hinweg gequält haben. Hierbei ergibt sich die Frage: Verfällt sie endgültig dem Wahnsinn oder kann sie sich wieder zu alter Macht und Größe erheben? Doch die Antwort darauf lässt noch ein wenig auf sich warten.

*

Mitarbeit am DORGON-Projekt

Am DORGON-Projekt kann man auf vielfältige Weise mitarbeiten. Als

·         Autorin oder Autor,

·         Grafikerin oder Grafiker,

·         Lektorin oder Lektor und

·         Online-Redakteurin oder Online-Redakteur

Wer Interesse hat, meldet sich einfach bei Nils Hirseland, unter der E-Mail-Adresse:

»info@proc-community.de«

Wir würden uns freuen, Kontakte zu neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewinnen zu können.

Wir lesen uns

Jürgen Freier

 

 

GLOSSAR

HAWKING

Die HAWKING ist ein auf der Basis eines MERZ-Kreuzers speziell für die Forschung konzipiertes Raumschiff der VESTA-Klasse. Als Forschungskonfiguration kommt ein speziell modifiziertes Labor-Modul zum Einsatz. Die im Vergleich zu den normalen Schiffen der VESTA-Klasse niedrigen Leistungsdaten sind durch die spezielle Forschungskonfiguration bedingt.

Entsprechend dem Einsatzszenario ist die Bewaffnung auf ein Minimum beschränkt und die Schiffsführung weitgehend automatisiert, sodass eine Minimalbesatzung von acht Personen ausreicht.

Die Organisation Camelot hatte in der Zeit zwischen 1235 und 1291 NGZ zehn Schiffe dieser Klasse im Einsatz, die die Grundlage für eine eigenständige Explorerflotte bilden sollten. Nachdem die Organisation Camelot aufgelöst wurde, begann die LFT, unter der Federführung von Residenzminister Bull, wieder eine eigenständige Explorerflotte aufzubauen.

Geschichte

Die HAWKING erhielt 1264 NGZ den Auftrag, die neu entdeckte Welt Neles zu erforschen und auf den Kontakt mit den Zivilisationen der Milchstraße vorzubereiten. Die kleine Besatzung um Ivan und Selina Despair gerät dabei in den Beginn einer kosmischen Auseinandersetzung, bei der kein Besatzungsmitglied überlebt.

Bei der von den automatischen Systemen gesteuerten Rückkehr des Schiffes nach Camelot ist nur noch der zwei Monate alte Säugling der Despairs an Bord, der durch einen Medeoroboter am Leben gehalten wurde. Bevor die Sicherheitskräfte der Organisation Camelot das Schiff näher untersuchen können, wird die Selbstvernichtungsanlage aktiviert.

Durchmesser:               100 Meter

Bewaffnung:                 2 Desintegratorgeschütze, 2 Impulsgeschütze

Triebwerke:                  Metagrav-, Antigrav- und Gravojet-Triebwerke

Beschleunigung:          680 km/sec² mit Labormodul

Überlichtfaktor:           50 Millionen

Schutzschirm:               Einfach gestaffelter Paratron/HÜ-Schirm, Prallfeldschirm

Beiboote:                      1 Planetenfähre, diverse Raumsonden

Besatzung:                    8 Personen

Kommandant:              Ivan Despair

Stellv. Kommandant:  Ron Horace

Wissenschaftsoffizier:  Eddi Alaban

Ritter der Tiefe von Shagor

Die Ritter von Shagor scheinen eine Abspaltung des Ordens der Ritter der Tiefe darzustellen, die sich vor 90.000 Jahren unter der Führung von Jedar Balarn von den Kosmokraten losgesagt haben. Seit dieser Zeit beschränken sie sich auf den Schutz der Galaxis Shagor, die etwa 325 Millionen LJ von der Milchstraße entfernt ist.

Mitte des 13. Jahrhunderts NGZ erscheint der Kosmokrat SIPUSTOV im Dom von Elaran und befiehlt dem Rittermeister Arib’Dar, im Auftrag der Kosmokraten zur Milchstraße zu reisen und die Geburt eines »Sohnes des Chaos« mit allen Mitteln zu verhindern. Sollten sie sich weigern, diesen Auftrag auszuführen, droht der Kosmokrat mit der Vernichtung des gesamten Ordens der Ritter von Shagor.

