Kapitel 11

Im September 1290 NGZ kam es zu einer Reihe von Anschlägen durch eine geheimnisvolle Terrororganisation, die sich selbst den Namen MORDRED gegeben hatte. In der Öffentlichkeit wurden diese gezielten Attacken differenzierter wahrgenommen, denn niemand – bis auf wenige Eingeweihte Regierungen – wusste, dass es sich um den gezielten Versuch handelte, Camelot und die Unsterblichen als galaktischen Machtfaktor auszuschalten. Die Büros der Organisation waren geheim, auch wenn natürlich einige Büros durchaus dem TLD und auch den arkonidischen Geheimdiensten bekannt waren.

So wurde offiziell den Bürgern eine ganze andere Geschichte serviert.

Bandenkrieg auf Imart lautete die Schlagzeile zur Vernichtung des dortigen Camelotbüros, welche von als Journalisten getarnten Agenten des Terranischen Ligadienstes verbreitet und von der galaktischen Journalie ungeprüft übernommen wurde. Es war kein rühmliches Kapitel des Journalismus, denn die Wahrheit wurde vertuscht.

Aus dem Angriff auf Olymp wurde ein schrecklicher Unfall auf einem Fabrikgelände.

Die Gataser empörten sich über einen rassistischen Angriff durch eine terranische Faschistenorganisation. Die LFT reagierte mit Bedauern, entschuldige sich und mahnte gegen terranischen Rassendünkel und terranische Selbstüberschätzung.

Der Angriff auf Zalit wurde nirgends erwähnt. Nur eine Fußnote schrieb vom Abriss eines veralteten Gebäudes und schrieb in dem Zusammenhang, dass zuvor zalitische Einheiten eine Übung durchgeführt hatten.

Die Toten auf Plophos wurden durch kriminelle Aktivitäten erklärt. Überall wurde vertuscht. Die LFT und ihre assoziierten Welten wollten nicht, dass bekannt wurde, dass es Camelotniederlassungen auf den wichtigen Planeten gab. Terra fürchtete einen Imageverlust dadurch, denn trotz der Annäherung in den letzten zwei Jahren, waren die Unsterblichen in Regierungskreisen offiziell immer noch nicht gerne gesehen.

Bei dem Kristallimperium liegt der Verdacht nahe, dass es die MORDRED schlichtweg gewähren ließen, um das Camelotbüro zu vernichten. Und so brauchten sich die Kristallagenten nicht selbst die Hände schmutzig zu machen.

Ein weiterer Grund für die Vertuschung war, dass weder LFT noch das Kristallimperium den Anschein erweckten wollten, Terroristen könnten frei schalten und walten. Besonders das Vertrauen in die Regierung Daschmagan war seit den Tolkander- und Dscherrokrisen arg ins Wanken geraten.

Eine Terrorwelle sorgte da nur für unnötige Panik. Obgleich ich aus vertrauensvollen Kreisen hörte, dass es durchaus Überlegungen gab, die Terrorakte öffentlich zu machen und Camelot die Schuld in die Schuhe zu schieben. Die Öffentlichkeit sollte annehmen, dass Camelot durch die bloße Anwesenheit schon Gefahr bedeutete. Allerdings war dieses Vorgehen letztlich verworfen worden. Daschmagan und Khan fürchteten die Reaktion der Bevölkerung, denn die Unsterblichen genossen inzwischen wieder größere Sympathie, nachdem sie schließlich maßgeblich die Gefahren durch Goedda und die Dscherro beseitigt hatten.

Es war viel politisches Kalkül im Umgang mit der MORDRED im Spiel. Letztlich hatten sich die Politiker dazu entschieden, das Ganze erst einmal vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Es war nur die Frage, wie lange das möglich war? Würde die MORDRED sich zu den Anschlägen bekennen, wäre die ganze Geheimhaltung umsonst gewesen. Doch offenbar wollte die MORDRED das nicht.

Die LFT hatte den restlichen TLD beauftragt, sich der Angelegenheit anzunehmen. Cistolo Khan persönlich überwachte die Operation.

Eines stand jedoch fest. Die Bedrohung der MORDRED machte die nächsten Wochen und Monate gefährlich für alle, die auch nur entfernt mit Camelot in Kontakt standen. Ich machte mir selbst auch meine Gedanken, ob ich sicher war oder nicht.

Die MORDRED war in die Offensive gegangen. Wir wussten, dass die MORDRED vor knapp fünf Jahren den fanatischen Sektierer Dannos mit Waffen und Söldnern versorgt hatte, um das Luxusraumschiff LONDON zu entführen. Camelotische Agenten hatten außerdem Verbindungen zwischen Prothon da Mindros und der MORDRED herausgefunden. Demnach hatte die MORDRED auch bei der Entführung der LONDON II ihre Finger im Spiel gehabt.

Doch nun hatte sie sich aus dem Schatten der Anonymität verabschiedet und Camelot mit aller Brutalität den Krieg erklärt.

Der Silberne Ritter Cauthon Despair lebte. Oh, ich erinnerte mich noch zu gut an die warmen Worte der Mashratin Ghaz Ala über ihren kleinen Helden Cauthon. Doch mit ihr war offenbar auch das Herz des auf Neles geborenen Cameloters gestorben.

Nun war Despair der wohl gefährlichste Feind der Unsterblichen in der Milchstraße.

Oktober 1290 NGZ

Die Lage bei der Unsterblichenorganistion Camelot war angespannt. Zwar hatte es nach Plophos keine Anschläge mehr auf Camelotniederlassungen gegeben, doch jeder wusste, wie trügerisch diese Ruhe sein musste. Diese war vermutlich nur ein taktisches Kalkül der MORDRED. Nach den Anschlägen auf Olymp und Plophos wurde jede Minute mit dem nächsten Anschlag gerechnet, Angst und Verunsicherung herrschten unter den Agenten und Mitarbeitern der Organisation.

Doch was war, wenn sich dieser Anschlag solange hinauszögerte, bis Nachlässigkeit unter den Mitgliedern eintrat? Vielleicht würde die MORDRED dann zuschlagen, wenn es niemand erwartete?

Ich selbst war vielleicht auch in Gefahr, denn ich stand in regem Kontakt mit Homer G. Adams. Ausgerechnet mein kleines, bescheidenes Domizil nahe Siena in Italien sollte als Konferenzort für ein Treffen zwischen dem saggittonischen Kanzler Aurec und Homer G. Adams auf der einen Seite und der Ersten Terranerin Paola Daschmagan und LFT-Kommissar Cistolo Khan dienen.

Aurec hatte auf diesem Treffen bestanden und Homer hatte den Ort vorgeschlagen, um mediales Aufsehen vermeiden. Als Termin war der 15. Oktober bestimmt worden. Seit dieser Zeit patrouillierten bereits mehrere TLD-Agenten umher, was wohl die Wichtigkeit unterstreichen sollte, die die Führung der LFT dem Treffen beimaß. Diese Maßnahme war umso bemerkenswerter, da ein Großteil der TLD-Mitglieder, samt ihrer Chefin, mit dem entsprechenden Tower durch das Heliotische Bollwerk verschwunden waren. Unter den Agenten, die für die Sicherheit der Konferenz sorgen sollten, befand sich mit Stewart Landry auch ein alter Bekannter. Daneben fiel mir auch eine grünäugige Schönheit mit dem Namen Sanna Breen auf. Sie erklärte, dass sie die persönliche Assistentin des LFT-Kommissars sei, der Glückliche …

So bereitete ich mich auf meinen bescheidenen Beitrag vor und freute mich, endlich auch den berühmten Aurec kennenzulernen.

Die Delegation aus Camelot bestand aus drei Leuten. Homer G. Adams, Wirsal Cell und der Saggittone Aurec. Sie erreichten meine Villa an den Hängen vor Siena gegen elf Uhr. Ich war froh, dass Nataly sich für diese Woche bei mir einquartierte, um mir zu helfen.

Meine Nichte war zu einer jungen, bezaubernden Frau von 20 Jahren herangewachsen. Sie trug ihr blondes Haar rücken lang und jeder Mann, der in ihre blauen Augen blickte, war sogleich entzückt. Wäre da nicht ihr aufbrausendes Temperament gewesen. Laut brüllte sie ihren armen Hund Pally zusammen, weil er sich selbstständig gemacht hatte. Nataly war der Auffassung, Hunde müssen einem strikten Training unterzogen werden. Nun ja, das arme Hündchen war offenbar im Begriff, nach preußischer Militärdoktrin erzogen zu werden.