Schweren Herzens macht sich der Rittermeister mit seinem ehemaligen Schüler Prot’Gar und zwei Orbitern auf den Weg zur Milchstraße. Doch die beiden Ritter der Tiefe haben zu wenige Informationen von SIPUSTOV erhalten und scheitern. Der Sohn des Chaos Cau Thon tötet Prot’Gar und die beiden Orbiter, lässt aber Arib’Dar am Leben, um ihn zu verhöhnen und zu demütigen. Abschließend erklärt Cau Thon, dass er sich um den Ritterorden von Shagor später kümmern werde.

Ivan Despair

Ivan Despair ist der biologische Vater von Cauthon Despair. Er wurde im Jahre 1226 NGZ auf Nosmos, im Normonsystem geboren und verstarb im November 1264 NGZ an Bord der HAWKING.

Charakterlich war Despair ein schüchterner, zurückhaltender Mann. Er studierte an der Waringer-Akademie auf Terra und lernte dort seine zukünftige Frau Selina kennen. Aus seinen Erinnerungen wusste Despair, dass er unheimlich stotterte, als er Selina um ein erstes Date gefragt hatte. Das Lächeln und ein Händedruck seiner Geliebten beruhigten ihn für gewöhnlich.

Im Jahre 1259 NGZ zog es die Despairs zur Freihandelswelt Phönix, um sich der Unsterblichenorganisation Camelot anzuschließen.

Ivan Despair war leitender Wissenschaftler und Expeditionsleiter eines Forschungsteams von Camelot. Sie hatten den Auftrag, Entwicklungshilfe bei dem aufstrebenden Volk des Planeten Neles zu leisten. Da die Neleser kurz vor der Entwicklung eines Antriebs mit Lichtgeschwindigkeit standen, stellte Despair am 1. Mai 1264 NGZ Kontakt zu dem Volk her. Seine Frau Selina war zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger. Der Erstkontakt verlief hervorragend und die Cameloter gründeten eine Niederlassung auf Neles.

Wenige Monate später, nachdem Selina zuvor Opfer eines Strahlungsunfalls geworden war, tauchte der fremde Cau Thon auf und verunsicherte die Despairs, da er erklärte, ihr ungeborenes Kind sei von den Strahlungen beeinträchtigt worden und würde vermutlich nach der Geburt sterben. Die Despairs willigten einem medizinischen Eingriff ein, bei dem jedoch die DNS des Kindes durch einen Arzt der Zievohnen verändert wurde.

Die Despairs wussten nichts von dem Schicksal ihres ungeborenen Kindes. Sie verehrten Cau Thon als Lebensretter und tauften ihren Sohn nach der Geburt Cauthon. Das junge Glück währte nur sehr kurz, denn Cau Thon begann mit der Ermordung der camelotischen Expeditionsmitglieder. Er lenkte den Verdacht auf zwei Ritter der Tiefe aus Shagor und stellte es so dar, als wären sie arkonidische Agenten. Ivan Despair war zwar misstrauisch, blieb jedoch inkonsequent.

Als sie von Neles fliehen wollten, fand Ivan Despair auf der HAWKING den Tod. Da Cau Thon die Kontrolle über die Raumschiffsyntronik und Kampfroboter mittels eines Virus erhalten hatte, desintegrierte ein TARA V UH Roboter Cauthon Despairs Vater in den Abendstunden des 14. November 1264 NGZ.

 

Beschreibung: C:\Users\Juergen\Documents\PROCeBook77x48.pngDas DORGON-Projekt – Mordred-Zyklus – ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUB e. V.

Special-Edition Band 1, veröffentlicht am 21.09.2011 • Autor: Nils Hirseland • Titelillustration: Stefan Lechner • Lektorat: Jürgen Freier, Jens Hirseland und Thomas Gruber • Layout: Jürgen Seel • Internet: www.proc-community.de • E-Mail: info@proc-community.de Postanschrift: PROC e. V.; z. Hd. Nils Hirseland; Redder 15; D-23730 Sierksdorf • Copyright © 1999-2011 • Alle Rechte vorbehalten