Während ich die Gäste begrüßte, bereitete Nataly Kaffee, Tee, Kaltgetränke und belegte Brötchen vor. Homer kannte ich. Jeder, der sich mit der Geschichte der Milchstraße beschäftigte, dem war Homer G. Adams ein Begriff. Seinen Begleiter Wirsal Cell kannte ich noch nicht. Ein älterer, rundlicher Mann. Das schüttere, graue Haar war wirr und zerzaust. Dann war da noch der charismatische Saggittone Aurec. Er war etwas kleiner, als ich ihn mir vorgestellt hatte, doch sein charmantes, weltmännisches Lächeln und sein Auftritt zeigten mir, dass der junge Kanzler Saggittors das Herz am richtigen Fleck hatte.

»Es ist dein erster Besuch auf Terra?«, fragte ich Aurec.

Der Saggittone bestätigte.

»Ich habe viel von der Heimatwelt der Terraner gehört. Diese Gegend ist sehr schön. Sie erinnert mich an Saggitton.«

Wir saßen hier ungestört. Natürlich waren Wachmannschaften Camelots und des Terranischen Liga Dienstes um das Anwesen verteilt. Doch niemand wollte einen großen Staatsakt aus dem Treffen machen. Homer G. Adams berichtete, dass Wirsal Cell früher einer der Ausbilder von Cauthon Despair an der Raumakademie von Port Arthur gewesen war.

»Nun, Homer erhofft sich, dass ich die Psyche von Despair analysieren kann. Doch mein Kontakt mit ihm ist fast acht Jahre her. Cauthon war ein ehrgeiziger junger Mann, der mit den Zurückweisungen der anderen Schüler nie klargekommen war«, berichtete Wirsal Cell, während er mit zitternden Händen einen Tee trank.

Cell schien unter der ganzen Situation zu leiden. Vermutlich gab er sich die Schuld an dem Desaster. Ich hätte es auch getan, wenn einer meiner Schüler zu solch Verbrechen fähig wäre. Zumindest hätte ich mich gefragt, ob ich seinen Werdegang hätte vermeiden können. Homer G. Adams erklärte, dass sie alle Camelotbüros gesichert hätten. Niederlassungen auf weniger wichtige Welten hätten sie bereits gänzlich evakuiert. Dennoch lasteten die Verluste auf Imart, Zalit, Olymp, Gatas und Plophos schwer auf ihm.

»Die MORDRED spielt mit uns. Despair kennt die Koordinaten von Phoenix. Warum greift er uns nicht gleich an?«, fragte sich Adams.

»Entweder ist die MORDRED zu schwach dafür oder er spielt wirklich mit euch und will den Triumph auskosten«, vermutete Aurec. »Außerdem wissen wir nicht genau, ob Despair tatsächlich der Anführer der MORDRED ist«, fügte der Saggittone hinzu.

Der Angriff dieser Terrororganisation hatte Camelot – ja die ganze Galaxis – kalt erwischt. Perry Rhodan, Reginald Bull, Atlan, Gucky und Icho Tolot waren im Universum verstreut. Der Terranische Liga Dienst war seit der Transferierung des TLD Towers durch das Heliotische Bollwerk stark geschwächt. Sowohl die LFT als auch die anderen Machtgruppen der Galaxis litten noch immer unter den Attacken der Tolkander. Es war deshalb gut möglich, dass der Herbst 1290 NGZ schnell zu einem Winter werden würde.

Camelot ermittelte immerhin in alle Richtungen. Der Somer Sam war auf Stiftermann III, genauer gesagt zur BASIS unterwegs, um Hinweise beim organisierten Verbrechen über die MORDRED zu suchen. Die IVANHOE nahm zusammen mit Wyll Nordment und seiner bezaubernden Frau Rosan den ungastlichen Planten Mashratan unter die Lupe.

Die Sicherung der Camelotniederlassung auf diversen Welten wurde von Joak Cascal und Sandal Tolk auf der TAKVORIAN geleitet. Ich war ein wenig enttäuscht, dass ich noch nicht die Gelegenheit dazu hatte, die beiden Veteranen aus dem 36. Jahrhundert Anno Domini zu sprechen. Durch ihre Abenteuer in der Raumzeitfalter der Casaro waren sie neben den Zellaktivatorträgern die ältesten Menschen der Galaxis.

Jaaron wusste, dass eine Expedition der LFT und Camelots in der Raumzeitfalte nach weiteren Hinweisen suchen sollte. Immerhin war es gut möglich, dass diese Casaro noch weitere Stützpunkte in der Lokalen Gruppe hatten. Es schien dieser Tage nur so vor Gefahren zu wimmeln.

Nach einer Stunde traf der TLD-Agent Stewart Landry ein. Nachdem er etwas mit Nataly flirtete, die ganz hin und weg von dem smarten Agenten war, gesellte sich Landry zu uns. Ich kannte ihn schon einige Jahre und Landry war einer der wenigen Geheimdienstler der LFT, die gerne und offen mit Camelot zusammenarbeiteten.

»Cistolo Khan und seine Assistentin werden am Abend in Siena eintreffen«, kündigte er an.

Landry hatte Vertrauen zu den Camelotern. Immerhin hatte er vor fünf Jahren bei der Suche nach der entführten LONDON teilgenommen und sich wochenlang mit dem Mausbiber Gucky in einem Container versteckt, welches sich auf dem Raumschiff der Entführer befunden hatte. So überraschte es mich nicht, dass Landry zugab, der TLD hätte auch einen Agenten namens Will Dean zur BASIS geschickt, der dort als verdeckter Ermittler arbeiten sollte.

»Mit etwas Glück arbeiten Sam und Dean sogar zusammen. Der Junge ist ganz umgänglich, wenn man ihn auf dem richtigen Fuß erwischt«, meinte Landry.

»Wir müssen in dieser Angelegenheit zusammenarbeiten. Das muss auch Khan begreifen«, mahnte Adams.

Landry lächelte gequält.

»Ich weiß das.«

Ein bedrückendes Schweigen kehrte ein. Jedem Anwesenden war klar, dass wir uns – trotz des milden Herbsttages – nicht auf einem Grillabend befanden, sondern über die Verteidigungsmaßnahmen gegen die MORDRED diskutieren wollten.

Und in der Tat lag vieles in den Händen der LFT. Würde sie mit Camelot kooperieren, so wie sie es in der Tolkander- und Dscherrokrise notgedrungen getan hatte, gab es eine Chance, die MORDRED schnell zu stoppen. Sollte die LFT jedoch darauf aus sein, Camelot fallen zu sehen, wer weiß, wie dann alles enden würde …

8. Aus den Chroniken – LFT und Camelot

Die Begrüßung mit Cistolo Khan und seiner Assistentin Sanna Breen fiel kurz und sehr förmlich aus. Landry wurde von Khan sogleich weggeschickt, um einen Patrouillengang zu machen.

Khan war mir natürlich bekannt. Seine Assistentin sah ich zum ersten Mal. Sie hatte schulterlanges, braunes Haar und große grüne Augen. Khan stellte sie als eine Profilerin vor, die Informationen über die MORDRED sammelte. Der LFT-Kommissar wahrte einzig gegenüber Aurec eine gewisse Höflichkeit. Das erforderte auch die Diplomatie gegenüber dem Staatsoberhaupt einer fremden Großmacht.

»Ich verstehe jedoch nicht, wieso wir uns nicht im Hauptquartier Hanse treffen, Kanzler. Die Erste Terranerin würde sich über ein Treffen freuen«, begann Khan.

»Nun, das Problem durch die MORDRED erscheint mir wichtiger, als diplomatische Besuche abzuhalten. Wir vertagen dies, bis wir die MORDRED erledigt haben«, antwortete der Saggittone bestimmt.

Khan räusperte sich und nahm schließlich Platz.

»Ich würde mir ein vertrauteres Umfeld wünschen«, meinte er und blickte Wirsal Cell und mich an.

»Das sind meine Vertrauten«, stellte Homer G. Adams in freundlichen, ruhigen Tonfall klar.

Aurec seufzte.

»Wir haben diesen Platz ausgewählt, weil Jaaron Jargon ein respektierter Galaktiker ist. Von beiden Seiten angesehen. Ihr solltet eure politische Kleinkariertheit ablegen. Die MORDRED tötet Menschen und Galaktiker, unabhängig ob sie mit der LFT oder Camelot sympathisieren. Das hat Priorität!«

Sanna Breen blickte Aurec offensichtlich beeindruckt an, während Cistolo Khan mit versteinerter Miene auf den Marmortisch stierte. Die Gespräche liefen nur schleppend an. Homer G. Adams lockerte die Atmosphäre ein wenig und verwickelte Sanna Breen in ein Gespräch.

Sie erzähle über ihren Werdegang. Die 26 Jahre alte Terranerin hatte aufgrund ihres Aussehens eine Modelkarriere begonnen, die sie jedoch schnell als öde empfunden hatte. Stattdessen hatte Breen fünf Jahre lang an den Universitäten von Terrania City Wirtschafts- und Militärwissenschaften studiert. Ich fragte mich, was man da wohl lernte, aber es gab heutzutage so viele Studienrichtungen und Wissenschaften. Kaum war sie fertig gewesen, so war sie 1289 NGZ als Profilerin und Analytikerin in den Stab von Khan aufgenommen worden. Ihre erste Aufgabe war sogleich die Beobachtung der MORDRED.

Aurec hob den Finger und wirkte fast wie ein verlegener Schuljunge, als er fragte: »Bedeutet das, dass die LFT die MORDRED schon vor den ersten Anschlägen beobachtet hat?«

Breen öffnete den Mund, doch sie sagte nichts. Irritiert blickte sie zu Cistolo Khan.

»Natürlich«, antwortete dieser. »Doch wir hatten keinerlei Informationen, durch die wir die Anschläge hätten verhindern können.«

Nun war es Sanna Breen, die verstohlen auf den Tisch blickte und mit einer Nuance an Nervosität mit dem Löffel ihren Tee umrührte.

»Nun, wenn Camelot bereit ist, uns sämtliche Standpunkte der Niederlassungen mit allen Namen der Beschäftigten zu nennen, helfen wir natürlich bei der Sicherung.«

Adams winkte ab.

»Das hättest du wohl gerne. Wir haben doch bereits Informationen an euch gegeben, die das Hoheitsgebiet der LFT betreffen. Mir ist die Linie der LFT noch nicht ganz klar …«

»Wir stehen für Frieden, Freiheit und Demokratie«, betonte Khan. »Paranoia ist fehl am Platz«, ergänzte er kühl.

Aurec bat Sanna, ihm mitzuteilen, was sie über die MORDRED wüsste, doch Khan stellte sich quer und unterband jeden Informationsaustausch mit einem strikten »Nein«.

»Dieses Verhalten ist für mich absolut unverständlich. Ich als Saggittone setze mich mehr für das Leben deiner eigenen Artgenossen ein, als du selbst. Das sehe ich als unehrenhaft und beschämend an.«

*

Aurecs Wut war für mich nachvollziehbar. Cistolo Khan betrieb die Politik der LFT konsequent fort. Die Ereignisse mit den Tolkandern und den Dscherro hatten zwar Camelot und die LFT zur Zusammenarbeit gezwungen, doch Freunde waren sie deshalb sicherlich noch lange nicht geworden. Für die Regierung war die gegenwärtige Situation auch nicht gerade förderlich. Sie musste die Einmischung Perry Rhodans mehr als alles andere fürchten, denn würden Rhodan und die anderen Zellaktivatorträger wieder in der terranischen Öffentlichkeit auftreten, würde die Bevölkerung ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv gegenüberstehen. Ja, würde sich Rhodan entschließen, zur Wahl als Erster Terraner anzutreten, – wer hätte Chancen gegen die lebende Legende? All das mochte aus Sicht von Cistolo Khan und Paola Daschmagan viel wichtiger sein, als das Leben einiger camelotischer Agenten. Dazu kam, dass sie wohl die Gefährlichkeit der MORDRED unterschätzten. Ich entschloss mich zu versuchen, Khan von der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit gegen die Terrororganisation zu überzeugen.

»Wenn Camelot besiegt ist, wird die Liga das nächste Ziel der MORDRED sein«, argumentierte ich eindringlich gegenüber Khan. Damit lieferte ich Adams sein Stichwort.

»Es ist Camelot, das von einem unbarmherzigen Gegner ausgelöscht werden soll. Es sind Perry Rhodan, Reginald Bull und Atlan, die ihr Leben für die Zukunft der Galaktiker und somit auch die Zukunft der LFT gerade jetzt in fernen Regionen des Universums verteidigen«, beschwor Adams den LFT-Kommissar, »Khan, jetzt zeige doch endlich einmal Vernunft und Verantwortung!«

Der LFT-Kommissar erhob sich. Er blickte über das Tal und schien mit sich zu ringen. Nach einer Weile drehte er sich um und nickte mir zu.

Endlich, dachte ich und begann meinen Bericht.

»Wir haben Verbindungen der MORDRED zu den Galactic Guardians, der Kerkum-Regierung auf Mashratan und in das Kristallimperiums entdeckt. Offenbar wird die MORDRED von einflussreichen Gönnern unterstützt. Bisher haben wir drei Verdächtige. Den arkonidischen Adligen Eron da Quartermagin, den Springerpatriarchen Horach und …«, Breen stockte und suchte Augenkontakt zu Khan. Dieser schwieg. Sie seufzte leise. »Und Dennis Harder.«

»Der Finanzsenator von Terrania City?«, fragte Homer G. Adams verblüfft.

»Genau der«, bestätigte Sanna. »Da Kerkum und die MORDRED im Verborgenen agieren, sind diese drei Leute für die Beschaffung von Ressourcen und finanziellen Mitteln notwendig.«

»Was für Ressourcen?«, wollte Aurec wissen.

»Baumaterial für Raumschiffe, Waffen, Kampfroboter. Sie haben sich ein Netzwerk aufgebaut und Scheinfirmen gegründet. Es gibt genügend autarke Planeten, auf denen Waffen hergestellt werden können. Allerdings wissen wir nicht, in welchem System sich die Hauptstützpunkte befinden. Wir vermuten dort auch eine Raumwerft.«

Der Bau von großen Kampfschiffen wurde auf jeden Fall nicht auf bekannten Werften durchgeführt. So ein großes Projekt über Jahre hinweg könnte nicht verschwiegen werden. Adams erklärte, dass sie so weit auch schon waren, jedoch fehlten ihnen Namen und Bezugspunkte.

»Ich bin verwundert, dass die LFT einen hochrangigen, kriminellen Politiker unbehelligt lässt«, sagte Adams verärgert.

»Wir haben ihn beobachtet, damit er uns zur Zentrale der MORDRED führt. Gleiches gilt für Mashratan. Dort befindet sich bestimmt ein Stützpunkt der MORDRED, aber nicht das Zentrum«, verteidigte sich Khan.

Aurec schlug vor, umgehend die IVANHOE darüber zu informieren. Wirsal Cell erklärte sich bereit, das sofort zu übernehmen. Er stand auf und verließ die Terrasse.

»Wie lange ist der TLD in Besitz dieser Informationen?«, wollte Adams wissen.

»Das unterliegt der Geheimhaltung«, entgegnete Khan barsch.

Aurec stand ruckartig auf. Somit hatte er schnell die Aufmerksamkeit aller Beteiligten.

»Was auch immer. Wir haben drei Kontakte zur MORDRED. Wir sollten sie nutzen. Die MORDRED wird ihre Taktik ändern, da der Überraschungseffekt vorbei ist. Es wird nicht mehr so einfach sein, die Camelot Niederlassungen zu stürmen. Wir müssen also aus den Informationen über diese drei herausfinden, was die MORDRED als Nächstes plant.«

Er wandte sich an Sanna Breen und setzte sich neben die hübsche Terranerin.

»Was kannst du uns über die drei sagen? Wo waren sie? Wo sind die Verbindungen?«

Sanna Breen zuckte mit den Achseln.

»Keine heiße Spur. Alle drei unternehmen viele Geschäftsreisen, angeblich sind sie aber nie gemeinsam am selben Ort. Vielmehr verliert sich oftmals die Spur.«

Ein lautes Husten lenkte sowohl den Saggittonen als die Terranerin ab. Wirsal Cell stand an der Türschwelle.

»Für Analysen haben wir keine Zeit. Ich habe einen Plan.«

Der 27. Oktober 1290 NGZ war ein düsteres Datum. Denn an diesem Tage wurde eine ganze Zivilisation ausgelöscht. Der Planet Sverigor und seine fast zwei Milliarden Bewohner hatten aufgehört zu existieren – verglüht in einer alles verschlingenden Feuersbrunst.

Der Planet Sverigor war ein mahnendes Beispiel, wohin Intoleranz, Fanatismus und Verblendung führt. Die sverigische Gesellschaft war kein unbescholtenes Blatt. Sie plante die völlige psychische Unterwerfung aller Terraner. In ihrem Wahn nach Selbstzerstörung der menschlichen Spezies wollte sie jedem menschlichen Individuum das Recht auf Freiheit, auf freie Gedanken und Gefühle rauben.

Sverigor war von einem Paradies zu einer Hölle mutiert. Doch dieses Schicksal hatte kein einziges Lebewesen verdient gehabt. Die Verantwortlichen hätten vor ein ordentliches Gericht gestellt werden müssen und die Bürger von Sverigor hätten einen Neuanfang ohne die Korrektheitsbehörde beginnen müssen.

Doch der eine Extremismus prallte auf den Nächsten. So unterschiedlich die Motivation und Ziele der MORDRED waren – weder für die MORDRED noch für Sverigor zählte das Leben wirklich. Die MORDRED war jedoch auf eine perfide und grausame Art und Weise effektiver. Sie handelte effizienter, zerstörerischer, kompromissloser.

Die MORDRED hatte die Legitimierung für diesen Genozid in der Tatsache gefunden, dass sie damit die Gedankenkontrolle von Milliarden Terranern verhindert hatten.

Doch der Zweck heiligte nicht die Mittel. Die Bevölkerung eines ganzen Planeten wurde innerhalb weniger Minuten ausgelöscht. Nur wenige Millionen überlebten das sverigische Armageddon. Es erinnerte mich an die Zeit vor Perry Rhodan, der Zeit des Kalten Krieges, in der die Angst vor »der Bombe« geherrscht hatte, die Furcht vor dem Atomkrieg und dem nuklearen Holocaust der Menschheit.

Anlass dazu war der Abwurf von Atombomben während des zweiten Weltkrieges auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki gewesen. Die Argumentation der Bombenabwerfer, der damaligen USA, war, damit Millionen amerikanischen Soldaten das Leben gerettet zu haben.

Allein bei den Abwürfen selbst waren 250.000 Menschen gestorben. Viele an den Spätfolgen der Verbrennungen und radioaktiven Strahlung noch lange Zeit danach. Die Bombenabwürfe hatten eine Reihe an Mutationen bei Menschen hervorgebracht. Und nicht zuletzt diese Mutanten dienten später im Mutantenkorps von Perry Rhodan. Doch dies war nur eine Notiz am Rande.

Was war moralisch gerechtfertigt? Wenige zu töten, um viele zu retten? Wo hörte dieser Wahnsinn denn auf? Eine Galaxie opfern, um zwei weitere zu retten? War das Wohl weniger immer geringer als das Wohl von mehreren?

In der Tat hatte es in Zeiten des Solaren Imperiums auch fragwürdige Einsätze der Arkonbombe gegeben. Vielleicht hätten sie mit etwas gutem Willen verhindert werden können.

Zwei Milliarden zivile Opfer waren eine grausame Zahl. Sicherlich wären noch mehr Wesen gestorben, hätte die Korrektheitsbehörde ihren Plan ausführen können. Die MORDRED damit als Retter zu betrachten, war jedoch keineswegs angebracht. Denn die MORDRED hatte überhaupt keine Alternative gewünscht. Sie hätte doch nur einfach die Blockade aufrechterhalten müssen und abwarten, bis Raumschiffe der LFT, des Galaktikums und Arkons Sverigor erreicht hätten.

Doch das Leben der zwei Milliarden Sverigen war der MORDRED nichts wert gewesen. Sie waren nicht die Mühe und das Risiko wert gewesen, nach einer Alternative zu suchen.

Doch die gleiche Schuld an dieser Tragödie trägt die Korrektheitsbehörde und jene fanatische Sverigen, die sie gründeten und unterstützten. Sie riskierten willig den Tod ihrer eigenen Bevölkerung oder waren vielleicht auch nur zu fahrlässig, um die Konsequenzen ihres Handelns zu erahnen.

Und wie bei der MORDRED, war ihnen das Leben Anderer völlig egal. In diesem Fall das der Menschen in der Milchstraße.

Ein paar tausend Terroristen der MORDRED hatten einen grausamen Plan von ein paar tausend sverigischen Fanatiker als Anlass genommen, um Milliarden in den sinnlosen Tod zu schicken.

Wie so oft in der Geschichte des Universums hatte eine Minderheit über Leben und Tod von Massen entschieden. Die Extremisten der MORDRED und der sverigischen Korrektheitsbehörde taten so, als wollten sie die Galaxis verbessern, ja gar retten. Doch sie hatten nur Unheil gebracht und durch ihre egoistische, rücksichtslose Art und Weise fast zwei Milliarden Wesen in das Verderben geschickt.

Heute war ein schwarzer Tag für die Milchstraße. Beten wir für die Sverigen. Trauern wir um die Sverigen. Und lassen wir uns dies ein mahnendes Beispiel dafür sein, dass Fanatismus und Extremismus überall lauern kann. Er tritt in vielen Facetten auf und rühmt sich damit, selbst für Toleranz, Freiheit und Frieden zu kämpfen. Doch wer ihm folgt, dessen Schicksal ist besiegelt. Wir müssen stets wachsam sein und dürfen uns nicht im Netz der Intrigen verheddern. Wir müssen unsere Prinzipien, unseren Anstand und unsere Moral wahren, um nicht so zu werden, wie unsere Feinde. Wir müssen schlichtweg besser, und uns selbst treu sein, um der Galaxis den Nährboden für solche Ereignisse zu entziehen.

Jaaron Jargon

Es war vorbei. Die Mordred war besiegt und die Milchstraße staunte nicht schlecht, als bekannt wurde, dass der Cameloter Wirsal Cell, immerhin ein ehemaliger Senator des Galaktikums, der Anführer der Terrororganisation war. Noch mehr überraschte die Tatsache, dass Cauthon Despair offenbar Perry Rhodan gerettet hatte. Niemand wusste, wie es mit dem Silbernen Ritter weitergehen würde, doch in der ganzen Milchstraße hatte dieser geheimnisvolle, tragische Silberne Ritter seine Fans und Befürworter.

Die galaktische Öffentlichkeit hatte von der Entführung Rhodans und Bostich sowie der dramatischen Stunden auf und über Mashratan erst erfahren, als die Krise bereits abgewendet war. Es gab viele strahlende Sieger – besonders das Kristallimperium ließ sich feiern. Imperator Bostich wurde als Bezwinger der Mordred gefeiert. Es hieß, er habe Rhifa Hun persönlich getötet und die VERDUN vernichtet. Ich wusste, dass es sich dabei nur um Propaganda handelte. Auch der arkonidische Adlige Uwahn Jenmuhs ließ sich als Doppelagent feiern und berichtete stolz darüber, wie er im Auftrage des Kristallimperiums die Mordred an der Nase herumgeführt hatte.

Hier und da gab es auch heldenhafte Berichte über einige Männer und Frauen der Liga Freier Terraner. Doch vor allem die Cameloter hielten sich bedeckt. Ich wusste natürlich deutlich mehr.

Das Schicksal Cauthon Despairs war ungewiss. Er wurde verhaftet und vorerst auf der IVANHOE inhaftiert. Vermutlich würde er in Mirkandol vor Gericht gestellt werden. Seine Beteiligung an der Vernichtung Sverigors und diverser Angriffe auf Camelotniederlassungen machten Despair nicht gerade zu einer vertrauenerweckenden Figur, auch wenn er Rhodans Leben gerettet hatte. Despair war ein tragischer Charakter. Dennoch: Er war ein Schwerverbrecher.

Die Gefahr war für die Milchstraße vorerst gebannt. Doch schon umtrieben die Zellaktivatorträger und den Saggittonen Aurec neue Sorgen. Denn die Mordred war nur der Handlanger eines weitaus mächtigeren Feindes: Dem Sternenreich Dorgon. Wir wussten anhand der Ermittlungen von Gucky und Jan Scorbit, dass Dorgon der Galaxie M100 entsprach, welche im Virgo-Cluster lag. Wir wussten auch, dass die Dorgonen offenbar eine Invasion in die Milchstraße planten.

Die Gefahr war also längst nicht gebannt. Doch ich war mir sicher, dass Perry Rhodan schon bald geeignete Maßnahmen treffen würde. Rhodans Blick war nun auf M100 gerichtet.

Aus den Chroniken, Jaaron Jargon
22. September 1291 NGZ